Facing the Storm
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Anything at all - Belisarius Caderitor - 05-05-2024

Dieses Leben hatte seinen Preis, wie so vieles. Doch immer mehr kollabierte etwas daran oder darin. Belisarius konnte es nicht fassen, denn er musste zu viele Lügen verinnerlichen und erinnern. Einsam durchstreifte er die unruhigen Straßen der Metropole und einzig richtigen Stadt des Kontinents. In einfache aber saubere Kleidung gehüllt, wies nur sein Waffengurt seine wehrfähige Stellung aus. Sein silbriges Schwert, welches hochwertig und stets an seiner Seite weilte, gab es Auskunft über manche Tat und Absichten des Kriegsherren. Doch nichts zeigte, dass er von Reichtum war oder eine herausgehobene Stellung hatte. Ein weiter Stoffmantel, welcher in einem sanften Rot wehte, verbarg sogar jenen Waffen, die er am Gurt bei sich trug. Belisarius, trotz seiner Größe, machte sich klein. Es war besser nicht gesehen zu werden, in den Massen zu vergehen und einer von vielen Menschen zu sein, so hektisch und verloren, wie sie alle. Verlust schmerzte nur in der Erinnerung und Erinnerungen hatte Belisarius viele. Was war hieran schon wichtig, was von Bedeutung, wenn alles verging und verschwand. In seiner Welt der Lügen, die ihn beschützte, wie schwere Mauern, war alles beliebig und alles noch vergänglicher. Sehnsucht verweilte beständiger, wenn die Einsamkeit sich im Verlust suhlte, wie ein Untier in seinen blutigen Opfern. Belisarius war ein Narr seiner eigener Wünsche und Hoffnungen, die er stets verneinte und andere glauben machen wollte, dass er nichts wirklich ersehnte. Doch war er nicht nur dieser Dämon, der im Sinne der Mächtigen, mordete, sondern auch noch Mensch, da er niemals ganz verlustig ging. Egal, was er glaubte, tun zu müssen, so blieb er stets nur das, was zurückblieb. Und das war etwas. Belisarius war noch etwas, denn die Erinnerungen, in ihrem Schmerz, in ihrer stillen Verfolgung, gaben ihm noch Gewissheit, zu atmen und Existenz in diesem endlosen Chaos, genannt Leben, zu haben. Er redete sich auch jetzt wieder ein, dass alles bedeutungslos war, alles getan werden konnte, Reue zwecklos war und doch blieb der Selbstbetrug, wie so oft, leer und folgenlos.

Immer wieder die selben Phrasen, um die tiefe Traurigkeit abzutöten, die er nicht aussprechen oder erklären konnte. Dort waren sie wieder, in den Gesichtern, in den Menschen, die Gedanken, seine Taten und Handlungen, all das, es war hier. Immer da. Belisarius beschleunigte seinen Schritt, immer schneller. Flucht war eine wählbare Möglichkeit, doch blieb das Gewissen, dass er niemals seiner selbst entkommen konnte. Wieder musste er Lügen verinnerlichen, die Stimmen der Toten zum Schweigen bringen, um sich selbst seine Bedeutung zu erhalten, wenn er auch dieser die Bedeutungslosigkeit gegenüber stellte. Seine schweren Stiefel donnerten über die schönen Steine, deren Glanz auch längst verloren war. Die Mauern der Gebäude huschten vorbei, als er sich die durch Menschengruppen drängte, wie ein Schatten, der vor dem Licht floh. Bedeutete er überhaupt etwas? Bedeutete er Skadi etwas? Liebe war geheimnisvoll, heimtückisch und entrückt. Belisarius konnte nicht begreifen, nicht verstehen, was er an Skadi gefunden hatte und doch blieben bohrender Zweifel und Schuld. Bedeutete ihm Skadi etwas? Hatte die beiden überhaupt eine Bedeutung? Was hatte Bedeutung? Belisarius griff in seinen Gürtel, um sich seiner Waffen zu vergewissern. Gedanken rasten, wollten mit der Bewegung entfliehen, um einen Augenblick für sich zu finden. So waren auch seine teuflisch-wissenden Augen wachsam, ihren eigenen Schmerz nicht in Tränen zu übergießen. Der Kriegsherr, selbst Hure des Krieges, wollte zu ihr. Zu Skadi. Immer wieder war da ihr Name, seine Sehnsucht, all das, was seine Mauern genauso bedeutungslos machte, wie seine Erinnerungen. Skadi war es, die Milderung, gar Linderung, sein konnte. Ein Gespräch, eine Berührung und all diese Schuld würde weniger drückend sein, weniger als Blei um seinen Hals hängen, welches ihn immer tiefer in die Tiefe zog. In seinen Wünschen hatte er sich eine freie Zukunft von alldem, was er war, ausgemacht; mit ihr zusammen, verbunden durch mehr als bloße Hingabe und Funktion.

Skadi... ihr Name... immer wieder, wiederholt mit seinen wortlosen Lippen. Die Angst folgte ihm, die Sehnsucht packte ihn, dort war es wieder, diese Panik, die ihn heimsuchte, um ihn anzutreiben. Er brauchte sie so sehr, ihr Angesicht, ihre Worte, all das, was sie ausmachte, um einmal wirklich Mensch zu sein. Er wollte sich fallen lassen, den Verlust zulassen, weinen, wirklich weinen und aufgeben, für den einen Moment, bei ihr sein und eine Nähe ohne Grenzen und Mauern spüren. Darin lag Bedeutung: in ihrem Augenblick. Seine Erlösung lag nicht im Tod, nicht in der Zukunft, denn es gab für einen Teufel keinerlei Erlösung und doch konnte er für sich einen Moment der Gnade erbitten, sofern er sich der Gnade würdig erweisen konnte. Würdelos war Belisarius nicht immer gewesen, so flüchtig kriechend auf seinen Lügen kriechend, und jener Rest an Würde schenkte ihm stets jene sehnsüchtige Träumerei, die Realität war. Dort war es, dass Ruby Veil. Ein Ort, den er eigentlich verachtete, meiden wollte und doch lebte sie hier, versteckte sich vor den Augen der Welt ganz sichtbar. Belisarius verlangsamte seine Eile, trat näher heran und sah die Behänge, die schönen Verzierungen und roch bereits die eintausend Düfte aus dem Haus, welches vielen Menschen nicht nur Freude bereitete. Skadi war hier, sie war hier und er konnte sie sehen, bald würde er sie sehen. Immer weiter näherte er sich, warf die Kapuze von seinem Haupt zurück, um besser sehen zu können. Der Schutz seiner Lügen verließ ihn, da er diesen hier nicht brauchte. Skadi kannte ihn, wusste um ihn und er wusste um sie, kannte sie. Hier waren sie beide das, was die Welten ausgeworfen hatte. Doch diese Welt hatte sie auch zusammengeführt. Belisarius betrat das Gebäude, trat zu dem kleinen Tresen, an dem eine spärlich bekleidete Frau stand, selbst wunderschön aber nicht von Interesse für den Teufel. Er hörte Lachen, Gesang und auch lustvolles Stöhnen, welches hinter einem samtigen Vorhang, unweit seiner Griffweite, hervortrat. Gespräche drangen an seine Ohren, als er sich dezent vorbeugte, seine Worte suchte, da er in diesem Etablissement unsicher war. "Zu Skadi," sagte er mit fast brüchiger Stimme, doch voller Absicht. Die edle Hure lächelte freundlich, bewegte elegant ihren Oberkörper und betätigte eine kleine Glocke.

"Natürlich, Herr. Ihr seid unser bester Kunde. Für den ganzen Abend, wie immer?" - fragte sie noch mit gespielt erhöhter aber schöner Stimme. "Wie immer. Den ganzen Abend," antwortete er, da er wusste, das er hier bekannt war. Mit einer zittrigen Bewegung zog eine große Hand Münzen hervor und legte diese geräuschstark auf den Tresen. Die Prostituierte, die wohl Einweisung in das Haus war, zählte kurz mit geübten Augen das Geld und nickte dann. Mit einer hübschen Armbewegung deutete sie auf die Treppe links von ihm. "Sie ist oben in ihrem Gemach." Belisarius holte tief Luft, versuchte zu verdrängen, dass er hier in einem Hurenhaus war. Die grobschlächtige Wache, die vor der Treppe stand, machte Platz und deutete auch mit einer Geste hinauf. Belisarius trat bewussten Schrittes hinauf. Seine Waffen, das hatte er einst verhandelt, konnte er behalten, da er ohnehin eine Privataudienz buchte. Sein Herz pochte schnell, mit jedem Schritt über die Stufen, da es auch an menschlicher Magie gewann, da bereits die mögliche Nähe, seine Versuchung war, Mensch zu sein.

"Skadi", rief er mit behauptender Stimme, als er über die Teppiche des Stockwerks trat, die über den langen Weg, zu ihrem Zimmer führen würden. Die Teppiche dämpften seine schweren Schritte, so dass er fast geräuschlos agierte. "Skadi", wiederholte er, um sich anzukündigen, als er an den bunten Türen der besonderen Huren vorbeitrat, die alle geschlossen waren und somit ging er davon aus, dass sie gerade Kundenbesuch hatten oder ihre Freizeit verbrachten. Jetzt galt es. Belisarius trat vor die mit goldbeschlagene Tür von Skadi und klopfte mit breiter Faust an, danach zog er beide Handschuhe aus, um diese in einer Gürtellasche zu verhängen. Jede, der hier lebenden und arbeitenden Huren, die eine besondere Stellung hatten, residierten hier oben und hatten gleichsam eigene Türfarben, um die Räume ihnen zu zuweisen. Belisarius wusste, dass Skadi Gold als Farbe gewählt haben musste. Er versuchte sich zu beruhigen, ruhig zu atmen aber er war nervös, wie ein frisch Verliebter. So machte er auch den Fehler, sich angekündigt zu haben, was er sonst nie tat. Jetzt roch er sein eigenes erdig-blumiges Parfüm. Belisarius hatte zu viel benutzt, wie immer, wenn er vor etwas entfliehen wollte.


RE: Anything at all - Skadi Lykgaard - 08-05-2024

Monotonie gepaart mit Einsamkeit begräbt die Seele unter den Mühlsteinen der Langeweile. Diese gleichförmige Abnutzung des Tages ermüdete den Geist und nahm ihm die Nahrung zu wachsen und zu gedeihen. Träge Eintönigkeit, die sich immer wieder in sich selbst wiederholte, zermürbte das Gemüt der rastlosen Gestalt, die nun schon viel zu lange an ein und denselben Ort gefesselt war. Wem gelang es schon still im Glück zu ruhen, wenn die Welt doch ein Netzwerk aus Wegen und Orten an ihren Kreuzungspunkten waren? Eine Brücke zwischen Geburt und Tod, über die man unablässig schreiten musste? Wer in einem sesshaften Aufenthalt Wurzeln schlug, betrog sich doch nur selbst, dass alles Vergnügen in mittelbarer Reichweite lag, kleinkariert und kurzsichtig verneinend, dass auch außerhalb der eigens gesteckten Grenzen noch Abenteuer wartete. Genügsamkeit und Zufriedenheit beschwerten die Schritte auf dem Pfad zur Vollendung des eigenen Schicksals. Selbst die Wolken zogen dahin, standen nicht still getrieben vom jagenden Hauch des Windes. Baum und Blatt entwickelten sich im Rad des Jahres, durchliefen Tod und Wiedergeburt ein ums andere Mal, immer wachsend, immer sterbend. Und auch das Wasser brach sich Bahn durch die Natur, schuf aus eigener Kraft und durch zähe Sturheit neue Schlingen, das Land zu befruchten. Wenn alles Still wäre, regungslos und in seiner Position eingefroren, welchen Nutzen hätte es dann für den Kreislauf des Lebens?

Sie war ein Schatten und auch Schatten mussten weiterziehen, in anderen Schatten aufgehen und sich in neue Schatten verwandeln. Doch boshafte Umstände verboten ihr das Weiterziehen, nein, schlimmer noch, sie hatte sich diese Bewegungslosigkeit selbst ausgesucht, um ihm gefällig zu sein, um ihm zu helfen, um ihm nahe zu sein. Sie selbst hatte ihren Alltag in ein zermürbendes Rad der unendlichen Wiederholungen verwandelt. Jeden Morgen stand sie auf und hüllte sich in die Maskerade einer Hure, schmückte ihr Haar und ihr Antlitz, kleidete sich in die schönsten Kleider, die sie hatte und trat als neue Gestalt in die Welt hinaus, sie zu verführen und zu benutzen. Mittlerweile hatte sie sich zumindest den Vorteil erarbeitet, mit Mühe und Charme, dass sie nur mehr wenige Männer am Tag bedienen musste, um die ihr notwendigen Münzen zu verdienen, denn wer sie wollte, der musste tief in die Taschen greifen und entsprechend wohlhabend sein, um sich ihrer Dienste zu versichern. Wie leid sie all der behaarten Körper war, die sich ihr anbiederten und sie begafften. Immer dieselben, gierigen Blicke, hinter denen Fantasien schlummerten, die sie doch nicht wagten auszuleben. Wie einfach es doch war diesen simplen, stumpfsinnigen Wesen das Paradies vorzugaukeln. Es war fast schon lachhaft, wie tumb sie doch waren und selbst das kleinste Kompliment, zart betörend ins Ohr gesäuselt, sie schon zur Ekstase brachte.

