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in sorrow's embrace, my melody weeps - Druckversion

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in sorrow's embrace, my melody weeps - Daphne Christopoulos - 28-02-2024

Obwohl die Daggers and Roses den heutigen Nachmittag mit einigen Auftritten auf dem großen Marktplatz von King's Portal verbracht hatten, war Daphnes Sensationsdurst noch nicht gestillt. Sie fühlte, wie eine unvorstellbare Energie durch ihren dürren Körper strömte. Eine gierige Euphorie, deren Hunger nur gestillt werden konnte, indem sie alles gab, was ihre Kehle herzugeben vermochte. Und somit hatte Drakore für sie beim Wirt des High Pie Pub, dem bekanntesten Gasthaus der Hauptstadt - und somit der ganzen Welt - vorgesprochen und erreicht, dass Daphne heute Abend hier noch spielen durfte. Natürlich hofften auch ihre Gefährten, noch ein bisschen auftreten und Geld verdienen zu können.

Nachdem Daphne zuerst mit einem lauten, heiteren Lied und wildem Herumgewirbel auf der Bühne leichte Stimmung erzeugt hatte, schonte sie bei der zweiten Nummer direkt einmal ihre Stimme, indem sie eine lustige Weise auf der Flöte darbot. Ihr Tanzvermögen hielt sich dabei in Grenzen, aber sie stand trotzdem nicht steif wie ein Stock auf der Bühne. Sie bewegte sich eben nur sehr viel langsamer und mit deutlich weniger Drehungen. Dennoch wippten ihre dunklen Locken im Takt, den ihr Stiefel vorgab. Auch ihre funkelnden Augen waren nicht tatenlos, sondern suchten immer wieder die Blicke der Menge. Sie liebte es, mit ihrem Publikum auf diese Weise zu interagieren und umzugehen. Ihre riesigen Ohrringe glitzerten im Zwielicht und eine große Muschelschale, die sie mit einem Lederriemen am Gürtel befestigt hatte, wippte an ihrer Seite mit. Zwei weitere, aber deutlich kleinere Muscheln, sowie eine große bunte Feder hatte sie sich ins dunkle Haar geflochten. Außerdem hatte sie mit Kohle ihre Augen ummalt und ihre Lippen rot gefärbt. Mit ihrem ganzen Aussehen zog sie definitiv die Blicke auf sich, jedoch ohne dabei zu viel von sich preiszugeben. In Castandor geizte man von Haus aus nicht mit nackter Haut, da es einfach immer angenehm warm war. Grade auch in einer gut besuchten Taverne, in der das einzig Kalte das Bier war.

Nachdem sie ihr Flötenspiel beendet hatte, reichte sie das Holzding an ein anderes Mitglied ihrer Gauklertruppe und nahm wieder die Laute entgegen. "Hey, King's Portal! Ein weiteres Lied hab' ich heute Abend noch für euch! Lehnt euch zurück, lasst euch noch einen Wein bringen und euch verzaubern! Lasst euch von meiner Melodie tragen und von meiner Geschichte berühren! Ihr werdet etwas über mich finden, aber ich lade euch ein, in eine andere Welt abzutauchen. Begebt euch mit mir auf eine Reise, durch Höhen und Tiefen, durch Freude und Schmerz! Gewoben aus den Fäden meiner Seele!", sprach sie vollkommen überzogen, aber einnehmend in die Menge und schlug dann die ersten Saiten an, erst leise und fast zärtlich, dann deutlicher, energischer und irgendwie herzzerreißender. Ihr Lied erzählte die Geschichte einer Bardin, die sich auf einen stattlichen Ritter einließ und dabei alles verlor.

"Through the strings, her sorrow sings,
A lament for lost and broken things."


Das Lied lud tatsächlich ein, in ein vollkommen anderes Leben einzutauchen. Und manch einer neigte seinen Kopf auf die Seite und betrachtete wehmütig die sichtlich emotionale Bardin auf der Bühne, die scheinbar viel mit diesem Lied verband. Dass es nicht um ihre eigene verlorene Liebe ging, musste ja keiner wissen. Und dennoch beruhte das Lied auf einer wahren Begebenheit.

"Though tears may fall, and darkness reign,
The bard finds solace in their pain."


Damit endete ihr Gesang und auch die Musik verklang langsam. Die Menge applaudierte und Daphne verbeugte sich mehrmals so theatralisch und tief, wie sie nur konnte. "Danke an meine Heimatstadt!", sagte sie und sprang leichtfüßig von der Bühne, wo Drakore schon auf sie wartete und ihr die Laute abnahm und ihr stattdessen einen breiten Hut reichte. Einer der anderen jungen Gaukler erklomm derweil die Bühne und Daphne fing an, mit ihrem Hut durch die Reihen zu schlendern. Auch hier ließ sie es nicht aus, sich ausgiebig bei den Gästen zu bedanken und mit dem einen oder anderen gar kurz zu Flirten.


RE: in sorrow's embrace, my melody weeps - Belisarius Caderitor - 29-02-2024

Allein hatte sich Belisarius unter die Gäste gereiht. Von den normalen Bürgern und Gesinde unterschied ihn nur seine Bewaffnung mit einem Schwert und Dolch. Er trug keine Rüstung, keine besondere Kennzeichnung, außer jene militärischen Reitstiefel aus schwerem Leder, welche bereits ein wenig abgetragen waren. An seinem Tisch, etwas weiter vom Hauptgeschehen entfernt, beobachtete Belisarius jene Aufführung, lauschte den Tönen und dem Gesang aufmerksam, da er Kultur sicherlich nicht abgeneigt war. Dennoch konnte er sich nicht erlauben, direkt ins Geschehen zu springen und so Blicke auf sich zu ziehen, die ihn vielleicht erkennen konnten. In seinem Gewerbe hielt man sich mit zivilem Leben zurück. Es gehörte sich auch einfach nicht, an dem Leben teil zu nehmen, welches jederzeit nur Spielball für die Mächte sein konnte. Es fühlte sich einfach falsch an. Mochte es Schuld oder Reue sein, doch konnte Belisarius nicht einfach Spaß haben, sich fallen lassen und am Leben der anderen teilnehmen. Trotz dessen besuchte er solche Orte, solches Spektakel, um sich daran zu erinnern, was Leben einst war und für die meisten immer noch war. Er war nicht gleich mit ihnen aber wollte es gelegentlich sein. Seine Andersartigkeit lag nicht allein in seiner Schuld, doch hatte er in Eifer und Sehnsucht, ohnehin dafür gesorgt, dass er nicht mehr zurückfinden konnte. Seine Person war auf gewisse weise von der Dunkelheit umschlungen, die schon andere entführt hatte.

