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The little prince and the beggar - Ronan Mag Mell - 28-04-2024

Ronan hatte einen Faible für Geld.
Wer hatte den nicht, fragst du nun?! Nun, Ronan hatte einen richtigen Faible, wie man ihn nur haben kann wenn man Ronan Mag Mell ist. Der Mann, der Geld zwar liebte und besaß wie andere Heu, der aber auch Heu an hungrige Pferde verteilte, wenn es gute, schnelle…gewinnbringende Pferde waren. Kurzum, niemand verstand sich so sehr drauf seine Finger wie die Wurzeln eines Magrovenbaumes unterhalb der Oberfläche auszustrecken und in abertausend Richtungen zu agieren, ohne dass man oberhalb des ruhigen Gewässers überhaupt etwas davon mitbekam, wie er.
Ronan verstand sich darauf trotz all dem Geld, das er aus den unterschiedlichsten Quellen einnahm, stets ein Mann seines Standes oder besser noch dem darunter zu bleiben. Unten, da wo Dreck und Hunger regierten, war er der König und der König schritt durch seine Gassen und öffnete seinen Leberbeutel um seine Schäfchen mit ein paar Münzen für ein paar Tage satt zu machen. Er brachte den unfähigen Bäckergesellen in neue Anstellung und die blinde, nun ehemalige Hofgärtnerin zu den Segelmachern, wo sie mit geschickten Fingern Stiche setzen konnte…er ließ Waisenkinder wie Brieftauben fliegen und fütterte sie mit kandierten Früchten aus warmen Gegenden und er ließ die Köpfe machthungriger Intriganten auf den üppigen Brüsten seiner Huren betten, damit sie ihre Pläne ausplauderten.

Wofür Ronan ebenfalls einen Faible hatte..? Krieg. Denn Krieg brachte Geld.
Sein Herz gehörte zwar unweigerlich dem Loch von Kings Portal, das er sein eigen nannte, aber nichtsdestotrotz kam es ihm gelegen, dass man sich um eine Stadt an der Grenze die Köpfe einschlug und die Rüstungsproduktion angekurbelt wurde. Es brauchte Waffen, Rüstungen, Pferde, nicht zu vergessen Lebensmittel und deren Nachschub…eine gute Logistik und darin war Ronan äußerst geschickt sie zu beeinflussen, ebenso wie die Moral der Männer, denn die liebten, genau wie er, das Geld und Geld kaufte die Moral vieler Männer, erstrecht wenn sie in den Kampf gezwungen wurden.

Ein Grund für einen Besuch im Frühlingsland!
Juchhei! So ein schönes…eigentlich friedliches Land, voller Blümchen und Bäume, mit saftigen Wiesen. Ronan war vermutlich allergisch, zumindest juckte ihn die Nase seitdem er einige Tage hier war. Vielleicht war es auch der schreckliche Gaul schuld gewesen mit dem er hierher hatte reisen müssen und dabei war er nichtmal auf ihm geritten, denn das vermied er so gut er konnte und hatte daher einen auf zarte Prinzessin im Planwagen gemacht. Das hatte den Vorteil, dass er seine Unterkunft gleich mit dabei hatte und in sommerlichen Monaten wie diesen, war es eine angenehme Art zu reisen und schlafen.
Was er sich hiervon erhoffte? Erstmal gar nichts, denn wer ohne Erwartungen kam, konnte nur mehr erntet als er hoffte. Es galt einige Leute zu treffen, von denen er sich genaueres über das weitere Vorgehen zu hören erhoffte und die offen für Geschäfte waren.

Die Ohren gespitzt…die Lippen ebenso, hatte er ein fröhliches Lied eines fröhlichen Wandersmannes auf den Lippen als er mit aufgekrempelten Ärmeln seines doch eher in Mitleidenschaft gezogenen Hemdes durch den Schlosspark flanierte.
Reich müsste man sein und Zeit haben!
Ach, das hatte er ja beides… er grinste schief in seinen rechten Mundwinkel hinein und machte sich keine Mühe besonders viel Rücksicht darauf zu nehmen, ob jemand dieses wunderbare Gepfeife stören könnte ..im Gegenteil, er stimmte gleich lauthals an:

"Hundert an der Zahl, verliesen sie ihr Dorf
für ihr Landesbanner kämpfen war ihr Ziel
Sie ließ er zurück, jüngst war´n sie vermählt
Nur für kurze Zeit getrennt sein sollten sie
Er sagte: Verweil an diesem Ort, vertraue auf die große Mutter und mein Wort
Sobald der Mond rot am Himmel steht, wirst du mich schon heile wieder sehen
Fort zog er, er sah nicht mehr zurück und Tränen benetzten ihr Gesicht
Doch wusst sie, die Zeit würd schnell vergehen, bald würde sie ihn schon wieder sehen."


Seine Schritte trugen ihn dabei den kleinen Hügel hinauf, wo die Rüstungen der Stadtwache blendend grell in der Sonne funkelten. Die schwitzten sicher ordentlich, dachte er amüsiert und eigentlich hätte er einen Bogen um die Truppe gemacht, wäre es nicht so ungewöhnlich, dass sie hier so hübsch aufgereiht waren und seine Aufmerksamkeit erweckten.



RE: The little prince and the beggar - Lester Stafford - 28-04-2024

Der August war gekommen und hatte die letzten 31 Tage der Sonnenmonate eingeleitet. Ganz offensichtlich bedeutete das für Lester, dass er nun, nachdem er sich an Juli gewöhnt hatte, erneut wieder einen anderen Monatsnamen auf seine Arbeiten schreiben musste. Heute Morgen war ihm das vor seinem Tutor gleich zwei Mal passiert. Undankbarer weise war es bei dem Brief an die nun, zumindest von der Zahl her, gleichaltrige Prinzessin aus dem Winterland erst am Ende aufgefallen, dass er diesen versehentlich einen Monat rückdatiert hatte und somit noch einmal neu schreiben musste. Sein Lehrer hatte dies nur als „gute Übung für seine Schönschrift“ betitelt, was den Verdruss nun nicht gerade schmälern konnte.

