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RE: you do not yield - Sanna Lorenson - 28-05-2025 Hatte sie das? Hatte Valda wirklich Glück? Sanna war sich nicht sicher. Ihr Blick wanderte kurz zu dem Kind, dann wieder zu Tyra, ohne dass sie den Sinn hinter den Worten der Söldnerin ganz zu fassen vermochte. Valda war nicht in eine einfache Welt hineingeboren worden. Ihr Stand war kompliziert, ihre Herkunft ein Risiko – eine latente Gefahr, der sie sich noch nicht bewusst war. Doch Sanna bemühte sich, diesen Gedanken nicht zu viel Raum zu geben. Bemühte sich, nicht ständig an die Schuld zu denken. Sich nicht ständig an das zu erinnern, was sie ihrer Tochter hätte ersparen können. So schwieg sie. Rührte nur leise weiter in dem Sud. "Ein Kräutersud, der deinem Körper ein wenig helfen soll", sagte sie schließlich mit ruhiger Stimme und zog ein sorgfältig gefaltetes Leinentuch aus ihrer Tasche. "Der ist auch da drin", ergänzte sie und verzog das Gesicht zu einer schelmischen Grimasse – ein halbherziger Scherz über den vergorenen Iltis, den Tyra darin vermutete. Sanna nickte schwach, als Tyra nach einer Klinge fragte. Es würde wohl Sinn machen – die Wunde war inzwischen gereinigt, und das Ausbrennen wäre vermutlich der beste Schutz vor einer weiteren Infektion. Mit wenigen Schritten trat sie zum Pferd, griff nach den Satteltaschen und kramte darin, bis ihre Finger den vertrauten Griff eines Dolchs ertasteten. Wortlos kehrte sie zurück und legte die Klinge in die heiße Glut. "Wenn du möchtest, kann ich das übernehmen", bot sie leise an, auch wenn Tyra bereits gesagt hatte, sie wolle es selbst tun. Kurz wanderte der Blick der Jägerin zu ihrer Tochter. "Valda, kannst du bitte noch etwas Kamille für Tyra pflücken? Sie liebt die Blumen so sehr …", bat Sanna mit sanfter Stimme. Das kleine Mädchen nickte und huschte davon. Sanna griff nach einem festen, ledernen Riemen und reichte ihn Tyra. "Damit du dir nicht die Zunge abbeißt …", erklärte sie ruhig, während sie erneut im Kessel rührte. "Doch, doch – du wirst es trinken. Valda wird dich schon überzeugen, wenn ich es nicht kann." Mit diesen Worten nahm sie den Kessel vom Feuer, spannte ein Leinentuch über die Öffnung und goss den Sud in ein kleineres Gefäß, um die gekochten Kräuter – die ohne Zweifel für den bitteren Geschmack sorgten – sorgfältig abzuseihen. RE: you do not yield - Tyra Winters - 01-06-2025
Tyra starrte Sanna an, als die ihr bestätigte, dass tatsächlich Iltis in diesem Sud war – oder etwas, das genauso roch. Ein Moment verging, dann ein weiterer … und dann polterte ein ungläubiges Lachen aus ihrer Kehle, trocken und rau wie zerbrochene Äste im Schnee. „Bei den verfluchten Eingeweiden Heofaders! Ich wusste es!“ Ihre Stimme überschlug sich beinahe, schwankte zwischen Hohn und Verzweiflung. „Ich wusste schon immer, irgendwann werde ich verrecken an einem verfluchten Hexensud, den man mir unterjubelt, während ich zu schwach bin, mich zu wehren!“ Ihre Schultern bebten leicht, ob vor Lachen oder Husten, ließ sich nicht sagen.
