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Hello darkness, my old friend - Vanja Neshat - 03-11-2024

Hello darkness, my old friend
I've come to talk with you again
Die Kerze war schon so weit heruntergebrannt, dass ihre Flammen scharf ums Überleben kämpfte und immer wieder bedrohlich flackerte, wenn auch nur der kleinste Windhauch durch das Zimmer fuhr. Der Wachsstumpfen der dort auf dem Tisch stand war bei weitem nicht die einzige kleine Flamme, die das Zimmer erhellte, doch ihre Zuschauerin hatte sich ihr Herunterbrennen als Ziel genannt, um ins Bett zu gehen. Mittlerweile war die Sonne schon lange hinterm Horizont verschwunden, die Kinder schliefen längst und die Müdigkeit breitete sich auch so langsam in ihren Knochen aus. Etwas fehlte jedoch: ihr Ehemann. Sicher war es keine Seltenheit, dass er spätabends länger wegblieb, auch nicht, dass er erst nach Hause kam, wenn Vanja schon längst einen unruhigen Schlaf gefunden hatte, doch heute war ihr Bedürfnis noch mit ihm zu reden so groß gewesen, dass sie wach bleiben wollte. Eine geöffnete Flasche Wein stand auf dem kantigen Holztisch und ein Opium-Stäbchen verteilte seinen nahezu penetranten Duft im Haus der Neshats. Bislang war die Flasche nicht angerührt worden. Vanja trank zwar Wein, sah jedoch keinen Zweck darin ihn alleine zu genießen.

Blinzelnd warf sie einen kurzen Blick auf die noch immer unberührt daliegende Haustür. Die filigranen Buntgläser in ihr ließen Bewegungen dahinter erahnen, wenn sich jemand der Tür näherte, doch von Keeran war weit und breit keine Spur. Ein leises Seufzen benetzte ihre Lippen. Es gab nicht mal etwas zu bereden, das es wert wäre wach zu bleiben. Doch mittlerweile waren Tage vergangen, in denen sie kaum miteinander gesprochen hatten. Entweder waren die Kinder zugegen und forderten Vanjas Aufmerksamkeit (was sie zuletzt als äußerst lästig empfand!) oder Keeran war nicht zu Hause und ließ seine Ehefrau das Heim hüten. Nicht, dass sie tatsächlich große Notwendigkeit darin sah die ganze Zeit zu Hause zu bleiben, aber doch konnte man sagen, dass sie deutlich mehr Zeit in ihrem kleinen Anwesen in Dharan al-Bhar verbrachte, als es ihr Ehemann tat.

Raubtierhaft schlug sie ihre Beine übereinander, deren Konturen man durch die farbigen Schleier, die die Frauen im Sommerland häufig trugen, bestens verfolgen konnte. Sie liebte das Land, in dem sie lebten. Zwar gehörte sie zu den wenigen 5% der gesamten Bevölkerung, die sich überhaupt ein solches Heim leisten konnten, doch das interessierte die Neshat herzlich wenig. Nächstenliebe und Hilfsbereitschaft waren noch nie Charaktereigenschaften gewesen, die sie sonderlich ausgezeichnet hätten. Viel interessanter fand sie hier das unerbittlich hitzige Wetter, die luftige Kleidung, die nur wenig der Fantasie überließ und die starken Gewürze, die einem beizeiten Tränen in die Augen trieben.
Vanja ließ ihre eigene Hand über ihren Hals gleiten. Sie sehnte sich nach etwas Gesellschaft und warf abermals einen sehnsüchtigen Blick zur Tür.



RE: Hello darkness, my old friend - Keeran Neshat - 11-11-2024

Seit Ridvan und seine Beraterschar entschieden hatten, die Männer des Landes einzusammeln und in engen Kajüten aufs Festland zu schicken, drückte sich eine gespenstische Stille durch die Hauptstadt. Zu dieser Stunde hatten die Straßen mal mit Leben pulsiert. Menschen hatten in den schmalen Gassen zusammengefunden, weil ihre Lehmhütten noch von der Mittagssonne aufgeheizt waren, Familien aus drei Generationen saßen auf dem Boden, wo sich Mädchen die Haare flochten und Jungs Murmeln durch den Dreck warfen. Das Kinderlachen hallte immer noch durch die Dunkelheit, aber ihnen fehlte der Bariton ihrer Väter, der sich manchmal unter sie mischte. Nicht nur die Männer hatte man der Stadt genommen, sondern auch die Stimme, als würde der Wüstenstadt ihre Seele fehlen, die sie einmal so lebendig gemacht hatte. In ihr thronten nun die Seellosen, die ihr Leben gegen Gold getauscht hatten und unsichtbar für die Gardisten waren; diejenigen, die sich von der breiten Masse unterschieden, einfach weil sie genug Gold hatten, um ihre ganzen Familien darin aufzuwiegen. Unter ihnen wandelte der Größte der Seellosen, denn wer war er nicht, wenn kein Vollstrecker seines eigenen Schicksals.