Nachdem diese allmonatliche Schwierigkeit überwunden war und er nach dem Mittagessen den Schlaf nachholen konnte, der diese Nacht mal wieder zu kurz gekommen war, hatte er wieder genug Energie für die zweite Tageshälfte. Das war auch notwendig, denn Lester hatte sich etwas vorgenommen. Ein neues Projekt, dessen Idee er dem heutigen Feiertag, und übrigens Grund für den anstrengenden Vorabend, „Manasad“ entnommen hatte. Auch wenn er es nicht verstand, weshalb gerade der heutige Tag sich für Vertragsabschlüsse besonders eignen sollte, hatte Lester seine ganz eigenen Prinzipien, in deren Einklang man sein Einverständnis zu Angelegenheiten von großer Relevanz geben sollte. Mit das wichtigste war es, sein Umfeld gut wahrzunehmen und sich diesem auch bewusst zu sein. Aus diesem Anlass hatte Lester sich nach seiner Mittagspause in den Schlosspark gesetzt.

Seine Augen waren vielleicht geschlossen, doch sein sensibles Gehör nahm jede Regung in seiner Umgebung war und genau das war auch sein Ziel. Er hörte, wie der Wind ganz sanft die Blätter der großen Eiche zum Schwingen und ihn in diesem Rhythmus ebenfalls kurzzeitig zum Pendeln gebracht hatte. Er vernahm das leichte klappern der Rüstungen seiner Leibwächter, dass ihm die Sicherheit gab, dass man auf ihn aufpasste. Dann war da das Schnattern der Enten und Graugänse, die er so sehr liebte und denen er stets versuchte guten Morgen und guten Nachmittag zu sagen, wenn er seine Spaziergänge machte. Da waren aber auch noch andere Vögel. Amseln, Finken und Eichelhäher zwitscherten fröhlich vor sich her. Und dann, dann war da auf einmal noch ein anderes, außergewöhnliches Zwitschern. Nein, es war ein schiefes Pfeifen, nur ebenso fröhlich wie die angenehmen Klänge der Vögel. Kurz darauf wurde aus dem Trillern ein Lied, nicht weniger schief aber dafür in angenehmerer Tonlage. Und es kam in seine Richtung.

„Halte ein.“, durchbrach die Stimme eines Mannes, der für eine Stadtwache eine auffällig prunkvolle Rüstung mit Umhang und Verzierungen im Grün der Krone trug, den Gesang und stellte sich dem ungewöhnlichen Musikanten in den Weg. „Seine Majestät, der Kronprinz, wünscht dich nach dem Titel des Liedes zu fragen.“, fuhr er streng fort und tat eine Geste, die Ronan anwies voran zu gehen. Natürlich hätte der König der Unterwelt auch noch eine Durchsuchung nach Waffen über sich ergehen lassen müssen, bevor sie ihn in den Bereich des Parks geführt hätten, in dem sich der Kronprinz befand.

Da saß er tatsächlich, gekleidet in einem weißen Hemd aus feinem Leinen, das durch eine im grün Walleydors gehaltenen Weste aus edlem Wollflanell mit Mao-Kragen und goldenen Ösenknöpfen, perfekt ergänzt wurde. Eine Kleiderkombi die er besonders gern trug – oder einfach nur besonders gern von seiner Mama herausgelegt wurde. Eine Decke trennte den Wiesenboden von ihm und den vielen Gegenständen, die den recht kleinen Zehnjährigen umgaben. Allen voran lag dort ein größeres weißes Papier, auf dem auch schon verschiedene Linien und auch Geschriebenes zu erkennen war. Daneben lag ein Mäppchen mit Stiften und Zeichengeräten, bestehend aus einem Lineal, einem Winkelmesser, einem Zirkel und anderem. Dabei fiel sofort auf, wie ordentlich dieser Arbeitsplatz aussah und wie jeder Gegenstand, der gerade nicht benötigt wurde akkurat an seinem Platz im Etui aufgeräumt war. Außerdem befand sich präzise auf der anderen Seite platziert eine lederne Tasche und ein Schälchen mit Weintrauben, mit die Ersten dieses Jahres, denen selbstverständlich ein Tuch für die Hände beilag.

Gerade, als der Mann dann mit reichlich Abstand zum Stehen kam und zum Kniefall angehalten wurde, steckte der braunhaarige zarte Junge den Stift sorgfältig zurück in das Etui, mit dem er gerade noch etwas geschrieben hatte und sah den ihm vorgeführten Sänger nun abwartend an, sollte dieser doch schließlich schon wissen, warum er jetzt vor ihm kniete.



RE: The little prince and the beggar - Ronan Mag Mell - 29-04-2024

Immerhin konnte der Bengel schreiben, da hatte er, oh Wunder, Ronan etwas voraus. Dieser war ohne seinen Schreiber gereist, schließlich duldete die Heimat es nicht, dass die Bücher von Kassen und Waren unbeobachtet bzw. unaktualisiert blieben. Womöglich war es aber auch schlicht und ergreifend Ronans Kopf, der es nicht ertragen konnte den Krempel sich selbst zu überlassen, weswegen er lieber sich selbst opferte und nun damit klarkommen musste mit Menschen in Verhandlungen zu treten, obwohl er nichtmal ein einziges gesprochenes Wort aufschreiben konnte. Das wiederum glich er durch unleserliches Gekritzel aus und wenn er sich konzentrierte, und dabei nicht gerade 10 Humpen gesoffen, bekam er am Ende auch oftmals noch raus was er sich damit hatte sagen wollen. Ganz davon ab, dass er geschickt darin war anderen die Arbeit entgegen zu delegieren und die eigene, kleine…nicht nennenswerte Schwäche untergehen zu lassen.