Nutzen, Nützlichkeit, Notwendigkeit und Verwendung, Pläne und Pläne innerhalb von Plänen, waren schwerlich mit Freiheit und hoffnungsvollem Spaß zu verbinden. Trotz alle dem war Belisarius hier. Es hatte keinen Nutzen für seine Pläne. Er verfolgte keine machtvollen oder geringen Ziele hier. Belisarius war nur hier, um sich daran zu erinnern, was er hätte für ein Mensch sein können, wenn die Umstände andere gewesen wären. Doch leider waren sie es nicht und würden es wahrscheinlich auch nie sein. Zu viel Schuld lag auf seinem Gewissen, welches nur noch mit dem despotischen Argument der Notwendigkeit benebelt werden konnte. Das lauwarme Bier schmeckte ihm nicht. Es gab Besseres und doch trank er es. Vielleicht wollte er einmal nicht widersprechen, sich nicht dagegen wehren, nichts erbitten oder einfordern, sondern einfach dieses Bier trinken, welches seinen Durst zumindest stillen konnte.

Es gab andere Wunder an diesem Ort. Ihr Gesang zog ihn seinen Bann. Er kannte ihren Namen nicht; konnte ihren Anblick kaum ertragen, da ihre Lebensfreude und dieser Tanz, wie ein Vorwurf gegen ihn wirkten und doch war es Wundermacht, dass sie etwas erweckte, was Belisarius verloren geglaubt hatte: sein Herz. Etwas Menschliches rührte sich, dass nicht allein für sich lebte. Schließlich offenbarte sie ein Lied, welches mit einer Macht wirkte, welche Belisarius für unmöglich hielt. Mit einem Schlag setzte es jene Reue frei, die sein Gewissen hätte sein müssen."Through the strings, her sorrow sings, a lament for lost and broken things," murmelte er ihren Gesang mit, während seine Augen einen traurigen Glanz fanden. "Though tears may fall, and darkness reign, the bard finds solace in their pain." Wieder Worte im Gesang, fanden seinen Weg in seinen Rest von Seele, die nicht vollends verdorben war. Ja, Pein kannte er zu genüge und fand in ihrer gesungenen und melancholischen Traurigkeit etwas von Sinn. Es war eine fast okkulte Verbindung, die Belisarius in diesem Lied fand. Er lernte etwas über sich, dass es ihm schwer machen würde, das zu tun, was er eben tun musste. Sein Geschäft beruhte auf kalter Abwägung von Nutzen und ohne die notwendige Kälte war es schwer, diesen Nutzen zu erzwingen.

Es war gespenstisch, was sie angerichtet hatte und dabei hatte sie doch genau jenes beschworen, was Belisarius hier gesucht hatte. Die Erinnerung an etwas Menschliches. Etwas, was ihm niemand nehmen konnte, was ihm bleiben konnte; auch im Angesicht seiner eigenen grausamen Zukunft. Doch die Reue machte jene Erleichterung zu Nichte. Wie vielen Menschen hatte er jenes Glück verwehrt? Hatte er nicht genug getan? Es endete niemals für seinesgleichen. Es dürfte nicht enden. Belisarius schluckte heftig, versuchte sein Ungemach zu verbergen, indem er heftig an seinem Krug zog und das Bier in großer Menge in seinen Hals schüttete. Dabei schloss er seine traurigen Augen, die bereits zwei Tränen aus der Tiefe seiner Seele verschenkt hatten. Niemand sollte diese Tränen sehen. Sie gehörten ihm und so trank er lange, bis er wusste, dass die Tränen vertrocknet waren. Mit einem lauten Geräusch stellte er den Krug ab und stellte fest, dass der Gesang beendet war, das Lied endete und die Sängerin machte sich mit einem Hut auf den Weg, um Trinkgelder und Spenden einzusammeln. Belisarius wurde unruhig. Sehr unruhig, da er etwas anbieten wollte. - Anbieten musste. Sie hatte mehr getan, als sie erahnen konnte und trotz ihrer Wundermacht waren ihre Welten getrennt. Dies war gut so, denn ihm gehörte seine eigene Hölle, seine eigene Wirklichkeit, fern des Glücks und der Erlösung. Ihr gehörte eine Welt in einer simplen Klarheit, denn sie war frei, konnte singen, sich ausdrücken als eigenständige Person leben, niemandem unterworfen außer ihrer Gegenwart.

Hektisch kramte Belisarius in seinem Lederbeutel am Gürtel und zog zwei fast polierte Goldstücke hervor. Wertvolle Münzen, die sicherlich eine Familie lange ernähren konnten. Mit einem schüchternen Blick versuchte er ihren Anblick zu erhaschen, als sie langsam näher kam. Sein Herz raste, unerwartet für den ansonsten kalten Belisarius. "Hier," rief der Kriegsherr mit einem Versuch eines Lächelns, was irgendwie fremd und unsicher wirkte. Mit einem Satz warf er die beiden Goldmünzen in den Hut, als sie an ihm vorbeiging. Danach blickte er schnell weg, da ihr Angesicht ihn zu sehr verunsicherte. Er hatte gelernt, verstanden und wusste, dass diese Situation Unsicherheit bedeutete. Unsicherheiten konnte er sich nicht erlauben, denn dies bedeutete, dass er sich angreifbar machte. Belisarius, durch seinen Vater mit Gewalt erzogen, von der Gewalt lebend, konnte nicht zugeben, dass er vielleicht mehr wollte als das und mehr brauchte als das. Denn auch er war nur ein Mensch, trotz jeder möglichen Verleugnung, Arroganz und Schmerz, die ihn durch sein Leben trug. Der erfahrene zynische Zorn brannte, gab Antrieb und Schutz, bis man in ihm verbrannte. Erst jetzt wurde ihm klar, warum er wirklich hier war. Eine Gelegenheit der Absolution, einer kurzen Erlösung, durch einen winzigen Gedanken, dass auch er nur ein Mensch war.