Keeran hatte heute keinen guten Tag. Es hatte schleichend angefangen, wie das Gift einer Schlange, das sich vom Zeh ausbreitete und einen Vorgeschmack darauf lieferte, wie die nächsten Stunden ablaufen würden. Ein unausweichlicher Schmerz, der ihn aus den Zeiten begleitete, wo er sein Leben noch aufs Spiel gesetzt hatte, und penetranter wurde, je öfter er sein Knie beanspruchte. Durch die Verhandlungen hatte er sich mit einem Lächeln getragen, nur für das feine Auge ersichtlich, wie er sein Gewicht auf das gesunde Bein verlagert hatte. Nun hallte sein Gehstock schwer durch die Steinstraße. Trotz der abgekühlten Abendluft perlte eine einsame Schweißperle seine Schläfe hinunter, bevor er sie mit seinem Ärmel wegwischte. Heute war er froh, dass die meisten Männer sein Land verlassen hatten; das bedeutete weniger Zeugen.

Man öffnete ihm das Tor, noch bevor er sich bemerkbar machte - oder vielleicht hatten die Sklaven auch einfach ein sensibles Ohr dafür, wie er sich anhörte, wenn er spät abends nach Hause kam. Auch wenn sich kein Muskel zu viel in seinem Gesicht regte, konzentrierte er sich doch darauf, in einem robusten Schritt durch den Vorgarten zu treten, durch die Tür mit dem Buntglas, die das Haupthaus kennzeichnete. Im Erdgeschoss lag ein angenehmer Geruch von Opium, der seine angespannten Nerven beruhigte und ihn seinen Griff um den Stock lockern ließ - erst jetzt merkte er, dass er ihn so fest gehalten hatte, dass das Leder seines Handschuhs um seine Finger spannte. Gerne würde er behaupten, dass man ihm seine Schmerzen nicht ansah, aber die letzten Schritte zum Tisch im Speisesaal waren besonders verzogen, bevor er sich schwerfälliger als sonst auf den Sessel am Tischende fallen ließ. Natürlich wusste er um die Präsenz seiner Frau im unmittelbaren Umfeld; ob er sich jedoch würdigte, war eine andere Sache. Sicher nicht mit Worten, die er für reine Zeit- und Energieverschwendung hielt, wenn er sich lieber von einem Sklaven einen Hocker bringen ließ, um sein kaputtes Knie darauf abzulegen. Die Anspannung war in seinen Kopf geklettert, dass er seine Nasenbrücke mit Zeigefinger und Daumen massierte, die Augen geschlossen in einer verdienten Erholung.
Sekunden vergingen, die er brauchte, um sich von dem Nachhauseweg zu erholen. Minuten vergingen, die er sich nahm, um den Tag sacken zu lassen. Erst dann griff er nach dem Weinglas, das offensichtlich für ihn gedacht war, roch daran und nahm schließlich einen Schluck, den Geschmack anerkennend über die ganze Zunge ausbreitend. “Ah, aus Bardon Pass”, kommentierte er in den Raum hinein. Die ersten Worte, die er seit Tagen an seine Frau richtete, handelten also von Wein. Nicht einmal seinen Blick schenkte er ihr, der müde vom Tag auf der tiefroten Flüssigkeit in seinen behandschuhten Händen lag und lieber zu plädieren schien, ob er noch nach etwas Stärkerem verlangen würde, um später schlafen zu können.



RE: Hello darkness, my old friend - Vanja Neshat - 12-11-2024

Hello darkness, my old friend
I've come to talk with you again
Geräusche hallten unheilschwanger durch das Anwesen der Neshats, als ihr Oberhaupt nach Hause kam. Die raschen Bewegungen der Diener waren beinahe lautlos, während ihr Hausherr umso mehr Lärm verursachte. Obwohl Vanja sonst nicht so empfindlich war, empfand sie diese Störung der zuvor herrschenden Ruhe als beinahe anmaßend, veränderte ihren Blick auf die Sache jedoch, als sie ihren Ehemann zu Gesicht bekam. Sein Gesicht vor Anstrengung verzogen, die Augen vehement auf den Stuhl in der Nähe gerichtet. Sie konnte es sofort sehen, als er das Zimmer betrat. Es war sein Knie, das ihn quälte. Mal hatte er bessere, dann wieder schlechtere Tage und heute musste definitiv einer der letzteren sein. Ein beinahe mitleidender Ausdruck lag nun auch auf den sonst so weichen Zügen der jungen Frau, ehe sie sich in Erinnerung rief, dass er kein großer Freund ihres Mitleids war. Ein paar Mal blinzeln benötigte es lediglich um den Gesichtsausdruck zu neutralisieren - nicht, dass er das Mienenspiel seiner Frau überhaupt mitbekommen hätte. Noch immer waren seine dunklen Augen auf den Holzstuhl gerichtet und sie überlegte, ob ihre Ohren ein leichtes Seufzen vernommen hatten, als sein Gewicht nun endlich nicht mehr auf dem Knie ruhte.

Sie konnte es spüren. Seine Anstrengung. Die Luft war beinahe dick wie Feuerqualm. Man hätte sie schneiden können, wenn man denn nur ein Wort gesprochen hätte, doch stattdessen vergingen die Minuten. Die blonde gebürtige Winterländerin kannte ihren Mann und seine Eigenheiten mittlerweile so gut, dass sie wusste, wie sie sich zu verhalten hatte. Er brauchte diese Ruhe in dem Moment. Und sie gab sie ihm. Sie würde ihm immer das geben, was er brauchte. Der innere Wunsch ihrem Mann zu gefallen und ihn mehr noch, sogar zu beeindrucken, war in den letzten Jahren immer stärker geworden. War es vielleicht ein nun ausgereifter Komplex, weil ihr Vater immer ihren Bruder vorgezogen hatte? Weil er in ihr nichts als ein lästiges Mädchen gesehen hat, dass es galt zu verheiraten? Dass sie nun eine solch reiche Partie gemacht hatte und ein Leben im Überfluss lebte, musste ihn schier wahnsinnig machen. Ein schmales Lächeln verzog die Lippen der Frau.

