Facing the Storm
I can't breathe, but I still fight while I can fight - Druckversion

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I can't breathe, but I still fight while I can fight - Muirín Henaghen - 03-05-2024

Die Sonne neigte sich dem Horizont zu, wie eine alte Freundin einem Freund. Der Himmel färbte sich in seinen schönsten Orangetönen, während nur ein paar vereinzelte Wolken vorbei zogen. So ein Sonnenuntergang war ein seltenes Schauspiel in Ishcateslieve, nachdem es hier die meiste Zeit regnete und der Wind wie verrückt durch die Felsen blies. Oft sah es so aus, als würden die Gebirge die Wolken aufreißen und als wäre das der Grund, weshalb sich der Regen so konstant über hielt, als würde man sie für etwas bestrafen wollen. In ihren dunkelsten Träumen kamen ihr die tadelnden Blicke der Hohepriesterin und die verärgerten Worte ihres Vaters wieder in den Sinn und sie fragte sich manchmal, ob sie vielleicht dafür verantwortlich war, dass sie so durch das Wetter gestraft wurden. Ehrlicherweise fehlte der Rothaarigen das nötige Wissen, um darauf eine Antwort zu finden. Sie hatte keine Ahnung wie Regen zustande kam. Sie wusste nichts über Wolken, die Sonne, den Wind und die Wettervorhersagen, die manche Orakel von sich gaben. In den letzten Jahren hat Muirín sich für sehr wenig interessiert, was außerhalb ihrer Selbst passiert war. Andere Menschen waren austauschbar, hatten sich nie bewiesen. Hatten vor allem nie bewiesen, dass sie für die rothaarige Prinzessin von Bedeutung waren. Nicht, nachdem ihre Mutter gestorben war. Obwohl sie faktisch nicht alleine war, war sie es irgendwie doch. Nicht nur alleine, sondern vor allem auch einsam. Selten war es komplett ruhig in ihrem Anwesen - sei es, weil irgendwelche Zofen oder Hausmädchen durch die Gänge eilten, doch eine wahre Freundin hatte sie hier nicht. Und einen Verbündeten erst recht nicht. Und es war schwer. Auch wenn man es ihr die meiste Zeit über nicht ansah, weil sie es perfektioniert hatte eine Maske aus Arroganz und Lust aufzusetzen, doch wenn man die Zeilen in ihrem ledergebundenen Tagebuch las, dann verstand man, dass in ihrem hübschen Köpfchen so viel mehr los war, als es ihr Bruder ihr immer wieder unterstellte.

Seufzend blickte die Prinzessin gen Himmel. Sie genoss die farbigen Töne, in die der Himmel getaucht wurde und wünschte sich, dass dieses Farbenspiel einen Moment länger anhalten möge. Für einen kurzen Augenblick hatte sie sogar darüber nachgedacht Ana bescheid zu sagen, damit sie dieses Spektakel mit ihren Farben einfangen konnte. Dann hätte Muirín sich immer wieder dieses Bild ansehen können, doch leider war eine Momentaufnahme nicht möglich. Sie musste sich dieses Bild selber einprägen, musste sich die Farben und die dazugehörigen Emotionen merken. Musste damit klar kommen, dass sie in wenigen Minuten unter einem dunkelblauen Himmel saß, an dem im besten Fall nur noch ein paar kleine Sterne funkelten. Denn auch diese waren nicht oft zu sehen, wenn die Wolken den Nachthimmel verhangen.
Die Hände im Schoß gefaltet saß sie auf einer Bank vor dem eigentlichen Anwesen ihrer Familie. Ein dicker Wollumhang wärmte sie, nachdem sie wusste, wie schnell die Wärme des Tages die Erde verließ, nachdem die Sonne es ihr gleichgetan hatte. Und als ihr Blick gen Himmel wanderte, fragte sie sich, wie alleine sich ein Mensch eigentlich fühlen kann.


RE: I can't breathe, but I still fight while I can fight - Gareth Flachnàn - 13-05-2024

Gareth genoss die Stunden vor Einbruch der Dunkelheit besonders, wenn der Himmel begann, sich zu verfärben. Zu dieser Zeit nutzte er oft die Gelegenheit, sein Pferd zu satteln und auf Hasenjagd zu gehen, da die Langohren dann aus ihren Bauten kamen, um Nahrung zu suchen. An diesem Abend war der Sohn der Hohepriesterin ebenfalls unterwegs und hatte erfolgreich zwei Hasen erlegt. Diese hingen nun festgebunden am Sattel, als er zurück zum Anwesen der Fürstenfamilie ritt.

Die große Mutter hatte heute etwas Besonderes arrangiert, indem sie den Himmel in wunderschöne Rottöne tauchte, was auch Gareth in Erstaunen versetzte. Ehrfürchtig blickte er immer wieder in den Himmel, während er sein Pferd zum Galopp antrieb. Bei solchen Naturschauspielen fühlte es sich manchmal an, als würde seine eigene Mutter direkt über ihn wachen und ihm Botschaften senden, sei es durch die Farben am Himmel oder auf andere Weise.

Gareth ritt in den Hof ein, sprang aus dem Sattel und führte das Pferd in den Stall, da die Stallburschen bereits Feierabend gemacht hatten. Doch er kümmerte sich gerne um die Pferde und entfernte den Sattel, rieb den Hengst ab und gab ihm zu fressen. Mit den beiden erlegten Hasen über der einen Schulter und dem Bogen nebst Köcher über der anderen, verließ er schließlich den Stall und ging auf das Haus zu. Mittlerweile waren die Rottöne fast verblasst und wichen einem Dämmerlicht. Hier und da blitzte bereits ein Stern auf.