RE: in sorrow's embrace, my melody weeps - Daphne Christopoulos - 29-02-2024

Auf der Bühne stand plötzlich ein junger Kerl, der in Daphnes Alter sein musste und stellte sich der Menge als Siebenstern vor. Und dann fing er auch schon mit seiner beeindruckenden Jonglage-Nummer an, in deren späteren Verlauf er sich sogar die Augen verband und blind jonglierte. Meistens sorgte das für viel Oh und Ah in der Menge. Daphne kannte niemanden, der noch geschickter war - naja, außer vielleicht Tausendmesser, die ebenfalls mit ihnen reiste. Doch ihre Nummern waren mehr dazu da, um Nervenkitzel zu erzeugen. Zudem hatte der Wirt eine Messerwerfer-Nummer verboten, weshalb Hjordis heute einen früheren Feierabend hatte, als der Rest. Das hieß aber auch nur, dass ihr die Aufgabe oblag, einen Schlafplatz für sie alle zu finden.

Daphne derweil schlängelte sich durch die Menge und der eine oder andere Gast schien sie schon fast wieder vergessen zu haben, während Siebenstern grade mit ein paar ganz einfachen Nummern anfing. Undankbare, knausrige alte Säcke, motzte Daphne innerlich, hielt ihr makelloses Strahlen aber aufrecht, um andere mögliche Geldgeber nicht zu verschrecken. "Danke, es war mir eine Freude! Morgen Nachmittag spielen wir nochmal auf dem Marktplatz, falls Du noch mehr hören willst!", erklärte sie einem Gast, der sie für ihre schönen Weisen gelobt hatte. Einem alten, glücklich grinsenden Zahnlosen tätschelte sie verspielt die Wange und den Unterkiefer, ehe sie an den nächsten Tisch tänzelte. Ein kleines Mädchen ließ sie ihren bunten Rock anfassen, für einen jungen Mann drehte sie sich im Kreis und vor zwei alten Händlern verbeugte sie sich abermals so tief, wie sie nur konnte. Und dann hörte sie ein Hier aus der Menge heraus und hob den Kopf. "Ich danke euch!", sagte sie den Herrschaften noch, ließ ihren Rock fliegen und kam schließlich an Belisarius' Tisch an, der erstaunlicherweise vollkommen allein vor ihr saß. Sie strahlte ihn verschmitzt an und streckte den Hut entgegen. Sie sah das Funkeln, das durch die Luft flog und fing es geschickt auf, ohne es richtig gesehen zu haben. Aus der Nähe wirkte Daphne fast ein bisschen überschminkt, was vermutlich der Fall war, damit man es auch erkennen konnte, wenn sie auf der Bühne stand. Alles glitzerte und funkelte an ihr, doch nichts was sie hatte, schien von großem Wert zu sein. "Ich danke Dir!", sagte sie und warf erstmals einen Blick in ihren Hut, in dem sich plötzlich zwei glanzvoll polierte Goldstücke gegen das abgegriffene Kupfer und wenige Silber deutlich abhoben. Sie schnappte sichtlich nach Luft und ihre Augen blinzelten unkontrolliert. Dann betrachtete sie ihr Gegenüber.
Mit seinen etwas abgetragenen Reitstiefeln kam er ihr auf den ersten Blick nicht sonderlich reich vor. Naja, immerhin musste er wohl ein Pferd haben.

"Du, das muss ein Versehen sein!", sagte sie mit plötzlich ganz aufgeregter, aber deutlich gesenkter Stimme. Ungefragt nahm sie an seinem Tisch Platz und stellte den Hut zwischen sie beide auf den Tisch. Da für sie nicht erkennbar war, dass sie es mit einem Reichen oder gar Adligen zu tun hatte, war es für sie ganz klar, dass sie ihr Gegenüber duzte und sich vollkommen vertraut gab. "Wenn ich damit auf den Markt geh', denkt man, ich hätte jemanden bestohlen!", erklärte sie ihr Unbehagen.
Mit diesem Gold war Daphne fast schon in der Lage, sich wie ein Ritter mit einer Waffe oder einem Kettenhemd auszustatten. Auch wenn sie natürlich auf Almosen angewiesen war - das hier konnte nicht stimmen. Als Mädchen, das auf der Straße lebte, hatte sie mehr als einmal mitbekommen, wie jemand die Wachen gerufen hatte, nachdem er angenommen hatte, bestohlen worden zu sein.
Daher griff sie beherzt in ihren Hut und nahm die zwei Goldstücke wieder raus. Dann öffnete sie die Hand und zeigte ihm, was er ihr da zugeworfen hatte. "Hier, das kannst Du doch nicht ernst gemeint haben... oder etwa doch?" Nein, es war vollkommen ausgeschlossen. Gleich würde er große Augen machen und sich bedanken, dass sie ihn auf diesen Fehler aufmerksam gemacht hatte. Und Daphne würde sich selbst ein Nilpferd schelten, das dumm genug gewesen war, nachzufragen.


