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let the planets align as they build me a shrine
10.08.1016 - 22:00
Ridvans Gemächer | Dharan al-Bahr | Matariyya
Ridvan ben Sahid Amira El Mansouri

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Ridvan ben Sahid
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#1
Ridvan war in größter Sorge! Weniger wegen seines Volkes - die Schreie der Verzweifelten und Sterbenden hatte in den letzten Tagen ganz deutlich nachgelassen. Ja... sein Volk kam wieder zur Ruhe, alles würde sich finden. Ganz ohne irgendein dramatisches Eingreifen, zu dem so mancher Berater ihm geraten hatte. Euer Volk braucht euch! Zeigt Euch den Menschen, zeigt, dass ihr für sie da seid! Die waren ja alle komplett verrückt geworden. Ridvans anders lautende Entscheidungen waren schnell getroffen gewesen. Er war nicht der untätige Mann, für den man ihn hielt... er hatte befohlen, alle wehrfähigen Männer außer Landes zu bringen. Und das war der einzig richtige Schritt für ihn gewesen. Noch vor wenigen Wochen erst hatte er dieser Heirat seiner Lieblingstochter mit einem Zweitgeborenen zugestimmt. Und nun war ihr künftiges Land in Gefahr - Ridvan wollte alles daran setzen, dass Naila Großkönigin von Arcandas wurde - und natürlich war er bereit, dafür alles zu opfern, was ihm zur Verfügung stand: die Menschenleben anderer Leute etwa. Mit seinen Befehlen hatte der König sich natürlich nicht beliebt gemacht. Im Gegenteil hatte er sich neue Feinde geschaffen - doch was machte es für einen Unterschied? Er schiffte sie allesamt außer Landes...

Und dennoch war Ridvan gerade jetzt in Sorge. Etwas stimmte nicht mit dem Wächter. Der König hatte sich innerhalb seiner Gemächer auf die Dachterrasse begeben - denn jetzt, mitten in der Nacht wähnte er weniger Feinde als tagsüber - und blickte durch eine kompliziert und neumodisch aussehende Konstruktion in den Nachthimmel. Um sich herum lagen - durch die laue Nachtluft wie sanfte Wellen immer in Bewegung - seine Sternenkarten. Doch der Wächter, den er im Kopf hatte, unterschied sich ganz deutlich von dem Sternbild, das sich ihm nun darstellte. Möglicherweise hatte er auch gerade ein vollkommen neues Sternbild entdeckt. Er griff zum verdünnten Wein und trank einen Schluck, natürlich auf nüchternen Magen, und fing an, in seinen Sternkarten herumzuwühlen, um das Entdeckte persönlich darin zu verzeichnen. Das war, was er immer hatte sein wollen - ein Sternforscher. Doch dies war ihm im wahren Leben nicht vergönnt worden.
Nachdem er das neue Sternbild eingezeichnet hatte, musste er ihm einen Namen geben. Es erinnerte Ridvan an dämonische Kreaturen; an Ungeheuer, die selbst seine Feinde in den Gassen an Grausamkeit und Macht übertrafen. "Der Seelenfresser...", flüsterte Ridvan und kritzelte auf sein Papier. Ein bedrohliches Sternbild, das nach den Seelen der Sterblichen griff. Und das für die Dunkelheit des Unbekannten stand, für die Idee eines unerbitterlichen Schicksals. Es wunderte den König nicht, dass der Seelenfresser derzeit über Dharan al-Bahr stand. Es musste so sein und es war Erklärung für alles, was in den letzten Tagen geschehen war.

Das wiederum machte den König wütend. Warum hatte niemand ihn gewarnt? Warum hatte niemand diese Gefahr erkannt? War er denn der Einzige, der sich um dieses Land sorgte? Wofür bezahlte er diese ganzen Berater, Forscher, Schwätzer und Schwindler überhaupt? Dass sie ihm nach dem Mund redeten und irgendwelchen Unfug an ihn ranschwatzten.
"RAAAAH!", brüllte er in den Nachthimmel hinaus und warf seinen edelsteinbesetzten Lieblingskelch direkt hinterher, mitten in die Gärten. Ein Wachposten trat aus den Schatten hervor und blinzelte in den Nachthimmel. Ridvan konnte ihn sehen, diesen Nichtsnutzigen, der wie ein Tölpel zu ihm hoch starrte. Der König knirschte mit den Zähnen und ließ sich in einen mit bunten Seidenkissen ausgelegten Sessel sinken. Er fühlte sich alt, schwach und vollkommen verloren. Von seinen Feinden und vom Bösen umzingelt. Und doch musste er dies so lange wie nur irgendwie möglich aushalten. Weil er seinen Sohn "so lange wie nur irgendwie möglich" vor allem schützen musste.
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Amira El Mansouri
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#2
Das wenige, das ihr über die Flutwelle zu Ohren gekommen war, spannte sich von drastischen Schilderungen von zerstörten Häfen und Wohnhäusern über leer geflutete Straßen und verschwundene Palmen zu kleineren Überschwemmungen tiefer gelegter Häuser und überfluteter Keller. Manch ein streunender Hund war in das Meer hinaus gezogen worden, doch verglichen einer stärkeren Flut, übertrieben Händler und Kaufleute maßlos um ihre hohen Preise zu rechtfertigten. Manches Mal fragte sich Amira, welche der Darstellungen wohl richtig waren und sie versuchte sich vorzustellen, wie es aussehen würde, könne sie direkt im Geschehen stehen. Wage erinnerte sie sich noch an ihre eigenen Jugendjahren und alles, was ihr davon in Hinblick auf den Hafen im Gedächtnis geblieben war, war durchwegs positiv. Es erschien ihr unmöglich sich das Meer als ein ungestümes Monster vorzustellen, das Menschenleben verschlang und Zivilisationen aus Böswilligkeit mit sich riss.

