12-07-2024, 07:28 - Wörter:

Innerlich atmete Leif doch sehr deutlich auf. Man erwartete also nicht von ihm, dass er erklärte, was es mit den Bienen und Blumen auf sich hatte, wo er eigentlich auch erwartete, dass sein Bruder schon ein paar Vorkenntnisse in die Ehe mitgenommen hatte. Stattdessen konnte er die geschilderten Probleme sogar nachvollziehen. Für ihn klang das zumindest wie etwas, wo er tatsächlich helfen konnte (und wollte), weshalb er Jorin ausreden ließ und sich nur beiläufig die fettigen Finger an dem beigelegten Baumwolltuch abwischte. Schlafprobleme waren ein bekanntes Terrain, auf dem auch Leif sich seit Jahren regelmäßig bewegte, immer mal wieder schwankend in Intensität und Alltagsbeeinflussung. In seinem Fall schränkten sie die Intimität zu Aleena zwar nicht unbedingt ein, wo es doch ganz andere Baustellen gab, an denen er selbst arbeiten musste, aber er konnte in gewisser Weise nachvollziehen, warum Jorin das Thema so beschäftigte. In seinem Bruder war ein Kavalier verloren gegangen und manchmal fragte er sich, ob sie überhaupt aus dem gleichen Bauch gekrochen waren. Aleena täte es im Endeffekt wahrscheinlich besser, hätte sie den anderen Stelhammer abbekommen.
Leif lehnte sich im Sessel zurück und richtete seinen Blick für einen Moment auf die Tür zum Speisesaal, ehe er sich der Sorge von Jorin annahm. “Mutter soll damit zufrieden sein, dass sie ein Enkelkind in Wolfsmark bekommt. Ihr seid kein Jahr verheiratet und erbt keine Krone, also könnt ihr euch die Zeit nehmen, die ihr braucht.” In anderen Worten: Er selbst wusste ganz genau, wie sich der Druck von oben anfühlte und seiner Meinung nach war auch nur er es, der damit konfrontiert werden sollte. Positiv überrascht stellte er fest, dass das Thema heute keinen negativen Beigeschmack mehr hatte und sich seine Worte deutlich leichter auf der Zunge anfühlten, auch wenn die Verantwortung eines Kronprinzen immer noch in seiner Stimme mitschwang.
“Nimmt sie Baldrian? Lavendelbäder? Das hilft beim Einschlafen”, zählte er die Dinge auf, von denen er selbst regelmäßig Gebrauch machte, um die Effekte seiner eigenen Schlafstörung zu mindern; nicht, um deren Ursache zu bekämpfen. “Schutzamulette sollen auch wirksam sein.” Nicht bei ihm, aber er hatte schon von anderen Fällen gehört, bei denen sie Wunder bewirken sollten. “Du kannst eine Wanderheilerin aufsuchen und sie um Rat fragen. Lindgard ist wahrscheinlich kein neuer Fall, sie können ihr wenigstens helfen, die richtige Methode zu finden.” Praktisch und Leif gingen stets Hand in Hand. Womit er wirklich helfen konnte, das erzählte er gerne, den ganzen Gefühlskram überließ er dann aber doch seiner Schwester, die heute ja sowieso schon besonders feinfühlig zu sein schien. Während sie also ihren eigenen Rat beisteuerte, erhob sich Leif und räumte endlich das aus dem Weg, was ihn schon seit Beginn des Gesprächs nicht in Ruhe gelassen hatte. Ohne große Umschweife schritt er auf die Tür zu und drückte sie in Schloss und Angel. Man konnte von ihm halten, was man wollte, aber gerade in den letzten Jahren war er doch gut darin geworden, Geheimnisse zu bewahren.