RE: in sorrow's embrace, my melody weeps - Belisarius Caderitor - 03-03-2024

Es geschah. Ein kleines Wunder. Belisarius sah sich in einer nicht durchdachten Situation wieder, war überfordert, mit dieser normalen menschlichen Interaktion, da er selten ohne Pläne agierte. Trotz seiner ansonsten grausam gewonnenen Autorität, seinem Machthunger, war er hier hilflos. Keine Macht der Welt half ihm gerade, denn er fand einen menschlichen Moment, der mehr zerstörte aber auch etwas in ihm errettete. Es war kein Versehen, sondern klare Absicht. Mühsam rückte er seinen Blick gerade, den er abgewendet hatte und blickte Daphne direkt an. Sie war eine hübsche junge Frau aber noch sehr jung. Daphne wirkte interessant, bewundernswert eigenständig und selbst in dieser Realität passend deplatziert. Belisarius hatte immer noch Mühe, seinen Blick auf ihr zu halten, da er sich schämte; nicht für diese Interaktion, sondern dafür, wer er war. Die Reue destillierte sich selbst zu einem Gefühl der Scham. Auch er war deplatziert in dieser Welt, doch durch eine Handlungen als Kriegshund und sicherlich nicht passend. Daphne war die schöne Seite der Andersartigkeit, während er selbst, die dunkle Seite war. Dies verband sie und trennte sich gleichermaßen. Sie saß neben ihm. An seinem Tisch. Belisarius wollte flüchten, doch wurde durch unbekannte Macht festgehalten, da er dieses kleine Wunder mitunter nicht aufgeben dürfte. Belisarius versuchte zu deuten, Daphne zu lesen, was sie wohl dachte und fühlte. Es war ihr unwohl, da sie direkt die Spende verneinte und als Versehen titulierte, doch es war wirklich kein Versehen. Belisarius wollte etwas schenken, was er schenken konnte. In seiner kalten Welt war nur Gold vorhanden, was er vergeben konnte, um seinen Dank auszudrücken. Die Atmung flachte ab, die Zeit schien in einer seltsamen Langsamkeit zu vergehen, als Belisarius diese Künstlerin betrachtete, als ob sie eine sagenhafte Gestalt aus einem der sieben Himmel war. Er brauchte zwei Atemzüge, um antworten zu können. "Ich meine es durchaus ernst," sagte er mit einer festen Überzeugung in seiner eleganten Stimme, die ihren eigenen klugen Ton hatte. "Verdient ist verdient," erklärte er als Kaufmann und hatte damit unbewusst einen Preis für gute Kunst festgelegt, was er eigentlich nicht wollte, da es für ihn persönlich unbezahlbar war. Mit einer vorsichtigen Bewegung seiner Linken wollte er ihre Hand schließen, damit sie die Goldstücke ja behielt. Die Berührung war so vorsichtig, dass sie jederzeit ihre Hand wegziehen konnte. "Du sollst bessere Tage finden," meinte er und lächelte das erste mal seit langem menschlich; mit jenem Gesicht, was nicht Jedermann war, nicht gezeichnet durch Betrug und sozialer Manipulation, sondern allein dem gewidmet war, was er eigentlich sein wollte: ein Mensch.


RE: in sorrow's embrace, my melody weeps - Daphne Christopoulos - 10-03-2024

Aufmerksam betrachtete Daphne ihr Gegenüber. Er konnte sie ja kaum ansehen, nicht wirklich mit ihr umgehen. Er machte auf sie einen vollkommen unbeholfenen Eindruck. Und Daphne fragte sich, ob er vielleicht nicht ganz richtig im Kopf war. Sie legte ihren eigenen Kopf mit den dunklen, verschwitzten Locken schief und versuchte, sich einen Reim auf ihn und sein Verhalten zu machen. Sie selbst war ja ebenfalls etwas anders, wenn man ihren Gefährten glauben schenken wollte. Mit dem Kopf in den Wolken und gleichzeitig herrisch wie die Adlige, die sie irgendwie manchmal sein wollte. Vielleicht fühlte sie seine Andersartigkeit deshalb so sehr? Nein... sie war kein empathischer Mensch. Und trotzdem versuchte sie krampfhaft, ihre Mitmenschen zu lesen. Bei den meisten war das denkbar einfach, alle waren doch irgendwie gleich. Nur der hier... der war scheu und gleichzeitig überernst.
Er sagte ihr jedenfalls, dass er es ernst meine. Mit dem Gold. Daphne wandte den Blick von ihm ab und betrachtete ihre eigene offene Hand, die sich wieder um die beiden Münzen schloss. Angestupst durch eine leichte Berührung des Mannes. Für einen Moment war Daphne selbst wie verzaubert. Sie warf ihm deshalb wieder einen wehmütigen Blick zu. Doch ihre Gedanken rasten.

Drakore würde mit ihr zufrieden sein. Aber wie viel zufriedener konnte sie ihn noch machen? Wenn dieser Mann genug Gold hatte, um links und rechts einem Barden Goldmünzen zuzuwerfen, dann musste er ein größerer Fisch sein, als man auf den ersten Blick annahm. Ihre Gruppe suchte ja schon lange nach einem reichen Patron, der dafür sorgte, dass sie ungehindert die Städte betreten und das Weggeld dafür bezahlen konnten.
Dann sagte ihr Gegenüber auch noch, dass sie bessere Tage finden solle. Er lächelte und plötzlich fiel es ihr wie Schuppen von den Augen. Das musste der Mann sein, den sie ihr Leben lang gesucht hatte. Nervös fingen ihre Lider zu flattern an und ihre Atmung zeichnete sich ganz deutlich, tief an Hals und Schlüsselbeinen ab. Sie schien eine tiefgreifende Erkenntnis zu haben. Dann starrte sie wieder in sein Gesicht, nach Antworten suchend. Und schließlich wagte sie es sogar, ganz vertraulich ihre Hand auf seinen Handrücken zu legen (auch wenn sie sich dazu etwas über den Tisch legen musste). "Du bist mein Vater, nicht wahr? Vater...?", kam es hoffnungsvoll über die rot bestrichenen Lippen. Das musste es sein - die Antwort auf all ihre Fragen und sein merkwürdiges Verhalten!


