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Heavy is the Head that wears the Crown - Safiyya bint Aldir - 04-07-2024 heavy is the head that wears the crown
“Vergiss nicht, dass wir der Sturm sind. Wir beherrschen ihn, weil wir ihn zuvor ausgelöst haben.“ hallte in ihrem Kopf wider, während sie ihre Zähne so heftig aufeinander biss, dass ihr Kiefer bereits schmerzte. Es war, als hätte sie Bauchschmerzen, Übelkeit und Schwindel zugleich – und vielleicht hatte sie das ja. Nur wenige Stunden waren vergangen, seit sie die Nachricht ereilt hatte, aber vielleicht waren schon zu viele Stunden vergangen. Mit jeder Minute, die verstrich, bewegten sich die Abgesandten näher Richtung Dharan Al-Bahr. Abgesandte? Krieger? Eine politische Delegation? Das war nicht ihr Fachgebiet und in internationaler Politik und den Gepflogenheiten anderer Länder kannte sie sich zu wenig aus. Sie hatte keine Ahnung, wer Clementius oder Verus waren, warum sie von einer Horde schwer bewaffneter Plattenmänner begleitet wurden und warum zum verfluchten Teufel sie sich auf dem Weg die Richtung der Hauptstadt befanden. Ihrer Hauptstadt. Safiyya wanderte das schäbige Loch, was ihr gemeinsamer Treffpunkt geworden war, auf und ab, wie eine nervöse Löwin, die auf die Rückkehr ihres Rudels wartete. Sie hasstes alles, was vom Festland kam – vor allem, wenn es ihre Heimat bedrohte. Aber viel schlimmer als das war das Unwissen. Die Informationen hatten sich schnell verbreitet, aber genau deshalb waren sie unglaublich lückenhaft. Sie hatte sich die letzten Stunden bereits den Kopf darüber zerrissen, wieso, weshalb, warum und hatte zu wenige Puzzleteile und Wissen, um alles logisch zusammen zu setzen. Eigentlich hatten sie dafür andere. Eigentlich. Sie war absolut nicht begeistert davon gewesen, dass Ilyas sich ebenfalls Richtung Castandor aufgemacht hatte. Vor wenigen Tagen hatte sie vehement darauf bestanden, dass er hier blieb. Sie brauchten seinen Kopf, seine Art, zu denken und vielleicht auch seine Führung. Und die heutige Nacht war das beste Beispiel dafür, dass sie recht gehabt hatte. Dieses Mal hatte sie nicht einmal die Nerven gehabt, ein Räucherstäbchen anzuzünden und ertrug damit sogar den Gestank nach Kanalisation und abgestandener Luft – und das sollte etwas heißen. Safiyya tat gern so, als wäre sie ein abgeklärter kühler Kopf, aber eigentlich war sie temperamentvoll, hitzig und tat sich äußerst schwer damit, Ruhe zu bewahren und sich zurückzulehnen. Tausende Dinge schnellten durch ihren Kopf, ohne dass sie es schaffte, auch nur einen brauchbaren Gedanken zu fassen. Die Tür öffnete sich und es war ihr egal, wer dadurch trat. „Verdammte Drecksscheiße, ich warte seit gefühlten Stunden hier unten, weil ihr euren Schönheitsschlaf für wichtiger haltet?!“, bretterte sie dem ersten entgegen, der durch die Tür trat. Tatsächlich waren keine etlichen Stunden vergangen, seit sie ihre Botinnen entsandt hatte, aber weil ihre Gedanken nicht aufhörten zu kreisen, fühlte es sich an, als vergehe die Zeit viermal so schnell. Sie trug einen unauffälligen, dunklen Umhang, der sie fast ungesehen durch die Straßen und eben auch hierher gebracht hatte. Die Hände hatte sie fest auf dem Tisch aufgestützt während sie dahinter stand und ihre eigenen, rudimentären Notizen betrachtete. Alles, was sie bisher in Erfahrung hatte bringen können, hatte sie so schnell wie möglich aufgeschrieben, darunter die Namen „Clementius“ und „Verus“, mit welchen sie nichts anfangen konnte. Safiyya versuchte, ihren Ärger, der natürlich keinesfalls Angst war (!), herunterzuschlucken und blickte blinzelnd in die Runde. „Wir müssen reden.