| Amra Akhdir |
| Keeran Neshat |
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| Alter |
42 |
| Beruf |
Händler/ Schmuggler |
| Wohnort |
Dharan al-Bahr |
| Stand |
Verheiratet |
| User |
Letha |
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02-07-2025, 09:18 - Wörter:
Elefanten waren majestätische Tiere und - zum Unglauben vieler - sehr friedliebend und intelligent. Diese Giganten hatten niemanden zu fürchten, warum sollten sie dann täglich Gewalt an den Tag legen? Zum Schützen ihrer Jungen vielleicht, wie jedes andere Lebewesen, das der Evolution nicht erhaben war. Wenn sie sich bedroht fühlten oder um ein Weibchen kämpften, aber dem konnte man ja vorbeugen, wenn man die Bullen voneinander trennte. Dass sich solche Riesen von Menschen beherrschen und zähmen ließen, war wohl das Erstaunlichste an diesen Geschöpfen, und man konnte sich fragen: Wenn man wirklich alles hatte, wollte man dann wirklich noch unangefochten dort oben an der Nahrungskette bleiben? Oder ließ man sich lediglich von der Lethargie der Macht tragen und war zu träge, wenn jemand kam, der einem den Platz streitig machte?
Die ledernen Füße des Bullen wirbelten den Staub auf dem Boden auf, während der graue Riese trottend an Keeran vorbei geführt wurde. Ob dessen Gewicht auch irgendwann auf seine Knie ging? Würde die Sonne nicht bereits in ihrer Prächtigkeit auf den Hof hinab brennen und nur winzige Schatten zwischen den hellen, praktisch orientierten Gebäuden zulassen, hätte er sich vielleicht mehr Zeit gelassen, dem Elefanten hinterher zu sehen und die grauen Rücken hinter ihm zu zählen, einfach, um ein Gefühl für die Größe des Hofes zu bekommen. Doch der Halbtagesritt auf dem Rücken des Kamels hatte ihm nicht unbedingt einen Gefallen getan. Mit einem Gefühl von heute wird kein guter Tag war er bereits wach gewesen, noch bevor der Geruch von frischem Reis und gebackenem Naan durch sein Anwesen geweht war. Irgendwann hatte Basil im Türrahmen gestanden, die Augen noch halb geschlossen vom Schlummer, und Keeran hatte sich aus dem Bett geschält, war fast gestolpert bei dem stechenden Schmerz, der sich von seinem Knie die gesamte Seite hoch biss, hatte seinem Sohn den Kopf getätschelt und nach der ersten Opiumpfeife gegriffen.
Als das Kamel sich vor dem Haupteingang auf seine Vorderbeine, dann auf seine Hinterbeine niederließ und ein Sklave auf ihn zulief, um ihm beim Absteigen zu helfen, schlug Keeran die Hand weg. “Stock”, befahl er scharf und deutete mit einem Kopfnicken auf den befestigten Stock über den Gepäcktaschen des Kamels. Der Halbtagesritt hatte die Wirkungen des Opiums leider deutlich geschwächt, oder es war die Sonne gewesen, die sich durch den betäubenden Nebel in seinem Kopf gebrannt hatte. Zwar gab er sich nicht die Blöße, zu stolpern, als er selbst aus dem Sattel stieg, aber ein aufrechter Stand war sicher etwas anderes. Sein Gesicht, halb von dem Schal seines Turbans verdeckt, war in Stein gemeißelt, selbst als er den Stock gereicht bekam und die Gewichtsverlagerung auf das gesunde Bein nicht verhindern konnte. Erst, als er die große Gestalt auf sich zukommen sah, unverkennbar genau der, weshalb er die Reise auf sich genommen hatte, glätten sich seine Züge und ein leichtes Lächeln zupfte an seinen Mundwinkeln. “Khalid Al-Zamani. Danke, dass du dir heute Zeit genommen hast.” Wenn er nur wüsste, wie ähnlich er seinem Bruder sah… “Du musst doch sicher beschäftigt sein?”
