Facing the Storm
sands of time - Druckversion

+- Facing the Storm (https://facingthestorm.de)
+-- Forum: Was einst geschah (https://facingthestorm.de/forumdisplay.php?fid=24)
+--- Forum: Was längst vergessen war (https://facingthestorm.de/forumdisplay.php?fid=32)
+---- Forum: Inplay (https://facingthestorm.de/forumdisplay.php?fid=37)
+----- Forum: September 1016 ndV (https://facingthestorm.de/forumdisplay.php?fid=88)
+------ Forum: Matariyya - Das Sommerland (https://facingthestorm.de/forumdisplay.php?fid=108)
+------ Thema: sands of time (/showthread.php?tid=225)

Seiten: 1 2 3 4 5 6


RE: sands of time - Amira El Mansouri - 13-05-2024

Amira konnte bemerken, wie er sich unter ihren Hände entspannte, und das war auch für sie eine Wohltat. Weder waren scharfe Korrekturen erfolgt, noch ihre Hände von seinem Körper gezogen worden oder er gar aufgestanden um sich dieser Form der Nähe zu entziehen, die sie eingefordert hatte. Nichts von alledem, sondern ganz im Gegenteil. Alles fühlte sich so richtig an, natürlich und selbstverständlich. Sogar sein Entgegenkommen, als wären vorige Zurückweisungen eine Laune der Natur gewesen oder nur einer wagen Erinnerung entsprungen, die nichts mehr mit der Gegenwart zutun hatte. Er suchte ihre Berührung, er erwiderte sie. Wie zuvor, als die Haarsträhne für einen Moment festgehalten worden war, als sie vor ihm zurückgewichen gewesen war, und doch ein wenig anders. Fein und sanft, beinahe vorsichtig fühlte sie seine Hand über ihren Arm wandern und nun war es an ihr gewesen die angenehme Gänsehaut bis in den Nacken hinauf zu empfinden. Sie hatte bemerkt, dass ihr Tun ihn nicht ganz kalt gelassen hatte, aber sie wollte nicht zu viel riskieren. Diese Form der Umarmung war schon mehr als alles andere, was sie miteinander geteilt hatten.

Und dieser Moment wurde ihnen beiden geschenkt. Ohne Erwartungen oder Verantwortungen, die spätestens beim ersten Sonnenstrahl des nächsten Tages wieder an die Tür klopfen würden und vor allem ihn fordern sollten. Ihre Reise fand nicht zum bloßen Vergnügen statt, sondern Ilyas hatte eine Pflicht zu erfüllen. Und Amira wusste, dass sie in Gegenwart der Prinzessin und seiner Aufgaben weit stärker zurück zu treten und er sich anderen Dingen als ihr zu widmen hatte. Sie konnte die Schwere der Last auf seinen Schultern nicht erahnen, so wollte sie sich wenigstens bemühen, ihm dazwischen solche Augenblicke der Ruhe zu schenken und ihm zu ermöglichen sich ein wenig fallen zu lassen.

Ihr Körper war müde, ihre Glieder schmerzten und das nicht nur wegen der Sitzposition, so dass Amira womöglich sogar sekundenweise eingedöst war. Aber viel zu leicht, als dass man wirklich von Schlaf hätte sprechen können, und noch dazu reichten kleine Bewegungen, gar ein leises Plätschern des Wassers sie wieder zurück zu holen. Doch war es eine Berührung, die sie sich regen ließ und Worte, die ihre Augen geöffnet hatten. Die feinen Härchen auf ihrem Arm richteten sich wohlig unter dem warmen Atem auf, und wie zur Bestätigung seiner Frage stahl sich die junge Frau die Chance ihre Hände in einer ausladenden Bewegung über seinen oberen Brustbereich streicheln zu lassen, als sie diese aus dem Wasser zurückzog. „Ja“, ergänzte sie dennoch wie um nun ihrerseits ihn nicht zu verunsichern, wie denn ihre Entscheidung ausfiele. Er hatte ihr die Wahl gegeben zu verneinen. Kein Mann hatte sie jemals auf diese Weise um Erlaubnis gefragt und war so respektvoll mit ihr umgegangen, obwohl er es nicht müsste. Ilyas hatte noch mehr Anspruch als jeder zuvor darauf das einzufordern, was er wollte, doch er tat es nicht. Das war kein Befehl, sondern ein Wunsch und viel eher eine Bitte. Und sie wollte, dass er sie sich wünschte.

Somit erhob sich Amira und trat seitlich um den Zuber herum an die Kommode, auf der bereits seine Kleidung abgelegt worden war, um ihre Stück für Stück daneben zu platzieren. Mit dem Rücken nach wie vor zu ihm, fasste sie das dichte Haar in ihrem Nacken zusammen um es dreimal um sich selbst zu zwirbeln. Vorsichtig steckte sie eine Broschennadel in die Schnecke, um nicht womöglich die mühsam entknoteten Strähnen wieder zu verwirren. Er war nicht der erste Mann, vor dem sie nackt gestanden hatte, aber dennoch fühlte sie eine gewisse Verlegenheit in sich aufsteigen. Wenn sie ihm nun doch nicht gefiel oder wäre sie nur bereits frei von klebender Haut, Spuren von Sand und Schweiß. Jedenfalls mit weniger Muskelschmerz und keiner geröteten Hautstelle; sie hätte sich ihm lieber sauber und hergerichtet präsentiert, frisch ausgeruht und elanvoll. Wenigstens das halb zersauste Haar ließ sich ein wenig bändigen.

„Es ist zu kalt?“, fragte sie nach und machte den Schritt zur Seite an den Ofen, um einen weiteren Tonkrug mit etwas Wasser zu füllen. Damit herumgedreht, trat sie an den Fußbereich des Zubers und goss vorsichtig nach, auf dass es sich hoffentlich gut verteilen möge und für eine angenehme Temperatur sorgen würde. Wenige Strähnen lösten sich durch das Vorbeugen bereits, als sie den Gegenstand gleich an Ort und Stelle abstellte, und zum ersten Mal seit dem Aufstehen in seine Augen sah. Unentwegt hatte sie seinen Blick auf ihren Körper spüren können, doch es war ihr nie unangenehm gewesen, sondern sie war stattdessen neugierig geworden, was er aus diesem Anblick für sich selbst machte. Amira trat näher, bis ihr Oberschenkel an sein Handgelenk stieß, dessen Arm am Rand des Zubers lag, und ihre Fingerspitzen wie zufällig seinen Unterarm berührten. „Ist dir wärmer geworden?“



RE: sands of time - Ilyas El Mansouri - 15-05-2024

Der Schein trog dennoch. Die vorangegangen Zurechtweisungen und Ablehnung war nicht vergessen, aber Ilyas erlaubte sich diesen Moment, den er durchaus als Schwäche betiteln würde. Die letzten Tage in den Knochen, wollte er sich diesen Augenblick einfach gönnen und schob die vorschnelle Ablehnung zur Seite…schaffte damit Platz und Raum um etwas mehr von der neugewonnenen Zweisamkeit zuzulassen, die sich für beide noch ungewohnt anfühlte. Ungewohnt und doch so leicht, jetzt wo man sie einfach einmal geschehen ließ. Es tat weder weh, noch musste man sich groß anstrengen. Gedanken wurden ausgeblendet und dem Instinkt einfach ein paar Schritte weit gefolgt.
Der Verstand aber würde sich niemals ausschalten. Noch nicht. Ilyas würde sich nicht vergessen wenn er es sich zum Ziel gesetzt hatte und bei Gott, er schwor sich selbst sich nicht ihrer Schönheit wegen einlullen und so einem kopflosen Wicht zu machen, der bei ihrem Anblick alle Prinzipien und Werte, die er sich auferlegt hatte, vergaß.