Dieses ferne Problem – sofern es eines darstellte – war nichts, worauf sie Einfluss hatte. Aber etwas anderes lag nicht nur räumlich viel näher, sondern war ebenso in ihrer Handlungsmacht. Eigentlich hatte sich die junge Frau bereits in ihre Gemächer zurückgezogen und die langen Haare zu einem einzelnen Strang hinab geflochten, bevor sie sich bettfertig machen wollte, als eine junge Dienerin an ihre Tür geklopft habe. Ein weiteres Mal, wie so viele Abende und Tage zuvor, in Sorge um den König und hilflos daran Zutritt zu seinen Räumlichkeiten zu erhalten. Somit war es nicht nur Amiras Pflicht, sondern auch eine Freude der Jüngeren diese schwere Last von den Schultern zu nehmen, und selbst die königlichen Gemächer aufzusuchen. Der lange Nachtmantel bedeckte ihr Alltagskleid angemessen und war mit einem Gürtel zusammen gehalten, falls sie ein weiteres Mal mit ihm gemeinsam auf der Terrasse sitzen und in die Sterne hinauf blicken sollte. Redend, hörend und schweigend, bis er zu einer inneren Ruhe zurückfinden konnte.

Ein Nicken zum Gruße an einen der Wachmänner, die tagein und tagaus vor der Türe des Königs Position hielten und wohl zu den Männern gehörten, die ihre Treue am deutlichsten bewiesen haben. Amira klopfte zweimal. „Eure Majestät? Amira. Ich bitte Euch, darf ich eintreten?“ Sie sprach und lauschte auf Antwort, ein Schrei hallte gerade noch nach, doch leider waren seine Ausbrüche allzu gut bekannt, als dass man sogleich auf einen Anschlag tippen musste. Ungewiss, ob er sie je nach seiner Position in den Gemächern überhaupt hatte hören können, klopfte sie nochmals und öffnete langsam die Tür nur für den Fall, dass er sich trotz des sich bemerkbar Machens von ihr überrascht fühlte. Trotz der offenen Bauweise hatte sie das Gefühl, als würde die Luft hier stehen. Es atmete sich schwer, es könnte besser riechen und auf dem Beistelltisch nahe der Tür sammelten sich die verschiedenen Tabletts des Tages mit unberührtem Essen, das sich die Diener nicht gewagt hatten weiter in die Gemächer hinein zu tragen. Amira besah sich die verschiedenen Speisen und wählte das Frischeste auf einen Teller zusammen aus, den sie in ihrer linken Hand mit sich tragen würde.

Als wäre sie eingeladen worden und hätte sich zu dem verabredeten Zeitpunkt nur verspätet, achtete sie extra darauf nicht allzu leise zu sein, um ihm nicht das Gefühl zu geben sich anschleichen zu wollen. „Eure Majestät“, klang nun viel fröhlicher und mit neugierigem Blick stieg sie die wenigen Treppen empor und bog in Richtung der Dachterrasse ab. „Ich habe an Euch gedacht, was für eine wunderschöne sternenklare Nacht! Darf ich Euch Gesellschaft leisten?“ Und schon spähte sie durch den kleinen Torbogen hervor und sah, dass es ihm nicht gut ging. Dass ihn Sorgen plagten und sich das Gewicht der Welt auf seiner Schulter gesetzt hatte, als wäre er Atlas persönlich. Sie setzte sich neben der Lehne des pompösen Sessels, auf dem er saß, auf den Boden und stellte sorgsam den reich dekorierten Teller neben sich auf einem geschnitzten Holztischchen ab, auf dem sich zum Glück keine der wertvollen Karten befand. Darauf stand nur mehr eine Karaffe, doch fehlte die Spur eines Kelchs. Doch kaum abgestellt, sah sie Ridvan wieder an und schenkte ihm ihre ganze Aufmerksamkeit. „Was beschäftigt Euch?“

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Ridvan ben Sahid
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#3
Ridvan hatte sich zurückgelehnt, den Kopf in den Nacken gelegt und die Augen geschlossen, als er plötzlich hörte, wie sich jemand näherte. Er vernahm die Schritte auf den Treppenstufen und öffnete widerwillig die Augen um zu sehen, wer es war. Der kleine Wach-Knilch, der ihm seinen Becher zurückbrachte? Angebracht wäre es... jeder konnte sich glücklich schätzen, eine Stelle im Palast bekleiden zu dürfen. Und einem König seinen Kelch zu bringen, war nun wahrlich keine Schande oder gar Untat.

Als er jedoch Amira, die liebste Gesellschafterin seiner Frau erkannte, beruhigte sich etwas in ihm. Nein, er musste heute keinen Wachposten mehr anschreien. Jedenfalls noch nicht. Bei Amira gab es meist nichts zu beklagen - auch wenn sie ihm nicht seinen Kelch mitgebracht hatte. Dieser war aber letztendlich auch unwichtig. Ridvan hatte sich um so viele Dinge zu kümmern, die größere Tragweite hatten. Dennoch konnte er ihr nicht sofort antworten. Sie kam ihm so unbeschwert vor und das trübte seine Stimmung. Er wünschte sich, dass auch er derart unbeschwert vor sich hätte hinleben können. Doch dies war ihm nicht vergönnt. Er rieb sich mit Daumen und Zeigefinger die Nasenwurzel und blickte für einen Augenblick ganz desolat um sich, als müsse er sich neu orientieren. Wo er war, wer er war. Und wer sie war. Doch dann schien er einigermaßen zu sich gefunden zu haben. "Du bist die Einzige, die sich um mich sorgt...", bemerkte er. Vermutlich wussten sie es beide besser, aber der König war manchmal nicht in der Lage, dies zu erkennen.