Und da kamen auch schon die ersten gesprochenen Worte, die plötzlich die gar nicht mehr ganz so scharfe Stille durchschnitten. Ein wissendes Lächeln zierte die rosigen Lippen, die sie sich mit einem gut duftenden Öl eingerieben hatte. "Ein exquisiter Gaumen", kommentierte sie die gesprochenen Worte ihres Mannes und erhob sich. Vanja hatte - wie immer - ihre eigenen Pläne für diesen Abend. Beinahe raubtierhaft schritt sie zu dem Älteren und blieb vor seinem Stuhl stehen. Die schimmernden Schleier, die um ihre Beine waberten verdeckten kaum die viele nackte Haut. Ihre Hand strich erst über seine Schulter, dann in seinen Nacken und über seine Wange. Sie wusste, dass sie vorsichtig mit seinem Knie sein musste, aber der restliche Körper ihres Ehegatten war schließlich intakt. In einer Grazilität, die einer Winterländerin kaum zuzutrauen war, kletterte sie auf den Schoß des Neshat und schmiegte sich mit ihrer Hüfte an seine Lenden, natürlich weiterhin darauf bedacht kein Gewicht in Richtung seiner Oberschenkel zu bringen, damit sein Bein nicht mehr als unbedingt nötig belastet wurde.

"Vielleicht möchtest du heute ja auch noch von etwas anderem kosten", schnurrte sie ihm ins Ohr und hauchte einen verheißungsvollen Kuss auf seine Halsbeuge.



RE: Hello darkness, my old friend - Keeran Neshat - 28-11-2024

Niemand drängte sich einfach so ungefragt auf Keerans Schoß und erntete das Maß an Gleichgültigkeit, das Vanja ihrem Mann vom Gesicht zupfen konnte. Er sah sie erst an, da hatte sie sich schon niedergelassen. Langsam kletterte sein Blick über ihr nacktes Bein, das mühelos den dünnen Stoff zerteilte, hoch über ihre Brust und schließlich, als er sich gegen die Lehne des Stuhls sinken und seinen Kopf in den Nacken fallen ließ, in ihr Gesicht. Aber es war nicht der Blick eines Ehemannes, der seine Frau vermisst hatte; nicht der Blick eines Mannes, der sich dem Druck gegen seine Lenden ergab und sich in der betörenden Nähe einer schönen Frau verlor. In dem Kerzenlicht starrte sein Blau kalt durch sie hindurch, als wär sie nichts weiter als ein Bilderbuch, das er seinen Kindern zum Lesen gab. Dabei war sie das interessanteste Buch von allen, die er gelesen hatte; und doch kannte er es in und auswendig. In all den Jahren wusste Keeran genau, dass die Hand auf ihrem Oberschenkel, die er nicht einmal von seinem Handschuh befreite, genug war, dass das Feuer in ihren so viel mehr verlangte und er das Brennholz gerade so außer Reichweite hielt, dass sie es sehen, aber nicht nutzen konnte. Sein Blick erwartete, aber er forderte nicht. Er wartete, aber wusste bereits. Es war das Spiel zwischen ihnen, das sie verabscheuten und gleichzeitig brauchten, um nebeneinander atmen zu können.
“Will ich das?”
Ein weiterer Schluck von der kleinen, roten Flüssigkeit benetzte seine Lippen und schenkte ihm einen Tropfen der Ruhe, von dem er momentan noch abwägte, ob er ihn nicht lieber genoss als seine Frau im Schoß. Hätte sie sich einen anderen Abend ausgesucht, wüssten sie beide ganz genau, worauf ihr Spiel hinauslaufen würde und deswegen war es eben genau das, ein Spiel. Aber der Schmerz nahm noch immer einen Großteil seines müden Kopfes in Anspruch und erinnerte ihn nüchtern daran, dass er eben keine 20 mehr war. Die Tage waren lang, die Abende länger und er konnte die körperliche und mentale Anstrengung nicht mehr einfach so wegstecken; nur betäuben. Mit einer flüchtigen Geste wank er den Sklaven zu sich, von dem er wusste, dass er in den Schatten stand. “Meine Pfeife.”
Er sah ihm länger hinterher, als er Vanja bisher angesehen hatte, aber als er ihr endlich wieder Aufmerksamkeit schenkte, war ein Funken Leben in seine Augen zurückgekehrt. Seine Hand ruhte jedoch nicht mehr auf ihrem Oberschenkel, sondern wartete, bis man die Wasserpfeife neben ihnen abstellte und ihm das Mundstück reichte. Die Kohle glomm warm vor sich hin, als er die Pfeife an seine Lippen führte und tief den Dampf einzog.
Einmal ziehen und nichts passierte. Ruhig lag Keerans Blick auf seiner Frau, während grauer Dampf sein Blickfeld vernebelte.
Zweimal ziehen, und der Dampf legte sich über den präsenten Schmerz, wie sich der Stoff von Vanjas Rock um ihre nackten Beine schmiegte. Keeran sank tiefer in die Lehne zurück und stellte das Weinglas ab. Seine Brust senkte sich und mit ihr senkte sich die Anspannung vom Tag, die Anspannung von seinem Knie, die Anspannung von der Nähe, die ihn für immer als ewiges Laster begleiten würde. Noch immer sah er seine Frau an, und wenn sie sich entscheiden würde, näher zu kommen und ihre verdiente Aufmerksamkeit von ihm einzufordern, dann würde er nichts dagegen unternehmen. Aber er wollte, dass sie zu ihm kam. Er wollte, dass sie sich verletzlich zeigte mit ihrem Wunsch und ihrer Sehnsucht, dass sie ihn dafür hasste, ihm die Augen auskratzen wollte; nur um festzustellen, dass sie ihn mehr wollte, als sie ihn hasste. Und dann wollte er sehen, wie ihr kaltes Blau von dem Hass genährt wurde, der sie so begehrenswert und gefährlich machte. Er wollte sich an dem Feuer verbrennen, gleichsam, wie er es schüren wollte, weil er wusste: Nur eine Person konnte Vanja Neshat über ihre Grenzen treiben. Nicht ihre Eltern, oder ihre Kinder - es war Keeran allein, der den Anker von Zorn und Größe stellte.