Als Sanna ihr dann auch noch anbot, das Ausbrennen zu übernehmen, erstarb die Bewegung in Tyras Brust für einen flüchtigen Moment. Ihre Augen flackerten, matt, fieberglänzend – aber nicht ohne Klarheit. „Nein“, sagte sie nach kurzem, zähem Zögern. Die Stimme war rau, aber fest. „Nein, das mach’ ich schon selbst.“ Und es klang beinahe entschuldigend. „Hast schon genug getan.“ Denn Tyra wusste, worauf sie sich einließ. Kannte das Brennen, das Sengen, die benötigte Geduld. Wusste, was es hieß, zu handeln, während jemand schrie, zu drücken, wenn der Gestank von verbranntem Fleisch einem die Sinne raubte. Es brauchte Mut – und Gleichgültigkeit zugleich. Und Tyra wollte niemandem mehr zumuten, sie durch so etwas hindurch zu tragen. Nicht Sanna. Als Valda sich auf das Blumenpflücken vorbereitete, zwang sich Tyra zu einem knappen, steifen Nicken. „Ja“, presste sie hervor, als wäre das Wort schwer wie ein Mühlstein. „Blumen. Großartig.“ Sie schenkte dem Kind ihr schönstes Raubtierlächeln.. Ihre Liebe zu Blumen? Natürlich nicht existent, aber das Kind durfte es nicht merken. Sollte nicht glauben, Tyra wäre genau das abgestumpfte, kalte Ding, das die Welt aus ihr gemacht hatte. Und so ließ sie es gewähren, ließ es ziehen. Nur für einen Moment, als sie dem Mädchen hinterher sah, wirkte Tyras Blick seltsam weich. Dann schob sie sich ein wenig hoch, zitternd, mit beiden Armen abgestützt. Ihre Augen hefteten sich auf die Glut, auf den Dolch. Das Metall begann bereits zu glühen – zuerst ein fahles Orange, dann ein fast durchsichtiges Weiß. Sie spürte, wie ihr Mund trocken wurde. Ihre Finger tasteten nach dem Lederriemen, nahmen ihn dankbar entgegen. Sie zögerte kurz – ein einziger Atemzug lang. Dann schob sie ihn sich zwischen die Zähne. Mit der freien Hand griff sie nach einem Ast – nichts Großes, nur etwas, um die Klinge aus der Glut zu heben. Sie zog sie heraus, das heiße Metall knisterte leise. Ihre Augen weiteten sich leicht. Kein Zittern. Kein Laut. Nur Entschlossenheit. So, wie sie es kannte. So, wie sie es immer gemacht hatte. Ein Atemzug. Noch einer. Dann setzte sie an. Das Zischen war das Erste, das zu hören war – ein höllisches, lebendiges Geräusch, wie wenn Speck in eine heiße Pfanne fällt. Dann der Geruch. Dann der Schmerz. Tyra zuckte zusammen, doch sie hielt die Klinge fest, biss in den Riemen, während der Gestank verbrannten Fleisches in ihre Nase stieg. Ihre Muskeln spannten sich, drohten zu reißen. Ein leiser, kehliger Laut entkam ihr, kaum mehr als ein Knurren. Ihre Augen rollten zurück, und doch hielt sie durch – bis sie sicher war, dass genug versengt war, dass nichts mehr leben konnte in dieser verfluchten Wunde. Dann ließ sie die Klinge fallen, achtlos wie nie. Sie kippte zur Seite, schwer atmend, wie eine ebenjenes sterbendes, altes Tier, nach dem sie sich gerade fühlte. Ihre Haut war bleich, der Schweiß stand ihr in großen Tropfen auf der Stirn, und das Zittern war kaum noch zu kontrollieren. „Sanna …“ Ihre Stimme war kaum ein Flüstern, kaum ein Laut. Sie hob leicht den Kopf, ließ ihn gleich wieder sinken. „Sag mir bitte, dass dieser Iltis-Sud … wenigstens den Schmerz wegspült.“ Eine Pause. „Oder mein Hirn. Beides wär mir recht.