Es war seine Art sie um Erlaubnis zu bitten und er hätte auch akzeptiert, wenn sie abgelehnt hätte, mochte es ihm noch so zustehen. Ilyas war nicht so verblendet zu glauben, nur weil er Macht über sie besaß, weil sein Geschlecht, seine Stärke und die geschlossene Ehe es ihm zusprachen, sie würde ihm bedingungslos zu Füßen liegen und nichts sehnlicher erwarten als Zusammenkünfte mit ihm. Nein, er wusste gar nichts über sie. Er wusste weder was sie über ihn dachte…über sein Alter, seine Erscheinung, seine Stellung an Ridvans Hof..er wusste nicht, ob sie nur ihre Rolle erfüllen wollte wie er es zu gewissem Teil tat und in Wirklichkeit nichts lieber wollte als es endlich hinter sich zu haben. Ja, womöglich war es das worauf sie hoffen mochte…eine schnelle Zusammenkunft, geübt wie sie sein mochte durch ihr vorangegangenes Leben am Hof…eine rasch eintretende Schwangerschaft und das darauf folgende Ablassen ihres Ehemannes. Eigentlich war Ilyas als Realist bekannt, aber in der Hinsicht mochte der Pessimist hindurchscheinen.
Da waren sie nun, ein Skeptiker und eine unsichere Braut. Vermutlich nicht die besten Umstände, aber es könnte schlimmer sein als in einem herrschaftlichen Stadthaus der Hafenstadt zwischen angenehm einnebelnden Düften und einem Zuber, den niemand sich da draussen leisten konnte, erste vorsichtige Annäherungsversuche zu starten.
Da gehörte sie ihm nun schon viele Stunden und nun erst war der Moment gekommen, in welchem er die Silhouette der jungen Frau auf sich wirken ließ. Unvorstellbar und unmöglich sie als nicht schön anzusehen…makellos erschien die Haut im Schein der Orange-goldenen Flammen und die Schatten, die mit jener Silhouette spielten, schmeichelten ihr nur noch mehr. Ilyas sah den einzelnen Handgriffen zu, bis zum hochgebundenen Haar und bemühte sich den Blick auf dieser Höhe und damit nun in ihrem Gesicht zu halten, als sie sich zu ihm umwandte und zurück auf ihn und den Zuber zukam.
Das Wasser kühlte rasch ab…die Worte hatten ihr einen Auftrag erteilt, wobei sie ihn gleich darin umsetzte sich zu beeilen und das Wasser aufzufüllen. Heiss ergänzte es das übrige Wasser und mit einer flüchtigen Handbewegung verteilte es sich…würde es sich verteilen, denn Ilyas rührte sich nicht. Seine Hände hatten inzwischen beidseitig an den Rand es beschlagenen Teils gefunden und ihre weiche Haut, die seine Hand nun berührte, kombiniert mit dem was seine Augen vor sich hatten, sorgte dafür, dass es auch so blieb. Regungslos..lediglich die dunklen Augen waren auf Wanderschaft und erkundeten berührungslos ihr Antlitz aus nächster Nähe. Die ausladende, aber schlanke Hüfte und Sanduhrentaille darüber, gekrönte von dem Paar junger Brüste und dem schlanken Hals inmitten zarter Schultern. Sie war wunderschön. Er sollte es ihr vermutlich sagen…er war alt genug zu wissen, dass Frauen es gerne hatten und auch emphatisch genug zu wissen, dass sie sich gerade einer Begutachtung stellte. Nur diese paar Worte, die sich aber anfühlten wie Verrat auf höchster Ebene. Nach all den Jahren!

Er zwang sich den Blick von ihr zu nehmen und senkte einen kleinen Moment ergeben den Kopf. Ein stumme, innere Entschuldigung…nicht an sie, die sie vermutlich verdiente, sondern an die längst zu Asche zerfallene Liebe.
Dann gab er sich den nötigen Ruck, im wahrsten Sinne, und hob sich mit Muskelkraft aus der Tiefe des Zubers in den Stand und damit direkt vor Amira, die er nun wieder gut einen Kopf überragte. Die Mitte seines Körpers war ein eindeutiger Verräter, den er unmöglich zu verschleiern im Stande war. Allerdings überging er die Tatsache mit schlichter Ignoranz. „Es ist angenehm warm“, erklang die sonore Stimme leise im Raum, selbstverständlich wusste er, dass sie auf etwas anderes abgezielt hatte... und er hielt ihr beide Hände hin um ihre aufzugreifen und ihr über den Rand des Zubers hinein zu helfen. Sobald sie sicheren Stand hatte, ließ er sie jedoch los und stieg seinerseits aus Wasser und Wanne. Wortlos, wie er es so gerne war und ging auf das Handtuch zu, welches er erst über seine Haare jubelte und sich schließlich um die Hüfte schlang.



RE: sands of time - Amira El Mansouri - 15-05-2024

Amira hatte nicht gezögert sich dafür zu entscheiden, ihm seinen Wunsch zu erfüllen, weil ihr das alles hier ernst war. Sie hatte ihm bereits gesagt, dass er für sie weit über allen materiellen Dingen stand, welche diese Ehe mit sich brachte. Und für sie war es keine Laune und auch kein Spiel, bei dem sie ihre Verführungskünste hervor zog und aus einem Repertoire schöpfte, das hier nichts zu suchen hatte. Wäre sie nicht bereit gewesen von ihm berührt zu werden, hätte sie ihm bereits den Anblick ihres nackten Körpers verweigert, kein Pflichtgefühl hätte sie eine freie Entscheidung auf diese Weise treffen lassen. Stattdessen empfand sie die Situation als ein Hin und Her, als ein vorsichtiges Herantasten, bei dem der andere kennengelernt wurde und man beginnen konnte neugierig aufeinander zu werden. Sie war es auf ihn und sie hatte gedacht, dass er ebenfalls begann auf diese Weise Interesse an ihr zu entwickeln. Sehen zu wollen, wie der andere Körper auf einen selbst wirkte, fühlen zu können, was Berührungen in einem auslösten und wie sich Nähe empfinden lassen konnte. Doch als sie nähergekommen war, blieb Ilyas starr, auch wenn sein Blick wanderte und begutachtete, was sie ihm hier präsentierte. Und bereits, als er den Kopf für den Moment gesenkt hatte, hätte ihr klar werden müssen, dass die Grenze überschritten worden war. Stattdessen ließ sie sich in den Zuber helfen und bemerkte natürlich, dass sie ihm wohl sehr gut zu gefallen schien, bis das Handeln jedoch dieser körperlichen Manifestation widersprach.

Die junge Frau wurde alleine stehen gelassen. Ohne eine Berührung, einen zweiten Blick oder gar auch nur ein Wort, hatte er sich abgewandt, als hätte er ihr gerade eben auf der Straße über eine Stufe geholfen und eigentlich anderes zutun gehabt. Mit dem Entzug seiner Nähe fühlte es sich an, als wäre der Eimer mit kaltem Wasser über ihren Kopf ausgeleert worden und sie blinzelte dem abgewandten Rücken tapfer entgegen, ehe sie sich in den Zuber sinken ließ und nicht wie er sich gemütlich ausstreckte, sondern ihrerseits ihm den Rücken zukehrte und die Beine an ihren Körper zog. Als könne das Wasser selbst nicht genug von ihrem Körper verstecken. Wusste er, wie sehr er sie gerade beschämt hatte, und war es ihm egal? War sie wirklich so sehr nichts für ihn, außer einer Verpflichtung? Als hätte er sich ein Mädchen auf das Zimmer bestellt, um bei der Begutachtung festzustellen, dass sie seinen Ansprüchen nicht genügte. Nicht mehr als eine Ware Fleisch. Sklavinnen verdienten keine Erklärung. War sie das für ihn? Ein Spielball der mächtigen Männer und hätte er jemals auch nur einen einzigen Gedanken gehabt, dass Ridvan innerhalb von Launen entschied, so wäre es Blasphemie. Er beförderte den Ball gleichermaßen in die Ecke, wenn er ihn gerade nicht benötigte, und holte ihn heran, wenn ihm danach war. Amira legte ihr Kinn auf den Arm, als sie diesen auf ihre Knie legte, um sich selbst zu halten, und wischte verärgert die Tränen von den Wangen.

