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my bare hands paved their paths - Safiyya bint Aldir - 02-07-2024 my bare hands paved their paths
You don't get to tell me about sad
If you wanted me dead, you should've just said Nothing makes me feel more alive „Ich hab kein freies Zimmer“, ließ sie ihn direkt leise wissen. Die Geschäfte liefen gerade noch gut und das musste sie mitnehmen, so lange es ging. Wenn Ridvan nach und nach alle Männer aus der Stadt abzog, würde auch ihr Business darunter leiden, so viel war klar. Doch heute Nacht hatte man das Gefühl, dass sich der ein oder andere noch eine Abschiedsnacht zu gönnen schien, wenn es in den nächsten Tagen Richtung Castandor ging. Vorsichtig schloss sie die Tür hinter Hafiz und legte die drei Schlösser zur Sicherheit um. „Du kannst dich erstmal in den Salon setzen. Je nachdem wie die Nacht läuft habe ich vielleicht irgendwann ein Bett für dich. Oder du musst mit dem Fußboden Vorlieb nehmen.“ Vielleicht gab es auch irgendwo noch eine Sitzgruppe oder Liege, auf der er schlafen könnte. Mal sehen. Safiyya nutzte den kurzen Augenblick, um Hafiz zu mustern. Er sah immer unberechenbar aus, aber heute vielleicht ein wenig besorgter als sonst? „Eintopf? Wein?“, bot sie fragend an und wies ihn dann an, ihr zu folgen. Natürlich war er nicht das erste Mal hier. Nicht nur einmal hatte er hier für Ordnung sorgen dürfen. Die Mädchen kannten und schätzten ihn – auf ihre eigene Art und Weise. Die eine Hälfte hatte große Angst vor ihm, die andere wusste, dass er keine von ihnen jemals anrühren würde. Und auch Safiyya wusste das. „Je nachdem wie gut du bei Kasse bist, kannst du natürlich auch ein Zimmer mit Einrichtung haben“, scherzte sie und zeigte auf einen Hocker neben einem kleinen Tresen, hinter welchen sie ging. Die Haare hatte sie streng zusammen gesteckt, während sie ein wallendes, rotes Gewand trug, dessen Farbe zu der ihrer Lippen passte. Drei, vier Männer und Damen verteilten sich auf die anderen Ecken des dunklen Raumes. Teilweise wartend, teilweise ausruhend. „Heute ist viel los“, entgegnete sie leise. „Ich hab das Gefühl, dass…“ Sie ließ den Blick einmal durch den Raum schweifen. „viele ihre letzte Nacht in Freiheit feiern.“ Sie schluckte die Emotionen, die dieser Satz mit sich brachte herunter und stellte ein leeres Glas auf den Tresen, während sie Hafiz einen fragenden Blick schenkte. RE: my bare hands paved their paths - Hafiz Al-Jazari - 02-07-2024 ![]() Wieder einmal musste Hafiz seinen Unterschlupf wechseln und auch, wenn er mit seiner brüchigen Lehmhütte keinen Luxus besaß, war es doch sein Zuhause. Und er hasste es, nicht in seinem Zuhause zu sein. Dort hatte er damals noch mit seiner Mutter und seinem Bruder gelebt, es war eines der wenigen Dinge, die er noch von beiden hatte. Zugleich war es auch dieses verdreckte Versteckspiel, das er so hasste. Er war kein Mensch, der es gewohnt war, sich verstecken zu müssen. Menschen versteckten sich vor ihm. Aber er war mittlerweile vernünftig genug, um es besser zu wissen. Seinen Unterschlupf alle Tage zu wechseln, war vernünftig, das hatte seine Familie, also die Amra, ihm klargemacht. Er vertraute niemanden, aber ihnen. Und wenn dieses ganze Versteckspiel eine gute Sache an sich hatte, dann die, dass er heute Abend bei Safiyya auftauchen konnte. Durfte. Denn sie war die Schönheit selbst, ein Juwel unter der Sonne Matariyyas. Niemand war ihr ebenbürtig, und er am allerwenigsten. Hätte ihm jemand offen gesagt, dass er für sie schwärmte, hätte er ihn vermutlich zumindest blutig geschlagen, aber es war auch die Wahrheit. Ein wenig. Die Türe wurde irgendwann geöffnet, und Hafiz hatte wirklich vorgehabt, sie schroff darauf hinzuweisen, dass sie sich verspätet hatte; immerhin war er vor dieser Türe und in dieser elendig siffigen Straße schon ein Dutzend Mal hin und her gegangen. Wie ein eingesperrter Tiger, der er auch irgendwann war. Doch irgendwann würde er zubeißen, bald würde es so weit sein. Aber nicht heute, nicht jetzt, denn sobald er in das schöne Gesicht der jungen Sommerländerin sah, verschlug es ihm die Sprache. Oder zumindest die Schimpfworte. „Zeit wird´s“, grummelte er mit tiefer Stimme und zwängte sich ein wenig an ihrer schlanken Figur vorbei. Selbst ihrem Körper gehörte jeden Tag Respekt vor Heofader gezollt. Er hatte es wirklich gut mit ihr gemeint.