Er beobachtete, wie Amira einen Teller mit frischen Speisen auf sein schmuckes, reich verziertes Holztischchen abstellte, doch nichts darauf bereitete ihm auf Anhieb Appetit.
Da sie sich danach erkundigte, was ihn beschäftige, seufzte er aus und blickte abermals hoch in das sternklare Firmament; diese unendliche Dunkelheit, die von unzähligen funkelnden Sternen durchbrochen wurde, die sich wie Diamanten auf einem samtenen Tuch ausbreiten. Gelegentlich zog eine leuchtende Sternschnuppe ihre Bahn über den Himmel und erfüllte die Nacht mit einem Hauch von Magie und unausgesprochenen Wünschen. Die Luft war klar und frisch und der sanfte Hauch des Windes trug den Duft von Wüstensand, Gewürzen und süßen Feigen mit sich. "Ich sorge mich wegen der Zeichen, die eigentlich offensichtlich sein sollten. Doch niemand außer mir scheint sie bisher wahrgenommen zu haben.
Und wenn doch, dann frage ich mich, warum man sich mit diesen Erkenntnissen nicht an mich wendet!"
, ereiferte sich der König, erhob sich aus seinem halb liegenden Zustand und zog eine Sternenkarte hervor. Beschriftet war sie mit den Worten Der Wächter, einer bekannten Sternkonstellation, die sich binnen eines Jahres wieder am nächtlichen Himmel zeigte.
Und in die Zeichnung des Wächters hinein, hatte Ridvan handschriftlich weitere Punkte eingezeichnet, diese kunstvoll miteinander verbunden und Der Seelenfresser daneben vermerkt. Seiner abstrakten Zeichnung war nur wenig Bedrohliches zu entnehmen, doch scheinbar schien er sehr viel darin lesen zu können. "Der jahrhundertalte Wächter hat sich gewandelt. Er hält nicht mehr seine schützende Hand über Dharan al-Bahr...", erklärte er ihr und zeigte ihr das für ihn "Offensichtliche".
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Amira El Mansouri
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#4
Vergraben in den eigenen Gemächern ohne jemals einen Schritt nach draußen zu tun, gefangen in den eigenen Gedanken, die ein wildes Eigenleben entwickeln konnten, und geplagt von Krankheit, derer Heiler zur Genesung erst noch gefunden werden musste. Der König trug ein hartes Schicksalslos und das wenige, das Amira ihm zum Ertragen dessen tun konnte, wollte sie gerne erledigen. Aber noch war es nicht so weit ihn bei der Hand zu nehmen und ihn aus dem Unwetter der Stürme in seinem Kopf zu führen, auf dass er glatte Dünen und saftige Haine sehen konnte, den Himmel ungetrübt und die Luft frei zum Atmen. Doch in diesen Stürmen, wusste sie bereits, war er blind für Offensichtliches und konnte sich über einen Sandkorn, der an falscher Stelle lag, im höchsten Maße erzürnen. So sah er im Moment auch nicht, dass sich jeder um ihn sorgte. Nicht nur seine geliebte Familie, sogar auch das engste Wachpersonal und Amira glaubte, sogar auch sein Volk. Jeder in diesem Land brauchte ihn und sollte es ihm nicht gut gehen, litt man mit ihm mit.

„Ihr werdet niemals alleine sein, Eure Majestät. Wir sorgen uns um Euch und wann immer Ihr es wünscht, werden wir euch beistehen“, und damit meinte sie sich, die Dienerschaft, und doch natürlich nicht zuletzt seine geliebte Gattin. Zwar mochte sie etwas weniger Geduld als Amira für ihn aufbringen, aber ihre Liebe zu ihm war ungetrübt und vermutlich deswegen so heißblütig, weil niemand ihm wirklich helfen konnte. Frust und Verzweiflung konnten seltsame Blüten treiben. Und natürlich würde er nicht auf magische Weise zu essen beginnen nur, weil sie einen Teller mit zu ihm gebracht hatte. Deswegen sah sie beiseite und ergriff eine Feige, derer Schale sie zuhörend hinunterzog. Denn auch, wenn die selbstredend aufgrund der Pflückreife essbar war, wollte sie ihm die kleine Frucht etwas verlockender bereiten. Seinen Bewegungen folgend, setzte sie sich aufrechter auf und beugte sich ein Stück nach vorne um sich die Karte zu besehen, die er vor sich hielt. Amira ergriff das Ende, das sich bei ihr befand, mit ihrer Hand und drückte ihm dafür die halbierte, geschälte Feige in die Hand ohne aufzusehen. Damit er Zeit hatte zu essen, ohne sich gedrängt zu fühlen sogleich auf ihre Worte zu antworten, ließ sich Amira Zeit. Ganz genau sah sie sich die hinzu gezeichneten Punkte an und blickte in den Himmel um zu erkennen, welche er gefunden hatte, die den Wächter derartig in Ungleichgewicht gebracht hatten. „Ihr habt ein neues Sternenbild entdeckt! Ihr meint diese hier, nicht wahr?“, und auch wenn sie mit ihrer freien Hand in den Sternenhimmel deutete, wäre es wohl unmöglich zu sagen, auf welchen Stern sie genau gezeigt hatte. Aber grob befand sich die Richtung in Übereinstimmung mit dem, was sich auf der Karte gezeichnet befand.