Vielleicht war es nur ihrem Wunschdenken entsprungen, dass er den Moment gerade so genossen hatte. Nein, anders, sie war so töricht. Er hatte es genossen, weil es ihm möglich gewesen war auszublenden, dass sie daran beteiligt gewesen war. Der Genuss hatte nicht ihr gegolten, sondern einer beliebigen Frau, die an ihrer Stelle hätte sein können. Ob er sich seine alte Liebe vorgestellt hatte? Kaum Angesicht zu Angesicht war seine Ablehnung zurückgekehrt, vielleicht sogar der Ekel, aller Erregung zum Trotz. Sie hatte sich so sehr eine Bedeutung gewünscht, dass sie sich diese einfach herbei phantasiert hatte. Und nun sollte sie ihm auch noch in ein fremdes Land folgen.

„Es wäre dir jede andere Frau Recht gewesen, nicht wahr?“, sprach sie schließlich und eine gewisse Schärfe fand sich in ihrer Stimme wieder, die sie mittels eines bewusstem Atemzug zu regulieren versuchte. „Außer mir, natürlich. Du lässt dich pflegen und siehst dir danach die Ware an, als wären wir auf einem Basar. Auf einem verdammten Viehmarkt! Ich bin kein Kamel!“, wurde sie mit jedem Satz eine Spur lauter und es war gut, dass Amira gerade nichts in der Hand hatte, das ansonsten jetzt in gerader Fluglinie auf ihn geworfen worden wäre. Aber mittlerweile hatte sie sich im Sitzen schon längst zu Ilyas herum gedreht und funkelte ihn wütend an, wenn auch ohne aufzustehen. Nein, er würde sie so schnell nicht wieder zu Gesicht bekommen, und traurigerweise würde er es nicht einmal als Strafe empfinden. „Du redest von Versprechen und Pflichtgefühl, als wärest du der ehrenhafteste Mensch auf der Welt. Ich bin deine Frau, und du hast mich nur zu deiner eigenen Ergötzung bloßgestellt und gedemütigt, behandelt, als wäre ich eine Hure.“ Amira war wirklich furios und im Augenblick wusste sie nicht, wohin mit der Energie. „Doch, das auch nicht, weil es ekelt dir mich anzufassen. Was- Was willst du überhaupt?! Aber nein“, schüttelte sie ihren Kopf, als hätte sie es sich so eben wieder anders überlegt. „Mich interessiert es nicht mehr, was du willst. Behalte dir dein Pflichtgefühl mir gegenüber, ich will es nicht. Bleib mir fern.“ Und das sollte auch all die kleinen Aufmerksamkeiten inkludieren, die er die letzten Tage gezeigt hatte. Sie wollte das nicht mehr, entweder ganz oder gar nicht. Aber diese Ambivalenz machte sie noch verrückt.



RE: sands of time - Ilyas El Mansouri - 16-05-2024

Vielleicht hätte sie es in diesem Augenblick abpassen sollen, ihm nachsichtig die Hände an die Wangen, die Arme um den Hals schlingen sollen wie sie es zuvor getan hatte als der Moment der Ruhe sie vereinte.
Jetzt waren sie über diesen Punkt hinaus gegangen und wie eine Lawine riss ein winziger Haufen Erde plötzlich ganzes Gestein und Geröll mit sich, verschlang alles in seinem Umfeld, das in seinem Weg stand und begrub es todgeweiht. In ihrem Fall war es die gewonnene Zweisamkeit, die für einen so kurzen, aber wertvollen Moment nur ihnen gehört hatte.

Natürlich nahm er wahr wie sie sich dort am Rand des Zubers zusammenkauerte und ihre Körpersprache ihm ihr Elend verriet. Es war nichtmal so, dass er es nicht nachvollziehen konnte und er sich nicht bewusst war sie dort nun stehen gelassen zu haben, aber er hatte sie, in seinen Augen, schlicht in die Wanne geholt…sie weder großartig berührt oder ihr vermitteln wollen, dass er irgendwelche Absichten mit ihr gehabt hatte. Dächte er darüber nach, könnte er vielleicht darauf kommen, dass es in all dieser neuen Vertrautheit aber doch ungewohnt nah und intim gewesen war und nicht zuletzt verriet nichts seine Gedanken wie sein eigener Körper, ganz gleich ob er sich das nun verbot oder nicht.
Mit dem Handtuch und der hübschen Beule darin, stand der alte Hauptmann da und ahnte gar nicht was da auf ihn zurollte an Lawine, die sich ganz ohne Grollen angekündigt hatte und nun über ihn hinwegfegte.
Und wie sie über ihn hinwegfegte!
Ilyas, der sich eigentlich über die Entspannung, die seinen Körper erfüllt hatte, freute, wusste gar nicht recht wie ihm geschah. Er zwang sich dazu die gelockerten Schultern wieder in eine angespanntere, aufrechtere Position zu bringen, ganz als wären sie sein Schild gegen die Worte, die die junge Frau ausspie wie kleine, spitze Pfeile. Sie wurde laut. Jedes Wort, das an Lautstärke zunahm, ließ seine markanten Kiefer energischer mahlen. Sie waren im Haus seines Freundes und ihr Gezeter flog durch die offenen Fenster und unzulänglichen Türen, die diese Häuser nunmal so mit sich brachten. Einen Moment lang war er ausschließlich darauf konzentriert wie Amira ihn hier vor den Ohren der Hausbesitzer ankeifte wie ein Weib draußen in den staubigen Straßen, das den betrunkenen Ehemann mit einer anderen auf dem Schoß erwischte, aber dann benutzte sie eine Wortwahl, die ihn packte.
‚Als wäre er der ehrenhaftestes Mensch auf der Welt‘ ..’Ich bin deine Frau’… es waren genau die Worte, die es bedurfte um den El Mansouri hellhörig zu machen und sich bis ins tiefste Innere angesprochen zu fühlen und gerade als sie diesen Punkt traf, zudrückte und den Auslöser fand, dass er sich rühren und etwas erwidern wollte, setzte sie nach. Ihr fern bleiben. Sein Pflichtgefühl vergessen, das Ehrgefühl, welches sie ihm sowieso gerade abgesprochen hatte. Die massiven Kiefer unter dem dunklem Bart bissen hart aufeinander und Ilyas, wie er durchs Leben ging…besonnen und stets in der Lage selbst aussichtsloseste Situationen für sich selbst zu deeskalieren, sich zur Ruhe zu ermahnen und andere gleich mit… versagte an diesem Punkt und hielt auf die junge Frau zu, wobei er bis an den Rand des Zubers kam und dort kurzerhand unter ihre Arme griff. Es war ein Leichtes für ihn sie auf die Beine zu ziehen und dann einen Wechsel seiner haltenden Position einzunehmen, indem er ihr einen Arm in die Kniekehlen drückten, ihr somit den festen Stand klaute und sie aus dem Bottich hob…nein, eher zog und das mit spürbarer Wut im Bauch, die seine Handgriffe nicht böswillig, aber sicherlich doch bestimmend und ruppig erschienen ließ.
Sollte sie sich dabei wehren, ertrug er es mit Fassung ihre kleinen, kraftlosen Fäuste zu spüren und würde sie zetern, so ertrug er auch das…er brauchte nur einen kurzen Moment, dann hob er die junge Frau auf die Kommode mit dunklem Holz auf der sie zuvor so ordentlich ihre Sachen abgelegt hatte und auf denen sie nun mit halbem Gesäß hockte..ihr Rücken gen dem edlen Wandteppich geneigt und ihr Ehemann, aufgebracht und unnachgiebig, direkt vor ihren Beinen. Das Wasser perlte von der glatten, sonnengeküssten Haut und aus ein paar gelösten Strähnen, konnte er Tropfen auf ihre Schenkel fallen sehen…soviel Schönheit, aber dafür hatte er nun keinen Blick.
„Du bist meine Frau“, echote er ihre Worte und es klang, als würde er beinah jedes einzelne davon gerade selbst in Stein meißeln, so fest und überdeutlich betonte er jede Silbe, jeden Buchstaben und Klang. „Ich werde dir nicht fernbleiben. Ich werde nicht aufhören meine Pflicht dir gegenüber zu tun und ich werde dich niemals wie eine Hure behandeln!“, er vermied es sie zu berühren, aber das aus einem anderen Grund als sie ihm just passend unterstellte…stattdessen schützte er nur sich selbst und im Endeffekt auch sie davor ihr in dieser Wut weh zu tun. Seine Arm lehnten direkt neben ihrem Kopf, eine Hand links, die andere rechts und boten kein Entkommen. „Ich verlange nicht, dass du dich für mich interessierst. Nicht für mich und nicht für die Dinge, die mich bewegen. Ich verlange keine Liebe, ich verlange keine Hingabe. Was ich aber verlange ist, dass du deine Rolle spielst. Meide mich, wenn niemand hinsieht. Hass mich, wenn es dir leichter fällt, aber lass uns aufrichtig zueinander sein“, sagte der Mann, dessen Leben aus einem Lügenkonstrukt bestand, aber am Ende war es genau das was er brauchte…nicht Liebe oder Schmeicheleien, er wollte einen Ort wo er sich anlehnen konnte wie vorhin…auch oder gerade weil er selber niemals dieser Ort sein würde.