Sie machte sich ein Spiel daraus, einen Zeitvertreib, um dem öden Trott zu entgehen, der sie im Würgegriff hielt. Nach so vielen Jahren festgefahren und festgewachsen war es immer schwerer den Geist beweglich zu halten. Sie durfte nicht verlernen, was sie gelernt hatte, durfte nicht schwächeln und nicht unaufmerksam werden. Denn wenn sie versagte, wenn sie verfehlte, wenn sie scheiterte, dann hatte sie keinen Nutzen mehr, dann war ihr Leben gänzlich ohne Sinn für ihn. Ja, er. Ihre Sehnsucht, die sie sich nicht eingestehen wollte. Ihre Lebensmitte, um die sich all ihr Sein drehte. Ihr Halt und ihre Sicherheit. Die einzige Familie und der einzige Freund. Vertrauter, Verdorbener, Verlorener. Belisarius. Er war ihre Fantasie, er war ihre Ekstase, er war ihre Lust. Der Hauch einer Erinnerung an eine Berührung von ihm, ein Kuss oder gar nur ein Blick, ein Lächeln, das nie gewesen war und doch nur ihr galt, all dies genügte, um ihr den Höhepunkt zu bescheren, den die Freier sich so gern selbst zuschreiben wollten. Törichte Trotteln! Wenn sie doch nur wüssten, dass ihre stümperhaften Versuche ihr einen Laut der Verzückung zu entlocken nicht den gewünschten Effekt hatten, dass alles nur gespielt war, so makellos, dass die meisten in voller Überzeugung mit stolzgeschwellter Brust ihr Zimmer wieder verließen. Aber für die Hure selbst war all diese körperliche Vereinigung nicht mehr als eine Pflichterfüllung, die zwar reizvoll war und unterhaltsam, die ihr manchmal sogar Erregung brachte, aber weit entfernt war von Leidenschaft oder Begehren und noch weiter weg von ehrlicher Lust.

Für heute hatte sie genug. Auch wenn der Abend die lukrativste Zeit war für leibliches Vergnügen, so spürte sie, dass sie heute keinen Kunden mehr annehmen sollte. Manche wollten es Vorahnung nennen, Eingebung, Intuition. Doch für Skadi war es mehr eine Gewissheit, geboren aus der innig verwobenen Verbindung mit dem einen Menschen, den sie mehr als alles andere brauchte, mehr noch als die Luft zum Atmen. Eingerollt auf einem Bett aus Polstern und Decken, so bunt und schillernd wie die schönsten Schmetterlinge, versanken ihre Gedanken in einer höllischen Spirale aus jauchzender Hoffnung und niedergeschlagener Vorsicht. Würde er kommen? Oder betrog sie ihre Erwartung? Was er wohl dachte, was er wohl tat, was er wohl fühlte. Welche Sorgen plagten ihn? Welche Freuden spickten seinen Tag? Was passierte außerhalb dieser elenden Mauern, draußen in der Welt voller Vielfalt und Abwechslung? Dachte er an sie, war sie noch Teil seines Lebens? So viele Fragen, die sich alle nur um ihn drehten, wie ein Rad, immer schneller, schwindelerregend wirbelten sie in ihrem Kopf herum, dröhnten, pochten, donnerten erbarmungslos. Hilflos vergrub die Hure ihr Gesicht in den Armen, versuchte sich zu beruhigen. Doch je später es wurde, desto mehr schwand die Gewissheit, dass er, den sie sich so sehr herbei sehnte, noch kommen würde.

Was wenn nicht? Hatte er sie vergessen? Hatte er jemand anderen gefunden, mit dem er lieber seine Zeit verbringen wollte? Was band seine Zeit, seine Aufmerksamkeit? Ein tiefer, zittriger Seufzer entfloh ihrer Kehle, hallte durch das Zimmer, brach sich an den Tüchern und Vorhängen, drang zu ihr zurück und umarmte sie tröstend. Wie sehr sie ihn vermisste, war kaum in Worte zu fassen. Als würde man einem Menschen seines Herzens berauben und erwarten, dass er auch noch ohne das schlagende Organ lebensfähig wäre. Welch ein Irrglaube! Immer mehr verschmolz die Lustbringerin mit den Schatten ihrer eigenen Umgebung, wollte versinken in den weichen Kissen und so noch mehr sich der Welt entziehen, die doch ohne ihn ohnehin nicht lebenswert für sie war.

Benommen von dem Elend seines Fernbleibens, vernahm sie erst viel zu spät sein Rufen, wollte wohl erst gar nicht wahrhaben, dass selbst sie, die niedrigste aller Frauen der Unterschicht, doch ein wenig Glück erfahren durfte, wo doch ihre Erfahrung ganz anderes bisher für sie bereit gehalten hatte. Nichts als Verlust und Einsamkeit war ihr bisher beschieden gewesen, ein Zustand, der sich erst durch das zufällige Zusammentreffen mit dem Kriegsmeister geändert hatte. Nun, nun war er nahe, nun kam er zu ihr, nun durfte sie ihn bald in die Arme schließen!
„Belisar“ antwortete sie seinem Ruf mit heiserer Stimme, in der sich doch die Stärke der Zuversicht mitmischte. „Belisar!“ noch einmal jubelte ihre Zunge, sang seinen Namen, gab der Hoffnung endlich ein Ziel. Katzengleich erhob sie sich aus den Polstern, so geschmeidig, dass kaum ein Laut zu vernehmen war. Wie an unsichtbaren Fäden zog es sie zur Tür, hin zu ihm, der ihren Leib vibrieren ließ, wie die straff gespannten Saiten einer Laute zu einer gar göttlich-dämonischen Melodie.

Er war der einzige, bei dem sie nicht auf ihr Aussehen achtete, der sie annahm, wie sie war, der sie sah, durch sie hindurch, hinter die Fassade und die vorsichtig gewählte Maske, hinein in ihre Seele, tief in ihr Herz. Mit hastigem Dringen öffnete sie kaum dass er geklopft hatte die Tür, so schwungvoll, dass der hauchdünne Kaftan aus nachtpurpur Seidenorganza wie ein tanzender Nebel um sie wallte. In ihrem Gesicht stand die Freude seines Kommens so offensichtlich geschrieben, dass es kaum zu ertragen war. „Belisar“ wisperte sie voller Erleichterung und führte ihn an der Hand in ihr eigenes kleines Paradies. Hinter ihm schloß sie die Tür, zog noch einen Vorhang vor, um sie noch weiter von der Außenwelt zu trennen. Nichts und niemand sollte sie stören oder belauschen. Hier waren sie allein, nur sie zwei, fern aller skeptischer Augen und neugieriger Ohren. Wohl wie ihn auch, zwang eine Sehnsucht sie in seine Arme, die tiefer ging als ein rein körperliches Vergnügen. In ihm fand sie eine Verbundenheit, die jede Faser in ihrem Leib mit dem seinen verknüpfte. Mit ihm gab es eine Zufriedenheit, die mehr galt als bloße lustvolle Erregung. Sie brauchte seine Nähe, wollte seine Haut an der ihren fühlen, ihn berühren und sich an ihn schmiegen, wollte ihn küssen und liebkosen, sich mit ihm unterhalten und durch Gespräche ihrer beider Geist herausfordern, wollte lachen, weinen, unbeschwert sein. Und dann an seiner Seite einschlafen, Ruhe finden, Geborgenheit erleben.

„Ich bin froh, dass du heute zu mir gekommen bist“ zog sie ihn weiter, näher an sich heran, bis sie sich so nahe waren, dass sie seinen Pulsschlag hören konnte. Wie viel doch allein in einem Blick liegen konnte, was nur sie beide verstanden.


RE: Anything at all - Belisarius Caderitor - 09-05-2024

"Skadi", hauchte er ihr entgegen. Seine Stimme fand einen liebevollen Ton, während ihre Stimme, gleich einem Engelsgesang aus der Ferne, an seine Ohren drang. Es schien fast so, als ob das Schicksal, ihm eine Ewigkeit zu Füßen legen wollte. Belisarius spürte wieder diesen Herzschlag, diese sehnsüchtige Wärme, die seinen Körper durchfuhr, als er sich gewiss wurde, dass dieser Moment real sein konnte. Ihre Rufe verlockten ihn, seine Sorgen bei Seite zu schieben, für diesen Moment, ein anderer zu sein, der keinerlei ewige Maske trug, nicht lügen musste, um zu leben, sondern ein Mensch, der sein Echo in der Zeit besuchte. Seine Augen fanden verloren jenen dämonischen Glanz, jenes Ungemach, was er gegen die Welt richtete, sondern fanden in sich eine Wärme und eine menschliche Zuversicht. Skadi war seine geheime Absolution, seine Erlösung, von dieser verlorenen Welt, die er sein eigen nannte. Sehnsüchtig verweilte er, wie gehalten, als sie hastigem Dringen die Tür öffnete, nachdem er kaum er geklopft hatte. Dort war sie, jene Anbetung, jene Verlockung nach Vergebung in ihren Armen, so dass der Kriegsherr kaum atmen konnte. Doch sein Herz befahl ihm zu leben, so rauschte Blut durch seine Adern und schärfte seinen Blick nur für Skadi. Hier war sie, jener Wunsch und nun Wirklichkeit, dass auch er Träume besaß. Wenn auch dieser Moment vergehen würde, hatte er seine eigene Ewigkeit, denn er gebar jene Gnade, die nur wenigen Menschen wirklich bewusst war. Belisarius liebte Skadi, konnte es nicht eingestehen, nicht zugeben aber er liebte sie, wie nichts auf dieser Welt, denn sie war ihm gleich, gleichgestellt und gleich verloren in dieser okkulten Zeit der Wirren. Gemeinsam war der Verlust, das ständige Streben und gleichzeitig der ständige Versuch sich selbst zu finden, erträglich, gar erlöst. Hier war nichts Böse, hier war nichts mit Hintergedanken gefüllt und hier konnte seine Reue ruhen, sich erklären und aussprechen, was sonst stets ungesagt blieb. Nichts blieb für immer. Doch dies würde bleiben, so wenig unschuldig er auch war, so fand er eine Vergebung hier in ihrem Angesicht, dass er gerade bewunderte, wie schön sie doch war. Belisarius war kein Mann, der sie reduzierte, der sie in Wollust vergaß, sondern er sah Skadis Schönheit in ihrer Gänze. Ihre Augen, ihre Bewegungen, ihre Haare, ihre Hände, ihre Lippen, all das wurde von seinen Augen liebevoll besucht. Doch ihre Freude, welche in ihrem Gesicht ablesbar war, gab ihm jenes Geschenk, was von besonderer Schönheit war.

Ihr Lächeln, ihr Strahlen, welches ihre Seele befreite, gab ihm jenes Gefühl, welches er selten nur kannte und eigentlich nur bei ihr fand. Belisarius sah sie an, streckte seine Hand vorsichtig aus, um diesen Moment zu halten; sie festzuhalten, damit sie nicht entrissen wurde, wie so vieles, um ihn herum. "Skadi," entgegnete er auf ihr Wispern, während sie nach der Hand griff, um ihn hinein zu führen. Belisarius leistete keinen Widerstand, war er doch verfallen und ließ die Welt zurück, die ihm oft nur Schmerz und Pein war. Skadi, eine Meisterin der Schatten, schloss die Tür, verzog den Vorhang und trennte beide von dieser Welt ab, die er hinter sich lassen wollte. Sie war gerecht zu erkennen, was er war und was er brauchte. Belisarius Herz pochte in ihrem Rythmus, während seine Augenlider dezent zitterten, als sich jene frostige Aura ablegte, die ihn sonst stets umgab. Aufregung machte sich breit, unsichere Gedanken entzwangen sich und gaben sich Raum für diese Sinnhaftigkeit. Belisarius war ganz hier, ganz hier für sie und hielt ihre Hand mit dem festen Willen, diese nie mehr loszulassen. Ihr Duft, dieser Ort, und insbesondere ihre Nähe entwirrte seinen Geist, der so getrieben von Plänen innerhalb von Plänen war, dass wenig Platz für den Menschen blieb, der er eigentlich war. All die Schichten aus Grausamkeit, all der Erfahrungen und Verluste, hatten ihn verändert, verwandelt und in eine Rüstung mitsamt Maske gezwungen, die ihm ein Fluch war. Skadi konnte diesen Fluch brechen, da sie gleichsam verflucht war, mit ihrer eigenen Rüstung und Maske. Das Schicksal hatte sie gleich gemacht und vielleicht waren sie die einzigen, die sich wahrlich erlösen konnten. Ihnen blieben nur diese Augenblicken, wo sie jenes Leben sehen konnten, was ihnen sonst verwehrt war. Es war kein reines Begehren, keine Lust, die ihn umfing, sondern eine tiefe Sehnsucht, ein Gefühl des Ankommens, einer echten Zuflucht, wenn er sie anblickte und sie ihn berührte. Skadi zwang ihn in ihre Arme, so dass Belisarius auch hier keinerlei Zurückhaltung zeigte, sondern ließ sich leiten, weil auch ihn eine tiefe Sehnsucht überfiel, als sie sich näher kamen. Ihre Wärme, diese feste Berührung, als sie sich umschlungen, gab ihm jenes Gefühl, welches er nicht einmal beschreiben konnte.