Fast hätte Gareth seine Ziehschwester übersehen, die auf der Bank vor dem Haus saß und in einen Wollumhang gewickelt war. Er stutzte, stoppte seinen Lauf, änderte die Richtung und ging direkt auf Muirín zu. Warum er das tat und nicht einfach an ihr vorbeiging, um ins Haus zu gelangen, konnte er nicht genau erklären. Vielleicht war es die Art und Weise, wie die Rothaarige dort saß, die ihn irgendwie berührte. Sie wirkte ungewohnt verloren.
Normalerweise legte sie Wert auf ein schönes Kleid, Schmuck und eine tolle Haarpracht, doch davon war heute nicht so viel zu sehen, und das bemerkte auch Gareth. Seit er bei den Henaghans lebte, hatte er wohl am wenigsten Kontakt zu der Älteren seiner Ziehschwestern. Sie tolerierten sich gegenseitig, aber richtige Freunde waren sie wohl nie geworden. Möglicherweise waren sie sich in manchen Charakterzügen zu ähnlich.

"Warum bist du noch draußen?", fragte Gareth seine Ziehschwester, als er die Bank erreicht hatte.


RE: I can't breathe, but I still fight while I can fight - Muirín Henaghen - 20-05-2024

Das Hufgetrappelt kündigte um die Uhrzeit vermutlich nur einen Rückkehrer der Familie an, nachdem Gäste zu dieser späten Stunde vermutlich nicht mehr den weiten Weg zu ihrem Anwesen in Kauf nahmen. Obwohl die heißen Quellen, mit denen ihre Familie ihren Reichtum verdient hatte, natürlich zu jeder Tages- und Nachtzeit zugänglich waren, gab es doch nur sehr wenige Menschen, die sich nach Einbruch der Dunkelheit noch nach draußen wagten. Der unebene Boden und die kleinen Steinchen machten das Umherwandern in der Gebirgsstadt Ishcateslieve nicht unbedingt zu einem ganz normalen Spaziergang. Wobei Muirín in den letzten Monaten festgestellt hat, dass die Quellen mitsamt der flackernden Öllampen eine ganz besondere Atmosphäre schufen. Mysteriös, manchmal ein bisschen gruselig und gleichzeitig irgendwie ganz schön romantisch. Blinzelnd warf sie einen Blick zum Himmel und überlegte einen Moment, ob sie ihren Platz auf der kleinen Bank aufgeben sollte - entweder um den Zurückkehrenden zu begrüßen oder auch, um selbst einen Spaziergang durch das felsige Terrain zu wagen.

Nachdem sich das Geräusch der beschlagenen Pferdehufe wieder entfernte entschied sie sich doch noch einen Moment länger sitzen zu bleiben und wurde kurze Zeit später von Gareth überrascht, der voll beladen in ihre Richtung lief. Zwei tote Kaninchen baumelten von seiner Schulter, während auf der anderen die Waffe ruhte, mit der er ihnen den Garaus gemacht hatte. Ein seichtes Nicken war die einzige Reaktion, die die Rothaarige für den Moment von sich gab. Obwohl sie schon seit vielen Jahren unter einem Dach lebten und er irgendwie auch wie ihr Bruder war, hatten sie in der ganzen Zeit selten Gespräche alleine geführt. Nicht mal aus dem Grund, dass sie sich nicht mögen würden, sondern einfach nur, weil es sich eben nicht ergeben hat. Muirín zählte Gareth genauso so zu ihrer Familie wie ihre anderen Geschwister, obwohl er das Pech hat andere Eltern zu haben. Oder das Glück? Nachdem die Prinzessin seine leibliche Mutter kennen gelernt hat, war sie sich nicht mehr sicher, was besser und was schlechter war. Wirklich gut war beides auf jeden Fall nicht.

Als die raue Stimme des jungen Mannes die Stille durchschnitt richtete sie ihren Blick auf Gareth. Für einen Moment war sie sich nicht sicher, ob sie so etwas wie einen Vorwurf in seiner Stimme hörte, oder ob es nur die Erwartung ihrerseits war, die ihr zuflüsterte, dass ihr anderer Bruder so etwas niemals ohne Vorwurf gesagt hätte. Für einen Moment hielt sie die Luft an und sah ihm in die Augen.

"Sieh dir doch dieses Spektakel am Himmel an, das ist Antwort genug", entgegnete sie grinsend und nickte nach oben. "Wenn du Lust hast kannst du dich gerne zu mir setzen und es genießen", flüsterte sie leise und rutschte ein Stückchen zur Seite. "Aber bitte ohne die toten Kaninchen", fügte sie noch schnell hinzu und sammelte mit der Hand den ganzen Stoff ihres Umhanges ein, der noch auf der Bank neben ihr lag. Blutflecken waren so schwer raus zu kriegen!


RE: I can't breathe, but I still fight while I can fight - Gareth Flachnàn - 23-05-2024

Die Frage, was seine Ziehschwester zu dieser späten Stunde noch außerhalb des Palastes machte, war mehr überrascht als vorwurfsvoll. Gareth hatte jedenfalls nicht damit gerechnet, Muirín hier zu treffen. Sie sah ihn an und zögerte einen Moment, als müsse sie tatsächlich überlegen, wie die Frage gemeint war.