Seine wachen Augen, gezeichnet von einem Schmerz, der in der Hölle selbst geschmiedet worden war, sahen sich kurz um, und dann registrierte er befriedigt, dass Safiyya hinter ihm die Türe schloss. Endlich weg von der Pisse der Straße. „Ich schlafe auf dem Boden, vielleicht in deinen Räumen?“, versuchte er es mit seiner tiefen, brodelnden Stimme und lachte kurz dreckig auf. Safiyya wusste, dass er sie verehrte, und hoffentlich würde sie es ihm nicht krumm nehmen. Er war einfach ein verdreckter Straßenköter, geboren unter der matariyyanischen Sonne. „Beides.“ Ein „bitte“ kam ihm nicht über die Lippen, er hatte wahrlich schlechte Manieren. Und dennoch war er ihr dankbar, dass er sie immer wieder hier besuchen durfte. Niemals würde er hier eine Frau anfassen, eher kümmerte sich um die, die es zu weit damit trieben. Elendige Dreckskerle. Jawohl. „Aus was besteht der Eintopf heute?“ Hafiz musterte interessiert den schönen, roten Stoff, in dem sich Safiyya heute zeigte und er schüttelte den Kopf über sie. „Was ist das bloß mit Heofader und dir?“ Vielleicht mochte das für sie zusammenhanglos klingen, er verstand es jedoch. Dann begab er sich weiter ins Innere des dunklen Raums; die Frauen lächelten ihn begrüßend an, sie wussten, von ihm ging keine Gefahr aus. Die Männer hingegen wussten nun, dass es einen besonderen Aufpasser im Haus gab. Gut so. Hatte er schon gesagt, dass die alle elendige Miskerle waren? „Das ist gut, oder…? Hat alles geklappt mit deinen Frauen? Ich meine mit dem Vorschlag, dass einige von ihnen mit in den Krieg ziehen sollen. Um Freude zu bringen und so.“ Er setzte sich und sah sie wieder an. Verdammte Schönheit. Worte waren einfach nicht seine Stärke. RE: my bare hands paved their paths - Safiyya bint Aldir - 02-07-2024 Sie wusste, dass es Hafiz mit der Situation nicht gut ging. Zugegeben – wem ging es damit überhaupt gut? Frauen verloren ihre Männer, Kinder ihre Väter, Familien ihr Einkommen. Es war ein absolut dummer, grausamer und verheerender Schachzug, doch das schien das Königshaus anders zu sehen. Hafiz war es nicht gewohnt, sich im Hintergrund zu halten. Er war laut und seine pure Ausstrahlung war Präsenz. Jetzt musste er ein paar Tage, oder eher Wochen, den Ball flach halten und Safiyya wollte eigentlich gar nicht wissen, was passierte, wenn man diesen hungrigen Tiger einsperrte – selbst wenn es in den Räumlichkeiten eines Bordells war. Grummelnd schob er sich an ihr vorbei, aber sie hatte nur ein müdes Kopfschütteln dafür übrig. Vielleicht verstand es der Hobby-Boxer nicht, aber sie arbeitete hier und konnte schließlich nicht alles für ihn stehen und liegen lassen.
Bei seinen Worten musste sie schallend lachen, obwohl sie das sonst fast nie tat. Jedenfalls nicht ehrlich. Hier schon. „Ich bezweifle, dass du dir das leisten kannst.“, zog sie ihn auf, ohne es böse zu meinen und winkte ihn dann mit. „Ich muss mal sehen, was Ayla gezaubert hat. Ich hab auch noch nicht gegessen.“ Viel zu tun eben. „Ist zur Zeit ein bisschen Mau. Der Markt, auf den wir sonst gehen, liegt direkt an der Küste.“, murmelte sie und schluckte wieder etwas schwerer. Da hatten die Menschen gerade andere Sorgen als ihre Marktstände. Langsam wussten sie nicht mehr wohin mit ihren Problemen. Safiyya werkelte gerade an dem Tresen, als Hafiz wieder sprach und sie scharf aufsah. „Heofader? Bleib‘ mir nur fern mit diesem Ba – “, sie hielt inne und schluckte ihren Zorn herunter. „Welcher verdammte Gott schwemmt Kinder davon und raubt ihnen jetzt noch ihre Väter?“, zischte sie wütend und knallte unsanft eine Flasche Wein auf den Tisch. Einschenken konnte er sich jetzt selbst. Safiyyas Familie hatte den Glauben nicht ausgiebig gelebt. Natürlich waren sie zu Messen gegangen, aber in dem geschäftigen Leben einer großen Familie hatten regelmäßige Gebete wenig Zeit gefunden. Mit mehr und mehr Leid hatte Safiyya zu zweifeln begonnen, ob diese höhere Macht es wirklich gut mit ihnen meinte, oder ob der Gott Matariyya schlichtweg vergessen hatte. Vielleicht war Heofader auch einfach nur ein Gott der Reichen, schenkte ihnen Paläste und Prunk, während er den Rest in deren eigenen Pisse ertrinken ließ. Vielleicht waren diese Gedanken aber auch nur ein Ventil für ihren Ärger. „Gut?“, fragte sie dann schob eine Haarsträhne zurück an ihren Platz. Denken war nicht Hafiz‘ Stärke, aber das musste es auch nicht. „Auf kurz gedacht, ja. Das wird sicher eine der lukrativsten Wochen seit langem. Aber wenn alle unsere Kunden das Land verlassen, kommen ziemlich dunkle Monate auf uns zu. Ganz unabhängig davon, dass die gesamte Wirtschaft zusammenbrechen wird, wenn so viele Arbeitskräfte wegfallen.“ Von den emotionalen Folgen ganz zu schweigen. Sie schüttelte den Kopf und ging dann kurz ins Nebenzimmer, um Hafiz eine Schale mit heißem Eintopf zu holen. „Für normale Menschen ist das scharf. Du hast deine Geschmacksknospen ja schon mit zu viel Chilli getötet.