“ Sie lachte nicht. Konnte nicht. Dafür war sie zu schwach. Aber das klägliche Echo von Spott schwang mit. Und etwas darin flehte. Flehte leise, halb bewusst, um Erleichterung. RE: you do not yield - Sanna Lorenson - 02-06-2025 Manchmal war Sanna selbst überrascht davon, mit welcher Glaubwürdigkeit sie den größten Unsinn von sich geben konnte. Selbst wenn sie etwas nicht im Geringsten ernst meinte, schien man ihr jedes Wort abzunehmen – was wohl bedeutete, dass die Leute sie für eine durch und durch seriöse Person hielten. Allein dieser Gedanke war schon absurd genug, um ihr ein Grinsen zu entlocken. Sie ließ Tyra jedoch in dem Glauben, zuckte nur mit den Schultern und setzte ein geheimnisvolles Gesicht auf. "Vielleicht bist du danach auch stärker als zehn Männer…", raunte sie bedeutungsvoll und senkte verschwörerisch die Stimme. "Das macht die Kraftwurz. Die muss man lange auskochen… am besten unter dem Schein der Mittagssonne." Gab es diese Pflanze? Auf gar keinen Fall. Log sie sich gerade die Zunge fusselig? Und wie. Dann kicherte sie – ein schrilles, kehliges Kichern, so wie sie glaubte, dass eine Hexe es tun würde. Es fühlte sich großartig an, wieder einfach albern sein zu können. Trotz jener ernsten Situation in der sie sich befand. Doch der Ernst kehrte schneller zurück, als ihr lieb war. Sanna ließ jeden Anflug von Albernheit hinter sich und versuchte nicht länger, ihre Hilfe aufzudrängen. Sie nickte nur stumm, der Blick auf den dampfenden Sud gerichtet, der süßlich roch – und dennoch nicht imstande war, den beissenden Geruch von verbranntem Fleisch zu übertünchen. Sie bewunderte Tyra für ihren Mut. Wirklich. Sanna wusste nicht, ob sie selbst die Kraft gehabt hätte, sich auf diese Weise zu behandeln. Allein die Vorstellung, sich solchem Schmerz zu stellen – aus freien Stücken – ließ sie schlucken. Doch die Narben auf Tyras Körper ließen vermuten, dass sie schon einige Verletzungen gehabt hatte, die sie mehr schlecht als recht selbst behandelt hatte. Das war wohl das Los einer Söldnerin. Als sie wieder Tyras Stimme hörte, hob Sanna den Blick, griff wortlos nach dem Dolch – und legte ihn zur Seite. "Er wird dir helfen, Tyra", sagte sie leise und nickte auf die Frage der Söldnerin hin. Dann stand sie auf, nur um sich gleich wieder neben sie zu setzen. Behutsam hob sie die kaum ältere Frau ein Stück an und bettete ihren Kopf in ihren Schoß. Mit einem feuchten Tuch strich sie ihr die verschwitzten, zerzausten Haare aus der Stirn, ließ ihre Berührung so sanft wie möglich sein. Dann füllte sie einen kleinen Schluck des Suds in einen Becher. "Er schmeckt auch gar nicht soooo schlimm …", murmelte sie, prüfte kurz die Temperatur und führte den Becher schließlich an Tyras Lippen. In diesem Moment kam Valda zurück. Ohne ein Wort zu sagen, steckte sie Tyra eine Kamillenblüte ins Haar. "Damit wirst du schnell wieder gesund.", plauderte Valda und tätschelte das Vogelnest auf Tyras Kopf. Sanna schmunzelte und lehnte sich leicht gegen den Baum in ihrem Rücken, während Valda sich an ihre Seite kuschelte. RE: you do not yield - Tyra Winters - 02-06-2025
Tyra ließ alles über sich ergehen, ließ zu, dass Sanna sie aufrichtete, ihren Kopf in ihren Schoß bettete wie ein sterbendes Kalb vor dem finalen Stich in die Halsschlagader. Ihre Lider flatterten, ein Zucken lief über ihre Wange, als Sannas kühle Finger ihr die Stirn streiften. Es war nicht die Zärtlichkeit, die sie erschütterte – sondern die Leichtigkeit, mit der Sanna sie spielte wie ein Instrument. Eben noch hatte sie die perfekte Hexe gegeben: unheimlich, wissend, mit einem Kichern, das selbst Krähen das Fürchten gelehrt hätte. Und jetzt … das.