Dann erwiderte sie grinsend und deutete nach oben, dass das atemberaubende Schauspiel am Himmel sie hier festgehalten hatte. Gareth hob den Blick und sah die letzten Spuren des roten Abendhimmels, während dünne Wolkenschleier die meisten Sterne verdeckten, ab und zu blitzte jedoch einer durch.

„Ja, es war heute Abend wirklich beeindruckend“, bestätigte Gareth und senkte wieder den Blick, als seine Ziehschwester ihm anbot, sich neben sie zu setzen. Überrascht von der Einladung musterte er Muirín kurz und legte dann den Bogen samt Köcher neben die Bank. Sie rückte zur Seite und zog ihren Umhang weg, um nicht mit den toten Kaninchen in Berührung zu kommen. Gareth lächelte, beugte sich vor und hielt ihr die Tiere vor die Nase.

„Aber Prinzessin, wer wird denn so undankbar sein? Fühl mal das weiche Fell, das gibt doch herrliche Fäustlinge für den Winter, oder?“ Seine blauen Augen blitzten schelmisch, bevor er die Beute ebenfalls neben die Bank legte und sich neben Muirín niederließ. Es war zu verlockend, die Ältere zu ärgern und zu sehen, wie sie mühsam um Fassung rang, während sie ihn innerlich verfluchte. Doch er musste zugeben, sie schaffte es meistens, gute Miene zum bösen Spiel zu machen.

Gareth rutschte etwas nach vorne auf der Bank und lehnte den Kopf zurück, um besser in den Himmel schauen zu können. Dann hob er die Arme und legte die Hände unter den Kopf auf die Lehne, um es bequemer zu haben. In dem Moment lösten sich die Wolkenschleier auf und gaben einen klaren Nachthimmel preis, an dem tausende Sterne funkelten. Eine Weile sagte keiner etwas, beide genossen stumm den Anblick.

„Erinnerst du dich, als deine Mutter uns einmal abends mit nach draußen auf die Wiese genommen hat? Da war dein Vater unterwegs. Wir haben uns in Decken gekuschelt und ein ähnliches Spektakel bestaunt wie heute. Das werde ich nie vergessen. Und auch nicht, wie Rory die ganze Zeit jammerte, dass ihm kalt sei, er Hunger habe und pinkeln müsse. Deine Mutter ist dann irgendwann mit ihm wieder reingegangen, wir drei sind aber noch lange draußen geblieben, haben uns gegenseitig versucht zu wärmen und Geschichten erzählt, bis Grian uns holte und wir uns am Ofen mit Tee und Gebäck wieder aufwärmten. Das war richtig schön gewesen.“

Gareth verstummte, starrte in den Himmel und hing seinen Gedanken nach. Irgendwann sagte er leise, mit rauer Stimme: „Sie fehlt mir auch sehr, das kannst du mir glauben, Muirín.“


RE: I can't breathe, but I still fight while I can fight - Muirín Henaghen - 15-06-2024

Die Minuten verstrichen, während keiner von beiden wagte die seltsam beruhigende Stille zu durchbrechen. Beide hatten den Blick gen Himmel gerichtet, genossen und beobachteten das Aufblitzen eines jeden noch so kleinen Sterns. Muirín fühlte sich verbunden. Es war einer der wenigen Momente, in denen sie nicht das Gefühl hatte das schwarze Schaf der Familie zu sein, auch wenn sie objektiv betrachtet ganz genau wusste, dass sie das definitiv nicht war. Doch die Tatsache, dass sie als Frau eigentlich schon längst hätte verheiratet sein sollen und sie sich dieses Leben so gar nicht für sich selbst vorstellen konnte, verlangte der jungen Frau so einiges ab. Man mochte es kaum meinen, doch in dem hübschen Kopf gingen lauter Gedanken ein und aus, die ihr das Leben immerzu schwieriger machten, als es sein musste. Ihr älterer Bruder, der jede noch so kleine Gelegenheit nutzte, um deutlich zu machen, dass die Uhr tickte und ihr Vater, der sie mittlerweile die meiste Zeit nur noch ignorierte, weil er diesen Ballast an seinen Sohn abgetreten hatte. Muirín hatte immer gedacht sie sei einfach nur abenteuerlustig und hatte fälschlicherweise Spaß an den männlichen Vorzügen gefunden, doch eigentlich war es die Rebellion gegen das, was man von ihr verlangte. Der verzweifelte Versuch die Kontrolle zu behalten. Und wenn das im Umkehrschluss darin endete, dass die Rothaarige keinen Ehemann bekam, weil sie unrein und beschmutzt war, dann war das halt auch irgendwie eine Form von Kontrolle. Auch wenn sie sich gar nicht mal so sicher war, ob sie überhaupt bereit war diese Art von Konsequenzen zu tragen. Ehrlicherweise war sie jedoch nie jemand, der Entscheidungen nach reiflicher Überlegung getroffen hatte, sondern ein absoluter Bauchmensch.