RE: in sorrow's embrace, my melody weeps - Belisarius Caderitor - 12-03-2024

Ihr wehmütiger Blick tötete seine kalte Zuversicht. Der Frost seiner Seele zerbarst und ließ eine seltene Wärme zu, die an eine ferne Menschlichkeit erinnerte. Belisarius spürte mit der Wärme jene wachsende Furcht, da er sich schämte. Er schämte sich dafür, dass er dieser Mensch war, der er eben war: Ein Meuchelmörder, Kriegsherr, Söldner und Hauptmann; alle Beschreibungen waren grausam und begleitet von Leid, Pein und Gewalt. Was war aus ihm geworden, was hatte er getan und doch war er sich sicher, dass er in dieses Leben zurückkehren musste. Erlösung war nicht sein Geschäft. Seine Hand zitterte unruhig, so dass er sie ablegen musste. Sie starrte in sein Gesicht, suchte dort was und Belisarius spürte es, wie sie ihn mit etwas verband, was er bestimmt nicht sein konnte. Daphne sprach es aus. Er sollte ihr Vater sein? Er konnte sich nicht an eine Nacht erinnern, die dies möglich gemacht hätte und noch dazu war das Alter unpassend, alles schien nicht zu stimmen aber ihre Wehklage und Frage traf ihn. Sie war möglicherweise eine Halbwaise oder Vollwaise, war gleichsam einsam, wie er selbst und überforderte das Schicksal selbst mit dieser Frage. Sie suchte ihren Vater, wollte möglicherweise ebenso, wie er selbst, ein Zuhause, das diesen Namen auch verdiente. Belisarius Augen fanden eine glasige Erscheinung, verbargen aber alle Tränen, da er scheinbar verlernt hatte, zu weinen. Was sollte er tun? Was konnte er tun? Zögerlich hob er seine Hand, um Daphne vorsichtig zu umarmen, sofern sie diese Umarmung zuließ. Es war der Rest einer menschlichen Geste, die ihm jetzt notwendig erschien. Eine Umarmung, das brauchten Menschen in unruhigen Zeiten oder in traurigen Stunden. Der Kriegsherr ließ für einen Moment das Leben der Gewalt hinter sich zurück, um dieser armen Seele, für ein paar Atemzüge Geborgenheit zu geben; auch wenn diese mittelfristig eine Lüge war. Manchmal waren Lügen besser als die kalte Wahrheit, die so sehr schmerzte, dass sie unerträglich war. Gerne wäre er ihr Vater gewesen, hätte ihr eine Zukunft geschenkt und doch war er es einfach nicht. Belisarius blickte mit seinen durch Mitgefühl getrübten Augen auf Daphne herab. Er wollte etwas sagen, also tat er etwas, was er in Notlagen gerne tat: Er log. Dieses mal in guter Absicht. Er wollte ihr eine erneute Suche ersparen. "Dein Vater war Teil meiner Familie und auf dem Sterbebett beauftragte er mich, mich um dich zu sorgen. Ich mag nicht dein Vater sein aber ich biete dir eine Familie an, die dich aufnimmt und sich um dich kümmern wird," konstruierte er eine Geschichte, die er noch bereuen würde. Diese Worte brachen aus ihm heraus, da er sich selbst ein echtes Zuhause wünschte und vielleicht mit dieser Lüge ein Zuhause auf Zeit schaffen konnte. Hatte er die Absicht Daphne zu adoptieren? Vielleicht oder vielleicht auch nicht. Zu ungenau war diesen schnellen Lügen geplant und da Belisarius emotional geworden war, war die Lüge noch unsauberer gestaltet, so dass die Folgen unabsehbar waren. Sein eigenes Herz raste, als er erwartungsvoll auf ihre Reaktion wartete. Belisarius hoffte mit dieser Lüge wenigstens eine Seele in dieser Welt retten zu können, wenn er schon seine eigene verloren hatte.


RE: in sorrow's embrace, my melody weeps - Daphne Christopoulos - 17-03-2024

Daphne schnappte gierig nach Luft, als der Mann ansetzte, sie zu umarmen. Sie stand auf, weil sie die Umarmung unbedingt fühlen wollte. Ihr Vater, zumindest ging sie in diesem Moment noch davon aus. Plötzlich kam ihr alles unglaublich eng vor: diese plötzliche Erkenntnis, ihr superenges Korsett, die übervolle Taverne, das laute Gelärme und Gejohle während ihr Kollege seine Nummer aufführte. Daphne merkte, wie sie irgendwie "wegdriftete", während sie versuchte, die neue Erkenntnis zu verdauen. Das war immerhin ein ganz schöner Brocken. Und hier standen sie - nur für ganz kurze Zeit - zwei Fremde umarmten sich, mitten in einer Taverne, wo die ersten schon riefen, man solle gefälligst Platz nehmen und den Blick auf die Bühne nicht verstellen. Daphne hörte es jedoch nicht. Ebenso wenig spürte sie den Blick ihrer Kollegen im Genick, die die Szene äußerst aufmerksam beobachtet hatten. Und obwohl alles sich unfassbar eng anfühlte, schlang sie ihre dürren Arme um seinen breiten Rücken und schmiegte den Kopf gegen seine Brust.

Gerade wollte sie sich von ihm lösen und lachend feststellen, dass sie nichts von seiner Größe abbekommen hatte, da war er ihr schon zuvor gekommen und versorgte sie mit neuen Informationen. Nicht ihr Vater. Er war tot. Fort, für immer.
Sie wurde weiß im Gesicht. Fast blau. Und das, trotz ihres sonnengebräunten Teints. "Die.. Eure Familie nimmt mich auf...?", wiederholte sie vollkommen ungläubig. Ihre Atmung beschleunigte sich noch mehr. Oder war das schon hyperventilieren? Ihre Pupillen huschten blitzschnell von links nach rechts; von seinem rechten Auge zum linken und wieder zurück. Sie merkte, wie ihr ganz schwindelig wurde. Wie sie keine Luft mehr bekam. Sie machte einen theatralischen, divenhaften Seufzer, eine ausschweifende Bewegung mit dem Arm und - dann gaben ihre Knie nach und sie sackte zusammen - mitten in der Taverne, vor allen Leuten!
Ob gespielt oder nicht, Daphne hatte mal wieder alle Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Ihre Spezialität.

Natürlich blieb diese Entwicklung nicht unbemerkt, doch Siebenstern machte auf der Bühne einfach weiter, ganz professionell, wie sich das gehörte. Jedoch stürmten sein Bruder, bekannt als Jammerspecht und der dreißigjährige Drakore herbei, wobei zweiterer gerade noch so darauf verzichtete, Belisarius sofort eins auf die Nase zu geben. Stattdessen packte er den Condottiere an einem Arm und versuchte, ihn unsanft auf sich aufmerksam zu machen. "Ey, Finger weg von ihr!", blaffte Drakore, während Jammerspecht versuchte, Daphne zu Hilfe zu kommen. So richtig forsch, wie er gerne gewollt hätte, wurde Drakore nicht - aber auch nur, weil Belisarius eine unglaubliche Ausstrahlung hatte. So riesig, wenn auch nicht unfassbar breit.