“, entgegnete sie und reichte ihm noch einen Löffel. Nachdenklich stützte sie sich auf der Theke ab. „Ich weiß nicht, ich hab mich noch nicht endgültig entschieden“, ging sie dann wieder auf seine Frage ein. „Verzweifelte Männer, die sich auf den Weg in den eigenen Tod machen sind meistens keine guten Kunden.“ Sie sah auf und musterte das geschundene Gesicht vor ihr. "Hast du nicht gesagt, du willst dich bedeckt halten?", fragte sie und nickte der eindeutig neuen Wunde an seiner Schläfe zu. RE: my bare hands paved their paths - Hafiz Al-Jazari - 03-07-2024 Dieses Lachen, bei Heofader, er war ein glücklicher Mann, zumindest für einen kurzen Moment. Solange dieses schallende Lachen an seine Ohren drang, konnte er Glück verspüren, das merkte Hafiz ganz tief in sich drin. Es verging leider viel zu schnell, und er wollte alles töten, was das heraufbeschworen hatte. Solch eine wunderbare Kreatur musste die Welt immer mit ihrem Lachen zu einem besseren Ort machen. Aber sie lebten in Matariyya, da stand Glück und Seligkeit nicht sehr weit oben auf der Tagesordnung. Das zeigte zumindest auch die nach Pisse riechende Straße, die er gerade hinter sich ließ. Und doch kannte Hafiz es nicht anders; hier gehörte er hin, wie ein getretener Straßenköter, der immer wieder zurückkam. Nur, dass er trat und verprügelte. Welch wunderbare Poesie. Er nahm Safiyyas Worte nicht böse, er wusste doch selbst, dass er solch eine Frau nie haben konnte. Nie hätte er für Sex bezahlt, und Safiyya gehörte Respekt gezollt, keine Münzen zugesteckt. Erneut wurde er innen drinnen böse, ein Tier, das laut aufschrie und das er nur zu gut kannte. Also brummte er einmal auf und sah sich um, ob er hier irgendetwas zerstören konnte. Safiyya durfte mit keinen Männern hier schlafen, es waren allesamt Dreckskerle. Doch dann drang ihre Stimme an sein Ohr und er sah sie kurz wütend, dann weicher an. Er konnte nicht anders, es war Heofaders Macht. „Du solltest mehr essen“, grummelte er und haute einmal mit seiner Faust auf den Tresen. Kurz sahen sie anderen Anwesenden zu ihm, doch er entschuldigte sich nicht. Nie. Selten. Hafiz´ Gedanken glitten zu der großen Tragödie mit der Flutwelle und sein Herz brach, wie so oft in den letzten Jahren. Doch als Safiyya es wagte, Heofader selbst infrage zu stellen, legte er ihr seinen Zeigefinger schnell auf die Lippen. Erneut ein wütender, funkelnder Blick. „Bist du verrückt, wie kannst du es wagen?“ Hafiz schüttelte den Kopf. „Heofader könnte uns auch alle vernichten, wenn er wollen würde. Und dennoch leben wir noch. Er hat die Amra erschaffen, er hat auf anderen Ländern etwas Gerechtigkeit erschaffen. Und wenn er uns sehr liebt, wird er den verdammten König irgendwann selbst die Luft abschnüren.“ Er war leiser geworden, und doch hatte seine Stimme nicht einen Deut Wut und Frust verloren. „Wir sollten nie an ihm zweifeln, nur uns an ihn klammern. Deshalb lebe ich heute noch.“ Dann sah er über den Tresen, weil er wirklich Hunger hatte, und er schwor sich, die nächsten Tage irgendwann zur Küste zu reisen, vielleicht konnte er ein wenig Hand anlegen. „Gibt’s jetzt was zu essen?! Was dauert denn da so lange?“ Hmpf. Es war mittlerweile wirklich spät. Bei ihren nächsten Worten sah er sie erneut an, und es überkam ihm wie ein Segen des Großen selbst. Doch er sagte nichts mehr, weil er Safiyyas Meinung ja nun kannte. „Ich verstehe, was du meinst. Zumindest den letzten Teil mit den Kunden… aber vielleicht kann ich da Abhilfe schaffen. Ich habe letzte Woche erst mit einer meiner Söldnerinnen gesprochen. Sie war ganz erpicht darauf, mit nach Castandor zu reisen, und ich denke, dass sie dort ein gutes Auge auf deine Mädchen haben könnte. Wenn sie Hilfe brauchen, sollen sie sich an sie wenden. Sie kann Männern besser die Eier abschneiden als sonst irgendjemand.“ Er nickte breit grinsend und sehr zufrieden und holte sich dann den Eintopf zu sich. „Ich liebe scharfes Essen, weißt du doch. In den meisten Bruchbuden verkaufen sie nur lahmes Scheißessen.“ Dann nahm er einen großen Löffel und war fast komplett zufrieden. Er aß und vergaß dabei fast Safiyya zu antworten, doch dann drangen die Worte doch an sein Gehirn und er schnaubte nur auf. „Wie soll man sich bedeckt halten, wenn da draußen nur verschissene Elendstypen rumlungern? Sei froh, dass ich ihm nur die Nase, und nicht gleich das Genick gebrochen habe. Er hat sich einem meiner Schützlinge gegenüber äußerst brutal verhalten; das habe ich ihm heimgezahlt. So schnell, wie der seine Beine in die Hand genommen hat, ist er gestern noch bis nach Norsteading gekommen.“ Erneut lachte Hafiz tief und fast schon melodisch. „Wie geht es dir sonst so?“ Hafiz räusperte sich und sah sich verstohlen um. „Soll ich irgendjemandem für dich wehtun?