Belisarius wollte keinerlei Raum mehr zwischen sich und ihr, wollte sich ebenso verbinden, wollte bei ihr sein, und alles ausschließen. Es sollte nur sie geben, wie sie hier umschlungen waren, wie fast ein Körper, während sich ihre Seelen berührten. Diese Nähe erlaubte es, machte es unabdingbar, mehr zu wünschen, mehr zu glauben, zu wissen, dass alles echt und wahrhaftig war, was sie teilten. Er beugte sich behutsam vor, um seinen Kopf an ihr Ohr zu bewegen. Mit einer Fingerbewegung strich er ihre langen Haare zurück, während er sich ihrem Ohr näherte. Seine Atmung war ruhig und besonnen. "Für immer dein," sagte er fast tonlos, doch verständlich. Die Worte wurden durch seine Atmung, jenem leisen Ausatmen, getragen und erreichten ihr Ohr, bevor er ihr einen sanftmütigen Kuss auf die Halsseite gab, um im Anschluss seinen Kopf zurück zu nehmen. Die Wärme ihrer Haut verblieb noch kurz auf seinen Lippen, erzeugte ein fast nervös-unschuldiges Lächeln, was gar nicht zum sonst ernsten Mann passte. Er wollte ihr zeigen, musste ihr zeigen, dass sie alles war, was er immer begehrte, was er suchte und auch die Person war, die sein wahres Selbst kannte. Der Teufel war hier weit weniger teuflisch, fast schon ein verlorener Engel, der sich seinen eigenen Himmel erschuf. Kurz fuhr seine Hand über ihren Rücken, sich vergewissernd, dass sie echt war, keinerlei Traum oder Einbildung. Ja, sie war hier. Sie war bei ihm und er war bei ihr.

Seine Hand konnte den Stoff der Seide fühlen, ihren Körper und blieb dann mittig des Rückens stehen. Skadi war froh, dass er hier war. Belisarius nickte eifrig drei malig. Wenn es ihm möglich war, war er hier. Am liebsten wäre er immer bei ihr, würde sie mit sich nehmen und ihr eine andere Welt zeigen, doch beide waren sie Gefangene ihrer Welten. Es gab nur diese Momente, diese Augenblicke,- und das musste genug sein, da mehr dem Schicksal zu viel erscheinen konnte. Belisarius wusste, dass er vieles von der Welt verdorben hatte, sie ihn verdorben hatte aber hier hatte die Welt keinerlei Macht und auch Skadi war befreit, für diesen winzigen Zeitstrahl, den sie teilen konnten und dürften. Alles war in ihren Augen bedeutungslos, wenn er sie anblickte. Alles, was zählte, was Sinn hatte, war hier und in ihren Armen, in dieser Sehnsucht, die begierig alles verdrängte, was ansonsten nur Schmerz bereitete. Belisarius fand in seinem Lächeln und seiner unsicheren Augenführung jene Menschlichkeit, die er sonst nie zeigte. Die Maske zerbarst, wie am Boden zerschellt; heruntergerissen von der einen Wahrheit, die nie wahrhaftig ausgesprochen war: Belisarius liebte Skadi. Er musste es nicht sagen, nicht einmal durch Metaphern zeigen, sondern es lag in jedem Atemzug, in jeder Bewegung und in seinem Blick, den er ihr gab. Doch Belisarius war kein Mann des alleinigen körperlichen Begehrens, so mancher würde der Lust verfallen, doch Belisarius war ein Mann des Geistes und der Sinne, der Nähe nicht nur über Körper definierte. Skadi gab er nicht nur die Hingabe seiner körperlichen Nähe, sondern, weil er sie ganz sah, wirklich anblickte, auch seine Seele, die in seinen Augen manifestiert war. Es war ein tröstender, fürsorglicher und zuwendungsreicher Blick, der nicht gaffte, nicht starrte, sondern ihre Schönheit und ihr Angesicht sanft bewahrte und ihr zurückspiegelte. Für Belisarius war sie keine Hure, sondern ein Mensch, den er liebte. Es war kein Theater des Begehrens notwendig, keinerlei zur Schaustellung von Fantasien oder künstlicher Romanze, wie es Huren sonst taten, denn es war einfach echt. Alles, was sie taten, war getragen von Hingabe, echter Hingabe, die nur jene Menschen verstanden, die ähnlich fühlten und es erleben konnten. Freier, Männer, die an diesen Ort kamen, ohne das wahre Gesicht, die sehenden Augen, würden es nie erfühlen oder erblicken, sondern nur einfältige Lust, ohne etwas daraus gewinnen zu können. Liebe war weitaus mehr als das, mehr als das geteilte Bett, sondern es war Nähe in allen Belangen, in allen Dingen und vor allem im Verständnis füreinander. Belisarius war kein Mann der alleinigen lustvollen Stunde, sondern hier war er nur ein Mann, der ein Herz verschenkte, und dies immer wieder, an die selbe Person. Denn sie hatte es bereits gestohlen, für immer.

Dies war ihre Ewigkeit, dies war das, was sie erbeten und ersehnen konnten, dass ihre Herzen gleich schlugen und Belisarius war dankbar, wirklich demütig, dass er sie finden konnte: seine Skadi. "Die Welt zerbricht," sagte er nachdenklich und lenkte ihre umschlungenen Körper mit sanften Schritten in Richtung der großen Liegefläche, doch noch waren sie davon entfernt. "... aber ich finde dich." Der Heermeister schloss für eine winzige Sekunde die Augen, wollte seinen Geist allein auf sie fokussieren, erspüren, was war und was ist, so dass er erst nach dieser Sekunde seine Augen wieder öffnete. Seine Wangen erröteten, während seine Lippen bebten und doch küsste er sie noch nicht, da es ihm nicht passend erschien, wenn er jetzt nachgeben würde, sich seinem Verlangen ergeben musste, so dass alles andere, was er ihr noch sagen wollte, dahinter verging. Belisarius wollte mit ihr sprechen, reden, ihre Seelen verbinden und nicht ihre Körper. Er wollte einfach bei ihr sein, heute Abend, nachdem ihm klar geworden war, was er bald tun musste und noch tun würde. All die Grausamkeit und Gewalt, die kommen würde, war auch hier nicht ganz vergessen, wenn auch ausgeschlossen. Schnell verdrängte er den Gedanken, wollte das Geschenk der beiden nicht schmälern und so hielt er Skadi, seine Geliebte, noch fester, während seine Augen fest an ihre gebunden waren.


RE: Anything at all - Skadi Lykgaard - 15-05-2024

Stille. Auf einmal war da Stille, als würde die Welt aufhören sich zu drehen und sämtliche Zeit einfach so stehen bleiben. Und aus dieser Stille wurde wahrhaftige Nähe geboren, denn diese Stille stellte keine Fragen, brachte keine Unruhe, sondern sie war Antwort auf alle Rastlosigkeit, die das Herz der Schattendienerin zuvor aufgewühlt hatte. Diese Zufriedenheit, die sich einstellte, sobald sie seine Nähe umhüllte, war wie ein stiller Garten, in dem sie endlich Frieden finden konnte, und sei es auch nur für die kurze zeit einer Nacht. Sie konnte ganz in diesem Schweigen, das zwischen ihnen lauter hallte als jedes Orchester, aufgehen und mit ihm eins werden. Jeder Atemzug, den sie miteinander teilten, den sie aufeinander abstimmten, war voller Erinnerung und Zuversicht, die sich dankbar in stille Freude verwandelte. Diese Stille wurde nur von einem Wort unterbrochen, von ihrem Namen, der aus seinem Mund so süß und wichtig klang, wie er nie von jemand anderem gesagt wurde. Er war hier und diese Nacht nun war nur für sie beide bestimmt, selbst wenn er, wie alle anderen Freier, auch dafür zahlen musste. Doch er war nicht wie alle anderen Freier. Er war Belisarius, ihr Herzschlag, ihr Seelenfreund, ihr Lebensatem, ihr einzig Sein und Sinn. Er war Begehren und Befriedigung in einem, Liebe und Leid. Jede Faser ihres Köpers sehnte sich nach seiner warmen Haut, nach seinen zarten Berührungen und seinem liebevollen Lächeln, das er nur für sie auf seine Lippen legte, das nur ihr gehörte. In ihm fand sie wieder, was sie verloren glaubte, er hatte ihrem Leben etwas geschenkt, von dem sie nicht einmal wusste, dass es ihr fehlte. Eine Bestimmung, einen Grund, eine Bedeutung, die über die reinen Aufträge, die sie für ihn ausführen musste, hinausging. Er war das Ziel von allem, er war das Licht, wenn die Nacht stockdunkel sie erdrücken wollte. Er war das Zentrum, um das alles kreiste, egal wie weit sie sich von hier wegwünschte, könnte sie doch keine Meile weiter von ihm fort, als er sie aussandte. Sie kehrte immer wieder zu ihm zurück, erst bei ihm war sie zu Hause, soweit es denn in dieser perfiden Beziehung ein Heim geben konnte. Er war ihr Halt, so wie sie seine Stütze war, in allem, was diese freudlose Welt ihnen entgegenwarf.

Allein sein Angesicht zu sehen, in seine tiefdunklen Augen zu blicken, die so dunkel waren wie seine Seele, unergründlich und doch offen zu lesen, für alle die, die wussten, wie diese Sprache seines gequälten Geistes zu entziffern war. Sie wusste es, sie hatte jahrelang in diese trüben Seen geblickt und in ihnen all das erkannt, was sie nun mehr aneinanderband als die banale Sehnsucht nach körperlicher Zärtlichkeit. Wenn sie hochsah zu ihm, der doch deutlich größer war als sie, fühlte sie sich klein und unscheinbar und doch wichtiger als alle Schätze und Reichtümer der Königreiche. Sie liebte alles an ihm. Das wirre Haar, das ihm meist etwas ungekämmt ins Gesicht fiel. Die leichten Stoppeln auf seinem Kinn, die sie schalkhaft kitzelten, wenn er sie küsste. Die weichen Lippen, sacht geöffnet, als würden sie sich im nächsten Moment mit den ihren verbinden wollen. Sie liebte seine starken Arme, seine muskulöse Brust, doch noch mehr seine Schläue, sein Ehrgeiz und seine tiefgründige Art, die sie immer herausforderte mehr zu denken, weiter und verknüpfter, die sie ernstnahm und nach ihrer Meinung fragte. Er sah sie in ihrem ganzen Wesen, nicht nur als Werkzeug seiner Pläne und Körper für seine Ekstase. Die kleinste Berührung schon, als sie ihn an der Hand ins Zimmer führte, ließ durch ihren Leib einen Schauer der Erregung fahren. Ihr Körper reagierte wie ein Ertrinkender auf die nährende Nähe seiner Selbst. Diese Entzückung schaffte nur er in ihr auszulösen, so viel profunder und durchdringender, als je eine lüsterne Hand eines Kunden es bewirken könnte. Ihr ganzer Körper fokussierte sich auf ihn, umkreiste ihn wie ein lebloser Stern eine strahlende Sonne, damit auch nur ein kleiner Funke seines Glanzes auf sie abfärben würde. Wie ein dummes Mädchen, das keine Ahnung hatte, wie es sich den Zuwendungen eines stattlichen Ritters erwehren sollte, wurden ihr die Knie ein wenig weich, als er sich zu ihr beugte und ihr die Bestätigung allen ins Ohr wisperte, das sie zuvor so töricht angezweifelt hatte. Ihre Finger verfingen sich in den Falten seines Hemdes, zogen ihn ein wenig enger an sich, unwillig ihn aus ihrer Umarmung gehen zu lassen. Sie roch seinen herb, erdigen Duft, der sie fest im Hier und Jetzt verankerte. Doch zu einer Antwort war sie nicht fähig, seufzte nur ein kehliges, zittriges Stöhnen, als seine Bartstoppeln ihren Hals kratzten. Zarter Kuss und raue Berührung, so war er, Licht und Schatten, Zuckerbrot und Peitsche, sanfte Seele und unerbittlicher Krieger.

Wie gern hätte sie ihm geantwortet, was ihr über die sacht geöffneten Lippen rinnen wollte. Ich liebe dich Doch diese Worte wollten einfach nicht ihrer Kehle entweichen. Einmal gesagt, würden sie stärker wirken als jede Kette und beide waren nicht dafür geschaffen durch eben solche gebunden zu werden. Die Furcht, durch unangebrachte Aussagen diese heilige Verbindung zwischen ihnen beiden zu zerstören, wog schwer auf Skadis Gemüt. Allein der Gedanke, dass ein unachtsamer Spruch ihn verunsichern könnte, ihn von ihr wegzog, durchfuhr ihr Herz wie ein Geschwür. Stattdessen schmiegte sie sich noch enger an ihn, presste für einen Atemhauch ihr Becken an das seine, wollte mit ihm am liebsten eins werden, in seinem Wesen aufgehen, verschmelzen wie zwei Schatten im Dunkeln der Nacht. Dein für immer.“ raunte sie, honigsüß und lockend. Ihre Finger wanderten streichelnd zu seinen Schulterblättern hoch, tanzten gedankenverloren über den Stoff seines Hemdes. Und wenn die Welt um sie herum versinken würde, sie würde ihn nicht loslassen wollen, nicht jetzt, niemals. Tief sog sie neuerlich seinen Geruch ein, schloß verzaubert vom Moment die Augen und lehnte ihre Wange an seine Brust. So konnte sie seinem Herzschlag lauschen, dessen beständiges Pochen sie noch zusätzlich beruhigte. Sie war wahrlich sein, sein Geschöpf, von ihm geformt und ausgebildet. Er hatte sie geschaffen wie ein Steinmetz, der dem grobschlächtigen Gestein mit mühevoller Handwerksarbeit und Geschick ein Meisterwerk entlocken konnte. Er war ihr Schöpfer und sie seine Kreatur. In dieser Abhängigkeit, die sie beide aneinanderband, lag eine Freiheit, lag ein Vertrauen und eine Hingabe, die eine fast dämonische Schönheit ausstrahlte. Wichtiger jedoch noch für Skadi, deren unstete Seele rastlos nach Abwechslung drängte, brachte seine Nähe eine Zufriedenheit, die durch selige Harmonie fast so etwas wie Glück für sie bedeutete.