RE: in sorrow's embrace, my melody weeps - Belisarius Caderitor - 20-03-2024

Ihre Umarmung, wie sie sich anschmiegte, gab Belisarius das Gefühl für etwas wirklich Verantwortung zu tragen. Es fühlte sich nach einem Zuhause an, welches er selbst nie gehabt hatte. Diese menschliche Wärme zerstörte diese höllische Kette, die seine einstigen Handlungen in Blut geschmiedet hatten. Auch Belisarius trieb gedanklich davon, schloss seine Arme um sie, als ob er sie beschützen wollte. Ja, das wollte er auch. Sie gab ihm eine Entschuldigung für die menschliche Enttäuschung, die er nicht nur sich selbst gegenüber war. Für einen Atemzug schloss der dämonische Kriegsherr seine Augen, um einmal Mensch zu sein. Nicht zu sehen, sondern zu fühlen. Es war nur ein Wunsch und so fern seiner Wirklichkeit. Ein Dämon konnte kein Mensch sein. Egal, was er tat, um seine Unschuld zu beweisen, so waren es nur Lügen. Er war nicht unschuldig, nie gewesen und all das Blut, all das Leid, welches durch ihn in die Welt gekommen war, war nicht zu entschuldigen. Es war wahnsinnig, zu glauben, etwas anderes sein zu können, nach all dem, was getan war.

Doch diese irrige Hoffnung blieb, immer wieder keimte sie auf, als kleiner Versuch der selbst geschaffenen Verdammnis zu entgehen, als ob dies überhaupt möglich wäre. Doch auch Dämonen verloren sich, hinterließen etwas, was nicht allein nur für sich stand. Daphne konnte mehr für ihn sein, mehr als eine zeitweilige Ablenkung durch ihre Kunst und Gesang, sondern sie war für einen Moment, Zuflucht und Zuversicht, dass es Menschliches gab. Doch Schicksal war ein stiller Richter, der seine Warnungen und manchmal auch Urteile, schnell fällte. Die junge Frau wurde weiß im Gesicht, verlor sich endgültig, wiederholte die Worte entfernt. Belisarius hielt sie fest, um sie fürchtend. Was hatte er getan? Waren es die Lügen? Seine Erscheinung oder einfach seine Umarmung, war sie immer schon Gift gewesen?

Ihre Atmung hastete, sprang fast, entriss sich ihrer Lunge und Belisarius blickte sie hilflos an, doch die Fürsorge keimte in ihm. Er hatte etwas gefunden, einen Rest von dem, was wertvoller als jedweder Thron oder Gold war. Er glaubte seine eigenen Lügen, nicht direkt, nicht unmittelbar aber er glaubte etwas wesentliches von ihnen, dass sie sein Zuhause sein konnte; dass er sich kümmern konnte, wenigstens etwas auf dieser Welt retten und nicht nur verderben konnte. Wahnsinn lag darin, denn die Missgunst, das Unverständnis der Freiheit eines anderen und auch das böse Ungemach, die eigene verlustige Welt durch eigenen Wunsch und dessen wahnhafte Verwirklichung retten zu können. Es gab keine Rettung. Sie war genauso gleichgültig, wie er gleichgültig durch das Leben vieler Menschen gefahren war. Daphne wog schwer in seinen Armen, so schwer, als sie immer weniger Luft zu bekommen schien. "Ein Zuhause...," verlor Belisarius seinen Antwortsatz.

Die junge Frau machte einen theatralischen Seufzer, eine ausschweifende Bewegung mit dem Arm und schließlich gaben ihre Knie nach und Belisarius fing sie auf, da er sie noch immer stützte. Ihr galt in diesem Augenblick sein ganzes Herz. Sanftmütig legte er sie ab, betrachtete ihre Kleidung und stellte mit fester Gewissheit fest, dass das Korsett ein Problem sein musste. "Weiter atmen," sagte er mit sanfter Stimme, die fast menschlich klang. Doch bevor er handeln konnte, wurde er unsanft am Arm gerissen. Ein Mann versuchte ihn zu packen. Eine Frau schrie, blaffte frech und wütend. Die Situation geriet außer Kontrolle. "Ich muss ihr helfen," befahl er mit seinem wiedergekehrten Bariton. "Ich habe nichts getan aber sie wird sterben, wenn ich die Schnürung des Korsetts nicht zerschneide," meinte er und zog bereits mit seiner Linken den Kriegsdolch von seinem Waffengurt. Mit einem Satz wandte er sich herum, da er nicht gerne gepackt wurde. Zum Glück des Mannes, war dieser schon nicht mehr in unmittelbarer Nähe, sondern schon bei Daphne. Danach drang er an dem Mann vorbei, sich zur Frau bewegend, blickte finster und energisch mit dem Dolch gestikulierend. "Ich werde sie retten. Ich werde sie retten," faselte er, wie im Rausch, während sich seine Augen weiteten. "Weg von ihr," befahl er und machte klar, dass er den Mann töten würde, da er diesen bereits mit Spitze des Dolchs nervös tippend an der Schulter berührte. Es war egal, dass er ihr helfen wollte. Das Schicksal dürfte sie nicht von ihm nehmen. Nicht nach ihrem Geschenk. Nicht nach ihrem Gesang. Belisarius gestikulierte weiter mit dem Dolch, drohte fast damit und es war klar, dass er bei der nächsten Bewegung die Frau oder den Mann erstechen konnte. Er würde es tun. "Lasst mich!" - schrie er mit gedämpfter Stimme, da diese bereits versagte, wie seine sonstige Vernunft. Schnell kniete er sich herab, packte Daphne hektisch und durchtrennte mit einer militärisch geübten Bewegung die Schnürungen, so dass das Korsett gelöst war und so hoffte er, sie wieder atmen konnte. Nervös erhob er sich von ihr, um die Gefahr der beiden Personen einzuschätzen, sich wehren zu können. Den Kriegsdolch behielt er dieses mal ruhiger in der Hand und er hatte seine Ziele erfasst. Er stellte sich bereits vor, was er tun musste, um diese schnell zu beseitigen. Niemand würde ihn heute noch angreifen. Er würde diese junge Frau, seine Sängerin, beschützen, die ein Leben verdient hatte, als jeder andere. "Atme!" - sprach er fürsorglich in Daphnes Richtung."Wirt, du wirst zehn Goldstücke erhalten, wenn du mir hilfst, diese Frau zu meinem Pferd zu bringen. Sie braucht eine Heilerin. Danach wirst du das hier vergessen und jeder Anwesende, der mir hilft, erhält ein Silberstück, wenn er mir diese beide Leute vom Hals hält," rief er lautstark, so dass es jeder hören konnte. Ja, er würde sie retten. Wirklich retten. Er kannte genug Leute, die helfen konnten. Belisarius war nicht klar, dass er Daphne entführen wollte. "Wir müssen ihr helfen. Ich bezahle," rief er ergänzend und war sich sicher, dass Geld genug Leute bewegen würde und noch dazu ging es hier ja um etwas Gutes (aus seiner Perspektive): die Rettung einer bewusstlosen Frau. Belisarius konnte gar nicht verstehen, was er tat.