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| Unregistered |
| Khalid al-Zamani |
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| Beruf |
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| Wohnort |
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| Stand |
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| User |
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10-07-2025, 08:17 - Wörter:
Die Sonne brannte senkrecht auf den Innenhof. Kaum Schatten, außer den schmalen Streifen unter den Galerien. Die Mauern warfen das Licht zurück, hart und grell, der Boden speicherte die Hitze wie ein glühender Stein. In den Ecken flirrte die Luft, unbewegt und dumpf. Nichts rührte sich, selbst die Vögel unter dem Dachvorsprung schwiegen. Der Hausherr stand an der Balustrade der Galerie im Obergeschoss. Über ihm spannte sich der Arkadengang mit seinen filigranen Bögen, darunter lag der rechteckige Innenhof des Wohntrakts, ein Ort, der einmal für Empfang, Gespräche, Tee in der Dämmerung gedacht war. Doch jetzt war er leer. Der Glanz vergangener Jahre lag wie ein matter Film auf jeder Oberfläche, denn Khalid war nicht gewillt, diesen wieder in neuem Glanz erstrahlen zu lassen.
Er wartete, äußerlich ruhig, doch innerlich war alles angespannt. In ihm lag etwas zwischen Müdigkeit und Groll, eine seltsame Mischung, die sich nicht so leicht voneinander trennen ließ und die es ihm nach seiner Rückkehr immer schwerer machte, freundlich zu sprechen, wenn man ihn begrüßte. Schwerer, den Jungen im Wohntrakt nicht mit Saliha zu vergleichen. Schwerer, bei Tageslicht an das zu glauben, was man „Verantwortung“ nannte.
Er war zurückgekehrt, ja, aber er wusste noch immer nicht, ob es eine Heimkehr war oder eine Art Verbannung in seine eigene Vergangenheit.
„Narin“, sagte er, ohne sich umzudrehen. Die Schritte auf dem Stein waren leise. Der Junge trat hinter ihn, die Arme gefaltet. „Wenn mein Gast kommt, bring ihm Scharab al-Loz und Rosenwasser. So wie man es ihm in seinem eigenen Haus serviert hätte.“ Der Junge nickte leicht. „Er soll sich willkommen fühlen. Nicht mehr. Nicht weniger.“ Abermals stimmte der Junge mit einem Nicken zu, erwiderte dann jedoch ein leises „Ja, Herr“. Danach verbeugte er sich vor Khalid und verschwand wieder. Der Blick des Hausherrn blieb indessen auf das Tor gerichtet. Noch war niemand zu sehen, aber er wusste, dass es nicht mehr lang dauern würde.
Keeran Neshat. Der Rabe.
Der Mann kam nicht zum Tee. Keeran roch nach verbrannten Verträgen, nach Misstrauen, nach Macht, die auf dem Rücken anderer gestapelt wurde. Khalid hatte längst gehört, was man über ihn sagte, selbst in den verstaubten Räumen des Hofes. Jeder Händler zwischen Abu Kabir und der Nordküste kannte seinen Namen, aber niemand sprach ihn aus, ohne vorher einen Blick über die Schulter zu werfen. Ein Händler, sagte man. Ein Stratege. Ein Aasfresser, korrigierten andere. Khalid wusste das. Sein Kiefer spannte sich abermals. Sein Bruder hätte Keeran mit offenen Armen empfangen, hätte gelächelt, gefragt, wie die Reise war oder ob das Knie schmerzte. Farid konnte das. Für ihn war es keine Geste, sondern einfach seine Art. Doch jetzt war Farid tot.
Khalid hatte seinen Bruder geliebt. Aber gleichzeitig hatte er ihn auch gehasst oder das, was aus ihnen geworden war. Denn alles begann mit Saliha. Sie war nie eine bloße Fantasie gewesen. Kein fernes Bild, keine stille Sehnsucht. Sie war real. Warm, nah und greifbar. Es hatte Nächte gegeben, in denen sie nur Gespräche führten, doch es gab auch Stunden, in denen mehr zwischen ihnen lag. Berührungen, zögernd erst, dann mit jenem Hunger, den man nur kennt, wenn etwas endlich greifbar scheint. Er hatte sie geliebt und sie ihn. Davon war Khalid überzeugt gewesen, zumindest vor einer sehr langen Zeit. Er hatte ihr einen Antrag gemacht. Kein offizieller, aber doch ernst gemeint. Ein Versprechen. Er würde bald mit seinem Vater sprechen. Er würde alles vorbereiten. Sie hatte nichts dagegen gesagt. Nur gelächelt und genickt. Und dann…dann hatte sie Farids Antrag angenommen. Khalid hatte nie erfahren, was genau zwischen ihnen geschehen war. Ob es ein taktisches Spiel war oder ein spontanes Entflammen. Jetzt waren beide tot und zurück blieb nur ihr Sohn: Jamil. Der Junge trug nichts von Farid in sich, sondern nur von seiner Mutter. Khalid erkannte sie in jedem einzelnen Blick. Diese feine Spannung im Gesicht. Das schmale Lächeln, das nie ganz aus dem Schatten trat. Er konnte ihn nicht ansehen. Nicht, weil der Junge etwas falsch machte, sondern weil er einfach zu sehr wie seine Mutter war.