“ Das war seine Sprache der Liebe. RE: my bare hands paved their paths - Safiyya bint Aldir - 03-07-2024 Ja, sie sollte mehr essen, aber oft vergaß sie es. Der Arbeitsalltag war hektisch und voller Trubel, da ging so etwas manchmal unter. Tadelnd legte sie den Kopf schief, als Hafiz‘ Faust lautstark auf dem Tisch landete. Er sollte für Respekt sorgen, nicht die Kundschaft vergraulen. Dass sie das Wort anschließend gegen Heofader erhob, schien ihm nicht sonderlich gut zu gefallen. Das wütende Blitzen in seinen Augen kannte sie. Hafiz konnte seine Gefühle nur schlecht verbergen und Wut war eines der Gefühle, die bei ihm oft zum Tragen kamen. Dieses Funkeln hatte etwas an sich, was es mit einem Gewitter aufnehmen konnte. Wie Blitze, die durch seine Pupillen schlugen. Sie verzog das Gesicht, als er ihr seinen Finger auf die Lippen legte, der so roch, als hätte er ihn tagelang nicht gewaschen. Es folgte ein Monolog über den heiligen Gott, der Safiyya seufzen und seinen Finger beiseite schieben ließ. Irgendwann hob sie belustigt eine Braue und beugte sich auf dem Tresen nach vorn. „Ich dachte nicht, dass du dir dieses Privileg nehmen lassen würdest.“, schmunzelte sie, als er von Heofader und Ridvans Hals sprach. „Sag mir nicht, ich träume umsonst jede Nacht von deiner Hand an seiner Kehle.“ An Heofader klammern – na sicher. Hafiz würde Safiyyas Meinung durch seinen Aberglauben nicht ändern. Heofader war ein Gott der Reichen, der Privileg und Pest schenkte – und diese scheinbar klar zu verteilen wusste. Nie wieder würde sie sich an irgendetwas klammern, in der Hoffnung, dass es ihr Hilfe schenken würde. Hafiz musste selbst doch am Besten wissen, dass niemand es gut mit ihnen meinte. Weder ein Gott, noch ein König, noch ein Fürst. Die letzte Hoffnung war das Schicksal in den eigenen Händen und wenn Heofader dies auch noch zu verhindern wissen würde, dann sollte es wohl so sein. „Ich klammere mich an gar niemanden. Du lebst noch, weil DU deine Feinde dem Erdboden gleich gemacht hast und nicht weil dich irgendeine höhere Macht beschützt. Glaub mir, so wichtig bist du diesem Gott nicht.“, zischte sie. „Und falls doch, sollte er dich anweisen, dringend mal zu baden. So riechen dich Sahids Männer auf hundert Metern gegen die Windrichtung.“ Sie rümpfte noch einmal die Nase und holte ihm dann sein Essen. Auf sein Gedrängel ging sie gar nicht ein. Solch einen Ton war sie gewohnt. Sie holte sich auch einen kleinen Teller und stocherte etwas gedankenverloren darin herum, während sie Hafiz‘ Idee lauschte. „Eine Söldnerin, die freiwillig mit nach Castandor reist?“ Sie hob erneut eine Augenbraue. „Welches Ziel hat sie?“ Sie vertraute Hafiz und zu einem gewissen Grad auch seinen Mittelmännern und -frauen, aber häufig überwog die Skepsis. „Ich weiß, dass wir dringend Augen und Ohren an der Front brauchen, aber ich kann diese jungen Frauen unmöglich in ihr Verderben rennen lassen.“ Sie war unschlüssig und wusste, dass ihr die Zeit davon lief. Vielleicht war Hafiz‘ Söldnerfrau ja tatsächlich ein guter Kompromiss. Weil er sich nichts zu trinken eingeschenkt hatte, übernahm Safiyya dies nun doch für ihn und schob ihm das Weinglas entgegen. Hafiz‘ Energie brachte Safiyyas Mundwinkel erneut zum Zucken. Diese Leidenschaft, mit der er sein Leben bestritt war fast ansteckend und sie liebte es, wenn er ihr derart Geschichten erzählte. „Zuerst scheint er sich zumindest gewehrt zu haben“, murmelte sie und streckte die Hand nach Hafiz‘ Schläfe aus, an der eine überschaubare Wunde klaffte. „Soll ich mir das nachher mal ansehen?“ Wahrscheinlich würde wieder irgendeine stolze Tirade folgen, aber entzündete Wunden wollte niemand haben. Da musste Hafiz auch mal über seinen Schatten springen. Anschließend schüttelte sie den Kopf und richtete sich wieder auf, um den Blick durch den Raum schweifen zu lassen. „Obwohl so viel los ist, ist es erstaunlich… ruhig. Zu ruhig, wenn du mich fragst. Riecht nach der Ruhe vor dem Sturm.“ Unter Hafiz‘ letztem Löffel zog sie ihm direkt den Teller weg, um ihn wegzustellen und zu Ayla zu bringen. Seufzend blickte sie zurück zu Hafiz. „Bitte lass dich baden. Es reicht schon, wenn es da draußen nach Pisse stinkt, aber du bringst diesen Kloaken-Geruch mit in meine Räume.“ Sie schloss ein Schmunzeln an, damit er ihr die Aussage nicht zu krumm nahm. RE: my bare hands paved their paths - Hafiz Al-Jazari - 04-07-2024 Triggerwarnung: Tod, Mordgedanken
Was sollte er tun? Leiser sprechen? Bei Heofader, was würde er mitnichten tun! Sie sollte ruhig merken, dass es ihm ernst war und dass er sich mit allem Respekt um sie sorgte. Und eigentlich war Hafiz niemand, der sich um Andere schnell Sorgen machte. Oder aber er tat es und versteckte es hinter lauten, schreienden Worten. Seine funkelnden Augen trafen sie also, wollten sie in ihrem Widerwillen bezwingen, aber wenn es jemand mit ihm aufnehmen konnte, dann sie. Immer Safiyya. Es war ihm egal, welche Männer fast schon ängstlich zu ihm sahen, er wollte, dass sie mehr aß. Ende. “Du träumst also von mir? Damit wären wir auf Stufe eins.” Nun lächelte er, wobei sein Lächeln immer etwas Irres an sich hatte. Seine Mundwinkel wussten anscheinend nicht, wie das funktionierte, und ein