[Ekene Harun]

Niemand sollte jemals wissen was in seinem Kopf vorging und er sollte auch niemals äußern was er wirklich dachte. Ansonsten würde das für Probleme sorgen, die man sich nur sehr schwer vorstellen konnte. Ganz zu schweigen von seinem Stand, war er nun wirklich niemand der sich gegen irgendetwas stellen sollte. Mittlerweile bereute Ekene es dass er die Frau gerettet hatte, denn jetzt konnte er nicht einfach gehen und sie alleine lassen. Also bestand er darauf sie zu begleiten auf ihrem Weg. Warum auch immer sie weiter über den Markt schlendern wollte, aber er würde Frauen wohl niemals verstehen. Was wahrscheinlich auch besser so war. Gefühle hatten in seinem Beruf auch nichts zu suchen. Sie waren nur hinderlich und man musste lernen mit jenen umzugehen und sie hinten an zu stellen. Wenn man seine Aufgabe ordentlich machen wollte. Gemeinsam liefen sie los und Ekene entging ihr Blick nicht. Nun war sie es scheinbar, die ihre Umgebung aufmerksamer musterte. Allerdings viel zu auffällig. Es wäre ein Leichtes für andere sie zu überfallen. Sein Blick war streng und er beobachtete viel aus dem Augenwinkel. Wichtig. Sehr wichtig. Die toten Winkel musste man immer im Blick haben. Zur Sicherheit.

Nun versuchte er sich an einem kurzen Gespräch. Jedoch machte er zuvor deutlich dass er nur so viel wie nötig sagen würde. Immerhin stand es ihm nicht zu. Sollte sie es allerdings öfters und ausdrücklicher fragen, dann würde er ihr antworten müssen. So oder so war seine Lage nicht die beste. Seine Hände hatte er hinter dem Rücken verschränkt und lief ein wenig hinter ihr. Nicht neben ihr. Hinter ihr. So wie es zu sein hatte. Sein Platz war hinter diesen vornehmen und reichen Leuten, die keine Ahnung von dem Leben all jener hatte die um ihr Überleben kämpfen mussten. Nun erfuhr er dass sie mit dem Ritter Acilius verheiratet war und auch dass sie keine Kinder hatte. War das nicht ein Skandal in ihren Kreisen? Kinderlos zu sein? Ekene hatte das nur halb mitbekommen, aber er wollte es trotzdem kommentieren.
"Es ist in euren Kreisen nicht gern gesehen kinderlos zu sein oder?"
Vielleicht antwortete sie ihm. Vielleicht auch nicht. So oder so kam er um dieses Gespräch nicht herum. Von Lockerheit konnte keine Rede sein. Er blieb die ganze Zeit angespannt. Immer auf der Hut.
"Nun ihr seht noch jung aus. Da kommen sicherlich noch ein paar Erben."
Denn Erben waren doch immer wichtig. Söhne, keine Töchter. Soweit er wusste. Söhne waren wichtiger. Sie spielten eine größere Rolle, aber ihm war es egal. Er hatte eh keine Kinder und würde auch niemals eine Familie gründen.

[Aurora Acilius]

Aurora war zwar naiv, aber eine gewisse Menschenkenntnis hatte sie dann doch. Wobei es bei Ekene wohl nicht so schwer war zu erkennen, dass er eher verschlossen war und nicht gerne über sich sprach. Anders konnte es doch garnicht sein, wo er doch nichts von sich gab. Ihr Blick glitt immer wieder über ihn und innerlich fragte sie sich, wieso er wohl so war wie er eben war. Sie alle hatten ihre eigene Geschichte und auch ihre Gründe dafür, wieso sie so tickten wie sie tickten. Aber hier würde sie wohl nie die wahren Gründe hierfür erfahren. Wie auch? Fragen konnte sie ihn schlecht, zumal sich das auch nicht ziemte. Es ging sie schließlich auch nichts an. Eine Frau aus ihrem Range hatte solche Fragen nicht zu stellen. Genau genommen hatte diese Frage nicht mal etwas in ihrem Kopf verloren, aber hier war es wieder vorteilhaft, dass man die Gedanken anderer nicht lesen konnte. Dieser Umstand war bei Aurora aber immerzu vorteilhaft, da sie doch Gedanken und Fantasien hegte, von denen niemals jemand erfahren durfte.

Egal, was Aurora ihren Gegenüber fragte, er reagierte wortkarg. Die Rothaarige war nun auch nicht mit dem Charisma schlechthin ausgestattet, weshalb sie sich zunehmend schwer damit tat, ein neuerliches Gesprächsthema zu finden. Als dann aber sogar eine Frage von Ekene kam, war sie doch etwas überrascht. Es war wohl eher die rhetorische Frage, ob es in ihren Kreisen nicht gern gesehen war, kinderlos zu sein – gewiss entsprach dies der Wahrheit. Viel mehr als ein leichtes Nicken war bei Aurora auf Anhieb nicht möglich. Sie überlegte, was sie darauf antworten sollte. Aber gab es hier irgendetwas, das man schönreden konnte? Wohl kaum. ”Ihr habt recht. Es ist nicht gerne gesehen. Gewiss verfügt aber nicht jede Frau über das Glück, auf Anhieb in freudiger Erwartung zu sein.” meinte sie dann doch schüchtern und griff auf ihren Fingern herum. Es gab Dinge, über die man besser nicht sprechen sollte – dies war wohl eines davon.
”Was aber nicht heißen soll, dass mein Ehemann und ich deshalb Probleme hätten.” hing sie noch schnell dran und räusperte sich. Irgendwie verredete sie sich hier in etwas, was mit jedem Wort noch schlimmer wurde. Ganz egal, welches es war. ”Kennt Ihr Justus?” fragte sie dann vorsichtig nach. Die Gegenfrage, ob Ekene Kinder hatte, wagte sie nicht zu stellen.