„Ihr habt Recht, der Wächter scheint bedroht. Aber Eure Majestät, was, wenn es sich um eine Prüfung handelt?“ Ihr Blick richtete sich zuerst wieder auf ihn, dann auf die Position seiner Ergänzungen auf der Karte. „Seht hier, wie die Sterne den Wächter ausfüllen? Meint Ihr nicht, dass der Wächter vielleicht dadurch stärker und größer werden wird? Er wird den Seelenfresser“, versuchte sie vorzulesen und klang dabei so, als würde sie sich einer Fremdsprache bemächtigen, die sie noch nie gehört hatte. Die Betonung war nicht ganz die richtige und sie schob dabei Worte zusammen, die so nicht zusammen gehörten, und trennte beispielsweise das f und r in der Aussprache voneinander. Aber Amira ignorierte mögliche Mangel ihrer eigenen Lesekompetenz und ließ sich davon nicht aus dem Konzept bringen. „verschlingen. Der Wächter beschützt Euch und Euer Land, er wird sich nicht von einfallendem Unglück beugen lassen. Niemals.“ Womit sie ihm begleitend auch noch die zweite Hälfte der Feige reichte; auch, falls er die erste nur weggeworfen haben sollte. Denn auch, wenn er es so direkt nicht gesagt hatte, stand das Aufkommen des neuen Sternbildes sicherlich mit der Flutwelle in Verbindung. Sie konnte nicht einmal erahnen, welch Bürde solch ein Naturereignis für den König bedeutete.

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Ridvan ben Sahid
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#5
Das Mädchen versuchte, ihm klar zu machen, dass er niemals allein sein würde. Ridvan drehte den Kopf weg und blickte weit in die andere Richtung. Ins Leere der Nacht. Und er dachte darüber nach, was es bedeutete, niemals allein zu sein.
Einsamkeit konnte Last und Befreiung zu gleichen Teilen sein - ebenso wie nie allein sein zu können gleichsam befreiend wie belastend sein konnte. Sein Leben schien die wohl paradoxeste Kombination aus beidem zu vereinen. Mit der Last der Macht fühlte er sich vollkommen allein (obwohl er in Wahrheit die anderen damit allein ließ). Und gleichzeitig fühlte er sich, als sei er sein Leben lang von irgendwelchen Menschen umzingelt. Von Familie, von Dienern, von Bittstellern, Hochstaplern, Schwätzern, Nutzniesern, Scharlatanen und Feinden. Jeder wollte etwas von ihm und niemals hatte er seine Ruhe und konnte wirklich alleine sein und Kraft tanken. Auch Amira konnte das nicht sehen oder gar verstehen. Niemand konnte das. Wenigstens gehörte sie zu den wenigen Handverlesenen, die versuchten, ihn am Leben zu halten. Und selbst hier wusste Ridvan nicht, ob das etwas Gutes, oder Schlechtes war. Es geschah einfach.

Auch jetzt geschah es wieder. Als er den Kopf wieder zurückdrehte und ihr Tun betrachtete, konnte er die Süße der Feige schon beinah auf seiner Zunge schmecken. Das Wasser lief ihm fast schon im Munde zusammen. Er schloss kurz die Augen und atmete die wohltuende Nachtluft ein. Dann fing er an, ihr zu zeigen, was genau ihn heute beunruhigte. Sie griff nach einem Zipfel der Karte und hielt ihm dafür die geschälte Frucht entgegen. Reflexartig nahm er das Obst zur Hand und führte es zum Mund. Die Art, wie Amira ruhig und besonnen die Karte studierte, strahlte auf ihn aus und auch er nahm sich Zeit, den Seelenfresser noch einmal zu betrachten. Sowohl auf der Karte, als auch das Original im Himmel. Dann ergriff die junge Frau das Wort und deutete mit einer Hand hoch zum Seelenfresser.
Ridvan nickte zufrieden und fand sogar ein sachtes Lächeln. "Genau... dort oben stehen sie ... und blicken auf uns hinab", sagte er und folgte wieder ihrem Blick auf die Karte.

Sie gab ihm Recht, dass der Wächter bedroht war, warf aber sogleich mögliche Erklärungen nach. Eine Prüfung...? Seine Stirn legte sich in Falten, denn dies war keine Option, über die er selbst nachgedacht hatte. Sie versuchte, eine Erklärung zu finden und er bemerkte natürlich, dass sie sich mit dem Lesen schwer tat. Ridvan nahm Amiras Hand und legte ihren Zeigefinger unter das Wort. Dann führte er ihre Hand unter den Buchstaben entlang und las ihr den Namen des neuen Sternbildes vor. "See-len-fress-er", las er gemeinsam mit ihr.
Dann legte sie ihm abermals ein Stück Feige in die Hand und beendete ihre Ausführungen darüber, dass der Wächter aus dem Seelenfresser neue Stärke gewinnen konnte. "Vielleicht... wir müssen die beiden auch in den nächsten Tagen und Wochen beobachten... um Zeuge ihres Kampfes im Himmel zu werden - und zu sehen, wer von ihnen die Überhand gewinnt", stimmte er zu. Und dennoch... insgesamt kam es ihm vor, als stünden die Zeichen ganz furchtbar schlecht. Die Flutwelle hatte hatte ja bereits viele Seelen eingefordert - so hatte man ihm zumindest berichtet.
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Amira El Mansouri
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#6
Amira war zufrieden mit ihm, dass er ohne zu zögern die Feige gegessen hatte, und nach dem Tempo zu urteilen, schien der Hunger endlich greifbar zu werden. Sie wollte ihm nicht das notwendige Mahl vorenthalten, das ihm neue Energie und vielleicht ein wenig Ruhe bringen konnte, und ihm bestenfalls schaffte seine trüben Gedanken zu besänftigen. Sie bedauerte nie mehr für ihn tun zu können und war gleichzeitig nicht befugt mit den Heilern zu konferieren, was es denn schließlich war, das ihn immer wieder in diese schwierigen Episoden trieb. War es Sorge um sein Volk? Sorge um ihn selbst? Die junge Frau wusste zu wenig von den politischen Gefahren eines Königs, allzu behütet innerhalb des Palastes und selbst in keiner Stellung, die jemals jemanden bedrohlich werden könne, war sie blind für potenzielle Gefahren. Noch dazu hatte sie großes Vertrauen in die ausgewählten Männer, die zum Schutz des Königs bestellt waren, allen voran der Garde. Diese Männer wären sicher bereit ihr Leben für Ridvan zu geben, wenn es denn sein musste.