Während er kleine Prinz also in Schönschrift übte einer anderen kleinen Prinzessin den Hof zu machen, stapfte der Hüne durch den ebenso säuberlich angelegten Schlosspark. Wirklich hübsch, wirklich grün….wirklich frühlingshaft kitschig.
Fast so wie die aufpolierte Wache, die sich nun in sein Blickfeld schob. Er hatte den kleinen Pulk zwar unauffällig, insofern Ronan jemals unauffällig war, angesteuert, dann aber doch nicht damit gerechnet, dass sich jemand für ihn interessierte. Viel eher hätte er erwartet weggeschickt zu werden und daher dauerte es auch einen Augenblick in welchem der Herbstländer den Gardisten einfach nur ansah….und ansah…und ansah.
Hmmmmm.
Ronans Blick blieb auf der Rüstung. Wirklich piekfein! Keine Beulen, schicke Beschläge, funkel, funkel… beeindruckend!
Da war diese kleine Stelle, direkt auf der Schulterplattenvorderseite, ein winziger Fleck…nein, nichtmal das. Mehr ein hässlicher Fingerabdruck des Burschen, der dem Kerl hier heute morgen sicher in das umständliche Ding von Rüstung geholfen hatte. Ronan verspürte ein diebisch erheiterndes Gefühl und schob sich den Daumen in den Mund, wie eine Großmutter es tat, kurz bevor sie ihrem Enkel den Dreck aus dem Mundwinkel wischte und fuhr mit seiner Spucke über den Fleck. Dass der Gute das weniger lustig fand als er, hatte Ronan schon erwartet und er hob unschuldig beide Hände bevor er sich mit der Rüstung einen auf die Finger klopfen lassen musste. „`Tschuldigung… aber ..ist schon ´n Schandfleck auf dem hübschen Ding da…“, trat er ungebeten seine Meinung breit und widmete sich nun endlich der Sache um die es eigentlich ging.
Ein Prinz wollte wissen welches Lied er da sang. Ha! Der Typ musste was von gutem Gesang verstehen, wenn das Raubein mit geschwollener Brust sein Liedchen trällerte, dass die Vögel bald vom Baum fielen..ein Barde war an ihm verloren gegangen!

„Warum kommt er dann nicht her und fragt?!“, rief er laut, in voller Absicht, dass der werte Prinz es auch hören mochte. Vielleicht hatte er keine Beine. Manchmal, in all der Inzucht der edlen Familien sollte das vorkommen. Ronan wollte mal nicht so sein!
Er ließ sich filzen und hatte dafür nur ein müdes, inneres Augenrollen. Bitte, bitte…sollten sie ihn durchsuchen und seine Waffen nehmen, er hatte weder etwas zu verbergen, noch war er auf Streit aus und für einen guten Kinnhaken reichte es am Ende immer…einen konnte man immer mitnehmen.
Er wollte mal nicht so sein! Er folgte also der Wache und war gespannt was ihn erwartete. Könige und Prinzen traf man nicht oft, auch wenn Gerüchte besagten, dass es schon zu Geschäften zwischen Königen und Ronan gekommen war…aber er verstand das natürlich, jeder wollte mal einen echten König wie ihn treffen. Ha!

Der Mag Mell war von positiver Neugier erfasst und für einen Aussenstehenden muss es unbeschreiblich lustig ausgesehen haben zuzusehen wie Ronan vor dieser Decke mit dem Kind stehen blieb und die Wache neben sich fragend ansah.
Da saß dieses…Ding, diese kleinen Dinger, die so nervig waren und lästig wie Obstfliegen, die ständig Fragen stellten und ihren Müttern die hübschen Pforten zerstört hatten. Kinder. Darauf war Ronan noch allergischer als auf die vielen bunten Frühlingslandblümchen.
Das hatte man davon wenn man der Neugier nachgab.
Der Prinz war ein Prinzlein.

Der abwartende Blick des Gardisten und der kleine Seitenhieb Ronan zum Kniefall zu bewegen, zeigte allerdings erstmal keine Wirkung. Der Hüne stand.
Was er allerdings tat, war eine kleine Verbeugung andeuten. Die dreckige Hand auf dem nahezu aufgetragenen Hemd, dessen Ausschnitt nichtmal ordentlich zugebunden war und eine pelzige Behaarung freigab, die baumelnde Kette der großen Mutter leuchtend von seinem Hals hinabhängend, die Stiefel bis zum Schaft voll Staub und Dreck.
„Majestät“, erklang die Bärenstimme.



RE: The little prince and the beggar - Lester Stafford - 29-04-2024

Eine Verneigung und „Majestät“. Eine Abfolge an Fehlern, die den Leibwächter hinter dem unbeholfenen Sänger einen fragenden Blick in Richtung des Kronprinzen werfen ließ. Wusste der Mann nicht, dass er der Kronprinz war oder wusste er sich einfach nicht richtig zu verhalten?

Menschen waren faszinierend. Jeder einzelne hatte seine Eigenarten und bestand vor allem aus viel mehr als aus dem, was man sehen konnte. Der Mann, der nun vor ihm stand. Dessen Aussehen genauso von Normen abwich, wie sein Gesang es tat. Es gab viele solcher ungeschriebenen oder auch tatsächlich verschriftlichen Regeln, die Lester nicht verstand. Er wusste nur, dass die Menschen so versuchten, Ordnung in die Welt zu bringen. Aber die meisten Normen ergaben schlichtweg keinen Sinn. Die Sortierung seiner Zeichengeräte, eine Norm, die er sich selbst auferlegt hatte, sie verfolgte einen Zweck. Er vergaß nichts, er musste nichts suchen und es konnte nichts kaputt gehen. Aber wieso musste ein jeder Bürger vor ihm und seinen Eltern ein Knie absenken? Welchen Zweck verfolgte das? In der Theorie sollte es anzeigen, dass der kniende in der Hierarchie weit unter den Herrschern stand. Dabei war das doch ganz klar. Und wenn jemand nicht kniete, wurde er vom Herrscher dazu aufgefordert - oder durch dessen Soldaten, wie der Knuff des Leibwächters in die Seite seines Gegenübers bewiesen hatte. Viele sahen aber auch nicht, dass er der intelligenteste im Raum war. Was wenn es auch einige nicht sahen, dass er der Kronprinz war? Und dann musste man sie zur Erkenntnis bewegen, in dem man sie zum Kniefall aufforderte. Sollte er in Zukunft Menschen auch darauf aufmerksam machen, wie schlau er war? Dabei war es doch im Gegensatz zu Intelligenz offensichtlich, dass er ein Königssohn war. Wer sollte sonst vor dem Königspalast im privaten Teil des königlichen Parks umringt von der königlichen Leibgarde in königlicher Kleidung sitzen, wenn nicht der König? Und jeder wusste, wer König, Königin und Prinz war. Und da auch jedes Kind wusste, dass der König erwachsen war, musste man sich doch auch denken können, dass er der Prinz war. Waren manche Menschen wirklich so dumm, das nicht zu erkennen? Vielleicht war diese Norm doch sinnvoll, damit sich auch der dümmste merkte, wer der König war. Absurd.

