01-12-2024, 18:22 - Wörter:

Und so floh er in die Welt der Göttlichkeit. Die Flucht war zugegeben etwas, das er oft tat. Der Besuch bei Zariyah trug gewiss anders dazu bei, immerhin war alles darauf ausgerichtet, ihn für einen Moment zu entführen und alles vergessen zu lassen. Als wäre Zariyah nicht bereits Ansporn genug, jenes Establishment regelmäßig aufzusuchen, war das wohl das letzte Argument. Seine Gattin mochte in Schönheit und Liebeskunst in nichts nachstehen, doch das Ehepaar nutzte die Realität für ihre Leidenschaft - wenn er fliehen wollte, brauchte er etwas anderes. Und Gründe zu flüchten, gab es genug - so viele, dass er sie nicht einmal an sich heranließ.
In gewohnt lockerer Art ging der Prinz alles andere als verborgen und heimlich zu dem Bordell, in dem sie ihn längst erwartete, es womöglich kaum erwartete. Nadir würde sagen, dass er sie gut kannte. Womöglich kannte sie auch nur ihn gut und schuf die Illusion, dass er sie kannte. Manchmal vergaß er, dass jene Frau Meister der Illusion waren und selbst den schlechtesten Liebhaber überzeugen mussten, dass er sie soeben in Welten geführt hatte, die jene Frau niemals kannte. Nadir würde selbstbewusst behaupten können, dass er ihre Illusion mehr als einmal überwinden konnte. Was entmaskierte mehr als zügelhafte Ekstase? Aber letztlich blieb es wohl nur eine Schicht von vielen.
Wenn der Prinz in Gebäude eintrat, änderte sich grundsätzlich alles. Es zeigte sich dann auch, dass er bei aller Offenheit und Lockerheit die Macht, die mit seinem Namen kam, nicht missen wollte. Denn in freizügiger Kleidung, die einen breiten Ausschnitt bot und sich etwas über seinem Bauchnabel schloss, stand er im Bordell, in dem sofort Mitarbeitende und Kunden sich respektvoll verneigten und für einen Moment vergaßen, was er wollte. Seine Lächeln jedoch symbolisierte Lockerheit - eine, die sofort sympathisch und angenehm wirkte. "Sie wartet bereits auf euch.", ertönte eine weibliche Stimme und ergriff seine Hand. Hier war Körperlichkeit Teil der Behandlung und fing bereits im Vorraum an.
Der Vorteil der Frau, die er regelmäßig besuchte war, dass sie wusste, was er wollte, wie er es wollte - und entsprechend fiel das Empfang aus. Die Dienerin öffnete die Tür und versperrte kurzzeitig noch die Sicht auf jene Frau, die ihn erwartete. Eine Goldmünze in die Hand der Dienerin gesteckt, gepaart mit einem 'Danke', verschwand sie schnell hinter ihm und ließ ihm die Sicht auf sie: Eine Sicht, die sofort Regung in ihm auslöste. Der dünne Stoff verhüllte und gab doch so viel preis. Der Körper, den er auf eine gewisse Art und Weise schon unzählige Male auf unterschiedlichste Arten sah, verbarg sich ihm und präsentierte sich ihm doch. Das Purpur, das sie bewusst wählte, geziert mit dem Geschenk, das er ihr zukommen ließ, vollende den göttlichen Anblick ihrer schönen Gestalt. Nadir lächelte, nachdem sie ihn begrüßte.
Er schlenderte auf sie zu und zog seinen Finger über einen Tisch, an dem er vorbeischritt. "Hier bin ich, malak". Er kam gerade auf sie zu, als sie den Kopf gesenkt hatte. Bestimmt hob er sie am Kinn an, um den Kopf zu heben. Er liebte es, der Prinz zu sein. Ihr Prinz zu sein. Und er liebte das Spiel mit ihr. Seine Augen hatten längst den Körper, ihre Formen und Rundungen untersucht, um doch in ihren Augen zu ruhen. Die Hand an seinem Hand und der Daumen an ihrer Lippe stellten schnelle Intimität her. "Ich habe Euch doch gesagt, dass Ihr für mich nicht den Kopf senken sollt." Was beinah wie ein Befehl wirkte, war mehr ein wiederkehrendes Spiel ihrer Beziehung. Die Wahrheit war, dass Nadir manchmal gerne der Prinz hier drin war - und manchmal wollte er nur ein ganz normaler Mann sein. Was also kurz streng wirkte, lockerte sich mit einem sanften Lächeln.