Doch zuerst war er geduldig genug ihr das neue Wort näherzubringen. Aufmerksam sah sie von einem Buchstaben zu nächsten, dem somit nicht nur ihre Augen, sondern auch ihr Finger unter der Führung seiner Hand folgte, und sie bemühte sich ihn zufrieden zu stellen. Langsam formten sich die Laute und nun, wenn die richtigen Betonungen hinzu gefügt wurden, ergab das Wort auch inhaltlich für sie Sinn. Etwas, das sie Seele fraß. „Ich danke Euch, Majestät“, kam einerseits vom Herzen, andererseits beschämte sie es etwas, dass er das Bedürfnis gehabt hatte sie zu korrigieren. Der König hatte bei weitem größere Sorgen, als der Gesellschafterin seiner Gattin eine Fertigkeit näher zu bringen, die wohl jeder Schriftgelehrte hätte tun können. Und gleichzeitig fühlte sie sich geehrt, und ihm noch mehr dazu verpflichtet, ihre Anstrengungen zu vertiefen ihm Ruhe in sein Gemüt zu bringen.

Bekräftigend nickte sie zu seinem Entschluss, das Sternbild im Auge zu behalten. „Mein König, erlaubt Ihr mir Euch morgen Abend nochmals aufzusuchen, um zu sehen, ob sich die Sterne bereits verändert haben?“ Denn nicht nur, dass sie ihn in dieser sorgenvollen Zeit ungerne allein ließe, es interessierte sie wirklich. Schon oft fühlte sie sich trotz allem nach einer Zeit mit Ridvan klüger als zuvor, und sie war begierig darauf alles zu erfahren, was die Welt an Wissen bereit hielt. Zweifellos war er ein großer Gelehrter.

Ihre Hand rollte das Ende der Sternenkarte mit Vorsicht, auf dass dieses Papier keine unwillkommenen Falten enthalten sollte, seiner Hand entgegen. Dann legten sich ihre Finger sanft an seinen Unterarm, mit einem Blick auf die Sänfte. „Ihr seid hungrig. Bitte erweist mir die Ehre, und esst etwas in meiner Gesellschaft.“ Amira lächelte und zog schließlich den Teller heran, den sie vorbereitet hatte, wenn er es sich hoffentlich entspannter gemütlich gemacht hatte. Neben dem Pita lagen ein Klecks frischer Hummus, schwarze Oliven und gerollte Weinblätter, in die der zarteste Ziegenkäse gefüllt war. Ein fester Tahdig leuchtete im strahlenden Geld aufgrund des sättigenden Safran, der zugesetzt war, geziert mit Granatäpfelkernen. Dazu noch zwei weitere Feigen, Datteln, und kleine Würfelstücke Baklava. „Wenn Ihr wünscht, lasse ich Lammspieße für Euch erhitzen, oder aber beordere Euch Pilaw zu bringen.“ Denn ursprünglich warmen Speisen, die auf dem Servierteller im Eingangsbereich standen, waren eindeutig schon zu lange gelegen und hatte jegliche Temperatur verloren. Es wäre ein Sakrileg gewesen, diese dem König anzubieten. „Wenn ich mich erdreisten darf Euch darum zu bitten, so erzählt mir mehr über den Wächter. Ihr sagtet, dass er bereits Jahrhunderte über uns wacht- wie ist der Anfang dieser Geschichte?“

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Ridvan ben Sahid
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#7
Ridvan nickte seiner treuen Dienerin wohlwollend zu, als diese das Wort erneut und diesmal deutlich flüssiger las. Sie dankte ihm und er nickte ihr, ebenfalls zufrieden, einfach nur zu. ES war für ihn eine Kleinigkeit gewesen. Und wenn schon jemand sich die Mühe machte, ihm wirklich zuzuhören (nicht nur akustisch, sondern inhaltlich), war er gerne bereit, demjenigen ein wenig Aufmerksamkeit zukommen zu lassen, um ihn weiter zu befähigen. Selbst wenn es eine Frau war. Er hatte es auch nicht getan, weil er unglaublich Anstoß an ihrem schwachen Lesen genommen hätte. Sondern weil er gesehen hatte, wie sie sich damit bemühte. Da gab er gerne einen Fingerzeig in die richtige Richtung.