Manche Herrscher, sicher vor allem jene aus Castandor, hätten nun sicher in einem sehr abfälligen, überheblichen Ton so etwas gesagt wie: „Es heißt eure Majestät und der Tölpel hat vor dieser auf das Knie herabzusinken. Sonst muss seine Majestät ihn noch auspeitschen lassen. “

Sollte er dem Soldaten zunicken, damit der Mann eine Erläuterung der Sitten erhielt?
Lester wollte mal nicht so sein. Und sie waren hier auch nicht in Castandor. Außerdem waren das schon genug Gedanken für einen Menschen, dem er eigentlich nur eine Frage stellen wollte. Er wollte weiterarbeiten.

„Wie heißt das Lied?“, fragte der Zehnjährige also frei heraus und warf dem Dreckstrauß einen fragenden Blick zu.



RE: The little prince and the beggar - Ronan Mag Mell - 03-05-2024

Sah er denn aus wie jemand, der ständig den Kratzfuß vor einem adeligen Schnösel hinlegte? Man konnte froh sein, dass Ronan sich die Mühe machte den Bengel vor sich, mit allem Respekt den er aufbringen konnte, zu begrüßen. Dazu gab es eine kleine Verbeugung und womöglich war Lester damit schon wichtiger als mancher anderer Adelige, den Ronan getroffen und weitaus geringfügiger begrüßte. Er könnte - wenn er wollte…aber er wollte nicht.

Der Blick des Hünen wechselte von dem Kleinen zu dessen um sich herum drapierter Decke und all dem Krempel darauf. Die Stifte, die er da so fein säuberlich aufreihte, dass es schon eher nach einem krankhaften Zwang aussah. Die Trauben. Ronan lief das Wasser im Mund zusammen, aber gut…er hatte immer Hunger. Das Tuch, dessen Zweck er nicht ganz zuordnen konnte..wer bitte machte sich die Hände an einem Tuch sauber, wenn man sie ablecken und an der Hose abstreifen konnte? Er würde vermutlich rein schnäuzen und sich den Bart damit abwischen.

Ronan gab einen undefinierbaren, brummigen Laut von sich.

„Fünf Trauben und ich verrat´s dir!“, bot er an und verzog den Mund dabei nachdenklich, als müsse er noch darüber nachdenken schlecht verhandelt zu haben. Sein Blick ging seitlich zu der Wache und er hob die Hände einmal mehr in Beteuerung seiner friedlichen Gedanken, dann machte er noch zwei Schritte auf Prinz und Decke zu und ging vor dem Jungen in die Hocke. Der Typ hinter ihm starb bestimmt irgendwann an einem Herzinfarkt, aber der Herbstländer machte keinerlei Anstalten hektischer Bewegungen und auch seine Griffel blieben wo sie waren - auf den Knien des bärtigen Mannes. Die blauen Augen fixierten nun wieder den Knaben vor sich, der augenscheinlich Charles Staffords Erbe war. Der einzige Erbe. Ronans Mundwinkel zuckte. Lesters Mutter hatte scheinbar keine einladenden Schenkel oder war unfähig darin gesunde Früchte auszutragen, tragisch. Bestimmt gab es viele kleine Bastarde, die Lesters Geschwister waren und die nicht hier im Park auf ihrer Decke Trauben schnabulierten, sondern irgendwo ihre kleinen Händchen dreckig machten. Herzzerreißende Geschichte.

Ronan hielt die Hand auf.



RE: The little prince and the beggar - Lester Stafford - 03-05-2024


Abwartend blieb der Blick des kleinen Prinzen an Ronan hängen. Dieser Bart, die Kette, die Art wie er seine Ärmel hochgekrempelt hatte. Irgendwas fand Lester daran ungewöhnlich. Ungewöhnlich interessant. Doch bevor er sich darüber Gedanken machen konnte, lies ihn das Brummen seines Gegenübers etwas zusammenfahren. Sachen die ungewöhnlich oder viel mehr ungewohnt waren, ängstigten Lester, besonders wenn diese klangen wie ein Bär.

Da kam aber schon die Antwort, die er sich erhofft hatte. „Fünf Trauben und ich verrat‘s dir“. Seltsamer Titel. Kurz blickte er ihn skeptisch an, griff dann aber doch nach einem der sorgfältig einsortierten Schreibgeräte und wollte gerade den ungewöhnlichen Titel zu Papier bringen. Dann aber, kurz bevor er die Miene aufsetzen konnte, zuckte er nochmals zusammen und musste vor Schreck doch wieder aufsehen.

Zwar hatte der Leibwächter keinen Herzinfarkt bekommen, aber seine Hand war mit festem Griff an die Schulter des Fremden gesprungen, als sich dieser dem Kind noch weiter zu nähern versuchte und hatte ihn so nach hinten unten gedrückt, dass Ronan nun nicht nur hockte, sondern auf dem Hosenboden saß. Da hatte es auch nicht geholfen, unschuldig zu tun. Zu nah war zu nah. Der Blick des Kronprinzen entspannte sich darauf auch wieder. Zwar wirkte der Mann auch im Sitzen noch bedrohlich, doch war er wenigstens nicht mehr so riesig wie im Stehen.

Fünf Trauben und ich verrat‘s dir, ging dem Prinzen noch einmal durch den Kopf. Dabei verharrten seine Arme, von denen einer am Ende in seiner zarten Hand den Stift umklammerte und nicht wie die andere einfach nur eine Faust bildete, noch immer angewinkelt neben seinem Körper, also in der Haltung, in dem ihn der Reflex brachte, als Lester sich erschrocken hatte. Sein Blick fiel nun auf die aufgehaltene Hand seines Gegenübers.