RE: sands of time - Amira El Mansouri - 17-05-2024

Es tat unendlich gut sich dem Frust für den Augenblick einfach nur hinzugeben und ihm diesen an den Kopf zu knallen, ohne auch nur einen Gedanken an die Konsequenzen zu verschwenden. Ja, im Moment hätte es Amira sogar nicht gestört von ihm auf die Straße gesetzt zu werden für die Unverschämtheit, die sich gerade erlaubte. Und doch war es zugleich keine, denn sie fühlte sich benutzt und bespielt, als gäbe es keinen Grund Rücksicht auf ihre Gefühle und Empfindungen zu nehmen. Sie war aber nicht irgendeine Frau, von derer Wege sich am nächsten Morgen trennen würden, sondern sie waren aneinander gebunden und sie mussten es gemeinsam weiter schreiten. So, wie es jetzt lief, war sie allerdings nicht bereit dafür.

„Ilyas“, fiel der Name in einem Unentschieden zwischen Unsicherheit und Warnung, als er auf sie zukam, und das Zurückweichen in dem Zuber war nicht ausreichend genug gewesen, um der Armlänge zu entkommen. Natürlich war er stark und definitiv stärker als sie, doch es war dennoch überraschend mit welch Leichtigkeit er sie hinauf zog, keine Chance sich aus dem Griff zu winden. „Bleib – weg!“, schimpfte sie erbost weiter und kämpfte mit ihren kläglichen Mitteln darum frei zu kommen, ohne dabei Erfolg zu haben. Überraschend genug, dass er überhaupt in dieser Form reagiert hatte, und nicht einfach wortlos gegangen war. Einerseits um der Konfrontation zu entgehen, andererseits, weil sie ihn dazu aufgefordert hatte. Sah es so aus, wenn er seine Ehre in den Sand warf, oder war sie einfach zu weit gegangen? Rascher als es ihr lieb war, fand sie sich eingekesselt an der Kommode wieder und auch, wenn sie ein Stück erhöht war, überragte er sie immer noch. Geradezu massiv forderte seine Nähe und Position ihre gesamte Aufmerksamkeit ein, als gäbe es keine Welt mehr hinter seinem Rücken, und unbestritten hatte sie es geschafft seinen Fokus zu erhalten. Widerborstig hielt sie seinem Blick stand, nicht bereit so schnell aufzugeben. Wenn das die Chance war um die Parameter ihrer weiteren Beziehung zueinander zu definieren, dann würde sie diese auch ergreifen.

Die Art, wie er ihre Worte wiederholte, ließ sie erschauern oder war es ein kühler Luftzug auf ihrer nassen Haut gewesen? Es hatte etwas Absolutes, Unwiderlegbares an sich, an dem nicht zu rütteln war. Doch bedeutete es ihnen beiden das gleiche? „Aufrichtig? Glaubst du etwa, ich habe mich vor dir ausgezogen und auf diese Weise gezeigt, weil es meine Pflicht gewesen ist? Nachdem du mich darum gebeten hast?“, es war schließlich kein Befehl gewesen. Spätestens jetzt müsste Ilyas wohl klar gewesen sein, dass Nein ein Bestandteil ihres Wortschatzes war und sie dieses auch einsetzte. Mochte der erste Tag und die erste Nacht ihrer Ehe noch geprägt gewesen sein ihm das vorzuspielen, von dem sie dachte, er würde es erwarten, waren sie schon längst über diesen Punkt hinaus. „Es reicht mir nicht“, dieses Modell, was er ihr präsentierte, war nichts für sie. Sie konnte es nicht, und sie wollte es auch nicht. Das war nichts, wie sie ihr Leben führen wollte und er sollte mit diesem Mindestmaß an Akzeptanz füreinander ebenso wenig zufrieden sein, viel mehr fordern und viel mehr erwarten. „Dir mag es gefallen mit mir zu spielen, mich zu reizen und wieder fallen zu lassen, aber mir nicht. Ich akzeptiere es nicht mehr.“ Wusste er denn gar nicht, welche Wirkung er auf sie hatte? Mit all den Kleinigkeiten oder sogar jetzt, wenn er sich auf diese Weise vor ihr aufgebaut hatte, dass einem Angst und Bange sein müsste, aber ihr Blick viel zu sehr drohte in den dunklen Iriden zu versinken? Und ein Teil in ihr einfach nur froh darüber war, dass er sich der Auseinandersetzung stellte? Bedeutete es schließlich, dass sie ihm vielleicht nicht gänzlich egal war, und wenn es nur seine beleidigte Ehre sein sollte.

Amira war sich ihrer vulnerablen Position mehr als bewusst, doch es war keine Furcht, die ihren Brustkorb sich schneller heben und senken ließ, die womöglich noch leicht verklebten Wangen gerötet hatte und sie auf der Kommode ein Stück gen Wand rutschen ließ, um ihn mit geschlossenen Knien auf Abstand zu halten. Denn egal wie sein Wirkung auf sie war, jetzt mehr denn je war sie vorsichtig sich davon beeinflussen zu lassen. Sie hatte nicht mitgezählt, wie oft er sie nach Nähe bereits in ein Loch hatte fallen lassen, und auch bei diesem Punkt war es ihr ernst. Sie wollte das nicht mehr erleben und somit war das bisschen Distanz alles, was sie aufbauen konnte; er hatte ihr jegliche Möglichkeit genommen sich ihm zu entziehen. „Ich habe versucht dir zu geben, was du brauchst, aber du lässt mich nicht! Du willst es nicht – du willst mich nicht“, stapelten sich die Worte auf ein Neues und würden sie einander gegenüber stehen, wäre die junge Frau wohl ebenso mit jedem Satz eine Spur gewachsen. „Alles, was ich getan habe, war meine freie Entscheidung. Hass, wie absurd! Du frustrierst mich! Aber reicht dir das wirklich? Reine Pflicht, ohne Liebe und Hingabe? Ist es das, was du willst?“ Alleine der Gedanke schmerzte sie sich vorstellen zu müssen, dass er bereit war auf all das Schöne freiwillig verzichten zu wollen, nur, wofür eigentlich? Das Schicksal schenkte ihm eine Chance, von der Selbstgeißelung abzulassen, und vielleicht wäre der Zeitpunkt gekommen, es anzunehmen, bevor diese verschwand.