“ RE: Heavy is the Head that wears the Crown - Devan Naharis - 07-07-2024 ![]() Wenn man sein Leben lang in der Stadt verbrachte, kannte man nicht nur ihre Charakteristik und Schönheitsflecken, sondern auch ihre Narben, Löcher und Ösen. Wie es sich mit einer Mutter verhielt, an deren Brust man schlief, wusste man, wie die Stadt pulsierte und wo ihr Herz schlug. Der Palast war das Gesicht der Stadt und ihr ganzer Stolz, aber das Herz ruhte sehr viel weiter unten. Dort, wo die Luft abgestanden war und sich nicht mehr so trocken anfühlte, dass man tagsüber einen Schal vor die Nase halten musste. Dort unten gab es überhaupt kein Tageslicht. Die Schatten wurden erst lang, wenn man mit einer Fackel durch die Gänge wanderte, ohne die man sich ohnehin hoffnungslos verlief und mit ein wenig Pech zum Dekor einsamer Sackgassen zerfiel. Kinder, die hier aufgewachsen waren, bewegten sich nicht durch das Labyrinth, sie bewegten das Labyrinth; zerschundene Seelen wussten nur, wie man sich diese Kinder zu nutzen machte, um das Herz zu finden. Ein Herz, das einen heute ziemlich unwirsch begrüßte, zugegebenermaßen. Devan hob beide Hände, in der einen die Fackel, in der anderen seine Maske, die einen Skorpion symbolisierte. Er trat in voller Arbeitsmontur auf, verschiedene Schattierungen aus Braun, Schwarz und Grau, hatte sich aber zusätzlich in einen Umhang gehüllt. Aus dem Schatten seiner Kapuze blickte er dem Nervenbündel entgegen, das sich unmissverständlich als Safiyya entpuppte. “Tut mir leid”, waren seine ersten Worte an sie, dabei machte er außer ihr keine weitere Gestalt in dem kargen Raum aus. Sie trug auch keine Maske, was ihn dazu veranlasste, die Hände wieder zu senken und an ihr vorbei in den Raum zu schlüpfen. Kaum hatte Devan sich die Kapuze vom Kopf gezogen, streunerte der Jüngste herein. Dann ließen sich die Minuten zählen, die vor allem Safiyyah durch die Finger zu rennen schienen. Ein Stock klapperte in regelmäßigem Rhythmus auf den Steinboden, ein Puls, den Devan bereits auswendig gelernt hatte und ihn einzuordnen wusste, bevor der Mann sich zu erkennen gab: Keeran Neshat in seinem edlen, mit Silbernaht durchzogenen Mantel, einem undefinierbaren Gesichtsausdruck und hellen, stechend blauen Augen, die mit gleichem Anteil jeden Anwesenden zu durchbohren schienen. ![]() ![]() RE: Heavy is the Head that wears the Crown - Hafiz Al-Jazari - 07-07-2024 ![]() Die Luft sirrte. Es war die Ruhe vor dem Sturm, wie Safiyya es einmal genannt hatte, doch Hafiz hatte vor Jahrzehnten verlernt, wie man sich Sorgen machte. Sie alle waren der Sturm und niemand würde sich davor zurückziehen können. Dafür waren sie mittlerweile schon zu mächtig. Deshalb hieß er die Unruhe willkommen, öffnete bereitwillig seine Arme. Wenn in den nächsten Tagen, Wochen oder Monate der offizielle Schlag kommen würde, dann würde er bereit sein. Er war seit dem Tod seines Bruders immer bereit gewesen. Dass Safiyya also die Anwesenheit der Amra einberufen hatte, dringlich und sofort, hatte er mit Genugtuung hingenommen. Hafiz war niemand, der sich versteckte. Er war ein Tiger, zu groß und wild für ein Gefängnis. Kein Gitter würde ihn aufhalten, eher würde er mit bloßen Zähnen um die Freiheit kämpfen. Fast schon widerwillig hatte er also seine Maske aufgezogen, ein dunkler Mantel verhüllte seine hünenhafte Gestalt, und