Tyra blinzelte, hob den Blick und versuchte, die junge Frau zu fokussieren. „Stärker als zehn Männer, sagtest du?“, krächzte sie, die Stimme kaum mehr als eine raue Erinnerung an sich selbst. „Und diese Kraftwurz … die braucht Mittagssonne?“ Ein leichtes Zucken zuckte über ihre Lippen. Nicht ganz Lächeln. Eher ein hoffnungsvolles Verlangen nach Stärke und Ruhm. Sanna hatte ihr mit diesem Kraut tatsächlich etwas zum Grübeln gegeben. „Also …“, begann sie und hob einen Finger, der zitterte wie das Blatt eines Baums im Herbststurm. „Gibt es diese … Kraftwurz … wirklich? Oder hast du dir das gerade zusammengesponnen?“ Eine hellblonde Braue hob sich langsam, vorsichtig, wie ein Krieger, der nicht sicher ist, ob der Feind noch zielt. Ein leises, kehliges Schnauben entkam ihr, als sie Sannas Blick sah – dieses schalkhafte Funkeln zwischen Ernsthaftigkeit und Belustigung. Und dann dämmerte es Tyra. Stück für Stück. Als würde jemand einen Schleier von ihrem Bewusstsein ziehen, Fieber hin oder her. „Du … du hast mich verarscht!“ Die Erkenntnis traf sie härter als jede Klinge. Sie versuchte sich aufzusetzen, schaffte es aber nicht und fiel zurück in Sannas Schoß. „Ich lag da wie ein sterbendes Rindvieh, dachte wirklich, das war’s jetzt, und du – du erzählst mir was von Kraftwurz und Sonnenlicht?!“ Ihre Stimme überschlug sich beinahe. „Willst du mir als Nächstes weismachen, dass man Bären mit Löwenzahn vertreiben kann?! Ich bin nicht dumm, damit du’s weisst.“ Naja. Vielleicht doch ein bisschen. Sie keuchte, rang nach Atem, murmelte dann beleidigt, halb gegen Sannas Schenkel: „Es gehört schon ein gehöriges Paar Eier dazu, einer dem Tod geweihten Söldnerin ins Gesicht zu grinsen und ihr mit einem Sud aus Iltisschwanz und Fantasie Hoffnung einzuflößen.“ Eine kurze Pause. „Ich weiß nicht ob ich stinksauer, oder beeindruckt sein soll.“ Aber sie trank. Natürlich tat sie es. Was blieb ihr anderes übrig? Der Becher wurde ihr gereicht, und mit einem leisen Knurren nahm sie einen Schluck. Sofort verzog sich ihr Gesicht, als hätte man ihr noch warme Galle direkt auf die Zunge geträufelt. Der Geschmack war schlimmer als alles, was sie je zu sich genommen hatte – und das umfasste auch halb verrottete Brühe in einem Kerker irgendwo in Castandor. „Bei Heofader“, murmelte sie heiser, nachdem sie geschluckt hatte. „Wenn das heilt, ist das ein Wunder. Wenn nicht, bring mich einfach um. Ich will nicht, dass das noch mal durch meinen Mund geht.“ Ihr Magen drehte sich bereits. Oder war das das Fieber? Wahrscheinlich beides. Dann trat Valda wieder zu ihr, hell wie ein Sonnenstrahl, und ohne Vorwarnung steckte sie Tyra eine Kamillenblüte ins Haar. Ihre kleinen Finger wuschelten an Tyras Kopf, ganz selbstverständlich, wie ein Kind, das ein Reh tätschelt, ohne zu wissen, wie leicht es brechen könnte. Und Tyra erstarrte. Sie fühlte, wie die Wärme der Blüte ihre Haut nicht erreichte – aber das Echo davon, das erreichte etwas Tieferes. Langsam drehte sie den Kopf, sah Valda an. Ihre Augen wurden weicher. Die Schärfe, der Spott – alles wich. „Danke“, flüsterte sie. Das Wort war kaum mehr als ein Hauch. „Wenn ich wieder auf den Beinen bin, bring ich dir eine ganze Wagenladung davon. Versprochen.