RE: Hello darkness, my old friend - Vanja Neshat - 13-12-2024

Ob der sanften, kaum sichtbaren Bewegungen, die ihre Hüfte vollzog, blieb Keeran unbeeindruckt. Auch das Präsentieren ihres nackten Halses entlockte ihm nicht einmal einen tiefen Atemzug. Sie kannte dieses Spiel - und sie hasste es. Sie hasste es, dass sie um seine Aufmerksamkeit buhlen musste. Dass sie den ersten Schritt gehen musste und tief in ihrem Inneren der Gedanke, nicht gut genug zu sein, an ihrem hart erarbeitetem Selbstbewusstsein kratzte. Aufmerksam lagen ihre blauen Augen auf ihrem Ehemann, der nun erst einen Diener herbei rief und sich eine Pfeife bringen ließ, die er beinahe mit mehr Aufmerksamkeit bedachte als die beinahe halbnackte Frau, die auf seinem Schoß saß. Den Ärger versuchte sie herunter zu schlucke und nahm sich insgeheim vor dieses Spiel zu gewinnen. Es war seit sehr vielen Jahren das gleiche: keine langweilige Ehe oder ein uninteressantes Nebeneinander her leben. Es war das genaue Gegenteil. Es war ein stetiger Kampf, manchmal ein Spiel, an anderen Tagen wiederum ein Geschenk. Wären sie nicht verheiratet und schon seit so vielen Jahren an der Seite des Anderen, dann könnten sie sich wahrscheinlich nicht einmal leiden (ganz sicher war sie sich auch nach zwölf Jahren noch nicht, ob das mittlerweile wirklich der Fall war), würden aber unter Umständen trotzdem miteinander Vergnügen und Zerstreuung finden. Denn wenn sie ihr Spiel erst einmal begraben hatten und einander in den Laken tollten, dann konnten sie sich gegenseitig zu Höchstleistungen motivieren. Es war, als würden sie Feuer und Öl. Gemeinsam kaum zu bändigen. Ein Feuerwerk aus Körpern, Schweiß und Lust. Und trotzdem konnten sie die Finger nicht von ihrem Spiel lassen. Von dem Drang die Oberhand zu haben. Zu gewinnen, obwohl sie längst gewonnen hatten.

Ohne mit der Wimper zu zucken hatte sie den Blick weiter auf Keeran gerichtet. Verfolgte aus dem Augenwinkel die geduckten Bewegungen der Dienerschaft, die ihnen die Pfeife hinstellten und ihrem Ehemann den Schlauch in die geöffnete Hand legten, ehe sie leise wie die Schatten davon huschten.
Herausfordernd zuckte ihre helle Augenbraue, während die Augen beinahe aufmerksamkeitssuchend auf dem Gesicht ihres Mannes lagen. Sie wollte, dass er sie sah. Dass er sie bewunderte. Und beglückte. Aber vor allem war es seine Bewunderung, die sie anstrebte. Wollte sehen, wie er sich nach ihr verzagte. Wie er sie wollte. Mit Haut und Haaren. Doch aktuell war davon noch nichts zu sehen, dabei wusste sie, dass er ihrer Reize nicht vollends widerstehen konnte. Dieses Spiel war ihnen beiden bekannt und sie erinnerte sich an vergangene Zeiten, als er noch mehr Schwierigkeiten hatte ihrem Körper zu widerstehen. Wie er beinahe gierig seine Finger und seine Zunge über ihre nackte Haut fahren ließ... Und heute musste sie geradezu darum betteln, dass er sie überhaupt ansah. Für einen kurzen, aber auch nur ganz kurzen Moment, überlegte sie, sich einen der Diener zu nehmen und Keeran zu zeigen, was sie eigentlich mit ihm anstellen wollte, es nun aber mit dem Diener tat.