RE: in sorrow's embrace, my melody weeps - Daphne Christopoulos - 24-03-2024

Jammerspecht hatte sich parallel mit Belisarius gebückt und versuchte unterstützend dabei zu helfen, seine Kollegin einigermaßen sanft auf dem Boden abzulegen. Dann kniete er sich neben ihr auf den Boden und fing an, ihren Kopf zu streicheln. "Daphne... oh, Daphne, was machst Du denn?", sagte er zu ihrem schlaffen Gesicht und den geschlossenen Lidern. Da die Situation ohnehin bereits eskalierte und plötzlich jedermann seine Aufmerksamkeit in Belisarius' Richtung gelenkt hatte, sprang nun auch Siebenstern von der Bühne und eilte neben seinen Bruder, der gerade fassungslos dabei zusah, wie Belisarius auch noch ein Messer zückte. Ein riesen-Teil! Hätte er das nicht eigentlich am Eingang abgeben müssen? Wurde das denn überhaupt nicht kontrolliert? Der Jugendliche biss sich auf die Zunge! Ohje... wenn jetzt nur Tausendmesser mit ihren ... tausend Messern auch da gewesen wäre!

Auch Drakore machte natürlich große Augen, als er plötzlich einen Kriegsdolch in den Händen des Mannes erkannte. Und es blieb nicht bei den großen Augen - er wich ebenfalls instinktiv zwei Schritte zurück und hob abwehrend die Hände. Dabei stieß er gegen jemanden, der schaulustig an die Szene herangetreten war. "Das ist doch Wahnsinn, pack' das weg!", versuchte er, auf Belisarius einzureden, während er weiterhin beschwichtigend die Hände gehoben hatte um zu zeigen, dass er unbewaffnet war.
Auch die beiden Jungspunde wichen von Daphnes Körper zurück, als der lange Kerl es befahl und gefährlich mit seinem Dolch herumfuchtelte. Heofader, er würde doch nicht... ohgott! Alle Umstehenden hielten den Atem an - entfernt kreischten zwei Frauen auf und einige Männer schnappten nach Luft, als der Dolch in Richtung der Sängerin kam.
Auch der Wirt kam mittlerweile herbei geeilt und versuchte herauszufinden, was hier vor sich ging. Er bekam gerade noch mit, wie Belisarius scheinbar das Kleid oder Korsett - so genau konnte er das nicht erkennen - der Sängerin aufschnitt.

Alles geschah derart hektisch und ruckartig, dass von Daphne zumindest ein Seufzer zu hören war. Sie reckte den Hals und schnappte nach Luft, doch regte sich noch nicht mehr. Um sie herum herrschte Stille, ihr Bewusstsein war noch getrübt und sie konnte nicht viel wahrnehmen oder gar an ihrem eigenen Zustand verändern.
Um Belisarius und sie hatte sich ein natürlicher Kreis gebildet, den keiner der Außenstehenden zu betreten wagte. Der herangeeilte Wirt erkannte sofort, dass es dem Mädchen wieder besser zu gehen schien - na, wenigstens schaufte sie und war nicht weiter verletzt. Einzig die Meute schien sich noch über Belisarius hermachen zu wollen. Oder wenigstens ein Teil von ihnen. Alles ging so schnell, dass der Wirt kaum Gelegenheit dazu hatte, über irgendetwas nachzudenken. Und schon wurde er mit einem unmoralischen Angebot konfrontiert, das merkwürdig klang, aber auch irgendwie logisch. Man musste das Mädchen vermutlich zu einer Heilerin bringen, klar... aber auf einem Pferd? Naja... 10 Goldmünzen sprachen für sich - wer war er schon? Kurzentschlossen rief er nach "IAKOVOS", seinem Sohn, der das gefälligst in die Hand zu nehmen hatte. Ein Mittzwanziger Bursche kam herbeigeeilt und näherte sich schließlich bedachtsam dem unsichtbaren Kreis. Und auch die anderen Leute, die einen schnellen Taler witterten, machten Platz oder hielten andere zurück um Iakovos Platz zu machen.

Drakore, der sich mittlerweile nicht mehr anders zu helfen wusste, packte statt Belisarius diesmal den Wirt am Schlafittchen. "Bist Du irre? Er will meine Sängerin mitnehmen!", blaffte er den Wirt an, woraufhin zwei weitere Burschen ihn von hinten packten und vom Wirt zurückhielten. "E-er bringt sie zu einer Wanderheilerin!", sagte der Wirt auf, als hätte er's gelernt. Was sollte er machen? Mit zehn Gold konnte er sich den Keller für die nächsten Monate vollmachen! Das Angebot war so gut, dass er seine moralischen Hemmschwellen sofort abgebaut hatte.
Eine junge Göre hatte derweil den vergessenen Hut auf dem Tisch in Augenschein genommen und fing an, sich möglichst unauffällig die Taschen mit Daphnes Trinkgeld vollzustopfen. Sie machte es geschickt, denn sie hockte aus Belisarius' Sicht hinter dem Tisch, fast darunter und streckte nur immer wieder den dürren Arm nach oben über die Tischkannte.

