04-05-2024, 13:57 - Wörter:
Erinnerungen schwappten auf, als sie selbst auf den Straßen gelebt und in die Taschen unachtsamer Leute gegriffen hatte, alles nur um es gegen ein Stück Brot oder abgelegene Früchte zu tauschen, die den gierigen Hunger stillen konnten. Niemals hätte sie sich damals erträumt, dass einer der hoch reitenden Herrschaften sie auch nur eines Blickes würdigen würde, oder sich gar herabließ ihr ein Geschenk zu machen. Und sie wollte es ändern. Vielleicht würde sich dieses Kind die Geste des Gutenwillens zu Herzen nehmen können und seine Hoffnung an eine gute Welt daraufhin nicht verlieren. Vielleicht würde diese Tat es dazu verleiten, eines Tages selbst das wenige, das es besitzen könne, zu teilen und jemand anderen helfen, der noch weniger sein Eigen nannte. Amira war machtlos das gesamte Elend zu vertreiben und somit war nichts geblieben als das herzugeben, was sie am Körper trug. Sie wäre sogar bereit gewesen ihre Dupatta zu lösen und den erlesenen Stoff jemanden aus der Menge zu geben, wenn nicht ein scharfer Klang diesen Gedanken sogleich vernichtete.
Das erste Mal, dass er ihren Namen nannte, und sogleich ein Tonfall, der einem gut überlegen ließ, wie man seinen nächsten Schritt setzte. Die junge Frau war zusammen gezuckt und sie sah ihm an, unter welcher Spannung er stand. Seine Stimme scharf, die Griffe fest und es bestand kein Zweifel daran, dass alles, was Amira hier tat, in seinen Augen falsch war. Vermutlich war es unwürdig den armen Hungernden auch nur einen Blick zu schenken, vielleicht verbot er ihr über das gemeinsame Hab und Gut zu verfügen. Es gehörte ihm und bestenfalls schenkte er es ihr, doch niemals diesen Gestalten. Es fehlte ihr die Erfahrung und die Weitsicht daran zu denken, dass Menschen, die an der Schwelle des Todes standen und von Hunger gequält wurden, wohl bereit wären Unmenschliches zutun. Niemand von ihnen war nahe genug gekommen, um sie womöglich vom Pferd zu ziehen und die Kleider vom Leib zerreißen, auf dass jeder Stofffetzen selbst wert genug wäre, eine Weile dem sicheren Straßentod zu entkommen.
So, wie es die beiden Reiter taten. Erst mit einem Blick zurück sah sie, die Meute folgte. Waren zuvor noch Frauen und Kinder unter der Menge beigemischt gewesen, hatten sich stattdessen nun junge Männer vorwiegend der Verfolgung entschlossen und waren bemüht mit dem Tempo der Pferde mitzuhalten. Ein unbehagliches Bild, das erst von schützenden Mauern und bewaffneten Torwächtern zur Gänze aufgelöst worden war. Amira atmete durch und sah, dass sie bereits erwartet wurden. Ilyas erschien ihr nie impulsiv und die erhobene Hand war weit mehr Reaktion, als sie überhaupt in Erwägung gezogen hätte. Was auch immer der Grund war innezuhalten, sie war dankbar dafür, könnte es aber beim besten Willen nicht erraten. Niemand der Anwesenden würde mit der Wimper zucken, wenn sie die Szenerie beobachteten, denn es gehörte zum Recht des Mannes dazu seine Frau zu züchtigen, wenn er es als angemessen empfand. Die Warnung war bei ihr angekommen. „Nie wieder“, flüsterte sie leise zustimmende Antwort und merkte erst, als er sich abgewandt hatte, wie ihr das Herz bis zum Hals schlug. Spontan hätte sie nicht sagen können, ob seine Reaktion oder das Bild der nachfolgenden Meute stärker gewesen war, um sie in Schreck zu versetzen.
Nur einen Moment, Amira zwang sich zur Haltung und bemerkte aber, wie ihre Beine weich geworden waren. Zahlreiche Gedanken hämmerten hinter ihrer Stirn und einen jeden musste sie nun beiseite schieben, als sie ihm gefolgt war und respektvoll ein Stück hinter ihm stehen geblieben war. Grüßte, wenn sie angesprochen wurde, aber sich ansonsten zurückhielt. Die Angekommenen wurden eingeladen der abendlichen Geselligkeit für eine Weile beizuwohnen, bis ausreichend Wasser für den Waschzuber zur Körperreinigung erhitzt sei. Weiche Kissen säumten den Boden, die Pfeife – selbstredend nur für die Männer – gemeinsam mit Wein in der Mitte, verschiedene Früchte und kleine Happen waren bereitet, um dem Magen gut dienlich zu sein. Amira sprach nur, wenn sie angeredet wurde, und dann hielt sie sich höflich kurz und nickte viel eher, oder schüttelte den Kopf zur Verneinung, immer mit einem Lächeln und gebotener Zurückhaltung. Ein wenig wurde gegessen, so reichte sie ihrem Mann einen der importierten Pfirsiche, als sie sich selbst einen genommen hatte, und schließlich verlautete eine Dienerin alles vorbereitet zu haben.