Beinahe hatte sie den jungen Mann neben sich völlig vergessen. Hatte vergessen, dass er wenige Minuten zuvor mit toten Tiere vor ihrer Nase herumgewackelt hatte. Es gab in diesem Moment nichts außer diesen beiden Menschen, die sitzend in den Himmel starrten. Doch als die sanfte Stimme des Flachnàn die Stille durchbrach und sein Satz anfing mit 'erinnerst du dich...', schlich sich ein Lächeln auf ihre Lippen. Zwar versetzte ihr die Erwähnung ihrer Mutter einen schmerzhaften Stich in der Brust, doch auch sie dachte sehr gerne an solche Momente zurück. Ihre Mutter war liebevoll und zuvorkommend gewesen, schimpfte nur im äußersten Notfall und hatte kein einziges Mal ihre Kinder zu irgendwas wirklich gezwungen. Doch nach ihrem Tod schien es, als hätten einige Farben, die die Welt zuvor noch bunt und wunderschön gemacht hatten, mit ihr dieses Universum verlassen. Es war plötzlich getunkt in Grau- und Brauntöne. Hatte die wunderschönen bunten Farben verloren. "Ich erinnere mich noch ganz genau daran, dass du versucht hast Ana und mir Angst einzujagen, indem du von irgendwelchen wilden Tieren erzählt hast", fiel es ihr plötzlich wieder ein und sie quietschte leise nach der Erzählung auf. Es war wunderbar diese Erinnerungen am Leben zu erhalten. "Rory war schon immer... speziell. Er brauchte auch damals schon besonders viel Zuwendung und Aufmerksamkeit. Ich habe manchmal das Gefühl, dass es heute nur noch schlimmer damit geworden ist", murrte die Rothaarige und zuckte mit den Achseln. Ihr letztes Gespräch war nicht unbedingt friedlich verlaufen, doch mittlerweile hatte sie aufgegeben es ihrem Bruder recht zu machen. Obwohl sie sich gerade in solchen Momenten manchmal fragte, wie @"Ruaidhri Henaghen" so verkopft hatte werden können. Damals, als sie noch Kinder waren, da war ihr Verhältnis noch nicht so zerrüttet gewesen wie heute.

"Ehrlich gesagt denke ich viel zu selten an Mutter. Es tut die meiste Zeit über einfach viel zu weh. Aber es ist schön alte Erinnerungen am Leben zu erhalten, denn so lebt auch irgendwie ein Teil von ihr in uns weiter", flüsterte sie leise und drehte ihren Kopf zur Seite, sodass sie Gareth tief in die Augen blicken konnte. "Ich vermisse sie auch sehr. Sie war ein wundervoller Mensch", kam es sanft über ihre Lippen und sie schenkte ihm ein ehrliches Lächeln. "Musst du uns verlassen?", stellte sie nun endlich die Frage, die ihr schon seit Tagen auf der Seele lastete. Seit die Hohepriesterin vor ca zwei Wochen der Familie Henaghen einen Besuch abgestattet hatte und nur so kryptische Sätze von sich gegeben hatte, hatte die Prinzessin Sorge darum, dass Gareth nun aufgrund seiner Herkunft zu einem Leben gezwungen wollte, dass er vielleicht gar nicht führen wollte...


RE: I can't breathe, but I still fight while I can fight - Gareth Flachnàn - 02-07-2024

In inniger Zweisamkeit saßen die beiden Ziehgeschwister nebeneinander auf der Bank und genossen den prachtvollen Sternenhimmel. Gareth konnte sich nicht erinnern, wann er das letzte Mal so mit Muirín zusammengesessen hatte, seit sie Kinder gewesen waren. Irgendwann war jeder seinen eigenen Weg gegangen, auch wenn sie noch immer unter einem Dach lebten. So war ihm nicht bewusst, mit welchen schweren Gedanken sich die Ältere plagte. In seinen Augen war Muirín die Selbstbewusste - vielleicht ein bisschen oberflächlich und flatterhaft - die keinerlei Anstalten machte, heiraten zu wollen, was den Fürsten zur Weißglut brachte. Dies hatte Gareth großen Respekt abgerungen, denn es erforderte viel Mut, Tiarnans Wut zu trotzen. Dass Rory seiner Schwester nun auch zusetzte und ihr einen passenden Mann suchen wollte, hatte Gareth nur am Rande mitbekommen. Glücklicherweise ging ihn das nichts an, und er hielt sich aus solchen Themen heraus. Er hatte angenommen, dass Muirín die Männer ihrer Familie gut unter Kontrolle hatte und sich nichts vorschreiben ließ, stattdessen ihre Freiheit genoss – was er durchaus nachvollziehen konnte. Für Gareth war an der Entscheidung, sich nicht binden zu wollen und stattdessen die Vorzüge einer unverheirateten Frau zu genießen, nichts Verwerfliches.

Als Gareth von jenem Abend erzählte, als sie mit Grian auf der Wiese saßen und den Sternenhimmel beobachteten, konnte er Muiríns Lächeln zwar nicht sehen, weil er nach oben blickte, doch ihre Stimme verriet, dass sie sich ebenfalls daran erinnerte. Er lachte leise, als sie erwähnte, dass er versucht hatte, den Mädchen Angst einzujagen, und drehte den Kopf zu ihr, als sie leise quietschte. Seine blauen Augen funkelten vor Belustigung, als ihm die Situation wieder einfiel. „Ana hatte solche Angst, dass sie sich unter der Decke verkroch und nicht mehr herauswollte. Grian musste sie dann mit der Decke über dem Kopf reintragen, und sie war sehr ungehalten, weil ich der Kleinen solche Angst gemacht hatte. Ich glaube, Ana hat den Rest der Nacht unter der Decke verbracht. Du warst nicht so leicht zu erschrecken.“