Und doch schwang in ihren Zusammentreffen auch immer ein wenig Schwermut mit. Auch wenn sie die Welt vor der Tür aussperren konnten, kroch doch immer ein wenig ihrer Dunkelheit und ihrer Fäulnis durch die Ritzen hindurch. So ganz wurden sie die drohende Verdammnis nicht los, die sie beide schon seit Jahren begleitete. Gemeinsam tanzten sie zur weichen Polsterfläche, die sie einlud, sich darauf zu wälzen. „Wenn die Welt zerbricht, dann bin ich an deiner Seite.“ bestärkte sie seine Melancholie, wagte einen kleinen Samen der Hoffnung zu pflanzen, dass nicht einmal die endgültige Apokalypse sie trennen würde können. Und um ihren Worten noch mehr Gewicht zu verleihen, nahm sie seine sacht geröteten Wangen in ihre weichen Hände, hielt den Blick in seine Augen schrecklos stand. Sie meinte jede Silbe. Wenn ihm das Ende drohte, dann gab es auch für sie keinen Grund mehr zu leben. So nahe waren sich die Lippen, gierig zu küssen und doch gab sie der Verlockung nicht nach. Zwischen ihnen war ein Knistern, wie vor einem Gewitter, wenn die Luft geladen ist von der Vorahnung auf zuckende Blitze und dröhnenden Donner. Ihm zu widerstehen, kostete sie alle Mühe, die sie aufbringen konnte, wobei sie sich nicht unbedingt mit ihm körperlich vereinigen wollte, nein, sie wollte ihre Seelen aneinanderknüpfen, mit ihm in Gespräche versinken und von ihm hören, was vor den Toren des Buhlhauses vor sich ging. Nachrichten drangen hier nur gefiltert herein und manche Verbindungen ergaben sich erst durch das Zusammensetzen mehrere Mosaiksteinchen. Um richtig zu erkennen, welche Informationen wichtig waren, die sie manchem Kunden entlocken konnte, musste sie das Große Ganze im Blick behalten. Und das konnte nur er ihr geben. Ein bebender Atemzug entwich aus der tiefe ihrer Brust, ehe sie sich ein wenig von ihm löste, ihn weiter zu der Polsterfläche dirigierend. „Willst du etwas trinken? Ich habe einen neuen Tee, eine seltene Pflanze aus dem Herzen der Wüste um Yawadal, die mit heißem Wasser aufgegossen einen feinen, leicht herb-süßlichen Geschmack entfaltet.“ Bot sie ihm an und deutete auf ein meisterhaft geschnitztes Tischchen, auf dem ein aus Bronze ziselierter Samowar stand. Und daneben ein silbernes Tablett mit mundgerechten Häppchen der besten und exquisitesten Süßigkeiten, die der Markt von King’s Portal zu bieten hatte.


RE: Anything at all - Belisarius Caderitor - 11-06-2024

Skadi brachte ihm Hoffnung, nicht nur durch bloße Nähe, sondern allein, weil sie dieser Welt ein eigenes Licht gab. Belisarius war eine einsame Gestalt, geschaffen aus verschiedenen Abgründen und verlorenen Hoffnungen, so dass letztlich nur sie Linderung für seine Pein erschaffen konnte. In diesen Armen fand er jene Zuversicht, dass sein Leben mehr sein konnte, als eine bloße Abfolge von Ereignissen. Auf jedem Schlachtfeld seiner Zeit, nach jeder blutiger Tat und grausiger Handlung war sie hier, um seine Schwäche zu finden. Eine Schwäche, die seine stetige Stärke war. Belisarius nahm ihren wohligen Duft auf, verinnerlichte diesen Eindruck, damit er die weiteren Tage seiner Zeiten überleben konnte. Bald würde er sich wieder in die Höllen werfen, Teufel werden und all die Unschuld dieser Welt heimsuchen, um der Macht selbst zu dienen. Doch jetzt galt dies alles nichts mehr. In ihren Augen war er nur ein Mensch, ein Mann, der seine Einsamkeit nicht mehr Bürde als ertragen konnte, sondern aufrichtig lieben wollte. Skadi beschützte jenes Herz, welches fest in ihm schlug. Ihre Berührungen waren nicht wollüstig, nicht von reinem Begehren getragen, sondern von einer tiefen Liebe, die Menschen nur selten fanden und die ein Leben allein wertvoll machen konnte. Immer war sie unausgesprochen, da Belisarius sie nicht durch seine Worte von Macht und Politik beschädigen wollte.

Er hielt sich selbst nicht für würdig genug, um Liebe empfinden zu dürfen und doch war sie hier, genau jetzt, lebte sie in seinen Augen, seinen sanften Berührungen und ihrem Angesicht. Belisarius liebte Skadi so aufrichtig, so ehrlich, wie sonst nichts auf dieser Welt. Lügen bedurfte es hier nicht mehr. Niemals belog er sie; niemals tat er etwas, was ein Verrat an ihr gewesen wäre. Das Schicksal war gnädig mit ihnen, gebar ihnen sogar Momente der Zärtlichkeit, der geheimnisvollen Vergebung und doch war da immer wieder diese grausame Trennung. Sie konnten niemals offen zu ihrer Liebe stehen, sie konnten niemals so leben, dass sie wahrhaftig Eheleute waren und waren Gefangene jenes Fluchs, der beide zu den Menschen machte, die sie jetzt waren. Skadi war eine Hure der Lust sowie des Meuchelwerks und Belisarius eine Hure der Macht und Kontrolle. Beide waren sie verdammt, immer wieder verdammt, sich zu verlieren aber sie fanden sich immer wieder, gegen jeden Widerstand, gegen jede Verschwörung oder bösen Zauber. Ihre Liebe überwand sogar Zeit und Raum, denn sie wussten, dass sie füreinander bestimmt waren. Hier lag Verständnis, hier lag alles, was sie immer wirklich wollten und es erschuf diese Erinnerungen von Wert, die sie als Menschen brauchten, um weiter zu machen. Sie brauchten keinerlei heldenhafte Tugend, keine gute Absicht, sondern nur allein sich, denn darin lag alle Wundermacht, die sie erbeten und erbitten wollten. Belisarius blickte Skadi mit all der Hoffnung an, die er noch aufbitten konnte, nach all der erfahrenen Gewalt in seinem Leben und dem Krieg, der noch kommen würde.

Krieg blieb immer gleich, aber veränderte stets die Menschen. Belisarius wusste darum, dass er nicht mehr der Mann sein würde, der jetzt vor ihr stand und doch konnte er nicht anders, als dies zu verleugnen. Melancholie war ein schmückendes Band zwischen beiden geworden. Es legte sich unsichtbar schützend um sie, bewahrte jene Schönheit, die beide teilten. Augenblicke waren alles, was ihnen bleiben; gefangen in ihrer Sterblichkeit und ihren vorbestimmten Wegen. Doch etwas war immer anders. Sie waren anders. Skadi und Belisarius waren hier, sie hatten sich die ganze Zeit, egal, was noch geschehen würde und selbst, wenn einer von ihnen fallen würde, so hatten sie die Erinnerung an sich. Meinungen, Wandlungen und Zeitgeist waren egal, denn sie hatte ihre Wahrheiten und diese waren einfach. Belisarius atmete ruhig aus, suchte weiter ihre Nähe, verließ sie nicht. Ja, er war ihr für immer verfallen; wie sie ihm für immer verfallen war. Aus den Ruinen ihrer verdorbenen Leben formten sie ein gemeinsames Schloss, eine Trutzburg gegen den Unwillen und Widerwillen dieser verdammungswerten Zeit. Belisarius würde die Welt sicherlich brennen sehen, würde so viel Gewalt und Missgunst erleben, dass alles nichtig erscheinen konnte und doch - so seltsam wunderbar - war da Skadi, sein Engel, seine Vernunft, seine Sehnsucht und sein Sinn. Sie gab ihm jene Zuversicht, dass eine bessere Welt möglich, denn sie war in dieser Welt. Er hatte sie finden können. Etwas, so kostbar, war hier gefunden worden; auf dieser Welt, nicht verschüttet und nicht verloren. Nach all den Jahren war es möglich gewesen und diese Gewissheit erlaubte Sinnhaftigkeit durch sich selbst. Belisarius drängte sich an Skadi, wollte keinen trennenden Abstand mehr zwischen sich und ihr. Er lächelte, als sie ihm versicherte, dass sie bei ihm sein würde, wenn es alles verging. Sie beide würden an diesem Tag zusammenfinden, egal, ob als vertriebene Seelen oder verwahrloste Geister. Es war ein Eid unter Gleichen, der nicht gebrochen werden konnte. Sie pflanzte tatsächlich Hoffnung, erlaubte alles, was sie selbst vorfinden wollte. Ihre schöne Hand an seiner Wange fühlte sich warm an. Er fühlte ihre Erscheinung, ihr ganzes Sein, in dieser Berührung. Beide blickten sich dabei tief in die Augen, fanden sich darin und sein Lächeln war voller Hingebung und Demut. Wollust war hier so fern, denn beide verbanden sich in reiner Liebe, ohne dieses weltliche Begehren, welches nur ein Ende kannte. Skadi ersuchte etwas, was Belisarius geben konnte und geben musste. Ihre gemeinsamen Ruinen waren gemeinsam wahrlich ein strahlendes Schloss, welches dieser Welt nicht verbaute, sondern erbaute. Belisarius wollte etwas sagen, doch seine Worte waren nicht gut genug, so dass er all jene Absicht in seinen Blick warf und vorsichtig nach ihrer Hand an seiner Wange griff, um streichelnd seine Hand auf die ihre zu legen. Berührung wurde vergolten, erlaubte zuversichtlich mehr Nähe und fand sich erneut in dieser Gemeinsamkeit wieder.

Es war ihre Melancholie, ihr Moment, der alles so wunderschön machte. Ein Schutzzauber schien sich zu entfalten, der die dunklen Gedanken vertrieb und die kalte Reue verblassen ließ. Skadi war so bewusst mächtig in seinem Verstand, wie er wohl so viel Wirkmacht auf sie haben mochte. Belisarius brauchte sie, liebte sie so sehr, dass sie seine wahre Welt war und sein größtes Geheimnis vor allen anderen. Ihrer körperlichen Anziehung zu widerstehen kostete auch ihn Willenskraft, doch wollte er diesen Augenblick nicht durch Begierde verderben, sondern dieses liebevolle Begehren erhalten. Sein Herz schlug schneller, während seine Lippen nicht dezent nach einem leidenschaftlichen Kuss darbten, weil sie nun sanftmütig zitterten. Doch sie sollten vorerst weiter darben, denn sein Wille galt auch hier. Ihr Begehren sollte nicht zerbersten, nicht fallen in so einer simplen Geste. Ein für ihn interessant bebender Atemzug entwich aus ihrer Brust, ehe sie sich ein wenig von ihm löste, um den Kriegsherren in Richtung der Sitzfläche mit den eleganten Polstern zu bewegen. Belisarius ließ dies geschehen, folgte ihr fast willfährig verfallen, den Blick direkt und fortwährend auf sie gerichtet, begierig vertrauensvoll. "Gerne," antwortete er auf ihren Vorschlag.

"Du hast stets den besten Geschmack, was die Tee-Auswahl anbelangt, meine wunderschöne Traumdiebin," sagte er mit warmer, ihm nicht ganz passender Stimme, doch seine Stimme verlor in ihrer Nähe an Befehlscharakter, an der harschen Realität, die sie sonst brauchte. Seine Stimme war noch immer klar, sinnsuchend aber deutlich wärmer. Skadi brauchte keine Befehle, keine herrschaftliche Tonlage, und auch Belisarius brauchte sie hier nicht mehr. Vertrauen erlaubte auch eine Sanftmütigkeit, die er nun zeigte. Sein Blick folgte ihrer eleganten Armbewegung und dem Deut zu dem kleinen Tischchen. Die Häppchen sahen vorzüglich aus und sicherlich würde er bald davon naschen. Immerhin mochte er gute Speisen und in diesem Augenblick fühlte er auch keine echte Bedrohung, so dass der Genuss dieser Waren ruhig seine Möglichkeit finden sollte. Doch Skadi war sein Hauptaugenmerk, so dass seine suchenden Augen wieder zu ihren finden mussten. "Ich nehme ihn aber doch, wie immer, gesüßt mit Honig," wünschte er sich eine kleine Erweiterung des Tee und grinste dabei fast jugendlich in ihre Richtung. Der Krieg war noch so fern, seine Absichten so in der Distanz, dass Belisarius ihr ganz nah sein wollte; nicht nur körperlich, sondern ihrer Seele und ihrem ganzen Sein.