RE: sands of time - Ilyas El Mansouri - 20-05-2024

Es klang immer noch fremd wenn sie einander mit Vornamen ansprachen. Meistens geschah es bisher allerdings in harscher oder warnender Form, eine vertraute, intime Aussprache des Namens hatte es dagegen bisher nicht gegeben.
Er blieb nicht weg und er ließ nicht von ihr ab, stattdessen war es eine sehr deutliche und verdeutlichende nonverbalen Antwort auf ihre Forderung, die er voll und ganz ignorierte. Jetzt und hier hatte sie nicht zu fordern, sondern zuzuhören oder eben wahlweise sich diesem Gespräch zu stellen, das er begann..laut, wenn auch nicht so laut wie sie zuvor durch das Haus gekeift hatte, denn es lag fern seines Interesses die Hausbesitzer weiter mit ihrem Streit zu behelligen, dessen bloßer Umstand den El Mansouri schon in Verlegenheit brachte. Ilyas war sicher nicht perfekt…aber Ilyas mochte seinen Ruf, Ilyas war gelegen an seiner blütenreinen Weste und nichtmal ein häuslicher Streit war es ihm wert diese mit Flecken zu versehen.

Er ließ ihr Raum für ihre Antwort und das war zweifelsohne mehr als viele Ehemänner ihren Frauen geben würden. Er hörte sie an, was wiederum nicht hieß, dass er ihren Worten auch Taten folgen lassen musste oder ihre Meinung sich zwangsweise Gehör verschaffte. Er ließ sie aussprechen, fuhr ihr nicht dazwischen und ihre Worte lösten auch keinen vor Wut schäumenden Ilyas aus…viel mehr geschah das, was er schon angenommen hatte was geschehen würde. Missverständnisse taten sich auf und unnötig gekränkte Seelen meldeten sich zu Wort.
„Ich bitte dich um aufrichtige Worte. Ich habe nicht die Aufrichtigkeit deines Verhaltens in Frage gestellt und ich weiss, dass ich dich darum bat…wenn auch nicht um mit dir zu spielen, wie du sagst, dich zu reizen und fallen zu lassen.“ Reizen, hatte sie diesen Moment zwischen ihnen als derart reizvoll empfunden, war es ihm nicht bewusst gewesen. Der Moment hatte die tiefste Ruhe seit Wochen für ihn und auch wenn ihr Anblick danach von Reiz gewesen war, so hatte er sich damit in eben jener Ruhe damit beschenken wollen. Sich. Er hatte sich beschenkt und sie hatte dafür nach seinem Wort handeln müssen - wenn auch ohne Zwang. Ilyas ließ sich die Gedanken durch den Kopf gehen und der harte Ausdruck um seinen Mund ließ mit jeder verstrichenen Sekunde etwas weiter nach, bis er eine Hand vom Wandteppich zog und vorsichtig, sichtbar vorsichtig und langsam diese an ihre Wange legte. „Wenn es das ist, was dir das Gefühl dessen gab, ich würde dich wie eine Hure behandeln, dann … bitte ich dich um Verzeihung“, es fühlte sich seltsam an, nicht, weil er es nicht aufrichtig auch so meinte, sondern eher, weil Ilyas äußerst selten Grund dazu hatte sich bei jemandem zu entschuldigen und Amira scheinbar derart gekränkt zu haben, hatte er nicht gewollt. Wieder ein Missverständnis und wieder wären es erklärende Worte, die es brauchte…
Er zögerte. Seine Hand aber nahm er wieder weg und auch die zweite pflückte er nun vom Teppich und blieb stattdessen vor ihr stehen. Sein dunkler Blick glitt über ihren Körper, den er laut ihren Worten verschmähte und zurückwies und natürlich kam es ihm absurd vor, aber aus ihrer Sicht, und er bemühte sich ernsthaft diese auch zu erkennen, schaffte sich eine neue Sichtweise und Verständnis für seine junge Frau.

Er frustrierte sie…wäre die Lage gerade nicht so ernst und bitter zwischen ihnen, hätte er glatt geschmunzelt über diesen Ausspruch.
In der sichtbaren Realität aber trat er nun von ihr zurück, nur einen Schritt, um ihr ein Davonkommen weiterhin zu versperren und dieses Gespräch, das offensichtlich so nötig war, zu erhalten. Nichts was ihm leichtfiel, hätte er seine Gedanken, Sorgen aber auch Wünsche eine halbe Ewigkeit mit niemandem teilen müssen.
Liebe und Hingabe. Es machte ihm selbst fast den Anschein in seinem Wortschatz danach suchen zu müssen, was natürlich absurd war, denn es war das was wünschenswert war wenn man eine Ehe einging ..insofern es aus eigenen Stücken passierte, was in ihrer beider Fall nicht gegeben war. Nichtsdestotrotz war es kein Arrangement aus purer Verzweiflung, Hunger und der Hoffnung darauf zwei Familie zu verbinden um es für beide Seiten zu erleichtern. Amira hatte eine gute Partie mit ihm abgegriffen und er war beschenkt worden mit einer jugendlichen Schönheit, die unter anderen Umständen keine Augen für Männer seines Alters hatte, wenngleich er sicher als ansehnlich zu bezeichnen war.
„Liebe ist von derartigem Gewicht, dass ich bezweifle, du hast sie je empfunden. Sie stellt sich nicht über Nacht ein und wird nicht aus einem Entschluss heraus geboren. Sicher hast du Zuneigung für jemandem empfunden, aber lass uns nicht über Liebe sprechen von der du nichts weißt“, maßregelte er sie und seine Stirn lag in tiefen Falten, sein Blick auf einem fixen Punkt neben ihr auf dem Schmuckkästchen auf der Kommode. Seine Stimme war noch weiter heruntergefahren und näherte sich dem üblichen, angenehmen sonoren Klang. „Maße dir nicht an zu wissen was ich brauche oder misse, ebenso wenig Rückschlüsse darüber zu ziehen was ich denke“, er sah wieder auf in ihre Augen, weil er der Meinung war, sie verdiente es ins Gesicht gesagt zu bekommen was er nun folgen ließ. „Ich verschmähe dich nicht deinetwegen. Du bist eine schöne, junge Frau und ich empfinde Mitleid für dich, dass du dein Leben an der Seite eines alten Mannes fristen sollst, der nicht vor hatte sich eine Frau zu nehmen. Nun aber gehörst du mir und ich habe nicht vor dich von mir zu stoßen, noch gefällst du mir nicht oder verwehre ich dir die Hingabe, die deine Schönheit verdient“, er hob Kopf und Kinn um den darauffolgenden Worten mehr Wirkung zu verleihen. „Es liegt mir fern dich zu beleidigen wenn ich sage, ich weiß, dass du Ridvans Launen gefällig warst, wann immer er dich in das Bett eines seiner Gäste geschickt hat und wenngleich ich weiss, dass du in dieser Sache wahllos ergeben warst, werde ich nicht den Bastard eines anderen in meinem Hause großziehen! Wenn du geblutet hast, besiegel ich diese Ehe, aber keinen Tag eher. Vielleicht verstehst du meine Gedanken nun."



RE: sands of time - Amira El Mansouri - 21-05-2024

In den letzten Minuten waren die verschiedensten Emotionen durchlebt worden, von Entspannung zu Erregung, Hoffnung und Enttäuschung, gebündelt in Frust und dem Druck der letzten Tage. Amira hatte auf keine bestimmte Reaktion abgezielt und war überrascht von der Intensität seiner Antwort und… dessen Inhalt. Ihr wurde klar, dass ihm dieses Gespräch wichtig war und auch, dass er nicht vorhatte sich von der Unfreiwilligkeit ihrer Bindung besiegen zu lassen. Mochte sein Pflichtgefühl der Antrieb sein, es war weit davon entfernt lediglich das Mindestmaß erfüllen zu wollen. Manch anderer hätte ihr den Mund verboten, ohne zu versuchen sich zu erklären, doch hier stand er und hörte zu, bemüht ihre Sorgen zu zerstreuen.