kurzes, zustimmendes Brummen folgte. “Aber du hast wohl Recht. Niemand wird mir das Vergnügen nehmen, den König selbst zu töten. Es wäre so einfach, Safiyya, so einfach. Meine Hand würde seine winzig kleine Kehle einfach umschließen. Zudrücken, bis er verreckt. So wie… damals.” Hafiz´ Gedanken gingen an den dunkelsten Ort, den sie kannten. Fanden das Trauma, den Tod. Die Zerbrochenheit, all die Splitter, die immer noch in seinem Fleisch und Gehirn festsaßen. Zustachen, immer wieder. Nach all den Jahren hatten sie nicht an Schärfe verloren. Kurz war er dort, an diesem dunklen Ort der Hölle, und er schwor sich erneut, jedes Königsfamilienmitglied mit bloßer Hand zu erwürgen. Sie hatten das Blut von Unschuldigen an den Händen, er würde das Blut von Verrätern und Mördern an seinem Leib kleben haben. Und es könnte ihm nicht egaler sein. Glücklicherweise sprachen sie beide dann über Heofader, und einigen der Amra mochte es es seltsam erscheinen, dass er an ihn glaubte, aber… er war einfach immer da gewesen. Hatte ihn quasi gerettet und aus der tiefsten Dunkelheit gezogen. Heofader selbst hatte die Amra erschaffen und sie zusammengeführt. “Ich liebe es, meine Feinde dem Erdboden gleichzumachen”, nickte er zustimmend, als hätte das jemals zur Diskussion gestanden. “Und sag was du willst, süße, mild würzige Safiyya. So schön, klug und hinreißend du auch sein magst, über Heofader weißt du nicht das Geringste.” Das mit dem Gestank berührte ihn nicht, warum auch? In Matariyya stank doch alles. Und wenn etwas einmal gut roch, dann nur, weil man versuchte, den stinkenden Fisch mit Parfum zu übertünchen. Um Ruhe zu schaffen, die es nicht gab. Friede, pah. Es würde Krieg geben. “Ich stinke nicht, ich war erst vor einigen Tagen baden. Wobei, wenn du so fragst; wir könnten auch zusammen baden gehen.” Er grinste nun und zeigte dabei seine Zähne. Der Eintopf schmeckte gut und eine ganze Weile aß er schweigend, während die wunderschöne Frau ihm gegenüber den Tresen aufräumte, sprach und sich natürlich Sorgen machte. Doch sie wusste doch eigentlich, dass sie sich auf Hafiz immer verlassen konnte. Niemals würde er sie mit seinen Entscheidungen enttäuschen. “Du lässt sie nicht ins Verderben laufen, Diamant meiner Träume.” Er seufzte schwer, als hätte er ein besonders schweres Los mit ihr gezogen. “Die Winterländerin weiß, was sie tut. Ihr Ziel ist immer Gold, und das gebe ich ihr. Wir können uns auf sie verlassen, vertrau mir.” Er leckte sich ein wenig Eintopf von der Unterlippe. “Richte der Köchin Grüße aus, es schmeckt gut. Und wegen der Söldnerin nochmal… ich habe ihr schon mal wichtige Aufträge gegeben, um sie zu testen. Sie hat sie alle reibungslos erfüllt.” Dann lachte er so laut auf, dass es in dem dunklen, engen Raum nur so schallte. Safiyya war viel zu gut für diese Welt, wie eine süße Dattel, die es immer in Hülle und Fülle am Marktplatz gab. “Ich lasse mich gerne zuerst schlagen”, lachte er immer noch erstickt. “Nur deshalb, um ihnen dann zu zeigen, wie man richtig zuschlägt. Es gibt eine feine Stelle an der Schläfe, liebste Safiyya, die kennen sie alle nicht. Und da tut es besonders weh. Du brauchst dir um mich also keine Sorgen machen.” Seine stinkende Pranke fand ihre und umschloss sie. “Vergiss nicht, dass wir der Sturm sind. Wir beherrschen ihn, weil wir ihn zuvor ausgelöst haben. Und ja, wenn du unbedingt möchtest, kannst du mich sehr gerne in die Badewanne stecken und abschrubben.” RE: my bare hands paved their paths - Safiyya bint Aldir - 07-07-2024 Safiyya musste natürlich die Augenverdrehen – es war klar, dass er auf dieses Traum-Ding ansprang. „Stufe eins?“, fragte sie dann mit erhobener Augenbraue. „Was ist Stufe zwei?“ Hafiz stank, war grob und trug sein Gehirn auf seinen Händen. Er war also genau der Typ Mann, den sie mochte – also insgeheim, verstand sich. Dass er dann sagte, dass sie recht hatte, war Musik in ihren Ohren und sie schmunzelte und nickte zufrieden. Sie seufzte leise, als er sprach und lehnte sich auf dem Tresen nach vorne, während sie seinen Worten lauschte. Ihre Augen betrachteten Hafiz geschundenes Gesicht genau. Sie musterte das Feuer in seinen Augen, das Zucken seiner Mundwinkel, die sich nicht zu einem Lächeln, sondern mehr zu einem Fletschen auseinanderzogen. Und dann, wie sich die Dunkelheit in seinem Dasein breit machte. Sie hatte eine gute Menschenkenntnis und kannte Hafiz‘ Geschichte in jedem Detail – auch wenn sie sie nie von ihm persönlich gehört hatte. Sie legte einen einzigen Finger an sein Kinn und hielt den Kopf schief. Sie wollte nicht in seine dunkle Vergangenheit eintauchen, nicht heute, und wusste, womit sie ihn ablenken konnte. „Deine Worte sind wie die tödliche Umarmung deiner brutalen Hand, die kein Entkommen zulässt und jeden Atemzug erstickt. Eine Umarmung, der ich beizuwohnen mehr tun würde als für jeden Kunden in meinem Bett.“ Ein kurzes Streicheln mit dem Daumen über sein Kinn, ehe sie die Hand wieder entfernte.
