28-11-2024, 17:59 - Wörter:
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 28-11-2024, 21:54 von Sanna Lorenson.)
a song of ice and fire

In ihrer Klarheit und Offenheit bewegte sich Valda durch diese fremde Welt, als könnte ihr nichts passieren, als würde sie niemals fürchten müssen. Anders als ihre Mutter, die stets eine gewisse Vorsicht mit sich trug, den Blick nicht all zu lang auf jemanden gerichtet. Vielleicht wäre sie besser weiter mit Tyra und Eneas gezogen, doch deren Auftrag war erfüllt und Sanna glaubte nicht, dass ihre Wege dafür bestimmt waren, auf Dauer in dieselbe Richtung zu gehen.
So hatte sie sich vor einigen Tagen von ihnen verabschiedet, Tyra mit einem leicht schmollenden Ausdruck im Gesicht, da Valda bitterlich um die nordische Blondine geweint hatte. Um Tante Tyra. Insgeheim hoffte Sanna, dass sie sich wiedersehen würden. Bald.
Heute war sie auf den Straßen von Springs Court unterwegs, Valda lief neben ihr, voller Energie, doch auch voller Fragen. Ihre Augen suchten, suchten nach etwas. Oder jemanden. Nach ihrem Vater, dem Bild des Mannes, der in ihren Erinnerungen wie ein dunkler Schatten existierte. Vier Monate waren vergangen, seit sie ihn das letzte Mal gesehen hatte. Die Vorstellung, dass Valda ihn bald vergessen könnte, schmerzte Sanna tief in der Brust. Doch Valda fragte weiterhin nach ihm, zeigte auf jeden großgewachsenen, dunkelhaarigen Mann und rief „Papa!“, als könnte er nur hinter einer der unzähligen Gesichter lauern, die die Straßen bevölkerten. Es war ein seltsames Gefühl, mit dem Wissen zu leben, dass ihr Kind irgendwann wirklich vergessen würde.
Die Männer drehten sich um, gaben Valda ein freundliches Lächeln, doch es war nicht derjenige, den sie suchte. Valda zeigte keine Entmutigung, sie sprang von einer Enttäuschung zur nächsten, als wäre sie selbst noch unverwundbar, noch zu jung, um zu verstehen, was es bedeutet, jemanden zu verlieren.
„Papa!“, rief Valda erneut, die Stimme voller Hoffnung und Aufregung, als sie plötzlich losstürmte. Sannas Herz setzte für einen Moment aus, als das Mädchen sich auf einen Mann zubewegte – einen Fremden, der mit dem Rücken zu ihnen stand, ein Schatten unter all den anderen. Sanna rief ihre Tochter, doch sie hörte nicht. Valda, von der leisen Hoffnung getrieben, die ihren Schritten die Schnelligkeit eines Sturms gab, zog unbeirrt weiter, als würde nichts sie aufhalten können.
Sie erreichte den Fremden, griff nach seinem Kleidungsstück, um ihn zu drehen. Doch es war nicht der Mann, den Valda suchte. Es war niemand. Nur ein Unbekannter. Das wusste Sanna.