Sie erkundigte sich danach, ob sie er einverstanden war, wenn sie morgen Abend wieder mit ihm die Sterne studierte und auch dies nickte Ridvan ab. "Es wird dann nur ähnlich spät sein wie heute. Und ich weiß nicht, welche Aufgaben du tagsüber zu erledigen hast" - kurzum, er wollte ihr dies nicht aufbürden. Vermutlich würde Yasirah sie schon genug in Beschlag nehmen - immerhin war Amira ja auch die Gesellschafterin der Königin. Doch wenn sie wollte und wach genug war - er selbst war es allemal.

Entschieden rollte sie die Sternenkarte mit dem Seelenfresser auf und er überließ es ihr, die Karte vollständig zusammenzunehmen und sie zu verstauen. Sie würde schon wissen, wo er sie immer liegen hatte. Auch er hatte für den heutigen Abend genug gesehen und war eigentlich bereit, wieder nach unten zu gehen um sich in seine ausladenden Kissen zu legen und den süßlichen Dämpfen seines Räucherwerks hinzugeben. Doch noch ehe er sich aufrichten konnte, fühlte er die kleine Hand von Amira auf seinem Unterarm liegen. Er folgte ihren Bewegungen mit langsamen, müden Augen und nickte erneut ergeben, als sie vorschlug, ihm beim Essen Gesellschaft zu leisten. Die Art, wie sie mit ihm sprach - die Ruhe, Hingabe und Sanftheit, konnten ihn fast immer erreichen und erweichen. So auch heute. Zu seiner Überraschung hatte sie schon einen Teller bei sich. Er hätte nicht einmal sagen können, warum ihn das überraschte, denn Amira war was das anging immer sehr bedacht und vorausschauend. Doch er lehnte ab, als sie vorschlug, man könnte Lammspieße erhitzen lassen. Ridvan wollte jetzt nicht auf Lammspieße warten - es war ihm zu spät am Abend. Und schwere Speisen lagen ihm oft so schwer im Magen, dass kokelnde Kräuter weniger Einfluss auf ihn nehmen konnten. Doch sein Plan war es definitiv, sich später noch dieser einzigen, letzten Freude vollkommen hinzugeben. Mit der Hand machte er eine abweisende Geste. Danach griff er wenigstens bei den weiteren Speisen zu, riss sich mit der Hand etwas Pita ab und dippte damit in den Hummus und die Granatapfelkerne. Er mochte es, wenn sie süß in seinem Mund zerplatzten.

Während er aß, fragte Amira nach der Geschichte des Wächters. Er hielt in seinem weiteren Tun inne, um ihr davon zu erzählen. "Es heißt, dass der Wächter aus den Sternen selbst geboren sei, aus dem Herzen eines Sterns, der sein Licht opferte, um eine göttliche Wächterfigur zu formen. Diese Figur nahm die Gestalt eines gigantischen Hüters an, dessen Arme weit in den Kosmos ausgestreckt waren, um die Sterne und Planeten zu umarmen.
Man sagt, er sei ein göttlicher Beschützer, von Heofader geschickt um uns an seine Allmacht zu erinnern - denn der Wächter bewahrt unseren Nachthimmel vor dem Verlöschen, die Planeten vor der Zerstörung und alle Lebewesen vor der Dunkelheit.
In Zeiten großer Not ist er am Himmel, entfaltet seine göttliche Macht und stellt sich allen Bedrohungen in den Weg.
Er steht am Himmel, um uns allen Trost zu Spenden - ein sichtbares Zeichen Heofaders, der uns über die schwere unseres Schicksals trösten möchte!"

Ridvan sprach voller Inbrunst. Doch Amira hatte ihn - an einem anderen Abend - sicherlich auch schon davon reden gehört, dass die Flut ein Zeichen Heofaders gewesen sei, um alle Sünder und seine Feinde zu bestrafen - nur deshalb sei der Palast verschont worden. Die Zeichen der Götter zu deuten, war wohl keine leichte und eindeutige Aufgabe. Sogar ein König konnte sich da in Widersprüchen verfangen...
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Amira El Mansouri
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Amira nickte bedächtig und sah seine Antwort als keinen Grund an, ihr Erscheinen zu widerrufen. Selbst, wenn sie den ganzen Tag zugunsten der Königin getanzt hätte, gelacht oder tiefe Konversation betrieben habe, sah sie es ebenso als ihre Pflicht an, dem König in seiner schweren Zeit beizustehen. Sie war bereit dafür über ihre eigenen Grenzen hinaus zu gehen um für jeden in dieser Weise da zu sein, wie es ihr möglich war. Vielleicht half der Gedanke, eines morgigen Besuchs ihm dabei, doch von selbst eher zum Teller zu greifen, sich nicht ganz so viel in seinen Überlegungen zu verlieren oder gar mit Freude auf einen Zeitpunkt hinzusehen, der ihm im trüben Alltag ein wenig Helligkeit bringen konnte. „Eure Majestät, ich freue mich Euch ebenso dienen zu können, wie meiner Königin. Und ich bin neugierig darauf, ob die Sterne am morgigen Abend vielleicht Weiteres zu unser aller Schicksal verraten mögen.“ Denn selbst, wenn ihre Anwesenheit hier eine Art von Arbeit darstellte, bedeutete das nicht zwangsweise, dass sie es nicht gerne tat. Wenn es auch wenig weitblickenden Sinn in ihrem Leben geben mochte, so war ihr die Möglichkeit zur Hilfsbereitschaft Ziel und Dank genug.