Daphne verzog ihr Gesicht, als sie allmählich wieder zu Bewusstsein kam. Undeutlich nahm sie Geräusche und Stimmen wahr, spürte die Aufregung, die um sie herum herrschte, doch das alles kam noch aus weiter, weiter Ferne. Sie versuchte, sich mit geschlossenen Augen zu orientieren und bewegte den Kopf leicht nach links und rechts. "Sie kommt schon zu sich!", versuchte Jammerspecht die Situation zu entschärfen, doch Iakovos machte bereits Anstalten, Daphne aufzuheben und auf seinen Armen nach draußen zu tragen. "Wartet!", riefen auch Siebenstern und Drakore. "Was ist los mit euch?", blaffte zweiterer in die Menge, in der Hoffnung, doch noch irgendjemanden von moralischem Handeln überzeugen zu können. Die Mehrheit hatte sich jedoch aus Geldgier dem Wahnsinn preisgegeben.


RE: in sorrow's embrace, my melody weeps - Belisarius Caderitor - 27-03-2024

Manchmal war es zu leicht. Viel zu leicht. Belisarius verstaute seinen Dolch wieder in der Gürtelhalterung, da er nun davon ausgehen konnte, dass diese Lage zu seinen Gunsten verlaufen würde. Menschen waren oft leicht zu beherrschen, wenn sie den Verlockungen des schnellen Reichtums erlagen. Moral war auch stets verhandelbar. So konnte er nun auch teuflisch erleichtert ausatmen, seine Atmung beruhigen und seine Gedanken sortieren. Macht erlaubte dies gelegentlich, wenn man sich Zeit verschaffen konnte. Wenn es einen Luxus gab, dann war es der von Zeit, da nun andere für ihn handelten. Mit einem Handzeig deutete er auf die Sängerin, während der Wirt bereits herbeikam und sogar seinen vermutlichen Sohn schickte. Das moralische Geplärre der Truppe, die sich ihm noch gerade in den Weg gestellt hatte, ignorierte erstmalig. Sein Ziel war klar, diese junge Frau nicht nur zu retten, sondern wirklich zu retten. Doch Belisarius konnte nicht ganz unterscheiden, was eine wirklich gute Handlung war oder doch eben nur bloße Machtausübung. Es fiel ihm schwer, moralisch zu denken, eine gute Position zu finden, sondern tat das, was er aus seiner Sicht tun musste. Ein Leben des Nutzens, der Abwägung und der Winkelzüge hinterließen keinen Idealismus. So zückte er seinen Geldbeutel, während er bereits die notwendigen Münzen abzählte. Alles war bezahlbar. Alles war irgendwie machbar und doch war es teuer, so dass sich Belisarius über seinen eigenen Eifer ärgerte. Doch was man an Bezahlung versprochen hatte, musste man zahlen. Das war ein Grundsatz in seinem Leben. Man erhielt Bezahlungen und bezahlte andere. Marktwirtschaft war der Grundpfeiler einer Gesellschaft ohne Moral, denn wenn alles verhandelbar war, musste man wenigstens die Verhandlungen und Transaktionen zivilisieren. "Jeder der hilft, wird die Bezahlung erhalten," wiederholte der Kriegsherr mit dem klingenden Beutel in seinen Händen. Er wollte die Handlungen der Anwesenden bestärken, so dass er garantiert siegreich aus dieser Taverne gelangen würde. Inzwischen wollte er nicht nur die Sängerin retten, sondern auch einfach gewinnen. Sie gehörte jetzt irgendwie ihm. - Oder auch nicht aber er fühlte ein Bedürfnis, sie zumindest mitzunehmen, um sie nicht diesen anderen zu überlassen, die sich gegen ihn gestellt hatten. Sie würde frei sein, wirklich frei, sofern er Freiheit denn verstand.

Wie besessen war Belisarius von dieser Idee, Daphne zu befreien und ihr eine andere Welt zu zeigen, damit sie mehr sein konnte, als nur abhängig vom Tagwerk. Wunder mussten bewahrt werden und so manches Wunder musste der Öffentlichkeit vorübergehend genommen werden, um es dauerhaft zu schützen. Belisarius war besessen von dieser Idee, einmal etwas Gutes zu tun, dass er das denkbar falscheste tat. Er verstand es einfach nicht. Doch eines verstand Belisarius sehr wohl: die Marktwirtschaft. Aufmerksam hörte er nun dem Geschehen zu, vernahm Drakores Worte und bewegte sich elegant in deren Richtung. "Eine Ablösung?" Er trat vor Drakore, zählte ganz Kaufmann ein paar Goldstücke ab, und hielt diese hin. "Dies dürfte die Kosten für eine neue Sängerin decken und auch die Kosten für ein paar Wochen gutes Leben," sagte er und blickte kalt auf Drakore herab. "Du wärest gut beraten, das Geld anzunehmen und dich zu fügen. Ich denke, dass diese Lage sich gegen dich entschieden hat," erklärte er und machte mit seinem Blick verständlich, dass es die letzte Gelegenheit für dieses Angebot war. "Bringt die Sängerin nach Draußen. Ich komme gleich nach," befahl er zum Wirt und seinen Helfern, die nun wohl willfährig in seinen Diensten standen. "Euren Lohn sollt ihr dann erhalten," fügte er an und nickte dem Wirt ernstlich zu, so dass er verstand. Die junge Göre, die sich das Trinkgeld krallte, übersah Belisarius ebenfalls, da er sie schlicht nicht sah.

"Was mit ihnen los ist?" Belisarius schmunzelte teuflisch, fast entfremdet, als er sich die Situation weiterhin entfaltete. "Sie tun das Richtige," gab er eine Antwort aus seiner Perspektive. Als Daphne zu sich kam, blickte Belisarius zu ihr, war erleichtert und lächelte plötzlich nicht mehr teuflisch, sondern fürsorglich. Es ging ihr besser und dennoch musste er sie von diesen Leuten trennen, um ein erneute Diskrepanz zu vermeiden. "Bringt sie endlich nach Draußen!" - blaffte er in einem militärischen Befehlston. Er hatte kein Interesse mehr an weiteren Verhandlungen. Nicht mehr heute. Daphne würde versorgt werden, ein eigenes Leben finden, mit seiner Hilfe, und ein unheiliges Versprechen, welches eine Lüge gewesen war, würde wahr werden. Belisarius beugte sich dann herab, um Iakovos zu helfen. Vielleicht ging es so schneller.