09-07-2024, 17:04 - Wörter:
Das Gemach war erfrischend kühl im Vergleich zu der Hitze, in der Leifs Rüstung ihn einschloss. Die Asche im Kamin zu ihrer Rechten zeigte deutlich, dass sowohl Kronprinz als auch Kronprinzessin mit längerer Abwesenheit geglänzt hatten und die Holztür zum Balkon war wahrscheinlich heute Morgen geöffnet wurden, um den abgestandenen Burggeruch aus dem Dekor zu vertreiben. Heute spielte das Wetter wunderbar mit, dass man direkt vom Zimmer aus einen klaren Blick auf das angrenzende Gebirge hatte. Hell schien die Sonne durch die spitz zulaufenden Fenster und einzelne Glaskacheln warfen vereinzelt bunte Flecken auf den Steinboden. Das gewaltige Bett mit dem Baldachin und den schweren, offenen Vorhängen zu ihrer Linken war sorgfältig gemacht mit für diese Jahreszeit typischen Leinen, keinen Fellen, und der Schreibtisch in der Nähe des Kamins glänzte mit einer für Leif typischen, aber nicht pikanten Ordnung. Gerade, wenn er länger verreiste, vermied er es, Stapel von Papieren für sein Zukunfts-Ich übrig zu lassen; meist ergab sich die Arbeit eh, wenn er den Tag zuvor nicht gut schlafen konnte und dann lieber Pflichten im Kerzenschein erledigte, anstatt im Bett unnütz Löcher in die Decke zu starren. Ein Problem, das er heute mit großer Zuversicht nicht haben würde.
“Wovor soll ich Angst haben? Die zwei größten Monster schlafen vorne in ihren eigenen Zimmern.” Leif warf seiner Schwester ein amüsiertes, schiefes Grinsen zu, das etwas zu scharf geriet, als dass er nicht sie meinen könnte. “Außerdem bin ich gar nicht alleine”, setzte er noch nach. “Aleena beschützt mich genau so, wie ich sie beschütze.” Nur vor anderen Monstern - tatsächlich schlief er besser, wenn er wusste, dass neben ihm noch jemand anderes lag.
Die gepanzerten Handschuhe landeten zuerst auf der Kommode, ehe Leif sich daran machte, die Gurte für die Halterung seiner Axt zu lösen und schließlich die Schlaufe über seinen Kopf zu ziehen. Mit jedem Rüstungsteil, das ihn verließ, fühlte er ein Stück der Reise von sich abfallen. Es gab auf einmal keine kiloschwere Verantwortung mehr zu schultern und übrig blieb nur ein Krieger mit wildem, gelockt braunem Haar. Nach etlichen “Kannst du die Schlaufe hier lösen?” und “Hältst du das kurz?” zog sich Leif endlich das Kettenhemd über die Schultern und stieg aus den Kettenbeinlingen, was ihn letztendlich in einfacher, praktischer Alltagskleidung zurückließ. Kurz rollte er seine befreiten Schultern, drückte auf einen angespannten Knoten in seinem Nacken und stieß ein Seufzen aus. “Weißt du, manchmal ist es ganz schön anstrengend, Krieger zu sein.” Etwas schwerfälliger als sonst setzte er sich auf die Bettkante, die müden Beine ausgestreckt, und schenkte Swantje endlich seine volle Aufmerksamkeit. “Und du? Wie anstrengend ist es, Kriegerprinzessin zu sein, hm?” Natürlich wollte er von ihr wissen, wie sie sich ihre Zeit in der Burg vertrieben hatte. Was passiert war, während er weg war. Ob sie Fortschritte gemacht hatte - in den wichtigen Gebieten - und ob sie langsam ihrem Namen gerecht wurde. Ehrlich gesagt war er um alles froh, was sie mit ihm teilen wollte, und sei es nur die neueste Kreation des Bäckers. Swantje half ihrem Bruder, wieder zu Hause anzukommen.