"Ich habe dich vermisst," offenbarte er sich abermals. "Magst du mir meine Waffen abnehmen?" - fragte er achtsam und öffnete bereits seinen Waffengurt, damit diese Werkzeuge seines grausigen Handwerks nicht mehr zu viel Macht hatten und aus seiner Sicht sowie dem Gefühl verschwanden. Er wollte jetzt nicht Kriegsherr sein, sondern allein Belisarius, der seine Geliebte besuchte. Selten gab er seine Waffen und damit Sicherheiten auf, doch hier brauchte er sie nicht; auch wenn sie sicherlich in der Nähe bleiben würden. Bei Skadi konnte er sich sicher fühlen.


RE: Anything at all - Skadi Lykgaard - 23-06-2024

Kurze Momente der Nähe, so flüchtig wie der Rauch von verbrannter Myrrhe und Kräutern, der duftschwanger aus der kleinen Schale mit glühender Kohle emporstieg, die beinahe gedankenverloren an einer Kette von der Decke baumelte und den Raum erfüllte mit den Gerüchen ferner Länder, waren viel zu selten zwischen ihnen beiden gesät. Und doch, ebenso wie der sich kräuselnde Rauch, der verschlungene Formen in die leere Luft zauberte, waren sie doch so intensiv und berauschend, dass es fast unmöglich schien, sie öfters genießen zu können. Zwischen der Traumdiebin und ihrem von Herzen geliebtem Schattenfalken war jedes Zusammentreffen wie ein unausgesprochener Schwur um eine Zukunft, von der sie beide wussten, dass sie niemals wahr werden würde, nicht wahr werden konnte. Aber war es nicht schön für einige, wenige, makellose Augenblicke dieser unsterblichen Fantasie nachhängen zu dürfen? Einfach zu sein, im hier und jetzt und zu tun, als wäre die Welt vor den Türen des Bordells unwichtig und nichtig.

Skadis Wesen war an ihn gebunden, so eng und verworren, dass niemand den Knoten zu lösen vermögen würde, außer man nahm eine scharfgeschliffene Klinge und hieb ihn gewaltsam entzwei. Dies, allerdings, würde das Ende der Schattentänzerin bedeuten. Ein bitteres, unabwendbares Ende, unumkehrliche Vernichtung ihres Atems und ihres Pulsschlags. Daran wollte sie nicht denken, nicht solange er in Fleisch und Blut vor ihr stand, so nah, dass sie die Wärme seiner Haut selbst durch alle Lagen ihrer Gewänder hindurch spüren konnte. Es war nicht verwunderlich, dass ihr Körper darauf reagierte, in sehnsuchtsvoller Vorahnung auf eine Umarmung, einen Kuss, ein Lächeln, auf eine Vereinigung, die inniger war als die mit einem Freier und doch weit weniger lüstern und körperlich. Ihre Finger kribbelten vor Verlangen ihn berühren zu wollen und unter den vielen Lagen durchsichtigen Stoffes unterschiedlichster dunkler Rottöne überzog eine freudige Gänsehaut ihren Körper vom Hals bis zu den Zehen.

In ihrem weichen Blick der nachtschwarzen Augen lag ein glosendes Feuer, wärmend, nicht vernichtend, umhüllend, nicht verheerend. Nur für ihn. Sie schenkte ihm ein Lächeln voller Vertrauen und Versicherung, dass sie beide niemals getrennt werden würden, nicht durch Unehrlichkeiten und Verschwiegenheit, nicht durch Verrat oder Ränkespiel, egal wie viele Kilometer oder Stunden zwischen ihnen liegen würden. Das Band, das das Schicksal zwischen ihnen geknüpft hatte, jedes gemeinsame Jahr fester und enger als zuvor, würde sie immer wieder zusammenfinden lassen. Skadi öffnete leicht ihre Lippen, ließ zwischen ihnen einen leisen Seufzer entfliehen, der klagend davon zeugte, wie sehr sie sich doch nach der Vereinigung mit den seinen verzehrte. Es war wahrlich nicht leicht sich ihm doch noch ein wenig fernzuhalten. Das Knistern zwischen ihnen beiden war förmlich zu spüren und dröhnte wie ein helles Glockenspiel in ihren Ohren. Jedes Mal war es dasselbe, wenn Belisarius endlich wieder in ihren Räumlichkeiten eingekehrt war. Er, dessen Leben voller Krieg und Blut war, trat in ihre Kammer strahlend wie ein Gott, dessen Anwesenheit ihre volle Aufmerksamkeit verlangte, dem sie am liebsten anbetend zu Füßen liegen würde. Wie in den Sagen und Legenden aber war seine gleißende Gegenwart fast zu blendend, zu unwirklich, um erfasst zu werden.

Gemeinsam kämpften sie um Fassung sich nicht augenblicklich in die Hände zu fallen, sich zu berühren, zu erforschen und sich den Freuden körperlicher Nähe hinzugeben. Auch dies war oft genug Teil ihrer Vergangenheit, bis heute glich ihr Zusammenleben einem Versteckspiel, erst vor sich selbst, vor den eigenen Gefühlen und Bedürfnissen, den ganz persönlichen Ängsten und Zweifeln. Aber auch nach außen hin durfte es keinen Hinweis geben auf die innige Liebe zwischen dem kaltherzigen Kriegstreiber und der wollüstigen Hure, nichts durfte verraten, welche Schwachstelle sie doch füreinander waren. Das Angebot zu einem wohlmundigen Getränk trennte sie für ein paar Schritte, eine schmerzhafte Entfernung und doch eine Erleichterung und Ablenkung gegen die andauernde, anhaltende und anregende Sehnsucht.

“Du hast mich gelehrt auch die kleinen Genüsse des Lebens zu schätzen, vor allem, wenn mir die großen Befriedigungen verwehrt bleiben.“ schmunzelte sie ein wenig neckend und ließ in ihren Worten doch eine kleine Klage mitschwingen. Sich von ihm zu trennen, jedes Mal aufs Neue, zu hoffen, dass er die Regelmäßigkeit seiner Besuche nicht vergessen würde und tatenlos darauf warten zu müssen, dass sie wieder seine Nähe geschenkt bekam, das war für sie schlimmer als jede nur erdenkliche Folter. Grazil und anmutig, mit fließenden Bewegungen, ließ sie den grünlichschimmernden Tee in zwei hauchdünne Porzellantassen fließen und sofort mischte sich zum Weihrauchgeruch der Räucherschale ein herb, florales Aroma, das von Frühling und Licht kündete. “Aber natürlich doch, mein stattlicher Schattenfalke“ raunte ihre Stimme selbst so süß wie der Honig, der nun dickflüssig und golden vom Löffel in die Tassen tropfte. “Madame Iulia wundert sich schon, für welche abstruse Liebesspiele ich denn so viel Honig verbrauche, sooft wie ich ihn bestelle.“ grinst sie belustigt. “Aber ich habe immer ein Glas für dich hier und wenn du nicht da bist, erinnert er mich an dich, wenn ich davon nasche.“ nahm sie zu ihm gewandt demonstrativ den Löffel in den Mund, um ihre Worte zu bestärken.

Mit geschlossenen Augen verlor sie sich für einen kurzen Moment in der Süße des Bienengeschenks, wünschte sich so sehr es wären seine Lippen, die doch ebenso köstlich schmeckten. Seine Stimme war es, seine Offenbarung, die viel schwerer wog als jene drei banalen Worte, die sich die dummen Mädchen doch so sehr wünschten, die ihr die Röte in die Wangen trieb. Er vermisste sie. Hastig hob und senkte sich ihre Brust, erregt durch die Bestätigung ihrer Gefühle füreinander. Sie nickte nur, legte den Löffel beiseite und hastete flinkfüßig zu ihm. Und endlich stand sie wieder eng vor ihm, der Blick mit seinem verquickt, unmöglich ihn von seinen Augen, seinem Lächeln, zu nehmen. “Ich bin nicht ganz, wenn du nicht bei mir bist“ öffnete sie ihm nun auch mit leisem Flüstern ihr Herz, während ihre Finger geübt seinen Waffengurt lösten. Wie einfach wäre es nun ihm noch andere Kleidungsstücke abzunehmen, endlich Haut an Haut zu spüren, an seine Seite zu verschmelzen. Doch sie hielt sich zurück, musste sich zwingen, sich beschränken, sich kontrollieren, so schwer es ihr auch fiel. Die Traumdiebin durfte ihren Traum nicht ausleben. Nur eine kleine Berührung stahl sie ihm, als ihre Finger verstohlen ein wenig seine Seiten hoch streichelten, gedankenverloren, wagten sie nicht mehr, sondern drängten wieder auf eine Trennung.

“Setz dich, mach es dir bequem, dann helf ich dir noch aus den Schuhen.“ Hier sollte er Ruhe finden, Entspannung und Kraft für eine neue Auseinandersetzung mit den Qualen seines Alltags. Hier konnte er ablegen, was ihn beschäftigte und mit ihr teilen, was ihn belastete. Sie war da für ihn, für all seine Belangen, egal ob geistig oder körperlich. Als er sich auf der Polsterstatt niedergelassen hatte, kam sie zu ihm mit den beiden Tassen gesüßten Tees, die sie auf einem kleinen Beistelltischchen, kaum ein drei Fuß hoch, abstellte. “Und wenn du willst, erzähl mir von deinem Tag, du weißt, du findest bei mir immer ein offenes Ohr für all deine Sorgen und Freuden, mein liebster Nachtkönig.“ kniete sie sich zu seinen Füßen und begann ihm seine Schuhe auszuziehen.


RE: Anything at all - Belisarius Caderitor - 05-07-2024

Die kleinen Genüsse das Lebens. Es war eine schwierige Beschreibung für den Kriegsherren. Waren es nicht immer die kleinen Dinge und die Details, die einen Unterschied ausmachten? Es war dieser feine Unterscheid, der allem Bedeutung in einer endlosen Abfolge verschaffte. Belisarius hörte seiner Skadi mit beiden Ohren zu. Seine ganze Aufmerksamkeit lag bei ihr - und doch konnte er nicht abschütteln, wer er nun einmal war. Belisarius mochte tiefsinnige Gedanken, verlor sich darin und suchte nach einer Erkenntnis hinter dieser Welt. Doch in seinem Handwerk war nicht immer schöne Geistigkeit gefragt, sondern brutaler Scharfsinn. Es tat gut, über diese kleinen Dinge zu sprechen, sich fallen zu lassen, sofern man fallen konnte. Ihr Schmunzeln, welches die Worte begleitete, war ihm fast eine Umarmung für seine geschundene Seele. "Das macht uns aus," sagte er. Er war sich so sicher, dass diese Details den Unterschied machen mussten, dass er dies betonte. Skadi und er waren zwar verlorene und getriebene Seelen in einer erbarmungslosen Welt, dennoch hatten sich gegen jede obskure Macht dieses kleine Wunder errungen. Sie waren hier, zusammen und teilten ihr ganzes Universum gemeinsam. Liebe war kein Wort, was je als Beschreibung ausreichte und doch mangelte es den Menschen an Worten für eine weitreichende Beschreibung einer seelischen Innigkeit, die nicht nur Sehnsucht war. Ihr mit dargebotene Klage, kaum hörbar in ihren Worten, war die geteilte Einsicht, dass Tragik zu ihnen gehörte, wie auch die kalte Absicht in notwendigen Handlungen, außerhalb dieser Zweisamkeit. In seinem Gesicht verlor sich die tragische Macht in einer hoffnungslosen Sanftheit, die sein Gesicht selten bewahren konnte. Seine Härte hatte hier keinen Platz, seine Erinnerungen an Gewalt und Gemetzel, traten zurück, wollte sich in jene obskure Welt flüchten, die ihn umgab.

Sein Herz fand Erleichterung, schlug ruhig und beständig; befreite sich aus der eigenen Gefangenschaft. Belisarius war hier nicht der Schlachtenlenker, der Maler des Todes und der teuflische Schattenmann, sondern er war allein nur das, was er eigentlich stets wollte aber nicht immer sein konnte: ein Mensch mit Hoffnungen. Skadi bereitete den Tee mit ihrer eigenen Schönheit, ihrer anmutigen Bewegung und der Verlorene blickte ebenso achtsam auf ihre Bewegungen, wie in ihr Gesicht. Es waren diese Details, diese Kleinigkeit, die ihm wahrliches Leben gab. Es war jener Unterschied, der in der Melodie seiner eigenen Untergangssinfonie, die Wendung gab. Es war dieser Lautenschlag im Universum seiner Hoffnungen, dass Skadi ihn dieser ruhigen Moment schenkte. Belisarius konnte inne halten, pausieren, musste nicht streben oder hetzen, sondern konnte einfach sein; bei ihr sein. Er mochte es, wenn sie ihn Schattenfalke nannte und lächelte breit bei ihrer Erklärung, warum sie so viel Honig verbrauchen würde. Die Antwort war banaler Natur und doch war es unterhaltsam, dass manche anderes annehmen wollten. Belisarius drängte sich näher, als sie den Löffel in den Mund nahm und blickte sie begierig an; fast seiner Lust unterworfen und doch brach er ab, als seine Hand ihre Schulter sanft streichelte. Seine Finger tippten ruhig über den Oberarm hinab, bevor er zu den Tassen blickte, um sich dem magnetischen Blicken seiner Skadi zu entziehen. "Erinnerungen schaffen unser Selbst. Es ist schön, dass dich unser Honig daran erinnern mag, was wir teilen," entgegnete er und nahm eines der kleinen Behältnisse auf, um es gespielt zu betrachten, bevor er es mit einer Drehung zurück stellte.