Gareth grinste seine Ziehschwester breit an und wurde dann wieder ernster, als Muirín von Rorys Eigenheiten sprach. Er musterte sie nachdenklich. Zwar hatte er nicht im Detail mitbekommen, was zwischen den Geschwistern vorgefallen war, aber dass sie momentan nicht gut aufeinander zu sprechen waren, war auch ihm nicht entgangen. „Hm, ich glaube, da lastet eine Menge Druck auf ihm, alles richtigzumachen und seinen eigenen Ansprüchen gerecht zu werden. Und die sind schon recht hoch.“

Als Muirín dann über ihre Gefühle in Bezug auf ihre Mutter sprach, hielt Gareth inne und lächelte schwach. „Weißt du, Muirín, ich habe deine Mutter wie meine eigene geliebt. Sie war eine unglaubliche Frau, voller Liebe und Weisheit. Sie hat mich aufgenommen und mir das Gefühl gegeben, wirklich Teil der Familie zu sein. Ihr Verlust hat mich tief getroffen, und ich vermisse sie jeden Tag“, gab er ehrlich zu und spürte, wie sich ein Kloß in seinem Hals bildete. Erst jetzt fiel ihm auf, wie wenig sie über Grian gesprochen hatten, seit sie gestorben war. Der Schock und die Trauer über ihren frühen Tod saßen tief in den Herzen der Henaghens, und so war es leichter, zu schweigen, als sich immer wieder an ihren Verlust zu erinnern.

Gareth erwiderte Muiríns Lächeln und ihren Blick, der plötzlich so viel tiefer ging, als er es normalerweise von seiner Ziehschwester gewohnt war. Für einen Augenblick verlor er sich in ihren Augen und hätte fast ihre Frage überhört. Er blinzelte und räusperte sich, bevor er antwortete. „Ich habe immer geglaubt, dass ich mein eigenes Schicksal schmieden kann. Dass ich meine eigene Zukunft bestimme. Aber je älter ich werde, desto mehr merke ich, dass es Kräfte gibt, die größer sind als wir. Meine Mutter spricht von Prophezeiungen und Zeichen, und vielleicht hat sie recht. Vielleicht ist mein Weg vorbestimmt. Dass ich als Druide im Heiligtum leben soll. Vielleicht ist das mein unausweichliches Schicksal.“

Der Sohn der Hohepriesterin wandte den Blick ab, um die Emotionen zu verbergen, die in ihm aufstiegen, und sah erneut nach oben in den Himmel. Wie sehr wünschte er sich, die Zeit anhalten und für immer hier sitzen bleiben zu können. Und der junge Mann erkannte erneut, dass er noch nicht bereit war, sein Schicksal anzunehmen. Doch es fiel ihm schwer, seine leibliche Mutter davon zu überzeugen.

Nach einer Weile der Stille zwischen ihnen drehte Gareth erneut den Kopf und sah Muirín an. „Würde es dir etwas ausmachen, wenn ich gehen müsste?“, fragte er leise. „Würdest du mich vermissen?“



RE: I can't breathe, but I still fight while I can fight - Muirín Henaghen - 07-07-2024

Sie fühlte sich beinahe schwerelos, als sie hier nebeneinander saßen und gemeinsam in den Himmel sahen, Geschichten von vergangenen Zeiten teilten und ihre Schicksale und Gedanken miteinander teilten. Gareth hat von Anfang an zu dieser Familie dazu gehört und trotzdem spürte sie irgendwie eine Distanz zu ihm, die sie zu ihren anderen Geschwistern nicht spürte. Vielleicht lag es daran, dass sie seit Beginn der Zeit wusste, dass er irgendwann gehen würde und sie nicht ihr Herz an jemanden verschenken wollte, der sie irgendwann zurücklassen würde. Also war es einfacher gewesen ihn zwar zu akzeptieren, ihn aber sonst gar nicht weiter zu beachten. Sie waren immer freundlich zueinander gewesen, doch eine besonders große Beziehung hatten sie nie aufgebaut. Bis zum heutigen Abend. Es fühlte sich so an, als hätte sich plötzlich ein sanftes Band zwischen ihnen geschmiedet. Ein sanftes Lächeln erschien auf ihren Lippen, als sie abermals seinem Blick folgte und gen Himmel sah. Die Sterne funkelten hell um die Wette und blickten auf sie herab wie Götter, die auf ihre Menschen Obacht gaben. Längst hatte die Sonne den Kampf um das Firmament aufgegeben, sodass nun ein dunkler Nachthimmel den Horizont überzog. Muirín überlief ein Schauer und ganz unbewusst rückte sie ein Stückchen näher zu Gareth.

Es war jedoch nicht seine körperliche Wärme, die ihr ein gutes Gefühl gab, sondern die Geschichten, die sie miteinander teilten. Die Rothaarige hatte nie gewusst, dass der Verlust ihrer Mutter für ihn genauso schwer gewesen war, wie für ihre restlichen Kinder. Irgendwie war sie davon ausgegangen, dass er eine andere Art von Trauer spüren würde, denn immerhin hatte er ja noch eine Mutter. Zwar eine, die sich nicht sonderlich für ihn interessierte, aber wenn sie denn dann mal in seiner Nähe war, hatte die Prinzessin das Gefühl, dass er das Wundervollste auf der Welt für sie war. Sie hütete ihren Sohn wie ihren eigenen Aufapfel.