Fünf Trauben und ich verrat‘s dir. Das war nicht der Titel des Liedes. Es war eine Forderung. Wieder musste er nachdenken. Wer war dieser Mann, der gerade für das Nennen eines Liedtitels bezahlt werden wollte? Das erinnerte ihn an eine Geschichte, in der ein Gauner etwas ähnliches Tat, nur dass dieser nach dem Namen einer Person gefragt wurde und dafür Geld verlangte. Irgendwie erinnerte ihn das aber auch an Edgar, der mal mit anderen Kindern Händler gespielt und dabei für seine Waren auch andere Gegenstände verlangt hatte. Dann tatsächlich sogar Geld. Aber ohne den Münzen ihren richtigen Wert zu geben. Schnell hatte Lester seinem Cousin erklärt, dass ein Händler keine Gegenstände tauschte und wie viel die einzelnen Münzen wert waren. Ein Glück, dass der Kleine das verstanden hatte und sich jetzt nur noch mit dem Rechnen schwertat. War der Mann also ein Gauner oder verstand dieser von Handel einfach nur genauso viel wie ein kleines Kind, das nicht Lester Stafford hieß? Zu viele Gedanken. Möge er seine Trauben bekommen, den Titel nennen und dann endlich verschwinden.

Nachdem seine Arme die durchaus entzückende Schockhaltung wieder verlassen hatten, sah der Kronprinz zu einem weiteren Leibwächter, der daraufhin an ihn herantrat, hatte dieser etwas schneller verstanden, dass es sich bei „Fünf Trauben und ich verrat‘s dir“ um eine Forderung handelte. Er ging vor dem Jungen in die Hocke und hielt sein Hand auf und Lester legte ein paar Weintrauben hinein. Natürlich erst, nachdem der Stift wieder Platz in seinem Etui gefunden hatte.

Der Wachmann trat darauf an den bärtigen Fremden heran und legte die Trauben vor diesem ab. Es waren vier Trauben. Eine weniger als gefordert. Dem abwartenden Blick des Kindes konnte man jedoch entnehmen, dass dies seine Richtigkeit besaß. Und betrachtete man noch einmal das ganze Werkzeug, dass es so akribisch geordnet um sich geschert hatte, konnte man auch nur schwer glauben, dass es sich eventuell verzählt haben könnte.

Es war noch immer der 1. August. Der Tag, an dem man Verträge schloss. Dieser Mann wollte ein Vertrag schließen, also war Lester darauf eingegangen. Aber ein guter Händler zahlte niemals den ersten Preis.



RE: The little prince and the beggar - Ronan Mag Mell - 06-05-2024

Der kleine Pisser, der nun ein wenig größer war wo Ronan auf dem Hintern saß, aber dem er sonst nur zu gerne auf den Kopf gespuckt hätte, bekam einen Blick über die Schulter. „Ist ja gut…die halbe Portion bleibt mir höchsten zwischen den Zähnen hängen, ich fress ihn schon nicht“, verkündete er genervt von den glänzenden Gardisten und wandte seinem Aufmerksamkeit der einzigen Person von nennenswerter Beachtung zu.
Der Mini Prinz in seiner Schockstarre tat Ronan leid. Was ein armes Kind, dass es sich so erschrecken musste, nur weil es mal in einen unerwarteten Kontakt in unerwarteter Distanz seines Wohlfühlbereiches kam. Eigentlich müsste man sich den Bengel schnappen und ihn mal ordentlich in den Schwitzkasten nehmen, schön unter den im wahrsten Sinne schwitzigen Ärmel des dreckiges Hemdes und ihm eine freundlich….ja, sympathische Kopfnuss rubbeln, wie man es mit Jungs tat. Danach konnte man ihn sich schwungvoll über den Rücken und Huckepack ziehen, nur um den kleinen Scheisser die Welt mal von oben sehen zu lassen, wie man es mit Jungs tat.
Dieser Junge hier tat vermutlich nichts.
Ausser Dinge sortieren.
Geblendet von polierten Rüstungen in der Sonne sitzen. Dabei sah seine Haut aus, als dürfte er auch das nicht.
Sein Körper wie weisse Milch…naja, besser als gelbe, zumindest wenn man nicht explizit vorhatte daraus Butter zu machen. Die Decke unter seinem königlichen Arsch und die Fingernägel sauberer als die Lücken zwischen Ronans Zähnen. Armer Junge.

Der Leibwächter, der zum Mittelsmann wurde, erhielt nur einen stummen Blick…genauso wie die vier Trauben vor ihm und schließlich wieder Lester. „Wischt er dir auch den Arsch ab oder können deine Hände das selbstständig?“, wollte er wissen und tatsächlich war es gar nicht so provokativ gemeint wie es vielleicht rüberkam. Wäre es dem Hünen nicht vollkommen einerlei was mit dem Jungen los war und wie seine Zukunft, die vermutlich auf jeden Tag schon festgeschrieben stand, aussähe, wäre er glatt entsetzt.
„Kriegst du immer nur die selben Visagen vor die Nase gesetzt oder erlebst du auch mal was?“, wollte er nun wissen und hob eine einzelne Traube von der Decke auf. Er schob sie sich in den Mund und biss langsam darauf, dass die Fruchtschale auch schon knackig platzte. Es ließ den Brummbären zufrieden grinsen. „Die sind richtig gut!“, ließ er verlauten und wiederholt das Ganze mit der zweiten und auch der dritten Traube, woraufhin sein Bauch ein hungriges Knurren ertönen ließ. Die vierte und letzte Traube warf er in die Luft und fing sie mit dem Mund auf, ehe seine Zähne sie zerdrückten und er ziemlich wehmütig dem Gedanken nach hing, dass es eben die Letzte gewesen war und er sich zwar neue Trauben in der Stadt kaufen könnte, die aber sicher nicht so erlesen wären wie diese hier und er sich daher lieber für die vergorene, alkoholische Variante aus der Flasche entschied. Da war das Geld gleich viel besser angelegt.

„Ein Lied vom …“, erklärte er nun und bereite unschuldig die riesigen Hände, dreckig und schwielig, vor dem Jungen in einer entschuldigenden Geste aus. Keine fünf Trauben, kein voller Titel. „Geht nicht gut aus für den Kerl. Logisch. Entweder richtig lustig zum Saufen oder richtig traurig…so sind gute Lieder, aber das wusstest du wahrscheinlich schon von deinen Tavernenbesuchen, hm?!“ Ronan grinste einmal mehr und deutete erneut auf die Trauben.