Ihre geschlossenen Augen, während sie sich in ihren Gedanken zu verlieren schien, nutzte Belisarius für eine dankbare Verbeugung, die sofern sie diese zuließ, vertrauensvoll und achtsam war. Belisarius konnte davon ausgehen, dass sie diese nicht sah und so war die Verbeugung eher dem allgemeinen Schauspiel gedacht, denn der Kriegsteufel war auch immer ein Schauspieler, für die große Bühnen der Welt. Auch hier war eine Bühne aber mit einer entscheidenden Veränderung. Sie war nicht falsch, nicht voller Lügen und im gemeinsamen Spiel geteilt. Ja, er hatte sie vermisst. Er vermisste sie ständig, denn sie war jenes Wunder im Leben, was er nie erhofft hatte und doch war es ihm geschenkt worden, ihm dem Unhold der Zeiten, der stets wusste, was er tat und wofür. Belisarius löste die Verbeugung, trat wieder einen Schritt zurück, bis sie wieder aus ihren Gedanken befreit war, und flinkfüssig zu ihm hastete. Sie hatten den Löffel bei Seite gelegt, war zu ihm gelenkt und endlich standen sie wieder eng zusammen, der Blick mit ineinander verwunden, unmöglich zu trennen. Skadi war wunderschön, nicht nur, weil sie ansehnlich war, sondern weil sie alles für ihn bedeutete. Ihre Seele war hier, anwesend und strahlend, wie die kunstvolle Aura, die er stets bedachte. Belisarius suchte nicht mehr, wollte nichts mehr finden, denn alles lag hier, in ihrem Angesicht. Sie begann geübt seinen Waffengurt zu öffnen und ihn zu entwaffnen, dabei hatte sie dies längst getan. Belisarius war seiner Macht beraubt, seine dämonische Magie entzaubert, und doch trug er noch bis zu diesem Augenblick weltliche Waffen, die sie ihm nun auch nahm. Er brauchte sie in ihrer Nähe nicht mehr. Er brauchte nur ihre Innigkeit, ihre geteilte Zeit und jenen Schutzzauber ihrer Wundermacht der wahren Liebe. Egal, wo diese hin fiel, wenn sie wahr war, war sie alles und bedeutungsvoll; für immer und ewig geschlossen.

Nichts trennte Skadi und Belisarius, nicht einmal ein Gott oder das Schicksal konnten ungesehen und ungeschehen machen, was beide füreinander waren. Sie waren ihre Welt, ihr Universum, und alles, was zählte, war diese unsterbliche Gewissheit, dass sie beide wahrhaftig zueinander waren. Nur eine kleine Berührung, außerhalb der Entwaffnung, wollte sie ihm stehlen, als ihre Finger aus seiner Sicht verwegen ein wenig seine Seiten hoch streichelten, gedankenverloren, wagten sie nicht mehr, sondern drängten wieder auf eine Trennung. Und doch unterbrach sie Belisarius nicht, packte ihre Hand, zog diese sanft an und senkte sich kurzweilig selbst zu einem Kuss hinab, um ihren Handrücken mit einem fürsorglichen Kuss zu bedenken. Jetzt konnte er antworten, nachdem alle Waffen vorerst beseitigt waren. "Ich bin nicht ganz, wenn du nicht bei mir bist," spiegelte er ihre Worte, blickte dann vom Handkuss auf und ihr tief in die Augen. Ein liebevolles Lächeln erlaubte sich auf seinen Lippen, sein Gesicht gebar diese Menschlichkeit, die man ihm sonst nicht ansah. Belisarius war hier ganz Mensch, ehrlich und unverschlossen, was sonst in der grausamen Welt sonst selten geschah. Der Teufel brauchte seine Kräfte hier nicht, denn auch der Teufel kannte Begehren, Sehnsüchte und war in seinem Verlust einsam, so dass der Teufel in ihm, jene Menschlichkeit erlaubte, denn sie war alles, was er auch für sich ersehnte. Die Berührung löste sich, als Skadi ihn aufforderte, sich zu setzen. Belisarius tat dies, frei und selbst bestimmt, jetzt ohne Schwert und Klingen.

Er ließ sich entspannt und doch angespannt, eine seltsame Mischung, auf der gepolsterten Sitzgelegenheit nieder. Skadi musste bewundert werden, so dass seine liebevollen Augen jeder ihren Bewegungen höflich folgten; nicht aufdringlich aber wahrnehmbar. Belisarius liebte Skadi, dass war so gewissenhaft, wie ein Geständnis. Er musste nichts mehr sagen, denn diese Attentäterin konnte dies ohne Probleme ablesen und brauchte keinerlei Worte, um auch selbst Gewissheit zu finden. Belisarius streckte seine alten Militärstiefel von sich, wollte sie schon fast selbst ablegen, weil es eben Gewohnheit war. Niemand half ihm sonst in seinem Alltag. Ein Soldat kümmerte sich um seine Ausrüstung selbst, denn es war schlichtes Gebot der Notwendigkeit. Notwendigkeiten zierten sonst seine militärische Demut. Sie kam zu ihm, stellte die Tassen ab und fragte ihn nach seinem Tag. Erleichterung breitete sich aus, wenn auch sein Herz noch immer pulsierte, wenn sie ihm nahe kam. Ein Kuss wäre doch nicht zu viel verlangt? Seine Lippen bebten begierig und doch tat er es wieder nicht, als sie nahe genug war. Skadi hatte ihn eingeladen, ehrlich zu sein und ehrlich wollte er sein. "Es wird Krieg geben. Ich bin zum Heermeister von Castandor ernannt worden. Ich werde ein Heer ausheben lassen und möglicherweise den gesamten Kontinent mit diesem Krieg überziehen müssen," kehrte die grausame Welt zurück und brach aus seinem Mund hervor. Sie wollte es wissen. Kurz gewannen seine Augen eine tragische Traurigkeit. Denn im Grunde war er nicht bereit, alles zu verheeren und alles heim zu suchen. Skadi würde darum wissen, dass Belisarius nicht maßlos war, nicht unnötig grausam und sich selbst nicht unvernünftig stellte. Doch dieser Krieg würde auch ihn verändern und er fürchtete sich davor. Er seufzte leise, während seine Hand nach ihrer suchte, um sie bei sich zu wissen. "Doch es soll unser schreckliches Los heute nicht sein," meinte er und wollte wieder unter den Schutzzauber flüchten, den beide ihr eigen nannten. Zu seinen tragisch-schönen Augen gesellte sich ein ebenso tragisches Lächeln, welches die Liebe für beide im Angesicht bewahrte.


RE: Anything at all - Skadi Lykgaard - 14-07-2024

Skadi kannte Belisarius. In all seinen Facetten und Feinheiten, jede Ader, jede Attitüde. Ihr war nichts fremd an ihm, alles war vertraut und wohl bekannt, jede Narbe, jedes Muttermal, jedes Härchen. Und doch schien es ihr, als würde sie mit jeder Begegnung ihn immer neu entdecken. So offensichtlich er ihr auch war, so neugierig war sie dennoch, ob alles ihr so Liebgewonnenes noch an seinem Platz war. Anders als er allerdings, war sie weniger an Tiefgründigem und Spitzfindigem interessiert. In dieser Hinsicht waren sie sich, die doch so viel teilten und sich so nah waren, einander fremd. Ohne Frage genoss sie die philosophischen Gedanken, die in seinem Wesen so viel Platz einnahmen, und mit der Zeit hat sie auch gelernt ihnen zu folgen und ihm so gut es ging Paroli bieten zu können. Doch eigentlich lebte sie, ganz im Gegensatz zu ihm, nicht in der Vergangenheit. Diese war abgeschlossen und ließ sich nicht mehr ändern. Es gab keinen Grund dem Horror der verlebten Jahre nachzuhängen. Das war nur verlorene Liebesmüh, die nichts weiteres brachte, außer Wehmut, Trauer und Schmerz. Und genau diese Regungen waren in Belisarius‘ Miene allgegenwärtig. Anfangs noch hatte Skadi sich die Mühe gemacht ihm diesen Schwermut von den Schultern nehmen zu wollen, doch mit der Zeit hatte sie erkannt, dass eben jene Tragik den Mann ausmachte, den sie liebte, mehr als ihr eigenes Leben.

In den kleinen Momenten der Zweisamkeit, wie in eben jenem Augenblick, verschwand die Hölle der Vergangenheit und machte Platz für eine Gegenwart, die auch ohne Zukunft auskam, die nur für sich selbst stand und keine Versprechen brauchte. Im Hier und Jetzt waren Träume irrelevant, wurden geträumt und wieder verworfen. Hoffnung lebte, solange die Tür zu ihrer Kammer geschlossen blieb und sie zwei in dem Rausch der eigenen Nähe unberührbar waren. Hier in diesen vier Wänden, gefüllt von edlen Stoffen und exotischen Düften, hatten sie eine Art Heimat geschaffen, ein Zuhause, das nur ihnen beiden gehörte, fern ab von jedem politischen Einfluss und jedem kritischen Blick. Diese Kammer war ein Heim, das durch nichts ersetzbar war, das keine Gefahr kannte und durch ihre Liebe erhaben war. Hier konnten sie scherzen und klagen, reden und atmen, sich berühren und die Berührung des anderen genießen. Hier konnte er Kraft tanken für die Welt, die ihn im grausamsten aller Würgegriffe unbarmherzig weitertrieb. Hier, aber, war sie selbst gefangen, lebte nur für die Nächte, in denen er sie besuchen kam und von der weite der Kontinente erzählte. Sie lebte durch ihn, genötigt dazu still zu sein, nicht nur was Worte anging, sondern vor allem in ihrer Bewegungsfreiheit. Sie musste verharren, andauernd in einer Regungslosigkeit, immer denselben Routinen und Wiederholungen ausgeliefert, die ihr eine Ruhe aufzwangen, die gänzlich gegen ihr Wesen war. Wenn er nicht wäre, wenn ihre Liebe nicht wäre, wenn diese Sehnsucht sie nicht beflügeln würde, wäre sie längst über alle Berge.

Aber der Gedanke, ihn etwa nie wieder sehen zu können, brach ihr das Herz in tausend Scherben, niedergetrampelt vom grausamen Dämon des Verlusts, der ihr das Liebste aus der Seele schneiden würde. Jeder Schritt, der sie weiter weg tragen würde von ihm, endgültig und ohne Umkehr, würde gepflastert sein von einem Tropfen ihrer Selbst, bis nichts mehr von ihr übrig bleiben würde. Sie würde vergehen, sich auflösen, zum Nichts werden und der Welt entschwinden wie ein Phantom. Die Furcht davor ihm fern zu sein, ließ sie alles ertragen, egal wie schwer es ihr auch lastete. Denn allein sein Anblick erhob ihr Gemüt über alle Ebenen des Himmels hinauf. Und eine Berührung, mag sie auch noch so flüchtig sein wie das beiläufige Streicheln ihrer Schulter, als er sich nahe an sie drängte, brachte ihr mehr Befriedigung und Genuss als sie sich vorstellen konnte. Seine Finger, die ihren Oberarm hinabrieselten, überzogen sie mit einer Gänsehaut, die ihre Lust nach seiner Nähe nur noch mehr anheizte. Sachte schmiegte sie sich ein wenig nur gegen seine Brust, als er ihr ins Ohr wisperte. Sie lehnte den Kopf zart an seine Schulter, schmunzelte nur und erwiderte leise raunend. “Nicht nur der Honig, mein Schattenfalke. Doch dieser erquickt mir die süßeste Erinnerung an dich.“ Nicht nur der Geschmack, nein, allein der Duft dieses würzigen Bienengolds schaffte es bereits ihr Bilder in die Gedanken zu zaubern, die wahrlich etwas Göttliches zu haben schienen, umgeben von goldenem Licht und warmen Gefühlen. Sie nahm sich Zeit ihm die Last der Welt da draußen abzulegen. Löste den Gurt mit bedacht, fast wie ein Ritual, damit auch nichts dieses dunklen Elends zurückbleiben würde. Skadi war sich bewusst, dass diese Waffe Teil seines Wesens war, dass dieser Gurt und das daran hängende Schwert ebenso zu ihm gehörte wie die Striemen an seinem Rücken oder die Stoppeln in seinem Gesicht. Ihm also diesen Teil abzunehmen, durfte nicht beiläufig und gewissenlos geschehen, sondern musste mit Vorsicht und Respekt geschehen. Fast ehrerbietend faltete Skadi den Gurt und legte ihn an den für ihn bestimmten Ort, weit genug weg um nicht dauernd in der Aufmerksamkeit zu sein, aber nahe genug, um bei Bedarf griffbereit zu sein. Daneben bettete sie das Schwert ebenso, als wäre es eine Reliquie, der besonderer Achtung gebührte. Denn es war seines. Und alles, was Belisarius umgab, ihm gehörte, sein eigen war, war in ihren Augen anbetungswürdig.