Noch bevor sie diesen Plan weiterdenken konnte, spürte sie die Lust in ihren Lenden. Sie wollte keinen schwächlichen Diener, auch wenn sie in der Tat gar nicht schlecht aussahen, sie wollte ihren Ehemann. Und sie würde ihn bekommen.
Mit vor Schalk blitzenden Augen legte sie sich selbst eine Hand auf den Oberschenkel und fing an ihre samtweiche Haut zu streicheln. Den Blick weiterhin abwechselnd auf die Lippen und die Augen Keerans gerichtet, fing sie an mit der Hand unter den Stoff zu schlüpfen und sich selbst zu streicheln. Mit der anderen Hand stützte sie sich auf dem Tisch daneben ab, drückte den Rücken durch und legte den Kopf in den Nacken, sodass er freien Blick auf ihren Hals und ihre Schlüsselbeine hatte. Ein samtiges Seufzen entkam ihren Lippen, während sie sich mit sich selbst beschäftigte und hoffte, dass ihn das noch einmal auf andere Weise berührte, als nur ihre Hüfte auf seinem Schoß. Sie würde fast Alles für seine Bewunderung tun. Für seine Aufmerksamkeit und gesprochene Worte von ihm. Für ein kleines Stöhnen auf seinen Lippen. Für ein unkontrolliertes Zittern, das durch seinen Körper fuhr.


RE: Hello darkness, my old friend - Keeran Neshat - 04-01-2025

Es machte einen gewaltigen Unterschied, wenn zwei das Spiel zu spielen, darüber hinauszugehen wussten. Ein guter Spieler mochte alle Regeln kennen; ein großartiger Spieler hingegen wusste, wie man Regeln überging und sie bog, ohne sie jemals zu brechen. Und wenn man keine Regeln setzte? Dann war alles erlaubt.
Keeran schätzte seine Frau als Spielpartnerin besonders, weil sie sich um jede Regel formte wie Wasser, das sich einen Weg durch Gestein bahnte, und gleichzeitig war sie genauso berechenbar wie Feuer, wenn man wusste, womit man ihre Flamme schüren musste. Sie war großartig darin, sich die biologischen Nachteile eines Mannes zum Vorteil zu machen und Reaktionen zu produzieren, die jenseits der Verstandskontrolle waren. Hut ab dafür, dass sie ihren Mann auf seine urgegebenen Bedürfnisse reduzierte und trotz Sauberkeitswahn und einer deutlichen Aversion gegen Hautkontakt stets ins Schwarze traf; jahrelange Aussetzung mit ihren Reizen machten sie zu der einzigen Frau, deren Schweiß er gierig aufleckte, während er andere nur mit Handschuhen anfasste. Den Blick nach unten schenkte er ihr. Langsam kehrte sein Blau über ihren Nacken, die freigelegten Schlüsselbeine, die objektiv schön geformte Brust, an der ihr dünner Stoffe scheiterte, ihre Erregung zu verbergen. Hinunter zu dem fallenden Gewand, das im Kerzenlicht zwei Farben annahm — ein goldenes Weiß und ein kaltes Blau —, bis es sich auf ihrem Oberschenkel bauschte und ihrer Hand Zugang gewährte. Nicht seiner Hand.
Keeran verbarg nicht, dass sie seinen Körper erregte. Wofür verstecken, wenn Vanja genau wusste, was sie mit ihrer Darbietung bei ihm, und bei jedem anderen Exemplar des männlichen Geschlechtes erreichte. Die Schmerzen dämmten seine Erregung, doch gerieten sie mit einem weiteren Zug an der Wasserpfeife zunehmend in den Hintergrund, während der Rauch in seiner Brust schwerfällig in seinen Kopf stieg. Entgegen schwerer Glieder füllte sich sein Kopf mit angenehmer Leichtigkeit, mit der es dem Händler leichter fiel, von oben auf mundane Probleme zu blicken; oder auf die Versuche seiner Ehefrau, ihr Spiel zu gewinnen. Denn obwohl sie durchaus wusste, wie sie seinen Lenden eine Reaktion entlockte, scheiterten ihre Versuche doch stets daran, ihm die Kontrolle zu nehmen. Es war ein Fehler, jemals zu behaupten, Keeran besäße keine Kontrolle über eine Situation. Man erlebte ihn hin und wieder in Momenten, wo er sie freiwillig ziehen ließ, nur um zu beobachten, wie sich die Zukunft vor ihm entfalte. Aus Liebe zum Chaos, zur Unberechenbarkeit, Herausforderung, hielt er manchmal gar nicht mehr an ihr fest; doch immer fand er einen Strang, einen Faden, eine Möglichkeit, um sie wieder für sich zu beanspruchen. In Momenten wie diesen spielte er mit der Person, die versuchte, ihm die Kontrolle zu entreißen, in anderen Momenten spielte er mit der Zeit. In seinen Augen war der Ausgang des heutigen Spiels schon längst entschieden, denn nicht nur Vanja kannte die Schwachstellen ihres Mannes; er konnte sie mindestens genauso gut lesen.
Statt sie zu berühren, schob er seinen Arm mit dem Schlauch in der Hand über die Stuhlrückenlehne. Er nahm einen weiteren Zug und ließ den Rauch langsam durch den Spalt zwischen seinen Lippen entweichen, während er sich die Zeit nahm, dem gleichen Weg zu folgen, den er zuvor mit seinem Blick nach unten geglitten war. Ihr Körper bebte, doch er war die Ruhe selbst, als seine Augen endlich Halt in ihrem Gesicht fanden und er quälend lange Sekunden verstreichen ließ, ohne irgendwas zu tun. Lediglich seine Stimme war rau vom Gebrauch des Rauschmittels, kaum dass er ihr — endlich — eine Reaktion schenkte. „Sag mir, was du brauchst“, forderte er seine Frau auf und stellte damit gleich klar: Er würde keinen Finger rühren, wenn sie nicht endlich zugab, dass sie ihn wollte. Wenn es nach ihm ging, dann konnten sie ewig so weitermachen; sie bot ihm eine Show auf seinem Schoß und er sah dabei zu, wie sie sich in ihren eigenen Selbstzweifeln wand, weil sie sich nicht eingestehen wollte, dass sie ihn mehr brauchte als er sie. Bis Vanja verstand, dass sie betteln musste, um endlich ihren Willen durchzusetzen, würde er ihr nicht die Genugtuung von gegenseitiger Abhängigkeit geben.