Dann aßen sie beide und sprachen über den Gott, der dem Leid auf den Straßen zusah. „Ich bin alles andere als süß und mild würzig, aber weil Worte nicht deine Stärke sind, kann ich dir verzeihen“, zog sie ihn auf. Über Heofader wollte sie nicht weiter sprechen. Hoffentlich säuselte dieser Gott Hafiz nicht irgendwann Königstreue ins Ohr. „Wenn ich mich mit dir in eine Wanne setze, bin ich nachher dreckiger als vorher.“, entgegnete sie dann kopfschüttelnd und räumte noch etwas auf. Hafiz sprach weiter von einer Söldnerin, die sich ebenfalls auf den Weg Richtung Castandor machen wollte. Ja, als Söldner hatte man es in den Landen Matariyyas aktuell wohl tatsächlich nicht leicht. Für Aufträge hatten die Menschen weder Zeit noch Geld und die halbe Bevölkerung war am Aufgeben oder auf dem Weg ans Festland. Seinen Kosenamen überging Safi einfach, Hafiz versuchte ja wenigstens noch, dabei charmant zu sein und ‚Diamant der Träume‘ war sicherlich nicht das schlechteste, das sie genannt worden war. „Winterländerin?“, spuckte sie fast verächtlich aus. Vorurteile hegte die Hure nur zu gut. Eine Winterländerin, die sich in Matariyya mit Hafiz die Zeit vertrieb, um dann Richtung Castandor zu gehen? Wie auch immer, Safiyya nickte langsam. „Ich überleg‘s mir. Ich werde niemanden zwingen. Wenn es Mädchen gibt, die freiwillig gehen wollen und ich der Meinung bin, sie sind sich den Konsequenzen zur Gänze bewusst, dann soll es so sein. Kann deine Winterländerin lesen und schreiben oder mir anderweitig berichten?“ Hafiz sprach nach dem Essen von seiner… ‚Kampftaktik‘ und während Safiyya erst ironisch lachen wollte, fand sie dann doch Gefallen daran, ihm auch darin zu lauschen. „Als ob ich mich um dich sorgen würde.“ An seine Rede schloss der Schläger etwas an, das wirklich poetisch war, viel zu poetisch für ihn und doch so passend. Sie hielt einige Momente inne und betrachtete seine hungrigen Augen, während er ihre Hand unter seiner vergraben hatte. Sie tat nur so, als würde der Schmutz sie stören, eigentlich tangierte dieser sie wenig. Sie suchte nach Worten. Etwas Ironischem, Sarkastischen; Etwas, um diese Schwere ins Lächerliche zu ziehen, aber sie fand nichts. Deshalb nickte sie und ließ diesen bedeutungsschwangeren Moment und diese ehrfürchtige Aussage einfach so stehen. Es vergingen einige lange Sekunden, ehe sie ihm ihre Hand entzog und sich aufrichtete. Kurz sondierte sie den Raum ein letztes Mal, doch soweit schienen die Dinge in den dunklen Ecken des Gesellschaftszimmers friedlich zu laufen. „Komm“, nickte sie gen Tür und ging voraus. RE: my bare hands paved their paths - Hafiz Al-Jazari - 10-07-2024 Laut und in einem tiefen Bariton erklang Hafiz´ Lachen, viel zu dreckig und amüsiert für ein Etablissement wie dieses. “Stufe zwei, meine liebste Safiyya, ist der Part, wo es vom Traum zur Realität kommt.” Er zwinkerte ihr zu, oder zumindest versuchte er es, aber wahrscheinlich glich es eher einem Sandkorn, das sich in seinen Augen versteckt hatte und das ihm jetzt weh tat. Aber er probierte sein bestes. Die Stimmung schwang leider direkt um, und Hafiz´ Gedanken und Körper verabschiedeten sich in einen anwesenden Zustand. Er kannte das. Vielleicht fand er dafür keine Worte, aber mit dem Tod seines Bruders war es immer wieder gekommen. Die Starre, wenn sein Kopf dicht machte und es ihn von oben bis unten überkam. Die Erinnerungen, die Fragmente seiner zerbrochenen Seele. Es war die Stimme Safiyyas, die ihn da wieder rauslockte, wie fein gesponnene Seide wirbelte ihre Stimme durch sein Innerstes. Ihre Worte, so brutal und doch so schön, sie waren es, die ihn zurückholten. Er blinzelte und nickte. “Wir werden sie alle vernichten, Banafsajiy. Schwör es mir. Du betörst sie, ich schnüre ihnen die Luft ab. Allen, die uns wehgetan haben.” Doch sie musste gar nichts schwören, sie war hier, hier bei ihm, und dafür würde er ihr immer dankbar sein. Dafür würde er immer wieder sein Leben für sie geben. Kein Zögern. “Deine Nähe ist wie die Sonne selbst, sie wärmt mich”, flüsterte er, aber wahrscheinlich gaben die Worte aus dem Mund eines Straßenköters keinen Sinn. Das, was er war, würde er niemals verbergen können. Ein Aussätziger, Mörder, ein Schlächter. Und Safiyya war die Sonne Matariyyas.