neben sich ein junger Mann, der sich so viel leichtfüßiger und geschickter bewegte als er selbst. Amra Abyadh. Der, der die vielen unter sich vereinte, so wie er, Hafiz, die Gewalttätigen unter sich hatte. Rashid hatte die Menge, Hafiz die Stärke. Sie verstanden sich prächtig, was wohl daran lag, dass sie die Macher waren, wie Devan. Sie alle waren irgendwo ein eingespielter Trupp, und obwohl Rashid und Devan noch ein wenig mehr planten als Hafiz selbst, so hatten sie einen Draht zueinander, den man beinahe mit bloßen Fingern greifen konnte. Rashid und er sprachen nicht viel, als sie durch die dunklen Gassen und später durch die finsteren, feuchten Gänge gingen, Rashid huschend, Hafiz mit kräftigem Schritt.
Als Hafiz zuerst die Räumlichkeiten betrat, bemerkte er mit einem schnellen Blick, dass alle außer Ilyan schon da waren; also riss er sich quasi seine Maske vom Gesicht und steuerte sofort Safiyya an. Seine Sorge war groß, dass es ihr selbst schlecht ging und sie deshalb nach ihnen gerufen hatte… also blieb er dicht vor ihr stehen (für manche mochte es viel zu nah sein, aber Hafiz hatte nie ein gutes Nähe- und Distanzverhalten kennengelernt) und sah ihr besorgt ins viel zu schöne Gesicht. Es war ihm egal, was die Anderen davon hielten, seine Sorgen galten ihr. Sein Finger glitt kurz prüfend über ihre Wangen. “Wir sind der Sturm”, wiederholte er seine Worte vor ein paar Tagen. “Der Sturm wird sie vernichten, Banafsajiy.” Er grinste sein wölfisches Grinsen, was einem Zähnefletschen glitt, und grüßte erst dann den Rest der Truppe. “Wie schön, euch Gesindel hier unten wiederzusehen.” Sie alle wussten, dass Hafiz sein Leben für sie geben würde. Für jeden Einzelnen von ihnen. Hafiz setzte sich auf den Stuhl neben Safiyya, Rashid neben seinen. So war es immer. Kurz suchten seine dunklen Augen die von Devan, der wie immer irgendwo im Halbschatten saß. “Scheu dich nicht immer so vor dem Licht, mein liebster Freund, deine Fratze ist doch ansehnlich genug.” Dann nahm Zakarriyya das Wort an sich und Hafiz schwieg. Es war Rashid, der dann sprach, und so wie immer hüpfte der Meisterdieb mehr als er saß. Entweder wippte er mit dem Stuhl, mit seinem Fuß oder er spielte mit irgendetwas in seinen Händen. Rashid war immer in Bewegung, nie still. Und das war der Grund, warum er der beste Dieb Matariyyas war. “Es ist irgendetwas passiert, Banafsajiy, nicht wahr? Meine Leute sind unruhig, irgendetwas geht vor sich. Haben deine Mädchen oder Frauen etwas aufgeschnappt?” Sein Blick huschte überallhin, jeder Millimeter des Raumes wurde von Rashid abgesucht, fast so, als würde er nicht jeden davon nur allzu gut kennen. Plötzlich klimperte eine Münze auf den Tisch, und Rashid fing sie geschickt wieder auf. Alles passierte in einer Millisekunde, und Hafiz war überrascht über dessen Schnelligkeit. Er wusste, dass alles Gold, das er abnahm, von Reichen stammte. Und damit hatte er Hafiz´ allergrößten Respekt. RE: Heavy is the Head that wears the Crown - Safiyya bint Aldir - 17-08-2024 Weitere Männer betraten den Raum und über die lächerlichen Worte des Jüngsten unter ihnen konnte sie nicht lachen. „Niemand hier ist zu Scherzen aufgelegt, Ramaadiy.