RE: The little prince and the beggar - Lester Stafford - 08-05-2024

Auch wenn Ronan auf sein genervtes Schimpfen keine verbale Rückmeldung erhielt, machte die Präsenz und Ausstrahlung der Gardisten sehr, beinahe aufdringlich, deutlich, dass sich der König der Unterwelt gerade auf einem sehr, sehr schmalen Pfad bewegte und die Sonne wohl gerade nur in einem günstigen Winkel stand, dass die Rüstungen ihn nur blendeten und deren Träger ihn nicht in hohem Bogen herauswarfen, oder im Gegenteil, einbehielten.

Um zu erkennen, dass die auf die Bezahlung folgenden Worte diesmal wieder nicht der Titel des Liedes waren, brauchte Lester keine Sekunde. Auch wenn er sich durchaus für den ersten Moment fragte, weshalb sein Gegenüber das wissen wollte, kam der Zehnjährige dann doch recht schnell auf einen Entschluss, der ihm seinen Geschäftspartner fast schon sympathisch machte. Er schien es genau wissen zu wollen. Zurecht betrachtete er die Trauben und stellte seine Frage, die auf den Knaben gar nicht provokativ zu wirken schien. „Er trägt einen Handschuh und ich kann das seitdem ich sechs bin.“, merkte der kleine Prinz durchaus belehrend an, wieso die Bedenken des bärtigen Mannes, der anscheinend doch mehr Wert auf Hygiene legte, als man ihm ansehen konnte, gleich aus zweierlei Hinsicht unbegründet waren und beantwortet dabei sogar ganz artig dessen Frage. Wobei sein Gegenüber sich diese eigentlich hätte sparen können, denn welches Kind ließ sich mit einem Handschuh aus Leder und Stahl den Hintern abwischen? Und grundsätzlich, das war nicht die Aufgabe eines Leibwächters. Selbst Alden hatte es nicht machen wollen, obwohl er sonst ein herausragender Ritter war.

Auch wenn man es nicht zu glauben vermochte, so gab es im Leben des Kronprinzen in der Tat noch mehr Beschäftigungen als Dinge sortieren. Bücher lesen, zum Beispiel, oder seinen Lehrern zuhören, mit Alden Zeit verbringen oder in seiner Schaukel schaukeln, Karten zeichnen oder Schnitzen und davon war vieles aufregend. Gern hätte er die Frage des Mannes, der sich gerade die erste Traube in den Mund geschoben und diese für gut befunden hatte, mit einem klaren „Ja“ oder „Nein“ beantwortet, was jedoch durch die Unannehmlichkeiten einer Entweder-Oder-Frage nicht möglich war. „Später gehe ich noch zu den Gänsen, das ist schon aufregend“, begann er also erneut wohlerzogen zu antworten und tat einen kurzen Seitenblick in Richtung des Teiches, „und wenn ich die Bauarbeiter der Kathedrale beobachte, sehe ich viele Menschen.“

Wie ein neugieriger, respektvoller und gefühlvoller kleiner Junge, der er nun mal auch war, beobachtet er wie eine Traube nach der anderen in dem Mund seines Gegenübers verschwand. Und dann, als die letzte über den Luftweg ihr Ziel erreichte, hoben sich die königlichen Augenbrauen sogar ein winziges Stück und ließen die so schon großen Kulleraugen noch größer wirken.

Dann begann er endlich ihm das zu verraten, was er wissen wollte. Aufmerksam lauschte das Prinzchen dem Liedtitel. Bis sein Blick dann doch wieder von Verwirrung zeugte. Jetzt presste er angespannt die Lippen aufeinander. Das gefiel ihm nicht. Sein Brustkorb begann sich nun etwas unregelmäßiger zu heben und zu senken. „Eure Majestät, wenn ihr wünscht, so können wir den Mann entfernen.“, bot ihm der bei Ronan stehende Leibwächter an, der das wohl eh schon die ganze Zeit vorhatte. „Nein!“, lehnte der erregte Kronprinz befehlend ab, bevor er sich wieder beruhigte. Zwar wollte er nun nicht mehr auf die letzte Frage dieses Grobians antworten, doch blieb ihm wohl keine andere Wahl, als diesem noch eine Traube zu geben. Denn jetzt konnte er nicht mehr "unbekanntes Lied" schreiben, hatte aber auch keinen vollständigen Titel.

Also, wie zuvor auch, griff der kleine Prinz in sein Traubenschälchen, öffnete sein Patschhändchen über der des Leibwächters, die wiederum die Bezahlung vor Ronan ablud. Diesmal war es nicht nur eine Traube, wie vielleicht erwartet, sondern gleich zwei. Und wieder hatte sich Lester nicht verzählt. Scheinbar war eine Traube 0,75 Wörter Wert, hatte er doch für vier Trauben drei Wörter erhalten. Jenes Geschäft war übrigens ein hervorragendes Beispiel, um seinem kleinen Cousin einer der Gründe dafür zu erklären, weshalb man schon vor langer Zeit Geld eingeführt hatte. Es war sehr umständlich eine Traube zu teilen. Jetzt war es aber trotzdem nötig. Oder auch nicht. Die Wahrscheinlichkeit war groß, dass auf „Ein Lied vom …“ entweder ein Substantiv folgte, dann hätte er eine halbe Trauben zu viel bezahlt, die es ihm durchaus Wert war, nicht noch länger mit dem Kerl reden zu müssen oder das Substantiv wurde von einem Adjektiv begleitet, dann hätte er rein mathematisch eine halbe Traube zu wenig bezahlt. Bei Letzterem hoffte Lester jedoch auf Kulanz seines Geschäftspartners, da ab 0,5 in der Regel aufgerundet wurde. Dann hätte er sogar eine halbe Traube gespart. Tatsächlich ließ er sogar Kulanz walten, da der zweite Fall nur eintreten konnte, sollte sich Ronan verrechnet haben.