Mit bebendem Herzen sah sie zu ihm hoch, nahm seinen Blick begierig auf und antwortete ihm mit einem Sehnen, das offensichtlich machte, dass hier zwei Seelen waren, die nur vereint ein Ganzes abbildeten. Das Verlangen ihn zu berühren, ihn zu küssen, sich mit seinem Körper zu verbinden, raubte der sonst so eiskalten Attentäterin den Atem. Zum Glück nahm er ihre Hand, senkte seine Lippen und beschenkte ihre Handrücken mit einem so zarten Kuss, dass sie glaubte, ihre Haut würde an eben jener Stelle verbrennen. Wie von unbekannten Mächten angezogen, tat sie einen halben Schritt auf ihn zu, folgte seinen tiefschwarzen Seelenspiegeln. Ihre Lippen überzog ein Strahlen, dass sich fest in ihre dunklen Augen setzte und dort funkelte wie der edelste Obsidian. Sie hielt die Verbindung ihrer Hände, bis er sich endlich gesetzt hatte, nein, wollte sie nicht trennen, niemals, nun da sie sich endlich erlaubten ihre Nähe auch durch physischen Kontakt zu bekräftigen. Wenn Belisarius nur ahnen könnte, welche Reaktionen solch simple, banale Berührungen in ihr auslösten, bis tief hinein in ihren Leib, so erregend und erhebend, dass sich wohl jeder Freier danach sehnte, ebensolches in ihr erwecken zu können.

Nachdem sie ihm die Teetassen zur Seite gestellt hatte, waren es noch ein paar wenige Augenblicke, in denen sie ein kleines Fläschchen aus einem versteckten Wandschrank holte, ehe sie wieder bei ihm war. Gerade im rechten Augenblick, um ihm einen verschmitzt tadelnden Blick zuzuwerfen, als er gerade sich anschickte, selbst die Stiefel abzulegen. Nein, hier war sie seine Dienerin und Geliebte zugleich, nur dafür da um ihm die Zeit so angenehm wie möglich zu machen, ihn zu stärken und zu kräftigen für die Stunden, die er wieder hinaus musste in die Grausamkeit des Lebens. Sie ließ sich zu seinen Füßen nieder. Die dünnen Lagen ihres Kleides flossen wie Wolken um ihren Körper herum, breiteten sich aus, zeichneten Konturen ab und gaben doch nicht zu viel preis, was der Fantasie nur zuträglich war. Geschickt öffnete sie nun auch die Schuhe, stellte sie am Rand der Polsterstatt ab, ebenso die Socken, während sie seinen Ausführungen lauschte. “Krieg, also.“ lockerte sie den Korken aus dem Fläschchen und träufelte sich eine frisch duftende Essenz auf die Handflächen, die sie erst aneinander verrieb, ehe sie damit begann seine Füße zu massieren. Kampfer und Minze kribbelten über seine Haut, gaben den schweren Beinen, die so viel Last zu tragen hatten und so viele Wege gehen mussten, neue Erquickung.

Sie hatte davon wohl gehört, von Unruhen und Unzufriedenheiten, dem Überfall auf Eastergold Meadow. Eine Antwort des Königslandes war wohl unabwindbar. Dass es Belisarius war, der den Krieg nun anheizen musste, erfüllte Skadi einerseits mit einem gewissen Stolz vor seinen Fähigkeiten. Niemand anderer wäre geeigneter dafür dem Heerwesen eine Richtung zu geben und für einen Erfolg zu sorgen. Sein Geschick und sein strategisches Denken, gestählt durch langjährige Erfahrung, waren mit keinem anderen zu vergleichen. Und doch war es der Hure bewusst, dass er kein Mensch war, der blutrünstig und grausam in seinem Handeln war. Er wusste um den Sinn, hinterfragte den Nutzen und begrenzte die Schäden, so es ihm möglich war. Kampf und Krieg waren eingewoben in die Materie der Welt, Eroberungen und Entsatzungen waren an der Tagesordnung für den Fortbestand der Länder und den Eifer der Adelshäuser, die nur nach mehr Macht strebten, dabei aber die Konsequenzen für das einfache Volk meist vergaßen. Auch Belisarius war hier nur eine Figur in einem komplexen Spiel, der sich dem Schrecken der Schlachten nicht entziehen konnte, aber dennoch dem Terror des Todes entfliehen wollte. “Ich glaube an dich. Du findest immer einen Weg den Befehlen des Großkönigs deinen eigenen Stempel aufzudrücken. Er vertraut auf dich, selbst unfähig diesen Krieg zu führen, sodass du deine eigene Taktik ausführen kannst nach deinem eigenen, besten Gewissen.“

Skadi hielt es nicht länger aus, schon gar nicht nach diesen furchtbaren Neuigkeiten, die sofort Schreckensvisionen von Trennung und Verderben in ihr Herz pflanzten. Er hatte recht, nicht heute sollen sie darunter leiden. Mit fließender Anmut lockte sie ihm die Beine auseinander, um zwischen ihnen zu ihm hoch zu steigen, wie ein dunkler Panther aus den Tiefen Matariyyas. Die Hände neben seinen Schultern abgestützt, erhob sich ihr Gesicht nun über seinem, und neuerlich spiegelte sie seine Miene mit liebeserfülltem Feuer in ihren Augen und sinnlich geöffneten Lippen. “Dein Los ist auch mein Los, egal ob schrecklick oder herrlich.“ wisperte sie, ehe sie nun endlich, nicht mehr fähig dem Reiz seiner Nähe weiter stand zuhalten, ihren Mund mit seinem in einem innigen, leidenschaftlichen Kuss vereinte.


RE: Anything at all - Belisarius Caderitor - 21-07-2024

Belisarius fand sich in einem surrealen Moment wieder. Nicht, dass er es nicht erwartet hatte aber immer wieder war es wundersam, welchen Zauber beide hier wirken konnten. Alle Sorgen schienen fern und verschwommen, wie von einem duften Wachs umschlossen. Oft war es ihm schwer gefallen, Gedanken aufzugeben, unangenehme Ängste nicht zu pflegen und sich ganz dem Augenblick hinzugeben. Belisarius konnte sich niemals fallen lassen, da er sich darum sorgte, letztlich auseinander zu fallen und die Trümmer seiner Persönlichkeit mit eisernem Willen aufkehren zu müssen. Ihre Blicke verwirrten seinen doch so festen Geist, zerbrachen jene Fenster, die er fest verschlossen hatte und offenbarte, dass er auch nur ein gefallener Mensch war. All seine dämonische Macht, seine teuflischen Pläne, alles, nur ein Schauspiel, um zu verschleiern, wie verloren er sich fühlte. Einsamkeit war das schleichende Gift, welches jedwede Hoffnung verdarb. Skadi war die Heilung, jenes Gegengift, welches er nicht immer brav zu sich nahm. Die Vergangenheit hatte hier weniger Macht und auch Skadi konnte jenen Zauber finden, der nicht nur Begehren war. Stück für Stück setzten sie sich wieder zu Menschen zusammen, schufen sich neu, mit jedem Akt der Liebe und Hingabe.

Belisarius liebte Skadi. Er liebte sie, so dass diese Liebe jene menschlichen Funken bewahrte, dass er nicht dem Wahnsinn der Ambition völlig erlag. Sie trennte ihn davon ab, umschmeichelte nicht nur mit ihrer Schönheit und Leidenschaft seine Seelenhunger, sondern gab ihm jene Erlösung, die er stets fern suchte und niemals außerhalb ihrer Arme gefunden hatte. Zeit war ihr gemeinsamer Schatz, den sie am nächsten Morgen, wieder vermissen würden. Belisarius glaubte fest daran, dass ihre Zeit immer begrenzt sein musste, da sei ansonsten in einem falschen Himmel vergehen würde, da ihre verlorenen Seelen nicht zu lange im Glück leben konnten. Zu verdorben hatte sie ihre Vergangenheit, ihre Erinnerungen waren zu sehr Last, so dass sie jemals wahrlich dauerhaftes Glück ertragen konnten. Belisarius wusste um sich, die gemeinsame Zeit mit seiner Skadi, an die er fest glauben wollte. In ihrem Armen fand er die Geborgenheit, die die Welt still machte; und nur ihre Stimmen verweilen ließ. Der verliebte Kriegsherr spürte das Pochen seines Herzens, während sich Schweiß in seinen Händen sammelte, weil ihr Anblick auch in ihm ein nervöses Begehren weckte. Zurückhaltung, nach all den Wundern, die sie ihm gegeben hatte, war schwierig und doch hielt er sich zurück. Er wollte der Leidenschaft und dem wilden Begehren ihres ganzen Selbst nicht nachgeben. Jeder Blick, den sie austauschten, wuchs in Begehrlichkeit an und war begierig darauf, mehr zu sehen, um in der gemeinsamen Vereinigung die Welt endgültig zu verbannen. Doch Belisarius war kein Mann der Wollust, der bloßen hingeworfenen Begierde, sondern ein Mann, der wenn er etwas Gutes fand, dieses bewahren wollte. Sie hatten Zeit und diese Zeit sollte genutzt werden. Ihre Worte, ihr Anblick, all das war Schönheit, die sein ganzes Herz verlangte.

Belisarius spürte fast ihr bebendes Herz, als sie zu ihm hoch sah und sie auch tief in seine Augen blickte. Auch er antwortete ohne Worte mit einem leisen Atmen auf die treibende Sehnsucht, welches zwei Seelen vereinigen wollte. Das Verlangen seine Skadi zu berühren, sie innig zu küssen, sich mit eng ihrem Körper zu verbinden, raubte auch ihm seine Ruhe. Wie von unbekannten Mächten angezogen, wankte sie aus seiner Sicht zurück, folgte seinen liebevoll-begierigen Blicken mit schönen Schritten. Skadi lächelte, was auch ihn lächeln ließ. Sie hielt die Verbindung ihrer Hände und er hatte sich setzen können, ohne ihr direkt völlig zu verfallen. Sein Herz pochte heftig, so dass er inzwischen nicht mehr leugnen konnte, betört zu sein. Er mochte dieses Gefühl einerseits aber fürchtete es auch andererseits, da es offenbarte, dass er hier verletzlich war. Skadi hatte Macht über ihn, wie er Macht über sie hatte. Es war ein gemeinsamer Pakt ihrer Seelen, dass sie sich gegenseitig verwundbar machten, um leben zu können. Ihre Berührung seiner Hände fühlte sich himmlisch an, wie ihre grazilen Finger in seiner Hand lagen und er sie halten konnte, wissend, dass beide ihre Zeit teilten. Belisarius würde bis zu seinem Tod, der früher oder später kommen, darum wissen, dass ihre Liebe alles war, was er als Mensch von sich übrig ließ. Keine politische Macht, keine mächtige Bank, sondern alles, was sein Herz wahrlich am Ende behalten wollte, war diese Liebe. Doch Belisarius hatte in diesem Augenblick alle Mühe seine Sinne nicht völlig an ihre Erscheinung zu verlieren. Der Duft, ihre Aufmachung, ihre Bewegungen, ihre Augen, das wundersame und verführerische Lächeln; all das rief seine Sinne beisammen, wollte mehr einfordern und er wollte mehr geben, doch hielt sich zurück, wohlwissend, dass sein Zeitgefühl und seine Pflicht ihrer gemeinsamen Würde gegenüber mehr abverlangte, als ein lustvolles Nachgeben.

Belisarius beobachtete aufmerksam, nachdem sie seine warme Hand verlassen hatte, wie sie die Teetassen zur Seite gestellt hatte und so waren es nur noch wenige Bewegungen, in denen sie ein kleines Fläschchen aus einem versteckten Wandschrank holte, ehe seine unendliche Schönheit wieder bei ihm war. Gerade im Moment, als er sich anbot, selbst die Stiefel abzulegen, warf sie ihm einen gespielt tadelnden Blick zu. Er brach sofortig seine Bewegung und presste seine Lippen zusammen, wobei er sein liebevolles Lächeln nicht verbergen konnte. Seine Mimik fand eine liebliche Menschlichkeit, die einem Kriegsherren nicht passte aber einem Menschen, der verliebt war. Skadi ließ sich zu seinen Füßen nieder. Belisarius beobachtete, wie ihr wunderschönes Kleid, ihre Figur und Erscheinung, wie Kunst, umzeichnete und ihr nicht nur eine würdige, sondern auch begehrenswerte Darstellung verlieh. Skadi hatte gut gewählt und wusste um die Wirkung von Mode und insbesondere weiblicher Kleidung. Eine gewisse Fantasie reifte in seinem Geiste, die ein seine Augen schärfte. Insbesondere ihre Haare fielen in seinen Blick, die ihr noch weitere Anmut gaben. Fast hätte er seine Hand ausgestreckt, um ihr sensibel durch die Haare zu streichen. Geschickt öffnete die erfahrene Liebeskundige seine Schuhe, stellte sie am Rand der Polsterstatt ab, ebenso seine militärischen Socken, was ihm etwas unangenehm war. Es waren Socken und somit nicht zwingend wohlriechend. Zum Glück überlagerten die hiesigen Düfte seine Scham, so dass er es geschehen ließ, um den Moment nicht zu brechen.

Wieder konnte er nicht vom Anblick ihrer Bewegungen lassen, als sie den Korken des Fläschchen lockerte und sich eine duftende Essenz auf die Handflächen rieb, um ihm damit die soldatischen Füße zu massieren. Es fühlte sich erst seltsam, dann angenehm an, so dass Belisarius kurz zuckte, bevor die Entspannung einsetzte. Seine Füße waren die eines Soldaten und ihre Narben, Wundlinien und auch Hautzustand sprachen ihr eigenes Zeugnis. Belisarius war viel zu Fuß unterwegs und marschierte viel. Kampfer und Minze kribbelten auf seiner Haut und erlaubten tatsächlich Entspannung, die er nun zulassen konnte. "Danke," sagte er und wollte mehr sagen, doch verlor er die Worte, da es seltsam falsch war, jetzt diesen Moment mit Politik zu verderben. Über Krieg zu sprechen, mochte ihm sonst leicht fallen aber in dieser Zeit hier nicht. Skadi war klug, durch ihn in dieser Politik ausgebildet worden, und doch war sie jetzt nicht der richtige Gesprächspartner für diese Gedanken, weil sie ihm bereits eine Zuflucht davon bereitet hatte. Doch er konnte seine Gedanken nur bedingt verleugnen, sie nur verschieben, auf einen späteren Zeitpunkt, wenn die Zuflucht sich gewandelt und auch geöffnet hatte.