“, zischte sie ihm wie eine Schlange entgegen – fast so, wie die Maske, die er bis eben noch getragen hatte. Qar bewegte sich wie ebenjene durch die Palastgänge, ein und aus. Keine Wache der Welt hatte ihn davon bisher aufhalten können, aber er liebte das Drama und er liebte es, ebenjenes kund zu tun. Vielleicht war er das wertvollste Mitglied unter ihnen – vielleicht aber auch das Gefährlichste. Ihr Blick hob sich, als Keeran das Wort wieder an sich nahm. Es lag auf der Hand, dass sie diesen weitaus mehr schätzte, als den Jungspund, der sich hinter den Palasttüren verwöhnen ließ, weshalb sie ersterem kurz die Sorge in ihrem Gesicht zeigte. „Ich weiß nicht, wo ich anfangen soll.“, entgegnete sie leise, zeigte damit für zwei oder drei Sekunden ihre Verzweiflung, ehe sich ihre Körperhaltung wieder aufrichtete und sie ebenjene Verzweiflung wieder hinter den Mauern verschloss. Hafiz war an seinen schweren, festen Schritten zu erkennen, die, ihrer Meinung nach, etwas schneller voranschritten als sie es sonst von ihm gewohnt war. Er war aufgebracht – in Sorge? Mit seiner Kraft flog die Tür auf und seine Energie ließ Safiyya selbst um mehrere Zentimeter wachsen. Hafiz entfachte Feuer in ihr und ließ ihre Sorge und Angst in Wut und Vergeltung verwandeln. Automatisch hob sich ihr Kinn als, er näher kam und tatsächlich verzog sich ihr Mund zu einem zufriedenen Lächeln, als er sprach. Was wären sie, ohne das Feuer, das in Hafiz loderte? Dass er sie mit seinen dreckigen Händen betatschte störte sie nicht. Sie hatten diese seltsame Beziehung, die sie beide nicht hätten beschreiben können, wenn man sie gefragt hätte. Weil er so nah war konnte sie kurz das raue Gesicht betrachten, das nicht so aussah, als hätte es kürzlich mehr Wunden angezogen – immerhin. „Setz dich und hör zu.“, wies sie ihn dann an, damit er nicht glaubte, er hätte sie in der Hand. Dann fand ihr böser Blick schnell den des Meisterdiebes, dem diese Worte genau so galten. Sein Rumgehampel machte sie nervös. Faris, der Sklave und älteste in dieser Runde, betrat den Raum zuletzt und schloss ordnungsgemäß die Tür hinter sich. Vielleicht war er derjenige der Männer, den Safiyya am meisten schätze – oder am meisten Respekt vor ihm hatte. Sie wusste, dass ihre Biografien von Parallelen geprägt waren, ohne dass sie seine im Detail kannten. Sie beide hatten verschiedene Seiten der Sklaverei kennengelernt und der ältere Mann war derart gütig, dass sie manchmal Angst hatte, diese Güte würde abfärben. Sie rutschte ihm den Stuhl neben sich zurecht, auf den er sich etwas erschöpft nieder ließ – sein Leben in der Sklaverei hatte Spuren hinterlassen. Als er sich setzte, schmunzelte er und blickte zu Safi. „Jetzt spann uns nicht so auf die Folter, Liebes.“, entgegnete er und ließ den Blick dann prüfend und besorgt durch die Menge gleiten. Safiyya nickte, aber es ging ihr nicht um Spannung. Die Worte waren derart gefährlich, dass sie sie keinesfalls wiederholen könnte. Deshalb hatte sie unruhig abwarten müssen, bis alle eingetrudelt waren. Ihr Blick glitt zu Rashid und sie nickte. Dann schob sie zwei der Pergamente etwas mehr in die Tischmitte. Dann drehte sie ihren Kopf kurz zu Hafiz. „Ich erzähl‘ euch, was drin steht.“ Sie wusste, dass nicht jeder in dieser Runde lesen konnte. Oder besonders gut lesen konnte. „Männer in – edler Rüstung und unter dem Banner Castandors sind an der Küste gesichtet worden. Sie sind auf dem Weg in unsere Stadt. Sie bezeichnen sie als die Silbergarde. Es soll ein Botschafter Castandors unter ihnen sein. Mit Sicherheit sind sie auf dem Weg zum König.“, erklärte sie und versuchte gleichzeitig ihre Gedanken zu ordnen. „Ich…“, murmelte sie und machte einen Schritt vom Tisch zurück, eine Hand an der Schläfe, ehe sie mit den Schultern zuckte. „Ich verstehe nichts von politischen und militärischen Strategien. Aber Castandor führt doch einen Krieg auf dem Festland – wieso schicken die solche Männer zu uns?