RE: Hello darkness, my old friend - Vanja Neshat - 22-01-2025

Sie spürte, dass sich etwas veränderte. Seine Muskeln - jedenfalls die meisten - wurden weicher. Seine Gesichtszüge weniger verspannt und seine Augen weniger dunkel. Tragischerweise war es nicht seine Ehefrau, die diese Veränderung herbei führte, sondern die Pfeife. Die einzige Veränderung, die auf die hübsche weißblonde Frau auf seinem Schoß zurückzuführen war, war die, die sich direkt unter ihr befand. Er machte nicht einmal Anstalten seine Erregung zu verbergen. Und gleichzeitig wusste sie schon in der ersten Sekunde, dass das nicht reichen würde. Es war nicht genug. Keeran war ein Meister in diesem Spiel. Und in allen weiteren, die man als Frau mit ihm spielen konnte. Die SIE mit ihm spielen konnte. Musste. Manchmal war sie sich nicht sicher, ob sie dieses Spiele zum Überleben brauchte, oder ob es nur Mittel zum Zweck war. In den dunkelsten Stunden wusste sie, dass es ihr nicht reichen würde eine normale Ehe zu führen. Dass sie nicht glücklich wäre mit einem Mann, der sie anhimmelte und auf Händen trug. Es war das, was sich alle normalen Frauen wünschten, doch Vanja Neshat war weit davon entfernt normal zu sein. Und manchmal schmerzte dieses Wissen.

Langsam ließ ihre Hand von den eigenen Lenden ab. Es machte keinen Unterschied mehr, ob sie nun die Hälfte des Weges alleine zurück legte oder hoffte, dass Keeran ihr dabei Gesellschaft leisten würde. Es war - wie immer - nur ein Mittel zum Zweck gewesen. Der Fuß in der Tür. Und diese Tür stand sperrangelweit offen. Und trotzdem konnte sie nicht einfach so hindurch gehen.

Während sie die Blicke ihres Mannes voll auskostete und das Kribbeln beinahe auf ihrer Haut spüren konnte, wollte er noch mehr. Es reichte ihm nicht ihren Körper zu besitzen. Es reichte nicht ihren Geist zu besitzen. Ihre Hand. Die Kinder, die sie ihm geschenkt hatte. Er wollte ALLES. Er wollte die Kontrolle, die er niemals bereitwillig abgab. Trotz der Tatsache, dass sie ständig mit ihm darum stritt. Vanja kannte dieses Spiel und wusste, dass sie schlussendlich verlor. Auch wenn sie sich oft versuchte einzureden, dass der Klügere nachgab, wusste sie, dass ihre Gier nach Aufmerksamkeit sie zur Verliererin machte. Der Wunsch gesehen zu werden. Berührt zu werden. In diesen Momenten auch geliebt zu werden. Sie brauchte alles davon wie die Luft zum Überleben. Sie brauchte das Wissen, dass sie zu ihm gehörte. Und er zu ihr.

Seine raue Stimme durchbrach die kreisenden Gedanken seiner Frau. Vanja biss sich auf die Unterlippe und stemmte sich ein wenig höher, sodass nun ihre Knie auf dem harten Holzstuhl ruhten und sie sich hinter ihm an der Stuhllehne festhalten konnte. Ihre Brüste befanden sich nun beinahe auf Höhe seines Gesichtes, wobei sie sich geschickt zu bewegen wusste, dass alles daran mehr als elegant aussah.
Eine ihrer Hände krallte sich in die kurzen Haare an seinem Hinterkopf, während sie ihre Schläfe an die seine legte. Leise, kaum hörbar, wenn man mehr als ein paar Zentimeter von ihnen weg stand, schnurrte sie: "Ich will DICH. Hier und jetzt. Nackt". Es war pure Absicht und Berechnung, dass sie nicht auf seine eigentliche Frage antwortete. Sie sprach von 'wollen' und nicht von 'brauchen'. Und trotzdem wusste sie beide, was sie eigentlich meinte. Es war der Hauch von Erhabenheit, den sie behalten wollte.
Geschickt platzierte sie Küsse hinter seinem Ohr, ehe sie weiter hinab wanderte und seinen Hals küsste, während sie ihren Schoß wieder auf dem seinen platzierte. Sie spürte seine Männlichkeit noch immer und betete, dass es reichen würde, damit er ihr gab, was sie wollte. Was sie brauchte.