Die Worte von der jungen Schönheit bestätigten das nur, Sprache war nicht seine Stärke, es waren seine Fäuste, die für Druck sorgten. Er würde nie für genug Romantik für Safiyya sorgen können, aber das wusste er. Dessen war er sich bewusst genug. “Winterländerin”, bestätigte er und war amüsiert über ihre Entrüstung. “Warum kannst du den Frauen dort so wenig abgewinnen? Und natürlich sollst du niemanden dazu zwingen, aber Tyra kann ihnen eine gute Stütze sein, das ist alles, was ich dir damit sagen wollte.” Ob seine Braut aus dem Winterland schreiben konnte? Woher sollte er das wissen!? “Keine Ahnung, wir schreiben uns jetzt nicht täglich Liebesbriefe, du Vöglein.” Was die Bordellbesitzerin alles wissen wollte! Jetzt würde sie auch gleich noch nach Tyras Schuhgröße fragen. Unfassbar, diese Weiber, wirklich. Er aß also eilig auf, weil er wirklich hungrig war und zum Anderen auch, weil es wahrlich gut schmeckte. Für so ein Haus gab es hier gutes Essen, er wusste ja, auf Safiyya war Verlass. Als er ihren Blick auffing, der prüfend durchs Zimmer glitt, ging sein Herz auf. Er liebte es zu sehen, wie viel ihr all ihre Frauen und Mädchen bedeuten. Sie sorgte sich um sie, beschützte sie wie eine Glucke, und wenn Hafiz sonst nicht viel fühlten konnte, das konnte er dann doch spüren. Diese Verbundenheit, aber auch der Stolz, dass er sie kennen durfte und sie seine Nähe überhaupt zuließ. Der Diamant und der Köter. Plötzlich stand die Dunkelhaarige auf und gierig verschlang Hafiz den letzten Rest, nie würde er freiwillig Reste an Essen übrig lassen. Nicht, wenn nebenan Menschen auf der Straße verhungerten… Dreckige Königsfamilie. Sie gehörten vernichtet, allesamt. “Wohin führst du mich, mein Herz?” Er sah über ihre Schulter nach vorne, weil er deutlich größer als sie war, und würde er sie jetzt von hinten umarmen, nun, er würde ihren gesamten Körper mit seinem verbergen und vor allem Leid der Welt schützen. “Sag bloß, du hast dir das mit dem gemeinsamen Bad doch noch überlegt?” Hafiz streckte seine Hand aus und seine Finger fanden ihr seidig weiches, dunkles Haar. Wie schön sie war, unfassbar. RE: my bare hands paved their paths - Safiyya bint Aldir - 17-08-2024 Safiyya fand nicht mal die Kraft, sich zu einem Augenrollen durchzuringen, schloss daher die Lider nur kurz und nickte dann. „Sicher.“, versprach sie ihm mit vorgeschobenen Lippen. Mit Sicherheit träumte der Hüne nachts von schönen Frauen und es könnte ihr nicht egaler sein, ob sie eine von diesen war oder nicht. Sie sah ihm genau an, wie seine Gedanken dann düsterer wurden. Seine Geschichte kannte sie nur aus Erzählungen und während diese einerseits tragisch war, war sie es andererseits, was ihn antrieb. Und jeder brauchte diese Art von Antrieb. Gutmenschentum machte keine Rächer der Straßen aus ihnen. Sondern Schmerz und der Wunsch nach Vergeltung. Kurz darauf war er wieder bei ihr – gedanklich. Sie erwiderte seinen Blick fest, sah abwechselnd in das eine, dann in das andere dunkle Auge, aus dem Schmerz und Feuer sprachen. Ihr Mundwinkel zog sich bei seinen Worten stolz ein wenig in die Höhe, während sie einmal zufrieden nickte. „Du weißt immer genau, was ich hören will.“, schmunzelte sie, denn seine Worte waren die bekannte Musik in ihren Ohren. Dann musste sie ernsthaft lachen und den Kopf schütteln. „Das kann auch nur aus deinem Mund kommen. Normalerweise sagt man mir ein Herz aus Eis nach.“
Hafiz sprach weiter von seiner Freundin aus dem Winterland. Safiyya schnaubte verächtlich. „Ich kann dieser Kultur nichts abgewinnen. Das hat nichts mit dem Geschlecht zu tun. Dort leben unzivilisierte Barbaren, die sich Äxte an den Kopf werfen und sich von Alkohol ernähren.“ Norsteading war der Mond zu Matariyyas Sonne und Safiyya würde nie versuchen, diese Kultur auch nur im Ansatz zu verstehen. „Ich komm’ darauf zurück.“, ließ sie ihn wissen und verdrehte dann die Augen. „Ach nein?“ Sie schob, ihn aufziehend, die Lippen nach vorn. „Ich bin sicher, du schreibst ganz herzzerreißende Liebesbriefchen.“ Sie gab nicht gern zu, dass auch andere Menschen gute Ideen hatten, aber das hier war eine und das musste sie Hafiz dann doch irgendwie lassen. Jeden Schutz, den sie ihren Mädchen in irgendeiner Form gewähren konnte, würde sie gutheißen müssen. Die Situation war sowieso schon schwierig genug für alle. Schließlich nahm sie den nach Abwasser und Schweiß stinkenden Mann mit und bog in einen der hinteren Räume des Sandsteinhauses ein. Sie konnte von Glück sprechen, dass dieses Etablissement nicht derart nah an der Küste lag, sodass es von der Flutwelle verschont geblieben war. Sie ließ Hafiz in den Baderaum, der in Kerzenlicht gehüllt war, eintreten und legte hinter ihm die Holztür ins Schloss. „Nur über meine Leiche“, entgegnete sie beiläufig , nahm ihm ihre Haare aus der Hand und entfachte das Feuer über dem Kessel in der Ecke, um warmes Wasser vorzubereiten. Das in den Sandstein gehauene Becken war das Herzstück des Bordells und Safiyyas ganzer Stolz. Liebeleien hier kosteten extra, immerhin musste das Wasser regelmäßig ausgetauscht werden, aber in letzter Zeit war hier weniger los. Einfach, weil die Männer immer weniger Geld mitbrachten. Die schlechte wirtschaftliche Lage machte sich in allen Bereichen bemerkbar – auch im ältesten Business der Welt. „Zieh dich aus“ Sie nickte in die Ecke, wo ein Paravent als Raumteiler stand, hinter dem er sich ausziehen und seine Kleidung und Waffen deponieren konnte, während sie das Wasser erhitzte. „Was mache ich, wenn es keine Männer mehr in der Stadt gibt, die mir meinen Unterhalt finanzieren?