Belisarius brauchte stets Macht und Kontrolle über alle Dinge in seinem Leben. Sein Geschick und sein strategisches Denken richteten sich auch nach innen. Doch dieser Augenblick war anders. Es war nicht notwendig, hier nach Kontrolle oder Macht zu streben. Sie sagte etwas, was ihn beruhigte und selbst seiner teuflischen Seite einen neuen Frieden gab, denn sie glaubte an ihn und sie glaubte auch daran, dass er diesen Krieg mit Vernunft und politischem Sachverstand führen konnte. Es wäre gelogen zu sagen, dass Belisarius kein Gewissen hätte. Er verachtete Übermaß und unnötige Gewalt. Politische Handlungen mussten immer Ratio und Vernunft nachweisen, so dass Belisarius niemals willkürlich handeln würde. Der Glauben seiner Skadi befeuerte eine tiefe Gewissheit, dass seine Ambition noch nicht falsch war. Gelegentlich zweifelte er an sich selbst. Skadi sprach ihm ein Gewissen zu und diese einfache Tatsache, schuf eine wahre Erleichterung, denn so sehr wollte er daran glauben, dass alles, was er tat, am Ende gut sein würde. Sie befeuerte seinen Selbstbetrug und erlaubte damit, dass er nicht weiter über den Krieg sprechen musste. Macht und Kontrolle konnten Vernunft besitzen. Belisarius lehnte sich zurück, um sich für eine winzige Sekunde von ihrem zu schönen Anblick zu lösen. Er musste sich ihrem Begehren entziehen, um nicht selbst zu verfallen. Belisarius wollte nicht übergehen, nicht der Lust nachgeben, die sie bereits schürte.

Doch seine Skadi schien es nicht mehr aus zu halten. Er spürte ihr näherkommendes Feuer, ihre anwachsende Wärme und ihre starke Begierde in sämtlicher Essenz ihrer selbst. Dennoch war Belisarius bewusst, dass er recht hatte und sie beide nicht heute darunter leiden sollten. Er senkte seinen Blick wieder hinab, mit fester Absicht, ihr Stand zu halten. Das Herz pochte immer noch heftig, trieb ihm inzwischen Schweiß auf die Stirn, während seine Augenlider im Takt seines Pulses wippten. Sie tat etwas, was unmöglich schien und näherte sich mit einem fließenden Anmut einer wahren Liebesdienerin. Skadi schob mit einer ihr eigenen Eleganz seine Beine auseinander, um zwischen ihnen zu ihm hoch zu steigen, wie ein begieriges Geschöpf aus den tiefen seiner liebessüchtigen Träume. Ihre anmutigen Hände nun neben seinen Schultern abgestützt, fand er nun ihr wunderschönes Gesicht mit all der suchenden weiblichen Sehnsucht direkt vor seinem Gesicht wieder. Ihre Lippen öffneten sich und Belisarius konnte sie nicht mehr abweisen, wollte es auch nicht mehr, da diese Art der Nähe jene Absicht zu Nichte gemacht hatte, nur zu reden. "Wir sind eins", wisperte er als Antwort in ihre Richtung, wobei sich seine Lippen bereits den ihrigen näherten. So vereinigten sich beide in einem leidenschaftlichen Kuss. Belisarius schloss seine Augen und zog seine Skadi mit einem Ruck seiner Arme fest zu sich heran, wobei er den Kuss nicht löste und immer wieder ihre Lippen suchte, um sich nicht mehr von ihr zu trennen. All die Welt verlor sich nun, denn sie wurden eins und fanden so zueinander, wie es nur leidenschaftliches Begehren konnte. Immer mehr wollte er sie spüren und wirklich eins mit ihr werden, so dass ihre Seelen sich berühren konnten und nahezu einen Körper teilten. Während sie sich immer weiter inneinander verschränkten, fand er noch Worte: "Ich bin du und du bist ich... - unsere Leben verbunden." - Und so gab er seine Macht und Kontrolle auf, verschenkte sie fast an Skadi, die nun ganz für diesen Augenblick über ihn verfügen konnte.


RE: Anything at all - Skadi Lykgaard - 28-07-2024

Die Zeit schien mit einem Male vollkommen still zu stehen, angehalten für die Unendlichkeit ihres Liebesspiels, nicht enden wollend, nicht enden könnend, ewig unveränderlich, unvergänglich göttlich. Und gleichsam rannen Skadi die Sekunden jedes Augenblicks viel zu schnell wie Sand durch die Finger, ließen sich nicht aufhalten, rieselten unaufhörlich dahin und zeugten von der Endlichkeit ihrer Vereinigung. In diesem zwiespältigen Dilemma aber gab sie sich ganz und gar der Nähe zu ihrem Liebsten hin, der sie mit seinen starken Armen packte und zu sich hinab zog in einen Strudel aus Küssen und Liebkosungen. Lippen trafen sich und trennten sich, nur um sich gleichsam wieder in Begehren zu begegnen. Zärtliche Berührungen erkundeten den Körper des anderen, wurden hitziger und dringlicher, pressten den anderen an sich, als würden sie ganz ineinander aufgehen wollen. Alsbald wurden die Stofflagen, die ihre Leiber kleideten, nur zu einem unliebsamen Hindernis, dessen man sich behände zu entledigen wusste, um endlich warme Haut an weicher Haut spüren zu können. Vollkommen von Leidenschaft erfüllt trieben sie dahin in der Sehnsucht nacheinander, nach einer Vereinigung, die weit mehr war als die Erfüllung körperlicher Lust. Hier trafen sich zwei Seelen, die in ihrer gemeinsamen Einsamkeit Heilung füreinander waren und nur durch die Hoffnungslosigkeit einer gemeinsamen Zukunft im Hier und Jetzt existierten. In diesem Augenblick, den der Rhythmus ihrer beider Körper bestimmte, lag alle Liebe und alle Wahrheit, die ihnen sonst verwehrt war. Hier war Glück und Seligkeit, Schönheit und Freude. Doch wenn der Morgen nahte und die ersten Strahlen der Sonne wieder durch das Fenster schienen, legten sich diese nicht auf ein Paar, das sich in der Ewigkeit verbunden fand, sondern auf zwei Getriebene, die von der Trostlosigkeit der Welt getrennt gehalten wurden. Für Skadi und Belisarius würde es immer nur die Nacht geben, verstohlen und versteckt, nur lebendig im Geheimnis ihrer Liebe, die nie an die Öffentlichkeit treten durfte.

In diesem Zauber einer Märchennacht wurden sie eins, knüpften erneut das fragile Band eines Versprechens, das keinem von beiden wirklich leichtfiel. Denn in dem Bewusstsein der Leere ihrer beider Herzen lag eine Zerbrechlichkeit, die eben jene heilige Fürsprache an das Leben des anderen besonders wertvoll machte. Das Vertrauen in Belisarius hatte Skadi nicht leichtfertig gelegt, doch einmal gegeben war es ihr unmöglich es wieder zurückzunehmen ohne ihr eigenes Wesen tödlich zu verwunden. Sie war sein, so wie er der ihre war. Auch wenn damit niemals eine Zukunft einhergehen würde, die der Konvention entspräche. Vielleicht auch gar keine, wer konnte das schon wissen. Doch das war Skadi ohnehin gleich. Sie lebte nicht in der Erfüllung eines Wunschtraumes, sondern in der harschen Realität der Gegenwart und in dieser durfte sie endlich mit ihrem Liebsten eins werden. Endlich war es auch ihr erlaubt sich der Erregung hinzugeben, die ihre Freier sooft bei ihr suchten, aber in ihr nie auslösen konnten. Nur Belisarius war es vergönnt ihre ganze lustvolle Hingabe spüren zu dürften. Ihm musste sie nichts vorspielen, bei ihm durfte sie sein und fühlen, sich ihm vollkommen schenken mit jeder Faser ihres Seins, in ihm aufgehen und mit ihm zu einer himmlischen Einheit werden. Selbst ihre Sinne waren gänzlich auf ihn ausgerichtet, umgeben von seinen Berührungen, seinem Atem, seinem Duft, seiner wunderschönen Gestalt. Nichts anderes existierte außer er, weder Zeit noch Raum, kein Krieg und keine Schmerzen, alles Negative wurde weggebrannt in dem Feuer ihrer Leidenschaft, verloderte zu unbedeutender Asche, weggeblasen im Odem des Begehrens. Nichts durchbrach die Stille außer sehnsuchtsvolles Seufzen und verlangendes Stöhnen, das jedoch nur für seine Ohren bestimmt war. Atemlos wisperte sie als Antwort auf seine fordernden Stöße “Du und ich… eins für immer und ewig.“ und gleichsam zerriss es ihr das Herz, da sie wusste, dass in der Wahrheit der Worte auch Trug lag, das Vorgaukeln eines Lebens, das niemals gelebt werden sollte.

Begehren wirbelte Sehnsucht auf, vermischte sich mit Lust und türmte sich über Leidenschaft, bis die Sinnlichkeit dem Verlangen kaum mehr standhalten konnte und sich über ihr aufbäumte wie eine gischtschäumende Welle der sturmtosenden See, in der sie zu ertrinken drohte, noch bevor der Gipfel der Erregung erlösend sich über sie ergoss gleich einem aufbrechenden Vulkan, dessen glutheiße Lava alles versengte. In ihren Ohren klingelten tausend kleine Glöckchen, ein Zittern und Beben durchströmte ihre Glieder, die sich an ihn pressten und ihn nicht loslassen wollten.

Und dann… dann ebbte die Begierde ab, machte Platz für die selige Zufriedenheit in der Nähe ihres Liebsten. Mitten in den zerwühlten Laken ihrer Liebesstatt waren auch ihrer beider Körper kunstvoll drapiert, leicht vom Schweiß der Liebesmüh glänzend. Es dauerte, bis die Sinne wieder zurück an ihren Platz fanden, bis die Erfüllung der Glückseligkeit Raum gab und sich eine freudvolle Seelenruhe einstellte. Immer noch aber konnte sie ihre Finger nicht von ihm lassen, den sie viel zu selten zu Gesicht bekam und doch aber lag eben in jeder Trennung auf eine Vorfreude, die sich durch die lange Abwesenheit nur noch wonniglicher aufstaute. “Ich liebe dich“ lag ihr auf der Zunge und blieb doch wie sooft unausgesprochen. Was sollten diese Worte auch ausrichten, welches Ziel könnten sie erreichen, welchem Sinn wären sie verpflichtet? Und war es nicht nur eine Floskel, die in keinster Weise wirklich ausdrücken konnte, in welchem Umfang Skadis Wesen auf das seine ausgerichtet war? Den Worten fehlte es an Bedeutungskraft, um auszudrücken, wie sehr die Liebesdienerin ihrem Nachtkönig verwoben war. Ihr Schicksal war sein Schicksal, ihr Heil abhängig von seinem Heil, würde er untergehen, wäre sie an seiner Seite. Die ungestüme Wilde, die sich niemals jemandem verpflichtet fühlen wollte, die in menschlichen Verbindungen, Freundschaften oder Familien eine unsinnige Konvention sah, die nur darauf aus war, dass man verlassen wurde, die in der Einsamkeit und dem Alleinsein die einzig wahre Lebensform zu zelebrieren pflegte, unabhängig, rastlos und in all ihren Entscheidungen frei, lag nun neben der einzigen Person, für die sie Leib und Leben ohne zu zögern jederzeit opfern würde, ohne die sie keinen Grund hatte zu atmen oder zu essen. Für ihn erduldete sie Stillstand, für ihn überstand sie all die widerlichen Freier, für ihn nahm sie Mord und Tod in Kauf. Und all das mit Freuden, solange eine Nacht wie diese als Lohn winkte.

Doch irgendwann mussten Worte wieder gefunden werden. Es half ja doch nichts. Schweigen ließ die Zeit nicht anhalten und so war es sinnvoller, nicht nur nach körperlicher Befriedigung zu streben, sondern auch nach geistiger. Krieg stand im Raum und das hieß wohl auch, dass es möglicherweise neue Aufträge für die Attentäterin geben könnte. “Sag mir, was deine Seele bedrückt. Lass mich teilhaben an deinen Plänen und sag mir, wie ich dir helfen kann.“ denn er war nicht allein, auch wenn es nach außen den Anschein haben mochte. Er war nicht allein mit der Last der Kriegstreiberei, die nicht in seiner Entscheidung lag, sondern auf den Gelüsten anderer gewachsen war. Er war der ausführende Arm, der sich mit den Schrecken und Wirrnissen auseinandersetzen musste, den die Narben von Schlachten und Ränken nicht nur auf seinem Körper, sondern auch auf seinem Gemüt zeichneten. Sie war da, Skadi, sie konnte ihm helfen das Joch zu tragen und ihm Mut und Zuversicht zusprechen.