RE: Hello darkness, my old friend - Keeran Neshat - 31-01-2025

Ah, da war er, dieser süße Geschmack von Verzweiflung. Er hatte Vanjas Stimme benetzt und sie beben lassen, als wackelte sie auf den Fäden ihres eigenen Netzes, Fäden, die sie selbst gesponnen hatte und perfekt einzusetzen wusste. Wer war eigentlich der Gejagte, wenn die Spinne selbst begann, an ihrem Netz kleben zu bleiben?
Ein Lächeln, das nichts mit wahrhaftiger Freude gemein hatte, speiste Keerans Lippen, als er die Augen schloss und die Berührung an seinem Hals gewähren ließ. Sie wollte IHN, dabei brauchte sie ihn, und IHN sollte sie bekommen. Unter den warmen Lippen beschleunigte sich sein Puls, ein weiteres Gemisch aus körperlicher Erregung und seinem Fluchtinstinkt, persönliches Überbleibsel alter Tage, auf das er aber nicht reagierte. Während seine Frau eine heiße Spur auf seiner Haut hinterließ, summte er in Zustimmung und löste seine Hand von der Rückenlehne. „War das so schwer?“, raunte er zurück, wobei er die Retourkutsche von Vanja in Kauf nahm. Keeran winkte den Sklaven aus der Raumecke zu sich und drückte ihm den Pfeifenkopf in die Hände. Wenige Sekunden später spürte er das vertraute Gewicht einer kleinen Flasche in der offenen Handfläche —es war nicht das erste Mal, dass die Neshats sich im Esszimmer vergnügten.
Endlich kehrte Bewegung in den Händler, als er die Flasche auf dem Tisch abstellte und seine Hand sich auf Vanjas Schulter legte, um sie bestimmt von sich wegzuschieben. Auch wenn das Opium seine Gesichtszüge aufgeweicht hatte, waren seine Wangenknochen genauso markant, genauso scharf wie davor, mit einem forschenden Blick, der abschätzte, wie viel Kontrolle seine Frau bereits verloren hatte. Statt ihrer Forderung nachzukommen und den Abstand zu nutzen, um sich der Weste zu entledigen, wanderte seine Hand nur nach unten und streifte mit dem Daumen beiläufig die seitliche Wölbung ihrer Brust, während seine andere Hand nach dem Weinglas griff. Er hielt ihren Blick so mühelos, wie er den von Verhandlungspartnern hielt; weil Keeran wusste, welche Macht ein Blick ausüben konnte, wie ein einziger Blick die Schwelle von intensiv und unangenehm spielend leicht durchbrechen konnte. Währenddessen hob er das Weinglas, langsam, und kippte es über Vanjas Dekolleté. Dunkelrote, teure Flüssigkeit färbte den hellen Stoff, während sie sich einen Weg zwischen ihren so deutlich zur Schau gestellten Brüsten bahnte, und Keeran ließ kaum einen Tropfen verkommen, als er sich endlich nach vorne beugte und seine Lippen heiß über weicher, empfindlicher Haut schloss. Und während er Vanja selbst Raum gewährte, ihn seiner Weste zu entlegen (wenn sie ihn so gerne nackt sehen wollte, musste sie wohl selbst Hand anlegen), suchte seine freie Hand die Brosche in ihrem Nacken, die den luftigen Stoff zusammenhielt und sowieso ein neues Kleid schmücken musste, wo er ihr das heutige doch ruiniert hatte.



RE: Hello darkness, my old friend - Vanja Neshat - 26-03-2025

Ausdrucklos war das Gesicht des Bediensteten, als er Keeran die Pfeife abnahm und durch ein Weinglas austauschte. Er machte keinerlei Anstalten, dass ihm die bald folgende Situation unangenehm wäre und Vanja war sich sicher, dass er wusste, was nun passieren würde. Die Neshats waren beide gebrochene Menschen. Sie waren kaputt und leider waren sie weit entfernt von der romantischen Vorstellung, dass sie sich gegenseitig heilen würden. Das Gegenteil war der Fall: sie taten sich nicht einmal besonders gut. Keeran war viel zu selbstsüchtig und stur, um Vanja gut zu tun. Er gab ihr nicht das, was sie brauchte. Jedenfalls nicht genug. Hier und da ein Orgasmus war sicher ganz nett und trug durchaus zur allgemeinen Entspannung bei, aber Vanja wollte Bewunderung. Am liebsten in jederlei Hinsicht. Jeden Tag. Wollte merken, wollte hören, dass sie die einzige Frau für ihn war - obwohl sie wusste, dass es eine Lüge wäre. Es war ihr egal. Die Lügen störten sie nicht. Die anderen Frauen neben ihr auch nur geringfügig, immerhin nahm sie es selbst mit der Monogamie nicht sonderlich ernst. Besagter Bediensteter hatte sich durchaus schon das ein oder andere Mal als recht angenehmer Zeitvertreib herausgestellt. Daher auch der kurze fragende Blick, der zu der weißhaarigen Frau huschte, als er in ihrer Nähe war. Doch Vanja ignorierte ihn. Dachte gar nicht mehr an die Muskeln, die sich unter dem Leinenhemd des Mannes versteckten. Sie dachte nur an ihren Mann. Denn das war es, was sie wollte. Nicht Keeran. Sondern seine Bewunderung.

Auch wenn es nicht ihrer Vorstellung entsprach, was nun geschah, es ging immerhin in die richtige Richtung. Das Weinglas ergoss sich über ihrem Oberkörper, tränkte das weiße Kleid dunkelrot und ließ kaum einen Unterschied zwischen Wein und Blut zu. Die junge Frau schloss die Augen, legte den Kopf in den Nacken und bewegte in kreisenden Bewegungen ihre Hüfte auf dem Schoß ihres Mannes. Es war ihr egal, dass sich unter ihnen eine Pfütze des Weines sammelte. Alles war ihr egal. Es zählte nur noch, dass er sie berührte. Egal waren genauso seine Worte. Obwohl sie deutlich an ihrem Ego kratzten, verblassten sie im Hintergrund, als er ihre Brust streifte und kurz danach seine Lippen an ihre Haut legte, um den Wein aufzusaugen. Vanja fuhr sich mit der eigenen Hand erst den Hals entlang, dann über die Brust und verteilte das nasse Rot in kreisenden Bewegungen erst auf ihrem Bauch, dann auf ihren nackten Oberschenkeln. Sie spürte, wie sich der Knoten in ihrem Rücken löste und nun auch der restliche Stoff zu Boden rutschte.
Gleichzeitig rutschten auch ihre Hände unter die Weste ihres Mannes und entledigten ihn zumindest vom ersten Teil. Und auch das nächste Teil folgte sogleich, sodass sie nun beide zumindest mit nacktem Oberkörper hier saßen, ehe sich Vanja an seiner Hose zu schaffen machte.

