Familie Henaghen

Geduld für die Eigenarten deiner Kinder hast du keine. Am liebsten verschanzt du dich in deinem Arbeitszimmer hinter deinem großen Eichenholz Schreibtisch und verbringst den ganzen Tag dort. Das Einzige, was dich hin und wieder aus dem Zimmer herauslocken kann ist deine ziemlich junge Ehefrau, die du nach dem Tod der Mutter deiner Kinder geheiratet hast. Sie bringt einen neuen Schwung in dein Leben, der deinen Kindern überhaupt nicht gefällt, den du aber mittlerweile sehr zu schätzen weißt. Sie hält dich jung.

Sie war eine fröhliche, wilde Seele, die durch die uralten Wälder Farynns tanzte, als wolle sie mit den Elfen um die Wette strahlen. Ihr Lachen war wie das Klingen einer Melodie, die den Wind trug, und ihre Geschichten waren gefüllt mit Drachen, Feen und fernen Abenteuern, die deine Fantasie weit über den Horizont hinaustrugen. Sie war nicht nur deine Mutter, sie war ein Wunder. Ein Geschöpf von solch betörender Schönheit, dass es den Atem raubte – mit einer Reinheit und einem Herzen, wie du es nie wieder gefunden hast. Ihre Präsenz fühlte sich an wie ein Licht, das selbst die dunkelsten Ecken der Welt erhellte. Und doch blieb sie geerdet, wie eine Brücke zwischen den Wundern der Anderswelt und der greifbaren Realität. Doch sie verschwand – vor weniger als fünf Monaten, und hinterließ eine Lücke, die selbst die Zeit nicht zu füllen vermochte.

Grian war nie viel in die Familiengeschäfte involviert, hat sich ausschließlich um ihre Familie gekümmert und hat eben das gemacht, was man von ihr als Mutter und Ehefrau erwartet hat. Nachdem sie an der Grippe verstorben ist, war ihr zu dem Zeitpunkt verwitweter Ehemann ziemlich schnell wieder auf der Suche nach einer neuen Frau.

Dem Wink mit dem Zaunpfahl des Schicksals bist du gefolgt. Du hattest einfach nur viel Glück, redest du dir immer wieder ein. Ob das Leben jetzt so viel besser ist, als das, was du vorher geführt hast? Geboren und aufgewachsen bist du im kalten Winterland. Deine Familie, die Sundbergs, ein Haufen gewalttätiger und saufender Männer und Frauen, die es in deinen Augen nicht einmal verdient hätten sich zur Oberschicht zu zählen. Deine Eltern fanden dich von Anfang an zu schwächlich und klein, sodass es keine Seltenheit war mal eine Ohrfeige zu bekommen oder mal ein paar Stunden draußen im Schnee verbringen zu müssen, um endlich 'abgehärtet' zu werden. Dass du mit deiner Familie zu den heißen Quellen gereist bist und ausgerechnet in diesem Monat die Frau des Fürsten verstorben ist... Naja, du hast die Gelegenheit beim Schopfe gepackt. Du bist hübsch, hast einen ansehnlichen Körper und bist jung und gesund. Es war nicht schwer dem Fürst den Kopf zu verdrehen und ihn dazu zu bringen, dich zur Frau zu nehmen. Gewalt bestimmt seitdem nicht mehr dein Leben, doch wenn du ehrlich zu dir selbst bist, ist es auch nicht viel besser das Betthäschen eines viel zu alten Mannes zu sein. Und mehr bist du nicht. Er braucht keine Kinder mehr von dir, weil er schließlich schon einen Erben hat und für alles andere hat er Bedienstete. Er ruft dich, wenn er Lust hat, befriedigt sich an dir und lässt dich dann wieder wegschicken. Ob dieses Leben also so viel besser ist, als das Alte?

Dein Name bedeutet 'rothaariger König' und passt wie die Faust aufs Auge zu dir. Du bist zu mehr geschaffen, als nur in Ishcateslieve als Fürst die Hand über die Bewohner zu halten. Hier gibt es keinen Thron, der deinem Ego gewachsen wäre, weshalb du deine ganz eigenen Pläne schmiedest. Deine Eltern sind schon lange auf der Suche nach einer Frau für dich, doch nachdem deine letzte Verlobte auf unerklärliche Weise verschwunden ist (vielleicht hat sie jemand bei einer vermeintlich romantischen Wanderung einfach ausgesetzt und sie der Kälte der Berge überlassen, wer weiß das schon...) sind deine Eltern etwas zurückhaltender geworden. Du bist natürlich kein Kind von Traurigkeit (im Gegensatz zu deinen absolut langweiligen und dummen Geschwistern!), aber dein Wunsch ist es in die Hauptstadt zu reisen und dort hoch zu heiraten. Am besten jemanden direkt aus dem Königshaus, wenn es nach dir geht.

Dein Äußeres lässt definitiv nicht darauf schließen, wie es um dein Inneres bestellt ist. Dein unschuldiges Lächeln auf den rosaroten Lippen straft die verführerischen Blicke Lügen. Deine Blicke zu anzüglich, wenn die Adligen ihre Hüllen fallen lassen, um langsam in die heißen Quellen zu gehen, deine Kehle zu trocken, um eine gute Erklärung zu finden. Du bist eine Meisterin des Schauspiels, mimst die perfekte reine Tochter, die alsbald verheiratet werden soll und zerrst dein Mieder hoch, wenn dir ein Adliger besonders gut gefällt...

Sanftmütig, liebevoll und tiefgründig. Du redest die meiste Zeit über nicht, hast nur eine sehr leise und brüchige Stimme und drückst deine Gefühle und Gedanken viel lieber in deinen Gemälden aus. Am liebsten würdest du sie gegen Gold verkaufen, doch dein Vater weiß dies seit jeher zu verhindern. Eine Frau sollte kein Gold mit ihrer Tätigkeit verdienen, sagt er dir jedes Mal aufs Neue. Die Angst vor einer Hochzeit ist groß, dass dein Ehemann deine Kunst nicht verstehen wird, dass er dich zwingen wird damit aufzuhören. Die Angst, dass er kein Verständnis für DICH haben wird. Das Reden liegt dir einfach nicht, Gespräche strengen dich an und fressen all' deine Energiereserven. Viel lieber hast du deine Ruhe und bringst mit einem Pinsel Farbe auf eine Leinwand.

Du bist der Sohn einer Hohepriesterin der alten Religion. Im Alter von fünf Jahren kamst du in die Fürstenfamilie Henaghen, um dort die nächsten Jahre aufzuwachsen. Vielleicht lag es daran, dass du immer das Gefühl hattest mehr geben zu müssen, damit du den gleichen Stand wie die Henaghen-Kinder hast, oder einfach an deinem Ehrgeiz und deiner Disziplin, aber Fakt ist, dass man auf dich mittlerweile nicht mehr verzichten möchte in der Familie. Dass du deine Stiefgeschwister und deinen Stiefvater nun hinter dir lassen sollst, um zurück zu deiner Mutter zu gehen, stimmt dich missmutig...