Ihr wurde der Wind aus den Segeln genommen und das nicht nur, weil er sich entschuldigte. Seine Stimme verlor an Schärfe und Wut, die Berührung zart und nach und nach nahm er sich immer mehr zurück. Ihr Blick wurde in Dankbarkeit für seine Entschuldigung weicher und so kurz wie die Hand an ihrer Wange lag, schmiegte sie diese annehmend daran; nicht mehr. Mit jeder weiteren Mühe seinerseits Verständnis aufzubringen, schwand die eigene Wut und das Gefühl sich gegen ihn behaupten zu müssen. Das war hier sollte kein Kampf sein. Die bedrohliche Präsenz schwand unter seinem Rückzug, während die Erklärungen offener wurden, als sie es jemals zu hoffen gewagt hatte. Sie hatte sich Gehör verschafft und dass ihr die Worte aber nicht unbedingt gefallen mussten, gehörte dazu.

„Es war mir nicht erlaubt, zu lieben“, und aufgrund der Umstände hätte sie es gar nicht gewollt. Doch Amira wollte ihm nicht alles auf die Nase binden, was sie womöglich zutun gehabt hätte, nicht um es vor ihm zu verheimlichen, sondern weil es ihr unangenehm gewesen war. Wann immer sich am Morgen die Tür eines dieser Zimmer geschlossen hatte, schob sie die Nacht dazu aus ihrem Bewusstsein, als hätte jemand anderes als sie selbst all die Dinge getan, die verlangt worden waren. Aber Ilyas wusste Bescheid, in seiner Position eine Selbstverständlichkeit, und sie musste sich der Wahrheit stellen.
Amira schämte sich. Er hätte es kaum angemessener formulieren können und seine Worte waren weit entfernt davon beleidigend zu sein, doch die Realität darin konnte selbst in den blumigsten Worten keine Schönheit darstellen. Er warf ihr zu keinem Zeitpunkt vor, was sie getan hatte, oder ihre Worte Heuchelei wiederspiegeln könnten. Seit den ersten Malen hatte sie sich verwehrt daran zu denken, dass sie kaum anderes als eine Hure gewesen war. In ihrem Versuch Selbstwert zu erhalten und sich damit selbst zu belügen, hatte sie sich selbst nie als leichtes Mädchen wahrgenommen und immer genügend Ausreden parat gehabt, um ihr Handeln zu rechtfertigen. Zumindest solange, bis sie aufgehört hatte darüber nachzudenken, und es als gegeben hingenommen hatte. Ilyas verlangte Aufrichtigkeit von ihr und sie war daran gescheitert, weil sie die Eigenlügen nach außen transportiert hatte. Noch enttäuschender aber war, dass sie Vergangenes nicht ungeschehen machen konnte und er nun eine gebrauchte Braut besaß, anstelle einer unbefleckten Jungfer, die seinem Stand würdig gewesen wäre.

„Ich habe dir Unrecht getan“, war Amira zurecht kleinlaut geworden und hatte er sich bereits wie ein Mentor oder Vater gefühlt, hatte sie sich von falschen Annahmen geleitet wohl wie ein dummes Kind verhalten. Da floss ihre Glaubwürdigkeit dahin, ihr eben noch so hochgelobtes Nein-Wort. Er zermahlte jedes einzelne ihrer Argumente zu Staub und zerrte sie aus ihrer subjektiven Welt, die sich aufgebaut hatte um darin zurecht zu kommen. Doch das hier war die Realität, der sie sich zu stellen hatte, und die weder schöngeredet werden konnte, noch für die sie Verantwortung ignorieren konnte. Ihr Leben war ein Käfig und die Entscheidungsfreiheit darin nie mehr gewesen, als es die Launen anderer zugelassen hatten; ihre Widerstände waren kleinrädrig gewesen, ihre Ehrlichkeit kopfgewaschen und selbst belogen. „Bitte verzeih mir meine Fehler, es gibt so vieles, das ich nicht weiß. Ich habe dich bereits wiederholt enttäuscht“, obwohl sie ihm zuvor noch versprochen hatte es vermeiden zu wollen, und nun abermals Worte in den Mund gelegt?
„Habe ich dich enttäuscht?“, korrigierte sie sich langsamen Wortes und schließlich schwand die Anspannung, die Schultern lockerten sich und sie lehnte sich zurück an den weichen Teppich, der sie von der kühlen Lehmwand abschirmte. Als wären Lasten der Seele endlich aufgehoben worden.

„Ich habe mir verwehrt zu lieben“, ergänzte sie ihre vorige Aussage nun, den Wert der Aufrichtigkeit anerkennen wollend. „Ansonsten wäre es mir nicht möglich gewesen, den Pflichten des Palastes nachzukommen, wie es von mir verlangt war. Ich.. mag nicht beurteilen können, ob und was Liebe ist, doch ich habe das Bedürfnis danach dir nahe zu sein und sei es nur, um dich im Arm zu halten. Ich möchte mich kümmern dürfen, zuhören und Fragen stellen. Welcher Begriff dazu passen möge, ich empfinde es nicht als Pflicht.“ Und keineswegs sollten ihre Worte nun als Forderungskatalog an ihn herangetragen worden sein, sondern sie versuchte die Ehrlichkeit zu vermitteln, die er von ihr verlangt hatte. Amira hörte in sich selbst hinein und suchte, was bedeutsam sein könnte und für ihr Miteinander wichtig werden würde. Sie hatte ihren Blick gesenkt und beruhigt, dass ihre Sorge, sie würde ihm nicht gefallen, unberechtigt war. Nein, alles an diesem Gespräch hier sprach davon, dass selbst sie als Person Wert genug besaß um mit diesem Respekt behandelt zu werden, den sie so ungehörig in Frage gestellt hatte. Sie bereute ihre Vorwürfe.

„Ich habe nie ein Kind getragen“, wollte sie ihn wissen lassen, auch wenn er nicht danach gefragt hatte. Sie wusste nicht, wie geläufig ihm oder Männern im Allgemeinen die Möglichkeiten waren, die einer Frau im Verborgenen gegeben wurden, um Vorkehrungen zu treffen oder Konsequenzen zu ziehen, wenn es einmal geschehen wäre. Doch eine Garantie gab es nie. Die Hand neben ihrem Schenkel lag auf zwei weichen Handtüchern und schließlich griffen ihre Finger danach, den Händen wieder etwas zutun gebend. Es wurde über ihren Körper gezogen, wenn auch weniger um sich seines Blickes zu verbergen, als die wenig noch vorhandenen Tropfen aufzufangen. „Ich achte deine Bedenken und respektiere deinen Wunsch. Ich werde es dich wissen lassen, sobald es soweit ist, doch… darf ich dich bis dahin dennoch berühren? So wie zuvor? Ich habe noch nie so eine Ruhe empfunden, wenn jemand um mich war. – vielleicht gefiele es dir auch?“, zögernd wurde diese Frage nachgeschoben, denn einerseits versuchte sie nicht seine Empfindungen zu erraten, andererseits fehlte ein wenig der Mut zur Direktheit.