“ Sie hatte keine Ahnung, ob man diese Gruppe als Heer, Garde oder was auch immer bezeichnete. Und der, der das erklären könnte, war gerade nicht hier. Kurz fuhr sie mit den Zähnen über ihre Unterlippe. „Erst hab‘ ich gedacht, das hat vielleicht mit dem Einzug der Männer für das Heer auf dem Festland zu tun“, erklärte sie weiter. „Aber - Ich kenne einige Mädchen an der Küste. Eines hat meinem Boten erzählt, dass… es um politische Unruhen in der Hauptstadt gehen soll.“ Sie schluckte, weil man diese politische Unruhen gegebenenfalls auch mit “uns“ ersetzen könnte. RE: Heavy is the Head that wears the Crown - Devan Naharis - 26-08-2024 ![]() Qar war der Erste, die über den Tisch nach einem der Papiere griff, als würde er ihren Worten nicht so recht Glauben schenken, auch wenn sie noch gar nicht zu Ende gesprochen hatte - vielleicht war er auch einfach ausgesprochen gut im Multitasking. Man sah ihm an, wie seine tatsächlich etwas müden Augen rasch über das Papier flogen und sich eine kaum erkennbare Falte zwischen seinen Augenbrauen bildete. Die Frage, rhetorisch oder nicht, wurde hingegen von Keeran beantwortet. “Weil sie sich Profit erhoffen. Sie alle erhoffen sich Profit von unserem Land.” In Männern, Rohstoffen, Gold, Menschenleben; Profit war vielseitig in seinen Augen. Er sprach es aus wie eine Wahrheit, die er selbst lebte und die deswegen allgemeingültig war. Für einen Moment floh Devans Aufmerksamkeit zu der Münze, die Rashit auf den Tisch hatte fallen lassen und zwar schnell wieder auffing, aber dennoch eine Unruhe in den Raum brachte, die durch die Worte von Safiyya nur unterstrichen wurden. Politische Unruhen in der Hauptstadt, also anders ausgedrückt… “Also geht es um uns”, schloss Qar aus dem Brief und sprach damit vermutlich das an, was jeder Einzelne von ihnen bereits dachte. Sicher hatten sie alle zur Genüge miterlebt, wie man hierzulande mit unorganisierten Aufständen umging, Wehrlose nieder prügelte und in jeder Ecke des Palastes nach den Gespenstern suchte, die nur halb von Ridvan ausgedacht waren. Aber Fremde im eigenen Land? Bisher hatte sich das Festland nie sonderlich um die politischen Unruhen im Sommerland gekümmert, solange die Handelsgüter flossen. Gut für ihre kleine, unharmonische Gruppe, sonst hätten sie sich schon früher mit der doch sehr eminenten Gefahr auseinandersetzen müssen. “Kommen sie aus eigenem Antrieb oder hat man sie gebeten, zu kommen?”, fragte Keeran in die Runde, schaute dabei aber Safiyya an, aus erwartenden, hellen Augen. Als hätte Qar sie nicht gehört, schloss er direkt darauf an mit seinem überlegenden, kalkulierenden Gesichtsausdruck, dessen Schatten sich in Devans Zügen widerspiegelte - der Jüngste von ihnen war schon immer mit einer Vielzahl von Masken gesegnet, aber wenn er eine von ihnen trug, dann konnte er die zugrunde liegenden Gefühle dahinter nur selten verschleiern. “Die Frage ist doch, wie lange sie zu uns brauchen.” Und wie Devans Gesicht im Halbschatten, verdunkelten sich auch die Züge von Qar. “Wir hätten Naila niemals nach Castandor gehen lassen sollen. Das haben wir davon, dass wir auf Ilyas und seine Pläne hören: Einen Haufen Ritter in glänzenden Rüstungen.” Der Sommerländer sprach es wie eine Beleidigung aus in der Hoffnung, dass sein Gift die Rüstungen verätzte, und Devan wusste, dass er aus dem Herzen sprach. Das