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No blade can mend what time has torn - Druckversion

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RE: No blade can mend what time has torn - Reinka Norrholm - 10-08-2025

Geist trat fest und lautlos zugleich auf der Stelle, der Schnee dämpfte jeden Schlag seiner Hufe. Veiths Worte, leise und rau, zogen Reinka aus ihrem Fokus auf die Szene vor ihnen. Die Brauen der Prinzessin hoben sich unwillkürlich, ein fast spöttisches Funkeln glitt in ihre Augen. Er wusste genau, wen er an seiner Seite hatte – und doch stellte er sich vor sie. In einer anderen Situation, mit weniger Gefahr in der Luft, hätte sie vielleicht gelacht. So blieb das Lächeln nur in ihrem Inneren hängen.

Es war ein seltsames Ziehen in ihr. Der Instinkt, das Leben unter ihrem Herzen zu schützen, nagte an ihrem Verstand, während die Kriegerin in ihr unruhig die Klinge in der verborgenen Sattelscheide suchte. Sie zwang sich, seiner Anweisung zu folgen. Noch. Geist reagierte inzwischen eindeutig auf die gespannte Ruhe seiner Herrin: Der sonst so genügsame Riese wuchs förmlich noch ein wenig mehr, der Nacken gewölbt, Ohren gespitzt, der Atem umspielte in Schwaden seine geblähten Nüstern.

Veith ritt vor, sie hielt sich im Schatten der Bäume, das Schwert noch nicht gezogen, aber die Hand lag daran wie ein Versprechen. Ihr Blick heftete sich auf den Reiter, der die Zügel von eines Ponys umklammert hielt, das nervös in der Gabel eines kleinen Karrens tänzelte – darauf saß ein schluchzendes Kind und streckte die pummeligen Finger nach der Frau aus, vermutlich der Mutter, die in den Armen eines zweiten Mannes um ihrer beider Leben rang. Der dritte Kerl stand breitbeinig in der Mitte der Lichtung, eine rostige Axt locker in der Hand, das Lächeln zu selbstsicher und zahnlos

„Was wollt ihr hier? Verpisst euch“, knurrte der Axtträger, als Veith die Lichtung betrat. Seine Stimme trug diesen Ton, der Männer glauben ließ, sie seien im Recht, nur weil sie es laut genug aussprachen. Veiths Ton schnitt härter als Stahl, doch die Banditen sahen sich nur grinsend an. „Geht euch nichts an“, bellte der, der die Mutter hielt. Die Frau wandte den Kopf, Tränen liefen über ihr Gesicht. „Bitte… Lasst meinen Sohn leben.“ Ihre Stimme zitterte wie ein schwacher Ast im Sturm, als das Kind seine Mutter hörte, wimmerte es und presste das Gesicht gegen den Hals des Ponys, auf dem es saß. „Mama…“ Das leise Wort treib sich tiefer in Reinka , als sie sich eingestehen wollte. Ihre Finger schlossen sich fester um den Griff des Anderthalbhänders, wirkte jedoch äußerlich vollkommen ruhig. 

Die Luft knisterte. Kein Wind, nur der dumpfe Klang von Anspannung, die sich zwischen allen spannte. Der Schnee knirschte unter Geists Gewichtsverlagerung. Reinka blieb am Rand der Lichtung, ihre Augen prüften alles – die Stellung der Männer, den Abstand zu Veith, den Fluchtweg für Mutter und Kind. Sie roch das kalte Eisen, den Schweiß der Pferde, das leicht säuerliche Aroma von Angst. „Lasst sie gehen“, sagte sie schließlich, ihre Stimme leise, aber wie ein Befehl, den man nicht infrage stellte. Drei Köpfe wandten sich zu ihr, und für einen Herzschlag schien die Welt still zu stehen.

„Und wenn nicht?“ Der Mann mit der Axt trat ein paar Schritte auf Reinka zu, provokante Neugier im Blick. Geist schnaubte, schob sich seitlich, bereit, zu reagieren. Reinkas Blick blieb fest, ihr Kinn leicht erhoben. In den Augen des Mannes zuckte plötzlich ein Schatten – keine Furcht, eher ein Anflug von Unbehagen angesichts der entgegengebrachten stoischen Ruhe. Der Bandit, der die Mutter hielt, lachte heiser. „Zwei gegen drei, und die Frau da mit ihrem dicken Bauch?“ Der Spott war wie ein Funke im Pulverfass. Reinka fühlte die Hitze in sich aufsteigen, hielt sie jedoch im Zaum. Nicht jetzt, nicht unüberlegt. Erik würde nicht glücklich darüber sein, wenn ihre impulsive Seite die Oberhand gewann. Geist bewegte sich kaum merklich näher, seine Masse und Ruhe wirkten wie ein drohendes Gewitter.