RE: The little prince and the beggar - Ronan Mag Mell - 14-05-2024

Ronan einzuschüchtern bedurfte schon ein wenig mehr als nur eine hübsche Rüstung, ein geschliffenes Schwert und irgendwelche Ränge und Titel. Seine Aufmerksamkeit, seinen Respekt oder gar seine Ehrerbietung zu erlangen war nahezu unmöglich, aber eben nur nahezu!
Die Gardisten hier taten das wozu sie da waren und Ronan wusste sehr wohl wen er hier vor sich hatte und auch damit verbunden, dass die feinen Kerle in den Rüstungen ihre Schwerter genauso schnell zogen wie sie vermutlich in allem ein Schnellschuss waren. Stets bereit, immer Erster. Immer. Ausnahmslos. Mit dem Schwert und dem Hosenlatz. Amüsante Vorstellung.
Der Mag Mell hatte nicht vor sich zu weit aus dem Fenster oder eben in Richtung der Decke zu lehnen, aber am Ende hatte der kleine adelige Hosenscheisser ihn zu sich zitiert und nicht umgekehrt und nun hatte er doch glatt mehr von dem unbekannten Sänger bekommen als erwartet. Ein dreckiger Stiefel, der den Saum der edlen Decke streifte und mit dem Staub der trockenen Strasse bedeckte und ein Anblick von äußerst dreckigen Händen, die sich ungewaschen die köstlichen Trauben in den Rachen schoben.
„Bin mir sicher, zum Pissen zieht er den aus. Von daher...“, Ronan zuckte die Schultern und eigentlich war es ihm natürlich vollkommen egal und doch musste er nun lernen, dass man auch auf Fragen, deren Antworten man gar nicht so genau wollte, aus dem Mund von Kindern zuweilen eben dennoch welche erhielt. „Seit du sechs bist also… muss ne Ewigkeit her sein. Wie alt bist du… 6 1/2?“, wollte er nun wissen und schätzte den kleinen Prinzen damit wohl um einiges jünger, was wiederum mit großer Wahrscheinlichkeit eher daran lag, dass er von Kindern so gar keine Ahnung hatte, als dass Lesters äußere Erscheinung ihn um ein paar Jahre jünger wirken ließ. Das Prinzlein war schmächtig und hockte hier so artig, wie Ronan es sich niemals von einem Jungen vorstellen konnte, der in der Lage war mit beiden Beinen durch die Welt zu rennen…und zwar nur zu rennen. Mit Sicherheit war Ronan in seiner Jugend einfach nur wild umher gerannt..war auf Bäume geklettert und runtergefallen bis ihm die Luft aus den Lungen gedrückt worden war, hatte die Wurst beim Fleischer geklaut und war gerannt…hatte den Mädchen beim Baden zu gesehen und war gerannt. Rennen war wunderbar. Rennen machte frei und bewahrte einen vor einer Tracht Prügel - manchmal.

Der kleine Prinz erzählte von seinem Tag und Ronan hoffte inständig, dass die Gänse hübsche Mädchen waren und dass der Wicht hier vor ihm auch mal ein Wort mit den Menschen wechselte, die da ein Prachtwerk in seinem Reich errichtete, aber so wie er dem Herbstländer entgegen getreten war, schloss er letzteres gleich wieder aus.
Als der Gardist anbot ihn zu entfernen, sah er wieder über die Schulter nach oben. „Und dann nennst du ihm den Titel, oder wie?! Halt mal die Gosch! Wenn man nichts sinnvolles beizutragen hat, lieber mal die Luft zum Atmen nutzen…macht viel entspannter. Hier wird gerade verhandelt…“, brummte er und drehte Lester den Kopf wieder zu, der so energisch ablehnte. Das gefiel ihm.

Zwei Trauben wechselten den Besitzer und diesmal, ehe der Spielverderber in seinem Rücken sich wieder bemerkbar machen würde für eine dieser vielen unnötigen Unterbrechungen, ließ er beide im Mund verschwinden und kaute….und kaute und kaute.
„Winterhimmel…“, war das ersehnte Wort, das zwischen dem Fruchtsaft und den Kiefern hervorgespresst wurde, etwas genuschelt und eventuell gar ein wenig feucht in der Aussprache. Ein einzelnes Wort. Der Prinz hatte schlecht gepokert, aber er besaß genügend Trauben um das zu verschmerzen, sollte man meinen. „Ich würd´s dir vorsingen, aber…“, er schnalzte mit der Zunge und erhob sich wieder zur vollen Größe, die auch ohne Rüstung ordentlich imposant war. „..dann müsstest du schon mit mir und meinem Karren ein paar Meter gehen. Rumsitzen ist eh nicht gut“, gab er neunmalklug von sich, weise wie er war..dank Maeve. „Solltest mal rennen, wofür hast du junge Beine?! Die entwickeln sich nicht vom Rumsitzen, dann wirst du dick und fett, wie die anderen Könige“, er schmunzelte. „Naja, vermutlich tragen dich deine Schoßhunde hier und du kannst gar nicht laufen…“, umgekehrte Psychologie - Ronan der Weise.



RE: The little prince and the beggar - Lester Stafford - 17-05-2024

Lester war sich noch unsicher, was er davon halten sollte, nun so viel mehr von diesem Kerl bekommen zu haben, als er eigentlich hatten wissen wollen. Er war langsam nicht mehr so überzeugt, ob ein einfacher Liedtitel dieses Ausmaß an Anstrengung überhaupt rechtfertigte. Bei den Vögeln schrieb er schließlich auch nur auf, welcher Vogel gerade sang und vielleicht noch, ob es ernst, fröhlich, heiter oder traurig klang, direkt fragen konnte er ja nicht. Also konnte er schon, aber damit verscheuchte er die Vögel wahrscheinlich nur. Bei dem ungewaschenem Dreckstrauß – war dieser für einen Dreckspatz, wie seine Mama ihn manchmal nannte, bevor er ein Bad nehmen musste, zu groß – aber, war es offensichtlich anders. Ihn hatte er angelockt und mit Trauben bezahlen müssen - beziehungsweise war er gerade noch dabei. Sollte er also eher Dreckmöwe sagen, so gierig wie der Mann war? Und was hätte er aufschreiben sollen, hätte er auf den Titel verzichten können? Ungewaschener Hüne mit wildem Bart und klobiger Kette um den Hals, schiefer Gesang? Das nächste Mal würde er länger darüber nachdenken, ob er den Titel wirklich wissen musste.