"Ich glaube nicht, dass deine Mutter Recht hat", flüsterte sie leise und sah nun seit einiger Zeit wieder zur Seite, um ihm direkt in die Augen blicken zu können. Sie hatten nicht besonders viel Licht hier draußen, weswegen sie nicht viel erkannte. Aber seine ungeordneten blonden Haare konnte sie im Schein einer kleinen flackernden Öllampe durchaus ausmachen. "Es gibt zwar bestimmt Kräfte, die größer sind als du und ich, aber ich glaube trotzdem, dass du deinen eigenen Weg gehen kannst. Wenn du mich fragst, dann hat deine Mutter einfach nur ziemliche Angst davor, dass du erkennst, was die Welt alles für dich zu bieten hat", erwiderte sie leise und senkte am Ende ihre Stimme. Mit Aussprechen dieser Worte spürte sie, wie überzeugt sie davon war. Gareth hatte sich offenbar zu so einem tollen jungen Mann entwickelt, dass es in ihren Augen eine echte Schande wäre, wenn er den Rest seiner Tage in einem Tempel verbringen würde.

"Ich...", fing sie an auf seine letzte Frage zu antworten, stockte jedoch. Nachdem er die Worte ausgesprochen hatte hingen sie irgendwie zwischen ihnen. Es jagte der jungen Frau eine Gänsehaut über den Rücken und gleichzeitig konnte sie diese angespannte Stille für einen Augenblick genießen. Sie war sich nicht sicher, was das hier zwischen ihnen plötzlich war. Die Härchen auf ihren Armen und in ihrem Nacken stellten sich langsam auf. Dachte er in diesem Moment das Gleiche, an was sie dachte? "Ja", hauchte sie nun atemlos und legte den Kopf leicht schief, während sie ihm in die Augen blickte. "Ohne dich würde hier etwas ganz Wichtiges fehlen", ihre Worte waren nur gehaucht. So, als würde es ihr schwer fallen die Wahrheit auszusprechen. Oder so, als wollte sie die knisternde Stille zwischen ihnen nicht mit unnötigen Worten kaputt machen.


RE: I can't breathe, but I still fight while I can fight - Gareth Flachnàn - 18-08-2024

Gareth spürte die subtile Veränderung in der Atmosphäre, als Muirín sich ein kleines Stück näher zu ihm bewegte. Diese winzige Geste war kaum bemerkbar, doch in der stillen Nacht, in der jede Bewegung und jedes Wort Bedeutung zu haben schien, war es, als hätte sie eine leise, unausgesprochene Nähe zwischen ihnen hergestellt. Es schien, als würde diese Nacht endlich eine Verbindung zulassen, die über die Jahre nie wirklich gewachsen war. Mit einem sanften Lächeln lehnte er sich näher zu ihr und nahm die neu entstandene Nähe zwischen ihnen wahr.

Er bemerkte, wie nachdenklich Muirín wurde, als er ihr schilderte, dass der Verlust von Grian für ihn ebenso schmerzlich gewesen war wie für ihre leiblichen Kinder. Muirín hatte zwar recht, dass er noch eine Mutter hatte, doch Grian war in den Jahren, in denen er eine Mutter brauchte, für ihn da gewesen. Sie hatte ihm die Wärme und Liebe gegeben, die ihm sonst fehlten – ohne darauf zu achten, ob er ihr leibliches Kind war oder nicht. Im Gegensatz dazu war seine Beziehung zu seiner leiblichen Mutter komplizierter und von Distanz sowie unerfüllten Erwartungen geprägt, was ihn ständig unter Druck setzte. Grian hatte ihn aufgefangen.

Nie zuvor hatte er so tief über seinen Schmerz gesprochen, und es war befreiend, dass Muirín nun einen Teil davon verstand. Dass sie dabei alte Erinnerungen teilten, bedeutete ihm mehr, als er in Worte fassen konnte. Der junge Mann drehte den Kopf zu seiner Ziehschwester und fühlte plötzlich eine tiefere Verbundenheit zu ihr als in all den Jahren zuvor.

Als Muirín die Frage stellte, die ihn seit längerem beschäftigte, sprach er zum ersten Mal über das, was ihm bevorstand – zumindest, wenn es nach der Hohepriesterin und den Prophezeiungen ging. Das Schicksal war unausweichlich, hatte man ihm seit seiner Kindheit eingebläut. Doch war es das wirklich? Er blickte zu den Sternen hinauf und bat im Stillen die Große Mutter um Antworten.

Muirín schien nicht zu glauben, dass Gareth einen vorbestimmten Weg beschreiten musste. Er drehte den Kopf zu ihr und war überrascht von der Überzeugung in ihrer Stimme. Ihre Worte regten ihn zum Nachdenken an und gaben ihm eine neue Perspektive. „Vielleicht hast du recht", ⁣ antwortete er leise und sah sie im flackernden Licht an. „Ich habe nie wirklich darüber nachgedacht, dass meine Mutter aus Angst handelt. Aber es wäre schade, das Leben nicht selbst zu erkunden, keinen Drachen besiegt oder eine Maid in Not gerettet zu haben.“

Ein schwaches Lächeln umspielte seine Lippen, als er ihren Blick suchte und eine tiefe Verbundenheit spürte. In diesem Moment vermittelte sie ihm das Gefühl, mehr wert zu sein als die Grenzen, die ihm gesetzt wurden. „Danke, dass du an mich glaubst.“