Im oberen Stockwerk des Hauses war ein Zimmer für sie bereitet, das neben einem Balkon einen offenen Torbogen zu einem kleinen Nebenraum besaß, in dem sich der Zuber befand, von dem es heiß dampfte. Ein Ofen befeuerte gerade noch die letzten Kessel zum selbstständigen Nachfüllen, während Eimer mit kaltem Wasser eine Regulierung ermöglichten. Die Tür geschlossen und um ihre Nervosität zu kompensieren, gab sie ihren Fingern zutun, indem sie begann den geflochtenen Zopf langsam aufzulösen; selbst wenn außer Frage stand, dass ihm das Bad als erstes zustand. „Bitte, verzeih mir mein Fehlverhalten. Ich bin dankbar für deine Fürsorge und deine Geschenke. Es war unrechtens von mir, auf diese Weise darüber zu entscheiden.“ Den Blick gesenkt, war der Zopf leider nicht ganz so lang, wie sie es gerne gehabt hätte, und somit fuhr sie fort nicht vorhandene Knoten aus einzelnen Strähnen zu lösen.
Das erste Mal, dass er ihren Namen nannte, und sogleich ein Tonfall, der einem gut überlegen ließ, wie man seinen nächsten Schritt setzte. Die junge Frau war zusammen gezuckt und sie sah ihm an, unter welcher Spannung er stand. Seine Stimme scharf, die Griffe fest und es bestand kein Zweifel daran, dass alles, was Amira hier tat, in seinen Augen falsch war. Vermutlich war es unwürdig den armen Hungernden auch nur einen Blick zu schenken, vielleicht verbot er ihr über das gemeinsame Hab und Gut zu verfügen. Es gehörte ihm und bestenfalls schenkte er es ihr, doch niemals diesen Gestalten. Es fehlte ihr die Erfahrung und die Weitsicht daran zu denken, dass Menschen, die an der Schwelle des Todes standen und von Hunger gequält wurden, wohl bereit wären Unmenschliches zutun. Niemand von ihnen war nahe genug gekommen, um sie womöglich vom Pferd zu ziehen und die Kleider vom Leib zerreißen, auf dass jeder Stofffetzen selbst wert genug wäre, eine Weile dem sicheren Straßentod zu entkommen.
So, wie es die beiden Reiter taten. Erst mit einem Blick zurück sah sie, die Meute folgte. Waren zuvor noch Frauen und Kinder unter der Menge beigemischt gewesen, hatten sich stattdessen nun junge Männer vorwiegend der Verfolgung entschlossen und waren bemüht mit dem Tempo der Pferde mitzuhalten. Ein unbehagliches Bild, das erst von schützenden Mauern und bewaffneten Torwächtern zur Gänze aufgelöst worden war. Amira atmete durch und sah, dass sie bereits erwartet wurden. Ilyas erschien ihr nie impulsiv und die erhobene Hand war weit mehr Reaktion, als sie überhaupt in Erwägung gezogen hätte. Was auch immer der Grund war innezuhalten, sie war dankbar dafür, könnte es aber beim besten Willen nicht erraten. Niemand der Anwesenden würde mit der Wimper zucken, wenn sie die Szenerie beobachteten, denn es gehörte zum Recht des Mannes dazu seine Frau zu züchtigen, wenn er es als angemessen empfand. Die Warnung war bei ihr angekommen. „Nie wieder“, flüsterte sie leise zustimmende Antwort und merkte erst, als er sich abgewandt hatte, wie ihr das Herz bis zum Hals schlug. Spontan hätte sie nicht sagen können, ob seine Reaktion oder das Bild der nachfolgenden Meute stärker gewesen war, um sie in Schreck zu versetzen.
Nur einen Moment, Amira zwang sich zur Haltung und bemerkte aber, wie ihre Beine weich geworden waren. Zahlreiche Gedanken hämmerten hinter ihrer Stirn und einen jeden musste sie nun beiseite schieben, als sie ihm gefolgt war und respektvoll ein Stück hinter ihm stehen geblieben war. Grüßte, wenn sie angesprochen wurde, aber sich ansonsten zurückhielt. Die Angekommenen wurden eingeladen der abendlichen Geselligkeit für eine Weile beizuwohnen, bis ausreichend Wasser für den Waschzuber zur Körperreinigung erhitzt sei. Weiche Kissen säumten den Boden, die Pfeife – selbstredend nur für die Männer – gemeinsam mit Wein in der Mitte, verschiedene Früchte und kleine Happen waren bereitet, um dem Magen gut dienlich zu sein. Amira sprach nur, wenn sie angeredet wurde, und dann hielt sie sich höflich kurz und nickte viel eher, oder schüttelte den Kopf zur Verneinung, immer mit einem Lächeln und gebotener Zurückhaltung. Ein wenig wurde gegessen, so reichte sie ihrem Mann einen der importierten Pfirsiche, als sie sich selbst einen genommen hatte, und schließlich verlautete eine Dienerin alles vorbereitet zu haben.
Im oberen Stockwerk des Hauses war ein Zimmer für sie bereitet, das neben einem Balkon einen offenen Torbogen zu einem kleinen Nebenraum besaß, in dem sich der Zuber befand, von dem es heiß dampfte. Ein Ofen befeuerte gerade noch die letzten Kessel zum selbstständigen Nachfüllen, während Eimer mit kaltem Wasser eine Regulierung ermöglichten. Die Tür geschlossen und um ihre Nervosität zu kompensieren, gab sie ihren Fingern zutun, indem sie begann den geflochtenen Zopf langsam aufzulösen; selbst wenn außer Frage stand, dass ihm das Bad als erstes zustand. „Bitte, verzeih mir mein Fehlverhalten. Ich bin dankbar für deine Fürsorge und deine Geschenke. Es war unrechtens von mir, auf diese Weise darüber zu entscheiden.“ Den Blick gesenkt, war der Zopf leider nicht ganz so lang, wie sie es gerne gehabt hätte, und somit fuhr sie fort nicht vorhandene Knoten aus einzelnen Strähnen zu lösen.