Auch war er sich gar nicht mal so sicher, ob sich der Leibwächter den Handschuh für das auszog, was sein Gegenüber da gerade so flapsig als „pissen“ bezeichnete. Der Mag Mell erhielt zunächst nur einen nachdenklichen und ebenso nichtssagenden Blick von dem Jungen, den er gerade um einiges jünger geschätzt hatte. „Ist wahrscheinlich.“, antwortete Lester dann aber doch noch auf das Thema, das wohl gerade viel wichtiger war als sein Alter, war doch noch immer August. Also die Zeit, in der sich der König um seine Untertanen besonders kümmerte.

Und wieder wich die Farbe aus dem so schon blassen Kindergesicht, als Ronan dann derart hemmungslos mit einem der Leibwächter sprach. Die großen Kulleraugen fixierten den Mann, der sich gerade so viel traute. Und auch als dieser dann genüsslich den zweiten Teil seiner Bezahlung verspeiste, blieb erneut jede Regung des Kindes aus. Lester konnte – und wollte – sich gar nicht ausmalen, wie sehr seine Mama mit ihm schimpfen würde, hätte er solche Worte in diesem Tonfall gewählt. Da hätte es mindestens einen bösen Blick gegeben. Die Zehn Minuten in der Ecke sowie eine Entschuldigung wären da natürlich auch obligatorisch. Was der Mann sich traute... Erzählen musste er ihr davon auf jeden Fall. Sicher würde sie genauso Bände staunen. Und umso länger er mit diesem Mann zu tun hatte, umso mehr beschlich ihm die Vermutung, dass seine Mama solch ein Treffen niemals zugelassen hätte. Vielleicht hätte sie es aber auch gerade erlaubt, um ihm ein negatives Beispiel zu zeigen und ihm dann lang und breit zu erklären, aus wie vielen Gründen, man den Mann eigentlich schon von dem Boden des Palastes geschmissen hätte. Nein, das war unwahrscheinlich. Sicher hätte sie gesagt, dass der Mann kein guter Einfluss sei. Mit Recht, dachte Lester wahrscheinlich wie seine Mama.

Jedenfalls fiel der Schock allmählich wieder von dem Jungen ab, als seine Ohren dann das Wort vernahmen, dass wohl der letzte Teil des Liedtitels war. Kurz dachte er nach und griff wortlos nach einen der akribisch in seinem Mäppchen einsortierten Stifte, beugte sich über das, was sich aus der Nähe betrachtet als eine Art Karte entpuppte und wollte gerade neben der zuvor gezeichneten Markierung ansetzen, als er dann doch wieder aufsah und den Stift unverwendet wieder zurücksteckte. Irgendetwas schien nicht zu passen. Nachdenklich betrachtete er nun seine Karte und dann Ronan und schien irgendetwas einschätzen zu wollen. Nach einigen Sekunden der Überlegung griff er in die lederne Tasche, die neben dem Traubenschälchen stand und zog ein Heftchen heraus, das er aufgeschlagen vor sich legte. Erst jetzt ging sein Griff wieder zu einem der Stifte, mit dem er dieses Mal tatsächlich auch etwas aufschrieb. Vier Wörter wanderten auf das Papier, bevor Lester den Stift wieder in das Mäppchen schob und das Buch zurück in die Tasche steckte. „Vielleicht war das gar nicht nötig. Passt nicht ins System.“, lies er sein Gegenüber an dem Grund für sein Handeln teilhaben.

Erneut landete die Hand des gerüsteten Spielverderbers an der Schulter des Fremden, als dieser sich aufrichtete und wieder im Ton vergriff. Nur vorsorglich, wie sich herausstellte, denn zu sagen hatte der Wachmann nichts. Die Art, wie er den König der Unterwelt jedoch ansah bestätigte erneut, dass er wohl nicht mehr sein Freund werden würde. Währenddessen war Lester schon wieder am überlegen. Ein paar Schritte zu gehen war tatsächlich keine schlechte Idee, für einen Ausflug hätte er aber zunächst seine Mama fragen müssen. Das konnte er sich aber sparen, denn diese hätte das sicher nicht erlaubt, mit Recht, wie Lester selbst empfand. „Es ist noch nicht halb fünf. Wir können aber trotzdem schon zu den Gänsen.“, beschloss das Prinzlein dann aber und schien dem Spaziergang nicht abgeneigt zu sein. Dabei konnte sich Ronan gerade sogar geehrt fühlen, wo Lester doch scheinbar etwas aus seinem Tagesplan vorzog.

Also verschloss der Minimann sein Mäppchen, verstaute es in seiner Tasche und legte dann auch die Karte zusammen, die er wiederum vor dem ledernen Ranzen präzise ablegte, bevor er auch aufstand und einen Moment lang erneut respektvoll den Riesen betrachtetet. Lester kannte große Männer, aber irgendwie war der hier, der nun links und rechts von sich jeweils wieder einen Gardisten hatte, damit er dem Prinzen ja nicht zu nahe kam, anders.

Gemütlich schlendernd ging der Knabe an dem großen Baum, der übrigens hervorragend zum Klettern einlud, vorbei und trat auf einen der angelegten Wege, wo er seinen Blick für einen Augenblick in Richtung eines Balkons des Palastes wandte.  Seine Mama schien beschäftigt zu sein, sicher würde sie aber bald wieder nach ihm sehen. „Wie ist eigentlich dein Name?“, fragte der kleine Prinz nun, als er darüber nachdachte, wie er seiner Mama von diesem Kerl erzählen würde. Nach ein paar Schritten machten sie an einem Ende des großen, idyllischen Teiches halt von dem man die Gänse am Gegenüberliegenden Ende des Teiches gut beobachten konnte. „Du sprichst wie die Verbrecher in Büchern.“, kam er jetzt auch nicht mehr umhin durchaus interessiert anzumerken und sah dann wieder zu den Wasservögeln am anderen Ufer.