“ Und dann schloss sie für einen Moment die Augen, ließ das Zittern durch sich hindurchlaufen, nicht dagegen ankämpfend, sondern es akzeptierend – wie ein alter Hund, der Regen einfach Regen sein lässt. „Weißt du“, begann sie leise, während sie den Blick in den Himmel hob, die Wolken wie Treibholz auf dem Meer betrachtend, „als ich klein war, gab es da diesen Heimatlosen. Wir nannten ihn Torri, weil er so groß war wie ein Turm. Der hat uns immer Geschichten erzählt, wenn er vorbeikam. Von einem Mädchen, das mit einem Wolf sprach. Es wurde nie krank. Nie müde. Und wenn es kämpfte, dann mit einem Speer aus Silber, den Wolf stets an seiner Seite. Es musste nie Angst haben. Es hatte ein Lächeln, dass die Sonne neidisch werden ließ und eine Stimme, schöner als jede Lerche.“ Ihre Stimme wurde träger, schwerer. Ein Schleier legte sich über die Worte. Sie warf einen müden Blick zu Valda. „Ich wollte immer sein wie dieses Mädchen. Aber ich glaube … du bist es. Und ich bin der Wolf.“ RE: you do not yield - Sanna Lorenson - 02-06-2025 Ein gutmütiger Glanz ruhte in den Augen der jungen Blondine, als sie Tyra betrachtete – mit einem halben Lächeln auf den Lippen, das mehr Schutz war als Spott. Sie nahm die Fragen zur Kraftwurz an, als hätte sie sie erwartet, als hätte sie Antworten parat. Doch es fiel ihr schwer, diese Maskerade aufrechtzuerhalten, gerade weil Tyra ihr glaubte. Nicht zögerlich, nicht halb – sondern mit einer stillen Zuversicht, die mehr sagte als Worte. Und genau das machte es so schwer, das Spiel weiterzuspielen. Vermutlich hatte Tyra das feine Zucken an Sannas Mundwinkeln doch bemerkt, denn ihr Blick veränderte sich merklich. Mit einem leisen Seufzen tätschelte Sanna der Söldnerin das Haar – fast so, als würde sie ein eingestandenes Vergehen milde abbitten. "Wenn der Sud dir hilft, bin ich froh, dass dir meine kleine Scharade erst zu spät aufgefallen ist", sagte sie und zwinkerte verschmitzt. "Für solche Gelegenheiten beweise ich auch gern mal Eier." Ihr Lächeln kippte in ein schiefes Grinsen, hinter dem mehr Ehrlichkeit lag, als der Scherz vielleicht vermuten ließ. "Oh, du darfst den Sud in den kommenden Tagen noch ein paar Mal trinken – versprochen." Ein entschuldigender Ausdruck huschte über Sannas Gesicht, während ihr Blick an Tyras Zügen hängen blieb, die merklich weicher wurden, als Valda wieder auftauchte. Kinder – ob die eigenen oder fremde – hatten eine seltsame Gabe: Sie durchbrachen oftmals Mauern, die sonst niemand zu durchdringen vermochte. Selbst den verwegensten und mürrischsten Charakteren entlockten sie eine Sanftheit, die sich ganz von selbst einstellte. Ganz leise. Ganz ohne Forderung. Die junge Jägerin lehnte den Kopf leicht gegen den Baum und ließ den Blick zum Himmel wandern, der sich langsam in ein sanftes Violett tauchte. Der Abend begann, den Tag abzulösen, und die ersten blassen Sterne zeichneten sich bereits auf dem tiefblauen Firmament ab. Still lauschte sie den Worten der Söldnerin – der Geschichte von dem Mädchen und dem Wolf. Etwas an dieser Erzählung berührte sie auf eine eigentümliche, stille Weise. In den wenigen Tagen, die sie gemeinsam unterwegs gewesen waren, hatte sich Tyra – ebenso wie der verschollene Eneas – unbemerkt einen Platz im Herzen des kleinen Mädchens erobert. Und Sanna wusste: Von dort würden sie nie wieder verschwinden. Ganz gleich, wohin die Wege sie künftig führen würden. |