Als er fragte, ob sie ihn vermissen würde, veränderte sich die Atmosphäre erneut zwischen ihnen. Er spürte die Spannung in der Luft, als Muirín zu antworten begann und dann stockte. Ihre Antwort und die Art, wie sie es sagte, ließen ein Band zwischen ihnen entstehen, was es so vorher noch nicht gegeben hatte. Die Spannung war beinahe greifbar, und ihre ehrlichen, fast geflüsterten Worte trafen ihn unerwartet. Sein Herz schlug ihm bis zum Hals, als er ihren Blick erwiderte. „Das bedeutet mir mehr, als du dir vorstellen kannst“, erwiderte er sanft, seine Stimme ebenfalls kaum mehr als ein Flüstern. „Ich dachte immer, du würdest froh sein, wenn ich eines Tages weg bin und dich nicht mehr ärgern kann.“

Ihre Gesichter waren nur noch wenige Zentimeter voneinander entfernt, ihre Nasen stießen fast aneinander. Wenn er sich leicht vorbeugte, könnte er sie einfach küssen. Überrascht von diesem Gedanken, schluckte Gareth, hob dann seine Hand und strich eine verirrte Strähne von Muiríns rotem Haar aus ihrem Gesicht.


RE: I can't breathe, but I still fight while I can fight - Muirín Henaghen - 12-09-2024

Als seine Finger sanft die Haut in ihrem Gesicht berührten, musste nun auch die Rothaarige schlucken. Es fühlte sich so an, als wäre nun alle Worte Fehl am Platz, die sie eben noch hatte aussprechen wollen. Dabei wollte sie ihm so vieles noch sagen. Wollte zugeben, dass sie sogar sehr vermissen würde, wenn er aufgrund seiner vermeintlichen Bestimmung die Familie verlassen würde. Wollte zurückrudern und behaupten, dass sie seine Sticheleien nie so schlimm gefunden hat, wie sie immer behauptet hat. Wohlwissend, dass das alles nur so daher gesagt war. Vor allem Letzteres. Es hatte tatsächlich Zeiten gegeben, in denen Muirín sehr dankbar darum gewesen wäre, wenn Gareth 'endlich' von seiner Mutter aus der Familie Henaghen heraus geholt worden wäre, doch mittlerweile waren sie irgendwie nebeneinander erwachsen geworden. Sie waren nicht mehr die Kinder, die sie früher einmal gewesen waren. Er zog ihr nicht mehr an den roten Locken oder schubste sie in den Schlamm und sie brüllte ihn nicht mehr aus vollem Halse an, dass er sie endlich in Ruhe lassen sollte. Auch, wenn die Prinzessin des Fürstentums bis jetzt gerade eben gebraucht hatte, um festzustellen, dass sie sich so sehr verändert hatten, dass es sich überhaupt nicht mehr wie damals anfühlte, wollte sie jetzt plötzlich nicht mehr, dass es endete. Es war leicht und schön. Gewissermaßen irgendwie auch praktisch sich gut zu verstehen. Verbündete gegen ihren Vater - oder noch besser, gegen ihren Bruder! - zu haben, konnte niemals schaden. In den letzten Jahren hatte sie sich so oft so alleine und einsam gefühlt, dass sie dazu übergegangen war sich in die Arme fremder Männer zu flüchten. Die Tatsache, dass viele Vorbeireisende hier Halt machten und die heißen Quellen besuchten (vorzugsweise nackt, was die Sache schon mal irgendwie auf ein anderes Level hob...) machte ihr das Leben nur umso einfacher. Und trotzdem wusste Muirín Henaghen, dass wenn ihr Vater von ihrem Leben erfahren würde, er sie sicher enterben und verstoßen würde. Wüsste man um ihre Vorliebe das Bett (oder auch das Wasser) mit Männern zu teilen, würde sie nie wieder eine ordentliche Partie an Hochzeit bekommen.

Ihre Worte waren nur ein leises Flüstern, während sie keinen Zentimeter zurück wich und die Nähe zu ihm sichtlich genoss. "Ich kann gerne deine Maid in Nöten sein", schnurrte sie kaum wahrnehmbar von außen und sah ihm ein letztes Mal tief in die Augen. Seine Signale waren eindeutig. Muirín hat schon häufiger Männer gesehen, die kurz davor standen ihr einen Kuss zu geben - manche genossen mehr das Prickeln kurz vorher, manche waren eher stürmisch und wieder andere waren einfach nur... nass. Offenbar gehörte ihr Stiefbruder zur ersten Kategorie, denn das Kribbeln in ihrem Bauch war wahrlich ein kleines Feuerwerk. Es waren nur noch wenige Zentimeter zwischen ihnen. Während sie ihm weiter tief in die Augen sah, beugte sie sich noch ein kleines Stückchen nach vorne, sodass sich ihre Lippen beinahe berührten. Sie konnte seinen Atem auf ihrem Mund spüren, wollte diesen Kuss beginnen, wollte ihn verzehren und seinen Geschmack auf der Zunge schmecken, doch gleichzeitig genoss sie die Spannung so sehr, die sich zwischen ihnen aufgebaut hatte, dass sie noch nicht bereit war loszulassen. Sie wollte diesen Moment noch hinauszögern. Vielleicht war es auch die süße Rache für das viele Ärgern in ihrer Kindheit, das sonst die meiste Zeit von ihm ausgegangen war. Sie wollte ihn noch zappeln lassen. Wollte ihn verrückt machen. Wollte, dass er sie genauso sehr wollte, wie sie ihn. Ganz vorsichtig berührten ihre Lippen zwar die seinen, aber ohne einen Kuss zu platzieren. Er sollte ruhig noch ein bisschen warten. Noch ein bisschen länger zappeln.