"Besorg' es mir", hauchte sie kaum hörbar in sein Ohr und biss anschließend in die sanfte Haut seines Halses.
Es war das, was sie zum Überleben brauchte. Nicht, weil sie die körperliche Lust empfand, sondern weil sie sonst das Gefühl hatte nichts wert zu sein. Und es würde nur noch ein wenig mehr Zeit in Anspruch nehmen, bis ihr Plan endlich in die Tat umgesetzt werden konnte. Bis sie endlich das Geschäft ihres Vaters übernehmen konnte.

Dann würde er sie bewundern. Er würde gar nicht anders können, dessen war sie sich sicher.


RE: Hello darkness, my old friend - Keeran Neshat - 21-04-2025

Das Kleid war ihm egal. Rot auf Weiß war nur ein Sinnbild für die Unschuld, die sie schon längst nicht mehr in sich trug und vermutlich nie getragen hatte. Ob sie es zugeben wollte oder nicht, ihre Seele war genauso gebrochen wie seine und gab sich nicht mehr mit einem einfachen, friedlichen Leben ab. Sie wollte ihn besitzen, wollte seinen Stolz, seine Männerwürde, sein gesamtes Sein ihr eigen nennen, weil er zu dem Leben geworden war, was sie atmete und brauchte. Ob sie sich bewusst war, wie sehr sich ihre Welt um seine drehte? Wie sie ihn zum Epizentrum ihres Lebens gemacht hatte, obwohl ihr als Frau eines reichen Händlers so viele Wege offen standen; und alles, was er hatte tun müssen, war ihr den Finger zu reichen. Gerade so viel, dass sie wusste, wie es sich anfühlte, geachtet zu werden, aber nie genug. Wie Matariyya selbst litt sie Hunger nach etwas, das nie ihre Gier erfüllen würde. Er wusste genau, was er tat. Und er wollte sie ruinieren.
Der Wein rann über weiche, warme Haut und klebte bald zwischen ihren Körpern. Ihr war egal, dass er Schmerzen im Knie hatte, sie bewegte sich unaufhörlich auf seinem Schoß, um ihn zu erregen, verlagerte ihr Gewicht, dass er sie überall mehr spürte, zeigte genauso viel Interesse an seinem Wohlergehen wie er an ihrem. Der Umstand ließ Keeran gegen ihre Brust lächeln. Nachdrücklich lehnte er sich nach hinten und bedachte sie mit einem seiner langen, eindringlichen Blicke, während seine Hände weiter nach unten wanderten. “Dreh dich um”, antwortete er schließlich und gab ihrem Gesäß einen Klaps. Natürlich gab er ihr das, was sie wollte; wer wäre er auch, sie nach so einem Spiel abzulehnen. Gerade so viel gab er ihr, dass sie wusste, wie es sich anfühlte, ihn zu besitzen - aber nie genug. Das Spiel hatte Keeran gewonnen, das wussten sie beide, als er sich endlich aufrichtete, seine Frau bestimmt zum Tisch drehte und sich über sie beugte.

Ob es diese kurze Befriedung wert war? Keerans Knie stimmte ein anderes Lied an, von vergangenen Narben, die durch die Beanspruchung penetrant gegen seine Knochen pochten. Wie nach jedem Orgasmus hingegen fühlte sich sein Kopf wunderbar leicht an, verstärkt von den dünnen Schwaben des Opiumnebels, als schwebe er auf einem besonders lang anhaltenden Hoch. Sein Körper verlangte schon wieder nach Opium, jetzt, wo seine Brust sich unregelmäßig hob und Schweißperlen sich mit den ihren vermischt hatten, aber dieses Mal kam er dem Wunsch nicht nach. Das Bedürfnis, sich zu waschen, war sehr viel penetranter und bestimmte sein nächstes Handeln, als er sich fast mit sofortiger Wirkung von seiner Frau abwandte und den Diener im Schatten zu sich rief. Jener kam mit gesenktem Blick, aber vorbereitet mit zwei Erfrischungstüchern, angenehm kühl auf der Haut, um sich nicht nur des Tagesschweißes zu entledigen. Keeran bediente sich und wusch sich erst selbst, dann griff er nach dem anderen Tuch und fuhr damit über Vanjas Haut.
“Erzähl mir von deinem Tag”, forderte er sie auf, als hätten sie eben nichts anderes getan, als Vertragspflichten nachzukommen. Beherrscht, kontrolliert, abschätzend war Keerans Tonlage, und kalkuliert waren seine Berührungen, die der einzigen Bestimmung nachgingen, seine Frau zu reinigen; so, wie er es immer tat, wenn sie ihn doch als Einzige dazu bewegen konnte, seinen Reinlichkeitswahn für ein paar Minuten beiseite zu legen.