Letzte, was sie jetzt brauchen konnten, waren Ritter in schillernden Rüstungen, dem war sich selbst eine zusammengewürfelte Gruppe wie diese vermutlich einig. RE: Heavy is the Head that wears the Crown - Hafiz Al-Jazari - 02-09-2024 Niemand konnte die Beziehung beschreiben, die Safiyya und Hafiz verband, Letzterer dachte erst gar nicht darüber nach. Wieso auch? Sie war für ihn die Liebe seines Lebens, der Sinn und jeder Anfang und jedes Ende seiner Geschichte. Das war Hafiz klar gewesen, als er sie das erste Mal gesehen hatte. Deshalb würde er jeden totschlagen, der es wagte, ihr wehzutun. Niemand. Würde. Ihr. Ein. Haar. Krümmen. Er hasste es sogar schon, wenn nur ein Dreckskerl seine Nase in ihre Richtung hielt. Alles Lumpen und Gesindel, und er musste sie wie ein Wahnsinniger beschützen. Hafiz gehörte niemandem, nur Heofader und Safiyya, und die beiden hatten ihn komplett in der Hand. Wenn sie nur irgendetwas von ihm verlangen würden, würde er es widerstandslos tun. So einfach war das für den Sommerländer. Und als dieser das kurze Lächeln seiner Sonne sah, wusste er, er hatte zumindest ein bisschen was in seinem Leben richtig gemacht. Erst dann setzte er sich, gleich neben den Meisterdieb, und musste ein paar herablassende, aber immerzu lieb gemeinte Worte an seine Mitstreitenden loswerden. Es machte ihn ganz unruhig, dass Abyadh neben ihm ständig wippte und mit seinen Goldmünzen spielte, also brummte er, doch das brachte ja doch nichts. Manchmal glaubte Hafiz, dass für Abyadh das Stehlen und die ständige Aufmerksamkeit wie für ihn das Schlägern war. Es war ein purer Überlebenswille, das, was sie (zu) früh gelernt hatten. Strategien, um mit dem Leben umzugehen. Und das, was sie irgendwann perfektioniert hatten. Er selbst in der Arena, Abyadh auf den sommerländischen Straßen selbst. Dann begann Safiyya zu sprechen und wie immer, wenn sie das tat, hatte sie Hafiz´ ungeteilte Aufmerksamkeit. Als sie Worte wie Silbergarde und Castandor aussprach, spuckte Hafiz auf den Boden, und Abyadh sah ihn nur kopfschüttelnd an. Als sie dann das Wort “König” in den Mund nahm, brummte Hafiz noch einmal wütend auf. Bald. Bald würde er dessen Kopf in den Händen halten. “Natürlich geht es um uns. Diesen Bastarden da oben fällt langsam eben auf, dass wir stärker und stärker werden. Dass wir sie kontrollieren und nicht andersrum”, meinte Hafiz lauter als gewollt und sagte nichts zu dem eigentlich Brief - davon verstand er herzlich wenig.
Es war Abyadh, der meistens still war und alles überdachte; die meisten glaubten, er wäre nur handwerklich geschickt und hatte flinke Finger, doch in dem jüngsten Mitglied der Amra steckte ebenso ein schlauer, intelligenter Kopf. Er konnte Dinge gut erfassen und überschlagen, doch er dachte eher nach, als zu sprechen, anders als Hafiz. “Vielleicht hat der sommerländische König sie auch gebeten, zu kommen. Vielleicht merkt er wirklich, dass er das Problem innerländisch nicht mehr selbst lösen kann. Und mit Problem meine ich uns. Die Menschen lechzen nach Rache und Umbruch. Das muss langsam auch dem König selbst klar sein. Es sind zu viele gestorben.” Dann sprach Keeran und wieder dachte Abyadh über dessen Worte nach. Keeran sah das Ganze vielleicht richtig, aber zu negativ. “Denkst du nicht, dass wir das Ganze auch zu unserem Vorteil nutzen können? Nehmen wir an, wir schicken ihnen eine klare Warnung, gleich zu Beginn, um sie gebührend Willkommen zu heißen.” Dann war es Hafiz, der mitten reinschrie: “Lassen wir sie brennen!” Doch Abyadh schüttelte nur den Kopf. “Vielleicht ein wenig… unauffälliger. Ein Anschlag, dass sie Angst bekommen. Und wir sollten bedenken, dass wenn sie wirklich an unseren kampffähigen Männern interessiert sind… sie alle stehen unter unserer Hand. Ich kenne Hafiz´ Männer, sie sind absolut loyal. Und die meisten hatten schon vor uns eine absolute Abneigung gegen den König und alles, was mit ihm zu tun hat. Diese Wut sollten wir bündeln und gegen sie verwenden.” RE: Heavy is the Head that wears the Crown - Safiyya bint Aldir - 15-09-2024 ![]() Hafiz war derjenige, der sie mit seiner Art auf die absolute Palmenspitze brachte. Eigentlich hatte sie diese schon erreicht, aber Hafiz hatte sich einen Schemel genommen, ihn auf die Palme gestellt und dann Safiyya mit einer Räuberleiter empor geholfen. „Dich Mistkerl hab‘ ich erst letzte Woche aus einem Loch aus Pisse und Dreck gezogen und DU sagst, wir kontrollieren sie? Wen kontrollieren wir. Ahmad!? Ridvan schläft da oben in seiner Bettwäsche aus Seide und schlürft Muscheln zum Frühstück, wir haben absolut gar nichts in der Hand.“ Sie wusste, dass das so nicht stimmte, aber wenn sie ehrlich war, was sie nicht sein würde, sprach die pure Angst aus ihr. Lange und oft genug mimte sie die starke Frau und Mutter für ihre Frauen, aber ihre Sicherungen im Kopf war dahin. Es gab nur drei Dinge, die da helfen würden: Schnaps, ein guter Plan und Sex. Oder Ridvans Kopf. Ridvans Kopf löste all ihre Probleme. Ja, lieber Ridvan statt Sex. Sie verzog das Gesicht, weil ihr Kopf seltsame Dinge mit diesen beiden Nomen in einem Satz machte. “Kommen sie aus eigenem Antrieb oder hat man sie gebeten, zu kommen?” Dann glitt ihr Blick wieder zu Keeran, der doch nicht ernsthaft so eine Frage an sie richten konnte. Oder war sie rhetorischer Art? Stirnrunzelnd und vielleicht ein wenig hilfesuchend begegnete sie seinem Blick. Langsam schüttelte sie den Kopf. „Das weiß ich nicht.“ Sie strengte sich an, nachzudenken. „Ridvan ist paranoid. Es gab in den letzten Wochen sicherlich viel Austausch zwischen den Ländern, ich – ich weiß nicht, beides möglich wahrscheinlich.“ Die letzten Worte waren nur noch ein nachdenkliches Gemurmel. Wie lange die Blechmänner brauchen würden? „Wenige Tage. Sehr wenige.“ Ihr Bote war zu Pferd sicher schneller als die Delegation – aber nicht bedeutend. „Qar“, zischte sie dann, irgendwie um ihn zu maßregeln und irgendwie mit der Bitte, er würde nicht das aussprechen, was sie auch dachte. Ilyas. Politische Unruhen, die das Königshaus umtrieb. Ilyas, der in Castandor weilte. Blechmänner, die aus Castandor Besuche abstatteten. Ilyas? Sie schluckte und zwang sich, die Gedanken nicht zu Ende zu denken. Safiyyas Kopf schwenkte zu Abyadh und nickte langsam, als dieser sprach. „Eine Warnung?“, war Faris vernünftige Stimme, die keinesfalls wertend, vielleicht eher interessiert klang, doch es war Hafiz‘ laute Stimme, die direkt anschließend durch den Raum schallte. Ohne den Riesen anzusehen, legte Safiyya ihm die Hand auf den Brustkorb, damit er Ruhe bewahrte. Fast wie bei einem Hund, dessen Kopf man wegschob, wenn er seine Nase Richtung Küchentheke reckte. Safiyyas Blick lag auf dem Meisterdieb und ihre Hand übte leicht Druck auf Hafiz aus. Was er sagte, war sinnvoll und die Augen der Frau begannen den Tisch und die Papiere zu mustern. Ihre langen Fingernägel begannen langsam und nachdenklich auf Hafiz‘ Brustkorb zu tippen, während es in ihrem Kopf ratterte. Doch es war schwer, einen klaren Gedanken zu fassen. „Wenn wir uns so offensiv zu erkennen geben, birgt das aber auch Gefahren.