RE: sands of time - Ilyas El Mansouri - 02-06-2024

Es war mit Sicherheit das absurdeste Gespräch, das Ilyas je geführt hatte, zumindest wenn es darum ging ein ernsthaftes Gespräch zu führen und dieses hier hielt er durchaus für wichtig und wollte die Thematik genau wie seine junge Frau mit Ehrlichkeit und Respekt behandeln. Dass er dabei lediglich ein Handtuch trug und sie rein gar nichts, machte die Situation dagegen ziemlich befremdlich. Der königliche Berater war bemüht die Ernsthaftigkeit aufrecht zu halten indem er seinen Blick möglichst nicht aus ihrem Augen nahm und auch wenn all das was er selbst so ruppig auf dem Schränkchen platziert hatte ihm gehörte, so war er nicht gewillt den Moment auszunutzen und diese ihm ausgelieferte Situation auszunutzen - aber wer hätte bei Ilyas auch etwas anderes erwartet…

„Liebe fragt nicht und Liebe gehorcht nicht, nur weil sie dir verboten wurde. Wir verbieten sie uns höchstens selbst oder fristen ein unglückliches Dasein…“, sinnierte er kurz, ehe er nickte. „Ich kann mir nicht anmaßen darüber zu urteilen, was du für jemanden empfunden haben magst oder nicht“, lenkte er nun ein. Es war ein versöhnliches Gespräch und damit vollkommen anders als erwartet in seinem Verlauf. „Ich verstehe was du sagen willst und ich bin mir sicher, dein Herz nicht verschenkt zu haben, hat dich vor schlimmerem bewahrt“ Als ob es jemanden interessieren würde wenn sie verliebt gewesen sei. Sie war das Eigentum des Herrscherpaares und auch wenn sie es vielleicht mit einem hübschen Namen ausstatteten, war Amira am Ende nichts anderes als ein Geschenk für Ridvans Gäste gewesen..ein Geschenk, das zu gefallen und alle Wünsche zu erfüllen hatte. Liebe hätte ihr Leben um einiges verkompliziert und die Umstände dabei keinesfalls geändert. Dann hätte sie ihr Herz wie in einer Schatulle verschließen müssen und trotzdem zu tun gehabt was man ihr auftrug. Ein zerfressenes Dasein, ein leidendes Herz und eine Seele voller Schuldgefühle - es hätte die junge Frau sicher auf dem Gewissen.
Jetzt aber hatte das ein Ende. Niemand mehr würde sie anrühren und ging es nach Ilyas, würde sie keinen Fuß mehr in den Palast setzen. Doch Ilyas war weder blauäugig, noch dumm… jeder hatte seine Rolle hier zu erfüllen, die einen spielten sie bloß, die anderen lebten sie aufopferungsvoll oder gar mit Begeisterung.

Sie hatte im Unrecht getan. Hatte sie das?
„Du hast gesehen, was ich dich habe sehen lassen. Und was du gesehen hast, war nachvollziehbar nicht das was du dir erhofftest“, fasste er es in seiner gewohnt nüchternen und stets rationalen Art zusammen. „So habe ich dir ebenso Unrecht getan mich nicht erklärt zu haben, zugegebenermaßen in der Hoffnung, die Zeit würde schneller rennen…utopisch zweifelsohne“, es war seine Weise um Entschuldigung zu bitten, aber es war definitiv herauszuhören, dass es sich dabei um eine solche handelte. „Demnach können wir wohl kaum von einer Enttäuschung sprechen. Sei nicht so hart mit dir“, sprach er und seine Worte gesellten sich zu ihrer eigenen sich lockernden Haltung als sie sich endlich zurück an den Wandteppich lehnte. Seine raue Hand näherte sich ihr, unschlüssig wo der geeignete Platz dafür war seine Ruhe auf sie übertragen zu wollen und legte sich am Ende auf ihrem Oberschenkel nahe ihres Knies ab. Keine Bewegung, nur eine warme Handinnenfläche, die sich an ihre weiche, gebräunte Haut schmiegte.
„Es gefiel mir und .. sie soll dir nicht verwehrt sein“, es klang gönnerhaft, war aber keinesfalls so gemeint. Er war kein Mann, der mit Almosen von seinem erhabenem Punkt aus um sich warf, selbst wenn es sich dabei um Zuneigung handelte. Oder gerade deswegen? Wer war er, dass er dieser jungen Schönheit einen Obolus an Zärtlichkeit zukommen ließe, wo er es doch war, der froh sein durfte, wenn sie ihm zugetan war. Bescheiden vielleicht oder einfach wie sooft zu nüchtern sah er sich selbst in ihrem Schatten…eine Sorge, die er nicht aussprach.
Ilyas sah zu wie sie sich das Handtuch heran gezogen hatte und ihren Körper notdürftig bedeckte und auch wenn das nicht ihre Intension gewesen war, hielt er es dafür und trat von ihr zurück, nur um ihr eine Hand zu reichen und ihr von dem Schrank hinab zu helfen. „Wasch dich, genieße den Moment für dich…danach komm zu mir und wir finden gemeinsam Ruhe“, auch das war vielleicht ein wenig utopisch…etwas zu überzeugt von der eigenen Disziplin oder schlichtweg nach dran an dem Gefallen der Selbstgeißelung, denn nichts anderes war es dieser Frau nah zu sein und doch fern zu bleiben.

Der El Mansouri ließ ihr die Zeit. Der Sand der letzten Tage musste abgespült werden, die Hitze vom klebrigen Körper gewaschen, das Haar duftend feucht…
Er lag im Bett und lauschte dem Klang des Wassers und konnte sich bildlich vorstellen wie sie sich reinigte. Die Augen geschlossen, die Hände auf der breiten Brust gefaltet. Eine Beule der Leidenschaft unter der feinen Seide. Es war nicht leicht ein Ehrenmann zu sein.



RE: sands of time - Amira El Mansouri - 03-06-2024

Amira hätte Gelegenheit gehabt diesen Wünschen nachzugehen, doch Ilyas Einschätzung traf es goldrichtig, wie es ihr dann damit ergangen wäre. Nicht nur ein junger Mann hatte gerne ein wenig mehr Zeit in ihrer Gesellschaft gebracht, sich aufmerksam nach ihrem Tag erkundigt oder einmal doch mutiger eine Wüstenblume entgegen gereicht. Es waren kleine Aufmerksamkeiten gewesen, die sie schließlich immer wieder aufs Neue dazu gebracht haben, sich von diesen Kontakten zurück zu ziehen und eine unüberwindbare Grenze aufzuziehen, bevor sich einer der beiden Beteiligten darin verlieren konnte. Irgendwann hatte sie sich damit abgefunden zu akzeptieren, dass dieses Schicksal nicht für ihr Leben vorgesehen war; dass der Preis des Luxus und der Sicherheit des Palastes beinhaltete, auf diese Schönheit des Lebens zu verzichten. Vielleicht wäre der Tag gekommen, an dem ein neues junges Mädchen ihre Position abgelöst hätte und sie davon befreite, doch vielleicht wäre sie bis dahin verwelkt gewesen und gar ohne jeden Reiz, den ein Mann dazu bringen kann sich zu verlieben.

Entgegen ihres Mannes glaubte sie, das einzige, was sie zu bieten hätte, wäre ihre Schönheit. Im Alter wäre sie verwirkt, während eines Mannes Alter ihn nur umso attraktiver machen konnte. Abseits aller Dinge, die in diesen Lebensjahren dem Erfolg gereicht werden konnten, war es diese innere Selbstsicherheit, die Weisheit in den Augen und die klaren Wünsche und Meinungen, die Orientierung und Sicherheit boten. Amira hätte eine ganze lange Liste an Dingen parat, die explizit Ilyas von all den anderen Männern herausstechen ließen, und sie würde versuchen ihm nach und nach davon wissen zu lassen. „Deine Fähigkeit Eingeständnisse zu machen, ist ein Grund, weswegen ich so empfinde“, sagte sie dankbar und lächelte ihm zaghaft entgegen, den Kopf dabei leicht zur Seite geneigt. Wären die körperlichen und asketischen Umstände ein wenig anders, wäre er nicht der einzige gewesen, der Hand auf Haut gelegt hätte. Und wie konnte sie denn nicht gerade ein Glücksgefühl erleben, wo er doch so eben das erste Mal wirklich mitgeteilt hatte, dass ihm ihre Nähe gefiel? Und das tat er nicht, weil sie vor ihm betörend getanzt oder ihn verführt hatte, sondern selbst jetzt, wo sie ihm gerade noch Vorwürfe an den Kopf geworfen hatte, und weit weniger den glanzvollen Schein des Palastes repräsentiert hatte, als sich selbst.

