01-12-2024, 16:51 - Wörter:
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 01-12-2024, 16:53 von Zariyah Silk.)

Diese Begegnung beschäftigte sie bis heute so sehr, dass sie sich kaum auf das konzentrieren konnte, was sie tat. Ihr Körper reagierte noch immer unwillkürlich, als sie sich an die Erinnerung klammerte, aber sie verdrängte die zarten Regungen tief in sich. Gefühle, die nicht in ihre Welt passten. Sie atmete tief durch, um sich wieder zu sammeln, und wandte ihre Aufmerksamkeit dem Raum zu, in dem sie sich jetzt befand.
Die schweren, elfenbeinfarbenen Tücher, die elegant von der gewölbten Decke des Boudoirs herabhingen, wiegten sich leicht in der warmen Luft. Zaryiah strich mit den Fingern über die seidigen Stoffbahnen, prüfte die Spannung und richtete eine letzte Schlaufe, die perfekt in Augenhöhe schwebte. Sie wusste, wie sehr Nadir es liebte, sie in der Luft zu sehen, schwerelos, wie eine Göttin, die ihm einen flüchtigen Blick auf ein Jenseits schenkte, das sie nie ganz erreichen würden. Heute würde sie ihm diese Illusion erneut schenken, doch wie immer nicht ohne Hintergedanken.
Das Zimmer war erfüllt von einem betörenden Duft nach Sandelholz und Rosen, der aus den filigranen Messinggefäßen mit glimmenden Kohlen aufstieg. Gedämpftes Licht fiel durch die farbigen Glasfenster und malte Muster aus Purpur, Gold und Smaragd auf die weichen Kissen und Teppiche, die den Boden bedeckten. In einer Ecke plätscherte leise ein Brunnen, dessen Wasser über Marmor lief und für eine beinahe tranceartige Ruhe sorgte. Es war eine Welt fernab der Realität, geschaffen, um zu verführen, zu täuschen – und zu hören.
Zaryiah ließ sich auf einen Stapel weicher Kissen sinken und betrachtete ihr Spiegelbild in der polierten Silberschale gegenüber. Das hauchzarte Gewand, das sie trug, fiel in lasziven Falten über ihre schmale Gestalt. Der Stoff war gerade so dicht gewebt, dass er mehr verbarg, als es zeigte, und dennoch war er durchscheinend genug, um die königliche Fantasie anzuregen. Purpur, seine Lieblingsfarbe, ließ ihre bronzene Haut wie poliertes Kupfer wirken, die goldenen Ornamente machten aus einer gewöhnlichen Hure für eine Nacht eine edle Frau. Am rechten Oberarm schimmerten die filigranen Zwillingsreifen in schönstem Gold, ein Geschenk von ihm – eines, das sie mit Bedacht trug, denn es erzählte ihm, dass sie ihn nicht vergessen hatte. Und dennoch war Zaryiah alles andere als das, was sie ihm zeigte. Die vertraute Wärme, die sie für seine Gesellschaft empfand, vermochte nicht, die kühle Klarheit zu vertreiben, die tief in ihr Wurzeln geschlagen hatte. Jeder Besuch war eine Gelegenheit, ein Faden im Netz aus Geheimnissen, das sie um sich spannte. Aber manchmal, so wie heute, wünschte sie, dass sie einfach nur Zaryiah sein könnte, die junge Frau, die sich auf den Besuch eines verehrten Stammkunden freute.
Die Minuten zogen sich dahin, während sie das Arrangement des Raumes ein letztes Mal mit prüfendem Blick betrachtete. Die niedrige Tafel mit den Trauben und Datteln, die Karaffe mit dem süßen Wein – alles war perfekt. Sie lehnte sich zurück, die schlanken Finger auf den Kissen ruhend, und lauschte auf die Geräusche außerhalb des Zimmers. Schritte näherten sich, dumpf gedämpft vom dicken Teppich des Flurs. Ein leises Klopfen ertönte. Zaryiah richtete sich auf, zog die Schultern zurück und legte ein sanftes, beinahe träges Lächeln auf. Die Tür öffnete sich, und eine der jungen Dienerinnen trat ein. Sie senkte den Blick, bevor sie mit einer geschmeidigen Bewegung zur Seite trat, um Platz zu machen.
„Da seid Ihr ja, ameeri“, sagte sie leise, bevor sie sich erhob und in geschmeidigen, angemessen tiefen Knicks verfiel, den Kopf geneigt, wie es seiner hochgeborenen Stellung geziemte.