„Herr, er ist da“, hörte er Narins Stimme hinter sich. Ruhig, aber nicht ohne eine gewisse Beklommenheit. Ein letztes Mal fiel Khalids Blick auf den Hof unter ihm, das leere Steinbecken, die Risse im Mauerputz, der tote Feigenbaum. Dann wandte er sich zum Gehen. Als er die steinernen Treppenstufen hinabstieg, hallte jeder Schritt in der Stille wider. Er trug keinen Schmuck, nur ein schlichtes Gewand aus sandfarbenem Leinen, mit einem dunklen Gürtel. Es gab kein unnötiges Zeichen von Reichtum an ihm. Als er durch das große Portal auf den Vorplatz trat, blendete ihn die Sonne für einen Moment. Staub tanzte in der Luft. Das Kamel stand noch am Rand, ein Sklave hielt die Zügel. Keeran war schneller mit Worten. Ein Hauch von etwas huschte dabei über Khalids Gesicht. Nicht Spott, aber auch kein Lächeln. Eher eine stumme Müdigkeit, die man sich abtrainiert hatte, aber die manchmal doch durchbrach. „Das sind wir doch alle“, sagte er. Dann trat er einen Schritt zur Seite, mit jener kontrollierten Eleganz, die ihn nie ganz verlassen hatte. „Die Schatten hier draußen sind nicht mehr das, was sie einmal waren.“ Er wies mit einer offenen Geste auf den Durchgang, der in den kühleren Innenhof des Wohntrakts führte. „Komm. Es ist zu heiß, um hier draußen zu reden.“
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| Amra Akhdir |
| Keeran Neshat |
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| Alter |
42 |
| Beruf |
Händler/ Schmuggler |
| Wohnort |
Dharan al-Bahr |
| Stand |
Verheiratet |
| User |
Letha |
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27-07-2025, 04:25 - Wörter:
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 27-07-2025, 04:41 von Naila Castellanos.)
Hier im Staub entkleidete die Sonne jeden Schatten, jedes Falschspiel und jeden Aasfresser, der am wolkenlosen Himmel seine Kreise zog. Es war so heiß, dass sich feine Schweißperlen unter den dünnen Stofflagen bildeten und den Nacken hinab glitten, eine unvermeidbare Reaktion auf die bloßstellenden Umstände, denen sie sich aussetzten. Alles an ihm widerstrebte diesem Land; seine helle Haut war nicht für die Sonne gemacht, seine Augen zu lichtempfindlich, seine Nase zu viele Gerüche aus der Luft filternd. Man sah ihm an, dass er nicht hierhin gehörte, oft genug hatte man es ihn spüren lassen und immer noch wusste er um die Blicke, die sich hier im Inland an seinen Rücken hafteten, weil er, so viel Mühe er sich auch gab, immer herausstechen würde als Sonderling unter den Einheimischen, als Pferd unter den Kamelen, Regen in der Wüste. Die Sonne schonte keinen Fremdling, dessen helle Haut und grauen Augen über dem Schal das Licht zu fangen schienen.
Und doch schien er hier nicht derjenige zu sein, der fehl am Platz war. Ihm gegenüber stand jemand, der seine Augen zusammenkniff ob der gleißenden Helligkeit des Hofes, der seinem Bruder gehört hatte. Jahrelange Abwesenheit hatten ihn seinem Land entfremdet, da konnte er auftreten wie er wollte; die Aasfresser kreisten längst über seinem Kopf und warteten darauf, bis er der klammen Wüste nicht mehr standhalten konnte, oder nicht mehr wollte.