RE: I can't breathe, but I still fight while I can fight - Gareth Flachnàn - 06-10-2024

Gareth beobachtete Muiríns Reaktion genau, als seine Finger sanft ihre Haut berührten. Er bemerkte das Schlucken, das Zittern in ihren Lippen, und in ihren Augen spiegelte sich ein Gefühlschaos wider, das er kaum verstand – oder vielleicht doch. Ihre sonst so scharfe Zunge schwieg nun. Für einen Moment wurde der Raum zwischen ihnen von Stille erfüllt, aber es war keine unangenehme Stille, sondern eine, die von unausgesprochenen Emotionen und einer tiefen, alten Vertrautheit durchzogen war.

Der junge Mann spürte, wie sich die Spannung zwischen ihnen bis an den Rand des Erträglichen aufbaute. Als Muirín ihm so nahekam, dass ihre Lippen sich fast berührten, war es, als würde die Zeit stillstehen. Jeder Atemzug, den er nahm, war von ihrem süßen Duft durchzogen, und das Kribbeln, das durch seinen Körper lief, wurde unerträglich intensiv. Ihre Worte, kaum mehr als ein sanftes Schnurren, brachten sein Blut zum Kochen. "Ich kann gerne deine Maid in Nöten sein." Die Art, wie sie es sagte, hatte ihn völlig in ihren Bann gezogen.

Es war, als wäre die Welt um sie herum in diesem Augenblick verblasst. Nichts existierte mehr, außer der beinahe greifbaren Nähe zwischen ihnen und dem unausgesprochenen Versprechen eines Kusses, das in der Luft hing. Früher war Muirín für ihn einfach die rothaarige Nervensäge gewesen, die er am liebsten ärgerte, um ihre feurigen Ausbrüche zu provozieren. Sie war seine Schwester, zumindest hatte er sie so gesehen – ein Mädchen, das mit ihm aufgewachsen war, mit dem er nichts gemein hatte, außer der Tatsache, dass sie beide das Leben in denselben Räumen und Gängen teilten. Er hatte sich nie groß darum geschert, was sie in den lieben langen Tag so trieb. Warum auch? Sie war ein Mädchen und, in seinen Augen, nicht weiter von Bedeutung. Rory, sein Bruder, war auch eine Nervensäge, aber mit ihm konnte er zumindest etwas anfangen – meistens jedenfalls.

Doch in diesem Moment schien etwas anders, wie als hätten die Sterne sie verzaubert. Gareth blickte in ihr Gesicht und erkannte plötzlich eine feminine Sanftheit darin, die ihm zuvor entgangen war. Es war kein Ausdruck kindlicher Streiche mehr, sondern etwas Tieferes, Unausgesprochenes. Die Jahre des gemeinsamen Aufwachsens hatten sie beide verändert – und diese Erkenntnis traf ihn härter, als er es erwartet hätte. Die Frau, die jetzt vor ihm saß, war nicht mehr das Mädchen von damals. Sie war voller Geheimnisse, voller Anziehungskraft – und sie spielte ein Spiel, bei dem er nur allzu bereit war, mitzumachen.

Gareth konnte fühlen, wie sein Herz schneller schlug, jeder Pulsschlag synchron mit der Spannung zwischen ihnen. Ihre Lippen schwebten so nah über seinen, dass er nur einen winzigen Impuls bräuchte, um sie zu küssen, doch sie hielt ihn auf Distanz – nur um ihn zu quälen, das wusste er. Sie spielte mit ihm, ließ ihn zappeln, und er konnte das Lächeln in ihren Augen erkennen, selbst in dem spärlichen Licht, das die Öllampe auf ihre Gesichter warf. Es war eine Herausforderung, und sie wusste genau, was sie tat.

Seine Hand, die sanft über ihre Wange gestrichen hatte, wanderte weiter zu ihrem Nacken. Gareth spürte die zarte, warme Haut unter seinen Fingern, das leise Zittern, das ihn durchfuhr, als er sie ein wenig näher zu sich zog. Ihre roten Locken fühlten sich weich an, und er vergrub sanft seine Finger darin. Er wollte sie küssen – nein, er musste sie küssen. Aber er wusste, dass er den Moment noch einen Augenblick länger hinauszögern musste, um das Spiel mitzuspielen, das sie begonnen hatte.
Sein Mund verweilte einen Augenblick vor ihrem, die Spannung zwischen ihnen greifbar, ihre Lippen berührten sich hauchzart, dann neigte er sich zu ihrem Ohr, so nah, dass sie seinen Atem spüren konnte. „Du darfst auch gerne weiter den Drachen spielen,“ flüsterte Gareth mit einem neckenden Ton.
Es war sein Weg, das Spiel fortzusetzen, sie genauso zappeln zu lassen, wie sie ihn. Seine Worte schwebten in der Luft, eine Mischung aus Herausforderung und vertrauter Leichtigkeit – und genau das machte den Moment zwischen ihnen so elektrisierend.