Sorgsam hatte die junge Frau die Sternenkarte an ihren zugehörigen Ort wieder verstaut, auf dass Ridvan sie am nächsten Abend bei Bedarf sogleich wiederfinden würde. Nicht auszudenken, wenn eine der wertvollen Karten womöglich eines Tages abhanden käme, oder durch Witterungen oder Unachtsamkeit beschädigt, gar zerstört werden würde. Und ebenso sorgfältig bereitete sie ihm das Essen und besah sich zufrieden, dass der Hunger nun doch aufgekommen war. Es blieb ihr schwer einzuschätzen, ob der König bereits in den letzten Tagen der Zerstreuung an Gewicht verloren hatte, doch sie wollte von nun an ein Auge darauf haben. Ein wenig aufmerksamer sein, als sie es bis jetzt bereits gewesen ist.

Und sie liebte es, wenn er erzählte. Gebannt lauschte Amira seinen Worten, während sie selbst viel eher damit beschäftigt war ihm den Teller zu halten, vielleicht die ein oder andere Köstlichkeit darauf ein wenig näher in seine Richtung schob, in einer stillen Aufforderung. Es war einerlei, ob der König sich in seinen Geschichten in Widersprüchen verstrickte, denn die Worte selbst waren es doch, auf die es ankam. Sie halfen ihr ein klein wenig Einblick in seine Gedanken zu erhaschen und so wie jetzt zu bemerken, dass sich Hoffnung wiederfinden ließ. Der Wächter war zweifelsfrei positiv, doch dieses Mal nicht wie damals rachsüchtig und grausam, sondern bewahrend und behütend. Amira lächelte. „Möge er niemals seine Kraft verlieren. Und so lasset uns Trost in seinem Anblick finden“, nickte sie bedächtig und blickte nochmals in den Himmel hinauf. Strahlend schön, sie liebte den Sternenhimmel – und hatte doch zu dem Zeitpunkt noch keine Ahnung davon, wie überwältigend der Anblick dieser Lichter erst in der Wüste ohne weiteres Streulicht wirken würde. „Eure Majestät, gebt die Hoffnung nicht auf. Der Wächter beschützt Euer Reich bereits so lange Zeit, er wird nicht fallen. Ihr sagtet selbst, er ist Gesandter des großen Heofader. Niemals würde der Wächter ihn enttäuschen.“

Amira glaubte zu bemerken, wie immer mehr Ruhe ihren König für sich gewinnen konnte, und es freute ihr Herz. Vielleicht waren es auch nur wenige Momente, Minuten gar, die er in Entspannung und ohne Sorgen verbringen konnte, doch jeder einzelne Augenblick davon war kostbar. So wollte sie ihn nicht drängen, auch wenn sie glaubte sehen zu können, dass nun mit Ende der Umtriebigkeit vielleicht Müdigkeit ihren Platz für sich beanspruchen wollte. Sie blieb an seiner Seite, solange es ihm danach verlangte. Und auch, wenn sie gar die Auswirkungen der Flut selbst interessierten, wäre solch ein brisantes und politisches Thema keineswegs die rechte Wahl hier formuliert zu werden. „Möchtet Ihr, dass ich Euch noch ein wenig Musik spiele?“
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Ridvan ben Sahid
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#9
Der König betrachtete das Mädchen, das neben seinem Stuhl kniete. Er fühlte Mitleid in sich aufwallen, aber gleichsam auch einen gewissen Stolz. Sie war im Palast gut erzogen worden - seiner Vermutung nach von Yasirah. Sie hatte als Gesellschafterin des Königspaares schon sehr früh eine sehr wichtige Aufgabe eingenommen - die mit ausgesprochener Verantwortung einher ging. Kleinste Fehler konnten einen dieses gesamte Leben, das man sich mühevoll aufgebaut hatte, zunichte machen und in die Gosse oder in den Rachen eines Krokodils stürzen. Anstatt sich auf dem Geleisteten auszuruhen und sich damit zufrieden zu geben, strebte Amira jedoch weiter in die Höhe. Steil stieg sie wie ein roter Drache empor und gleitete scheinbar mühelos durch den Himmel. Für einen Augenblick drehte Ridvan seinen Kopf weg und blickte durch den Himmel, als würde er mit den Augen dem roten Drachen folgen, den er sich gerade ausmalte. "Wir werden es morgen Abend erfahren, Kind...", antwortete er schließlich; den Blick immer noch in die Weite gerichtet. Sein Kopf wiegte sich dabei sacht im Wind mit, von links nach rechts, während er der wunderschönen Bahn des nicht realen Drachens folgte.

Amira fasste die Geschichte über den Wächter in schöne Worte zusammen und appellierte daran, sie mögen Trost und Zuversicht in seinem Anblick finden. Ridvans Blick blieb an der immer noch bedroht wirkenden Figur empor. Sie fand in diesem Moment weitere beruhigende Worte. Darüber, wie der Wächter das Reich - und ihn selbst - beschützen würde. Der König wollte dies glauben. Mehr als alles andere auf der Welt. Es gab niemanden sonst, zu dem er aufblicken konnte. Für einen König gab es nur das Göttliche, das Außerweltliche. Und so verlor er sich im Anblick des leuchtenden Bandes, das sich quer über den Nachthimmel zog - den himmlischen Fluss aus Licht, der über die Nacht gezeichnet wurde. Er hatte keine Erklärung dafür, warum die Dichte von Sternen in diesem Band so viel größer war, als am restlichen Nachthimmel. Inmitten der Weiß- und Grautöne wirkte es beinah, als verschmelzten die anderen Sterne und Planeten auf ihrem Lauf durch die unendliche Nacht. Es gab ihm ein Gefühl von Tiefe und Dimension, doch eine Erklärung für dieses Gefühl der Unendlichkeit und das Mysterium des Universums, hatte er natürlich nicht. Nicht einmal die Teleskope seines Landes, die zu den fortschrittlichsten von ganz Arcandas gehörten, vermochten es bisher, die richtigen Rückschlüsse auf alles zu geben. Den einfachen und kleinen Menschen blieb nur die Bewunderung - und die Erinnerung an unsere Verbindung zum größeren Kosmos. Ein Moment der Ehrfurcht und des Staunens, der die Neugier und das Bewusstsein für die Weiten des Universums weckte.