“, war ihr vorsichtiger Einwand. Es war dann wieder Keeran, zu dem ihr Blick glitt. Wie er fast schon gelassen auf dem Stuhl saß, sein verletztes Bein hochgelegt und sie konnte nicht leugnen, dass seine teilweise desinteressierte Art genau das war, was sie in ihrer Hitze gerade brauchte. Sie würde nicht zugeben, dass ihr Blick flehend war, aber ein Anflug dessen lag sicherlich darin. Ohne Ilyas waren sie ein Haufen Hitzeköpfe, die für das Gute kämpften – auf unterschiedlichen Wegen. Aber sie waren unorganisiert, vielleicht sogar chaotisch und Safiyya, wenn sie ehrlich war, vollkommen hilflos. „Erlöse mich von diesem Dilemma. Bitte.“, entgegnete sie leise und richtete die Worte fast ausschließlich an Keeran. Automatisch rutschte sie ein Stück näher an Hafiz, weil er eine andere Art hatte, ihr Halt zu geben. Keeran sollte ihnen nur einfach den perfekten Plan servieren, das war nicht zu viel verlangt, oder? „Wir reden seit Wochen von… unserer Mission…. Ist es Zeit, sie anzugehen?“ RE: Heavy is the Head that wears the Crown - Keeran Neshat - 29-09-2024 ![]() Kein Wunder, dass Safiyya solch eine Angst davor hatte, den Löffel zu verlieren. Kühle, blaue Augen blickten der Löwin entgegen ohne ein Zeichen der Unruhe, denn Keeran hatte, bevor er die Löffel der anderen an sich genommen hatte, den Umgang mit seinem eigenen Löffel perfektioniert. “Ein totes Land?”, wiederholte er ihre Worte und ließ es doch eher wie eine Frage klingen, die sie sich selbst zu stellen hatte. Wäre Matariyya tot, säße er nicht hier am Tisch. In gewisser Weise war es fast beruhigend, der Eule und dem Ochsen dabei zuzusehen, wie sie sich entgegen der Krisensituation in alten Gewohnheiten verloren und ihr Temperament gegeneinander rieben. Sie beide wussten am wenigsten darüber Bescheid, dass sie einander genauso brauchten, wie sie sich in den Wahnsinn trieben; der Ozean fragte den Mond auch nicht, warum er sich anziehen und abstoßen ließ. Tatsächlich war es Qar, der die beiden aus ihrem Spiel riss und eine wunderbare Ignoranz für die Abneigung übrig, die Safiyya ihm so offensichtlich entgegen brachte. “Und was wir in der Hand haben. Fari, wie viele Sklaven arbeiten im Palast? Wie viele sympathisieren mit uns? Wir haben längst ein Netz um Ridvan gebaut. Alles wartet nur darauf, dass wir es enger ziehen.” Eine Sache musste man ihm lassen, Qar hatte eine ganz besondere Art, Worte zu Kunst zu formen. Und wenn das alles war, was er der Gruppe beisteuern konnte, dann behielt Keeran ihn gerne in seinem Umfeld. “Wir sollten die Kommunikation zwischen den Ländern abfangen”, überging der Händler die Maßregelung und das Bereuen, die Prinzessin aufs Festland gelassen zu haben. “Ich kümmer mich darum.” Keerans Blick richtete sich auf Safiyya in der stummen Annahme, dass sie die Prozedur bereits kannte. Er brauchte ihre Informationen, um zu wissen, welchen Boten er bestechen oder wessen Familie er bedrohen lassen musste, um die gezielten Ergebnisse zu erzielen. Nur weil Ilyas nicht mit ihnen am Tisch saß - eine Abwesenheit, die er tatsächlich gar nicht als negativ empfand -, mussten sie nicht auf die Kontrolle verzichten, die sie dank ihm über die politischen Geschäfte der Herrscherfamilie ausübten. Und wenn diese Kontrolle Keerans Empfinden nach noch zu wünschen übrig ließ. RE: Heavy is the Head that wears the Crown - Devan Naharis - 29-09-2024 ![]() |