Wie der Rabe es doch genoss, wenn man ihm nichts vormachte.
All das musste er nicht erst lesen und sich erarbeiten — es wurde ihm auf einem Silberteller präsentiert von jemandem, der sich keine große Mühe machte, sein Wesen zu verstecken hinter einem kontrollierten Lächeln und dem Gift einer Schlange. Für Keeran war das dünne, fadige Ziehen der Mundwinkel eine angenehme, kühle Erfrischung, die er gerne annahm als Abwechslung und Grund, seine Karten für die Al-Zamani neu anzuordnen. Das Spiel hatte natürlich längst begonnen; ein Umstand, dem sich beide Spieler bewusst zu sein schienen.
„Möglich. Oder vielleicht ist es der Mensch, der sich an die Schatten gewöhnt hat“ , ließ Keeran seinen Blick kurz über den Hof schweifen, wobei er dem Gebäuden mehr Beachtung schenkte als den Beiwerk-Menschen um ihn herum. Trotz des spärlichen Schattens hausten in den Fassadenrissen allerlei Ungeziefer. Käfer, Würmer, Mäuse, Schlangen… Ob Khalid etwas dagegen unternehmen würde?
„Gerne.“ Mit einer Spur von Anspannung, akribisch verdrängend, stützte er sich auf seinen Gehstock, als er sich in Bewegung setzte und seinem Gastgeber zurück in das Innenleben des Hofes folgte; dort, wo die Schatten sich nicht von der Sonne vertreiben ließen. Die offene Architektur des Gebäudes hatte zur Folge, dass eine leichte, trockene Brise durch die Gänge wehte, während draußen dick die Luft stand. Ob Khalid, wenn er alleine war, die Geisterhand der Verstorbenen auf seiner Schulter spürte? Keeran gab der Stille den Raum, sich zu entfalten; lediglich sein Stock hallte in unregelmäßigen Abständen auf dem Stein wider wie ein Eindringling, der das Ruhen der Toten störte. Ein Aufwirbeln von Staub, das Stören von Erinnerungen. Flüstern, das nicht gehört werden konnte, weil er zugegen war. Erst, als er hinter dem Elefantenzüchter in den Empfangsraum mit Liegen und Essensschalen trat und den Schal zurück über seine Schulter warf, wo er als Verlängerung seines Turbans herunter fiel, durchbrach er das Schweigen, nicht aber die Schatten der Vergangenheit. „Ah, wie ich es in Erinnerung habe. Deine Familie fiel schon immer mit Gastfreundlichkeit auf“ , merkte er scheinbar gedankenlos an, dabei waren seine Worte präzise gewählt. Das Lächeln ließ nicht deuten, ob er sich an Sarkasmus bediente, und es währte zu kurz, um viel hinein zu interpretieren. Keeran ließ sich aus seinem Reise-Abaya helfen und setzte sich auf die gepolsterte Liege, das Bein mit dem kaputten Knie ausgestreckt und den Stock neben sich gelehnt. Die Lippen für einen Moment zu einer schmalen Linie verzogen und den Blick konzentriert auf einen Punkt vor sich, atmete er den stechenden Schmerz weg, der durch sein Bein jagte, bevor er sein Gewicht verlagerte. Erst, als sich seine Gesichtszüge wieder entspannten, lehnte er sich etwas nach vorne und tauchte seine Hände in das frische Rosenwasser, sein Grau wieder auf seinem Gegenüber ruhend mit oberflächlicher Freundlichkeit, die weder in die ein oder andere Richtung zu deuten war; es war schlichtweg ein Benehmen, dem sich ein Händler bediente, um Geschäftsbeziehungen zu wahren, ohne über die Stränge zu schlagen. „Hast du dich wieder einleben können? Die Umstellung muss sicher enorm gewesen sein.“ Längst hatte er sich damit abgefunden, der Gesprächstreiber zu sein im Angesicht eines Riesen, der gelernt hatte, mit seinem Körper zu sprechen. Das war in Ordnung für ihn — sie hatten es hier beide mit einem Ungleichgewicht zu tun, dem sie Herr werden mussten.
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