Amira schlug indes vor, sie könne Musik spielen. Ridvans Stirn legte sich in Falten, doch er sprach kein Wort des Widerwillens. Er musste Amira nicht daran erinnern, dass nun kein fröhliches Gedudel an sein Ohr dringen sollte. Er nickte in ihre Richtung und vertraute darauf, dass sie eine friedliche, rätselhafte Melodie finden würde, die dem Augenblick gerecht werden konnte. Doch dann stand er schließlich auf, noch während er die letzten Bissen seines Pitas zerkaute. Ohja, er hatte die gesamte Zeit über friedlich gekaut. "Aber wir sollten dazu hinunter gehen. Ich möchte mich nun ausruhen", stellte er fest und ließ sie voraus gehen. In seinem eigenen Tempo begab er sich ebenfalls hinunter in seine Gemächer um einen Platz inmitten eines Berges gemütlicher bunter Kissen einzunehmen. Sogleich schickte er sich an, mit immerhin ruhiger Hand einige Kräuter in ein gebürstetes Gefäß zu werfen und die Mischung unter Zuhilfenahme eines langen Zündholzes zum Kokeln zu bringen.
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Amira El Mansouri
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#10
Sie verdankte dem Palast und der Güte der Königsfamilie ihr Leben, wie anders könnte sie eine Wiedergutmachung und Dankbarkeit dafür leisten, wenn nicht durch reine Hingabe? Und wenn er von ihr verlangen würde drei Tage wachen Auges neben seinem Bett zu stehen, auf dass damit die Alpträume und Sorgen verschwinden würden, so würde sie es tun und sich selbst zum Äußersten fordern und das Schwerste abverlangen, wenn es seiner Seele ein wenig Frieden zu bringen mochte. Schließlich gab es für Amira nichts anderes auf dieser Welt. Das Wohlbefinden des Königs und ihrer geliebten Yasirah waren ähnlich der wolkenlosen Sternbilder, eine unerreichbare Helligkeit und ein Mythos, stark und schicksalsgebend für so viele Leben auf dieser Welt, nicht nur für ihr eigenes. Sollte dieses Licht erlöschen, würden diesem fatalen Los viele andere ebenso folgen und ihr war klar, dass sie dazu gehören würde. Für die Aufständische in den armen Reihen des Volkes war sie ebenso eine Gönnerin des Palastes, die in weichen Betten schlief und vor reichhaltigen Tellern saß, jeden Abend ein Bad nehmen konnte oder keinen Schritt zu Fuß zu tätigen hätte, wenn sie es verlangte. Sollte es jemals zu einer Welle des Zorns aus dem Volk kommen, würde er über den Palast hinweg fegen und jeden mit sich reißen, der sich darin befand.

Doch ihrem König bereitete anderes Sorgen und auch diese wollten ernst genommen werden. Vielleicht war der Seelenverschlinger tatsächlich das Wahrzeichen dafür, dass die guten Seelen verschwanden und sich der dunkle Morast des Gesindel erheben würde. Niemand konnte die Zukunft vorhersehen, so oft Latifa auch daran geglaubt hatte, dass kleinste Zeichen oder Indizien einen Hinweis auf das künftige Geheimnis bieten konnten. Doch solange man nicht wusste, woher dieser dunkle Schatten, der sich über Matariyya legen könnte, stammte, war es unmöglich dagegen vorzugehen. Ruhe und Besonnenheit war alles, was sie Ridvan schenken konnte, keine Antworten und keine Weisheiten. Dafür waren seine Berater zuständig, die aber anscheinend dieser Tage grässlich darin versagt hatten.

Amira nickte zustimmend und war aufgestanden, hatte ihm voran den Weg hinab in seine Gemächer beschritten und die Harfe unter einem hingeworfenen Tuch wiedergefunden. Sorgsam befreite sie das Instrument und faltete den Stoff zusammen, legte ihn bei Seite auf eine Kommode. Mit einem Seitenblick wurde ihr gewahr, dass es sich Ridvan gemütlich gemacht hatte, so dass sie nun begann an den Seiten der Harfe zu zupfen. Sie nahm sich Zeit für die ersten Takte und ließ sich dann selbst von der Musik und dem Rhythmus weiter tragen. Die Vibration der Seiten sendete die feinen Klänge in die Luft und breiteten sich vorsichtig durch den Raum aus, als würden sie trotz Erlaubnis vorsichtigen Schrittes gehen und ihren Platz in diesem Miteinander erst für sich beanspruchen wollen. Amira fühlte die Melodie ebenso wie den Takt und spiegelte im Spiel die Emotionen der Ruhe, der Melancholie und der Sanftheit wieder, den dieses Stück transportierte.
Sie hoffte, es würde ihm gefallen und es könne gemeinsam mit den entzündeten Kräutern für eine Ruhe sorgen, die ihn bald in einen erholsamen Schlaf bringen sollte. Und wäre er nur eingedöst oder ansonsten sichtbar zur Ruhe gekommen, so würde sich Amira dann leisesten Schrittes aus den Gemächern entfernen und ihn seine verdiente Erholung finden lassen, in der Hoffnung, dass sich morgen ein besserer Tag für ihn zeigen würde.
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