“, scherzte sie halb im Ernst und rührte mit einer Kelle im Kessel. „Vielleicht muss ich dich anstellen, um ein paar Frauen anzulocken, die ihr Geld hier lassen. Interesse?“, lachte sie leise und blickte zu ihm über die Schulter. RE: my bare hands paved their paths - Hafiz Al-Jazari - 18-08-2024 Hafiz lachte laut und dreckig, weil er ihr “sicher” sehr wohl einordnen konnte. Er war vielleicht nicht gebildet, aber er war nicht dumm. “Meine geliebte Safiyya”, seine Stimme war tief und lebendig wie der Erdboden selbst, der im gefährlichsten Tumult brodelte und bröckelte. “Du bist unerreichbar und viel zu gut für alle Männer dieser Welt. Vor allem für solch einen Straßenhund, wie ich es einer bin. Aber ich bitte dich, lass mich von dir träumen, denn das gibt mir Kraft.” Er zwinkerte ihr zu, doch das sah wahrscheinlich alles andere als edel oder verführerisch aus. Eher wie eine Bulldogge, die mit ihren Augen nichts anzufangen wusste. Aber das war Hafiz egal. Diese Wüstenblume vor ihm war einer seiner Gründe zu leben, und sie zu verteidigen und lieben war ein ganzes Lebenswerk. “Du und ein Herz aus Eis? Ich bitte dich, wer das behauptet, ist ein verblendeter Trottel. Du hast das Herz einer Löwin, geschliffen im Feuer selbst.” Er schluckte den letzten Rest des Eintopf und musste dann rülpsen, was ihm nicht einmal auffiel. Normalerweise konnte er tun und lassen, was er wollte, und er wenn nicht, machte er es trotzdem. So einfach war das Leben. Niemand sagte etwas zu ihm, weil die meisten Menschen Angst vor ihm hatten. So ließ es sich ruhig leben.
Nicht lange dachte Hafiz dann über Safiyya´s Aussage nach, denn er wusste, dass sie von einem ebenso großen Hass getrieben wurde wie er. Doch wieso er das Winterland betraf, konnte er dann doch nicht sagen. “Das Winterland mag barbarisch sein, aber das bin ich auch. Ich habe gehört, dass das Königspaar gut zu seinen Untertanen ist. Man säuft und isst zusammen, anders als hier, wo der verdammte König das gesamte Land verhungern lässt.” Er spuckte auf den Boden, obwohl er wusste, dass er dafür von seiner Geliebten gleich eine böse Ermahnung bekommen würde. “Ich finde, dass die Kultur der Winterländer eine bessere ist als die unsere. Es mag kaltes Wetter geben, aber wenigstens haben sie kein kaltes Herz ihrem Volk gegenüber.” Dann grinste er breit und sah sie herausfordernd an. “Meine Blume des Lebens, für dich lerne ich sogar das Lesen und Schreiben. Ist es das, was dir an Männern gefällt? Schöne Worte und Briefe?” Hafiz hätte eher an Mord und Totschlag gedacht, an Rache und kalte Wut. Schließlich wurde er in den Baderaum gebracht, obwohl er wirklich fand, dass er nicht derartig stank. Es war schon schlimmer gewesen, aber definitiv auch schon mal besser. Es roch nach duftendem Wasser und sofort verzog Hafiz seine Nase. “Ist das Rosenduft? Wieso muss ich in Rosen baden? Ich will in keinem verdammten Wassergarten sitzen!” Dann sah er sie gespielt beleidigt an, seine Pranke dort, wo er sein Herz vermutete, falls er denn eines hätte. “Du tust mir unsagbar weh, und fünf Wachen könnten mich nicht so übermannen wie du.” Erneut wurde er ein bellendes Lachen los und beobachtete dann die tanzenden Schatten in dem dunklen Raum. Ob das Wasser frisch eingelassen war oder nicht, war ihm schlichtweg egal, er hatte in schon schlimmeren Flüssigkeiten gelesen. Pisse, Blut, andere Sekrete. Na und?! Er bemerkte nicht den Blick, mit dem Safiyya zu dem Paravent deutete, sondern zog sich seine dreckigen Sachen einfach hier aus. Wieso auch nicht, jeder Mensch war irgendwann nackt. “Wieso sollten Frauen kommen, wenn du mich hier anstellst?” Er sah sie fragend an und schüttelte dann verständnislos den Kopf. Komplett nackt stand er vor ihr, tief seufzend, weil er sich gleich nass machen musste. Sein Körper war wie von einer anderen Welt, vernarbt, mit altem Blut verkrustet, aber trainiert und kräftig, als wäre er selbst von Heofader gezeugt worden. Was ja auch so war. Darüber musste er lachen. “Ich kann Männer dazu zwingen, in deine Etablissements zu gehen, sag mir nur ein Wort, und ich tue es. Aber glaube mir, es wird immer Männer geben, die die Tätigkeiten deiner Frauen in Anspruch nehmen. Und wenn es keine armen Männer von der Straße sind, sind es die Obrigkeiten. Und die zahlen mit Informationen, die weitaus wertvoller sind als Münzen.” |