Facing the Storm
the price of impatience - Druckversion

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the price of impatience - Veith Alvarsson - 29-03-2025

Die Wälder um Wintergard lagen still da an diesem Septembermorgen, als die ersten zarten Strahlen des Morgenlichts durch die verschneiten Baumkronen brachen. Der frostige Atem des Waldes hing schwer in der Luft, während zwei Gestalten in dicken Umhängen eingehüllte die friedliche Szenerie durchbrachen. Das Knirschen des Schnees unter ihren Stiefeln zusammen mit dem Knarzen der alten Äste, die sich im Wind beugten, waren die einzigen Geräusche, die die Stille an diesem Morgen durchbrachen. Veith war in seinen pelzgefütterten Umhang gekleidet, der ihm vor der eisigen Kälte Schutz bot, während seine Augen mit geübtem Blick über das Waldgelände glitten. Der Krieger kannte diese Wälder wie seine eigene Haut, hatte viele Jahre im Schnee gejagt, war durch das Dickicht gezogen und wusste genau, wie er sich in der endlosen Kälte des Winters zurechtfand. Haldor ging einen Schritt hinter ihm, seine Jagdarmbrust sicher in den Händen, stets auf der Suche nach einer Bewegung, die die nächste Beute verraten könnte.

„Willst du es wirklich versuchen? Wenn du deinen Schuss verfehlst, gibt es keine zweite Chance“, murmelte Veith schließlich, seine Stimme so ruhig wie der Winter selbst, als sie sich langsam einer dichten Hecke näherten, hinter der sich Bewegung abzuzeichnen begann. „Es wird passen“, antwortete Haldor mit einem leichten Grinsen, das in der Kälte schnell verblasste. „Ich habe es nicht eilig. Deine ewigen Ratschläge können mich nicht aufhalten.“ Dem weißhaarigen Krieger entfuhr ein verächtliches Schnauben, als sein Begleiter einmal mehr einen gutgemeinten Ratschlag in den Wind schlug. Veith fasste für sich den Entschluss, den Mund zu halten und Haldor einfach gewähren zu lassen, immerhin war es nicht das erste Mal, dass der Starrsinn eines anderen ihm deutlicher als jedes Wort bewies, warum Vorsicht oft die klügere Wahl gewesen wäre.
Plötzlich, wie aus dem Nichts, hörten sie das leise Knacken von Zweigen, gefolgt von einem Rascheln aus dem dichten Gestrüpp. Die Bache war da. Veith konnte das scharfe Atmen des Tieres hören, den riesigen Schatten, der sich durch das Unterholz bewegte und die leisen, fast unsichtbaren Bewegungen der Frischlinge, die dicht bei ihrer Mutter blieben. „Da“, flüsterte Haldor, in seiner Stimme lag ein Hauch von Vorfreude. „Denk dran, ich schieße nur einmal.“ Veith beäugte das Wild mit einem kritischen Blick. Die Bache war groß und kräftig, ein wahrer Koloss unter den Waldtieren und sie war umringt von mehreren Frischlingen, die suchend mit ihren kleinen Rüsseln im Schnee wühlten.

„Perfekt“, murmelte sein Freund und hob bereits die Armbrust. „Du willst ernsthaft die Mutter erlegen?“ Veiths Tonfall war kühl, doch in seinem Blick lag unverhohlene Missbilligung, immerhin hätten sie an diesem Tag sicherlich noch anderes Wild für die Jagd gefunden. „Sie bringt am meisten Fleisch.“ Abermals entfuhr dem weißhaarigen Krieger ein missbilligendes Schnauben. Es war nicht die Jagd an sich, die ihn störte, sondern die Tatsache, dass Haldor ohne nachzudenken das Überleben der Frischlinge aufs Spiel setzte. Jungtiere ohne Mutter hatten in dieser Jahreszeit kaum eine Chance. Doch er kannte seinen Begleiter gut genug, um zu wissen, dass jede Diskussion über Moral oder Jagdethik an ihm abprallen würde. Also fügte er bloß hinzu: „Ich kann dir jetzt schon sagen, dass eine Armbrust für dich nicht das ideale Werkzeug ist, wenn du ein Wildschwein zur Strecke bringen willst, das schneller ist als dein Verstand.“ Haldor grinste bloß und spannte die Armbrust. Er zielte, hielt für einen Moment die Luft an und drückte ab. Der Bolzen zischte durch die kalte Luft, streifte die Bache lediglich und schlug dann hinter dem Tier in einem Baumstamm ein. Ein aufgebrachter, schriller Laut zerriss die Stille des Waldes, als das Tier sich ruckartig umdrehte, um sogleich auf die beiden Eindringlinge loszustürmen.
„Lauf!“ brüllte Haldor, als das aufgebrachte Tier mit gesenktem Kopf auf sie zurannte. Ohne zu zögern stieß sich Veith vom Boden ab und lief los, während hinter ihnen das wütende Schnauben der Bache durch den Wald hallte. Der eisige Wind biss in seine Haut, Schnee spritzte unter ihren Stiefeln auf, es blieb ihnen keine Wahl, als so schnell wie möglich zu verschwinden.