Während mit einer Hand das Handtuch mehr oder weniger an Position gehalten wurde, nahm die andere seine dargereichte dankbar an, um wieder von der Kommode hinab rutschen zu können. Einen Moment länger lagen ihre Finger in seinen und in seinem Abwenden würde sie sich den Moment stehlen, indem sie ihre Hand an seinen Rücken gelegt hatte. Doch dafür wäre sicherlich später noch mehr Zeit, Amira war nun optimistisch und freute sich darauf.
Selbst, wenn das Wasser in dem Zuber mittlerweile weiter herab gekühlt war, war sie bei der Waschung gewissenhaft und entfernte überflüssige Härchen bei sich selbst; nahm frisches Wasser heran um den Sand und Staub der Wüste aus ihren Haaren zu spülen. Ein wenig Lavendelessenz war in das Öl beigemischt, das sie in die dunklen Locken einmassierte, und sie ertappte sich selbst dabei, wie unabsichtlich immer wieder ein Blick zu dem leeren Torbogen glitt. Als würde sie erwarten, er hätte es sich doch anders überlegt und dort stehen, während ihr sehr wohl bewusst war, wie ihre Gedanken immer wieder abdrifteten und sich vorstellten, wie solch ein Bad unter seiner Zuhilfe ablaufen könne.

Erfrischt, aber nur mäßig aufgrund ihrer Vorstellungskraft zur Ruhe gekommen, kehrte sie in das Gemach zurück und stieg neben ihm ins Bett. Die Haut getrocknet, die Haare wohl noch ein wenig feucht und offen, doch kein einziger Knoten würde mehr darin zu finden sein. Amira bemerkte, dass ihn der Abstand ebenso wenig kalt gelassen hatte, doch zog sie die Decke nur über ihre Hüfte und war frech genug nach seiner Hand zu greifen. Mit sachtem Zug öffnete sie seinen Arm zur Seite, um zwischen diesem und seinen Körper liegend Platz zu nehmen. Der Kopf wurde auf seine Brust gebettet, ihre Hand legte sich dazu und die Fingerspitzen fanden schnell, eine der spürbaren Erhebungen auf seiner Haut. Langsam zog sie die Linie nach und ahnte bereits, dass es wohl kein schönes Thema war, aber vielleicht war es hilfreich genug sie beide ein wenig voneinander abzulenken. Sie brauchte die Ablenkung definitiv, wenn Ruhe das designierte Ziel dieses Augenblicks werden sollte. Viel zu deutlich war seine Präsenz, fühlte die starken Muskeln und glaubte gar den Herzschlag unter ihrer Hand pulsieren zu fühlen. „Was ist geschehen, dass dich jemand so verletzen konnte?“, fragte sie leise und ließ zwar nun ihre Hand auf der Narbe ruhen, streichelte aber mit dem Daumen sanft weiter.



RE: sands of time - Ilyas El Mansouri - 16-06-2024

Sie war schön, zweifelsohne und ebenso zweifelsfrei war die Tatsache, dass sie ihm gefiel. Das hatte sie schon am ersten Tag ihrer Hochzeit und das tat sie auch nun, in den Gewändern, die er ihr hatte besorgen lassen und die in seinen Farben eine besondere Verbundenheit ausdrückte. Sie gefiel ihm ohne diese Kleidung…am Tag, bei Nacht, mit Dreck und Sand am Körper oder duftendem Öl, mit geschmeidig gekämmtem Haar oder strubbelig trocknenden Strähnen. Sie war eine dieser Frauen, deren Leben sich bisher auf eben jene Schönheit gestützt hatte und der sie alles verdankt hatte, bis Yasirah ihr noch mehr Wert beigemessen hatte.
Jetzt sah ihr Leben anders aus…ihre Schönheit würde ihr niemand nehmen in den nächsten Jahren, aber nun war da nur noch ein Mann in diesem Leben auf den sich ihre Aufmerksamkeit konzentrieren sollte und dem sie gefallen und Ehrerbietung aufbringen sollte. Sie hatte keine Wahl gehabt, ob andere Männer sie ebenfalls als schön empfunden hatten, das war Ilyas bewusst, aber es änderte nichts daran, dass auch er erst lernen musste damit umzugehen, dass man bisher der Meinung gewesen war Amira wie ein hübsches Schmuckstück herumzureichen und wann immer sich jemand daran erfreuen wollte, hatte sie es stumm zu ertragen. Das würde sie nie mehr erleben müssen, dafür würde er sorgen und beim gütigen Gott…niemand sollte sich trauen die junge El Mansouri auch nur in die Verlegenheit zu bringen sich an alte Zeiten erinnert zu fühlen!

Es war neu. Ungewohnt und sicher auch etwas eingerostet. Eine junge Frau im Arm zu halten, war wie eine eigene, alte und sehr tiefe Erinnerung. Mit den Frauen, die er nur der Lust wegen und äußerst selten aufsuchte, lag er nicht Arm in Arm, er fragte nicht nach ihrem Empfinden und es kümmerte ihn auch nicht. Er führte sich vor Augen, dass sie ihr Geld verdienen mussten um sich Essen und andere Dinge zu kaufen…er war kein Heiliger, aber durchaus rücksichtsvoller Mann, dennoch blieb eine bezahlte Nacht eine bezahlte Nacht.
Amira nun gehörte ihm. Weich, warm…der Körper noch fest von der frisch hinter sich gelassenen Jugend. Die Haut straff und golden, ebenmäßig als wäre sie von hoher Geburt…ein Umstand aus dem Leben im Palast. Sie roch wundervoll und als sie zu ihm unter die Decke schlüpfte, hatte es diesen Duft um seine Nase aufgewirbelt. Tief sog er ihn ein und schloss einen genüßlichen Augenblick die Lider.
Ihr Kopf war eine erträgliche Last, ihr angeschmiegter Körper eine wohlige Enge. Seine Hand des Armes, der nun um sie herum lag, fuhr über ihre Flanke und zeichnete die Rippen nach, glitt durch das Tal ihrer Taille und erklomm den Hügel ihrer Hüfte. Ein sachtes, nicht monotones, aber zartes Streichen in ruhigen Wellen. Einschläfernd auf angenehme Weise, intim und verbunden auf eine ganz neue Weise. „In weit zurückliegenden Zeiten und Unruhen hat das Bewahren des Friedens mehr von mir verlangt als bloße Worte“, Ilyas würde wohl sagen, dass es trotz allem schöne Zeiten waren, wie es nunmal so war wenn Männer den Zeiten nachtrauerten in denen sie sich mit Manneskraft beweisen durften. Ilyas würde das auch heute noch tun, ein Grund warum er in erster Linie als Adjutant Ridvans unterwegs war, aber in zweiter auch immer noch ein Hauptmann der Armee Matariyyas. Frieden war es, was er für sein Land wollte…aber ausgedient haben ein Umstand, den er nicht oder nur schwer akzeptieren konnte. „Sicher schmücken sie nicht, aber sie erinnern mich jeden Tag daran meinen Geist wachzuhalten und sicherlich auch, dass ich noch hier bin“, sprach er in sonorer Stimmlage und fühlte ihrem sachten Streichen nach. Es bestand keine Scham seinerseits für die Narben, sie waren so gewöhnlich wie das Haar auf der Brust und das Grau in Bart und Schläfen. „Es werden viele unserer Männer mit neuen Narben nach Hause kehren…“ Im Namen eines geistigumnachteten Königs für einen anderen König in einem fremden Land - Ilyas wünschte, es wäre anders und noch war er auch nicht überzeugt davon wie groß die erzwungene Loyalität sein würde, wenn man die Männer des Sommerlandes von fremden Befehlshabern in den Krieg schickte. Ob er es lieber selbst machen würde? Vermutlich ja.