01-12-2024, 22:52 - Wörter:
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 01-12-2024, 22:53 von Caeus Valerius.)
UNTIL THE END OF TIME
Caeus trat in die kühle Morgendämmerung, die klare Luft ein scharfer Kontrast zur stickigen Wärme der Schenke, die er soeben hinter sich ließ. Der Geruch von Rauch, verschüttetem Wein und süßem Parfum haftete noch an ihm, ein unwillkommener Nachklang der vergangenen Nacht. Seine Schritte hallten dumpf auf den unebenen Pflastersteinen. Die Stunden in der Schenke hatten ihm nichts gebracht, außer einer bitteren Erkenntnis: Er war ein Gefangener seiner eigenen Gedanken. Er hatte sich in den Wein gestürzt, in die lockenden Hände und süßen Worte einer anderen Frau, doch der Geschmack der Nacht war fad geblieben. Sie war nicht Zariyah. Keine von ihnen war es gewesen.
Er hatte sie gesucht – in den Schatten, in den Augen der Frauen, die ihn umgarnt hatten, in den flüchtigen Gesten und Stimmen derer, die durch die Tür gekommen waren. Es war absurd. Diese Abhängigkeit, diese Macht, mit der sie seine Gedanken füllte, obwohl sie nicht da war. Seit Monaten hatte er sie nicht gesehen, und doch schlich sie sich immer wieder ein – in die Lücken zwischen seinen Plänen, in die stillen Augenblicke, wenn die Welt um ihn herum stillzustehen schien.
Caeus ließ den Atem langsam entweichen, seine Hand glitt über das Leder seines Schwertgurtes, eine vertraute Geste, die ihm sonst Halt gab, doch diesmal keine Linderung brachte. Vielleicht war das der Preis dafür, sich jemandem zu öffnen. Vielleicht war es einfach nur Dummheit. Er ging weiter, seine Stiefel wirbelten den Staub der Straße auf, während die Sonne begann, die Stadt mit ihrem goldenen Licht zu fluten. Doch in ihm blieb die Dunkelheit. Vielleicht würde er sie nie wiedersehen. Vielleicht war das besser so. Doch die Möglichkeit, dass sie irgendwo da draußen war, reichte aus, um ihn weiter suchen zu lassen – auch wenn er nicht wusste, ob er das wirklich wollte. Er hätte einfach wieder in das Bordell gehen können, doch nein. Da wollte er sie nicht finden.
Caeus ließ die Straßen an sich vorbeiziehen, ohne bewusst zu registrieren, wohin er ging. Es war kein Plan, keine bewusste Entscheidung, die seine Schritte lenkte, sondern ein instinktives Ziehen, das ihn in die Nähe des Palastes führte. Die imposanten Mauern zeichneten sich bald am Horizont ab, von der aufgehenden Sonne in warmes Licht getaucht.
Der einzige Grund, warum das Sommerland mehr war als ein flüchtiger Punkt auf seiner Karte, war Keeran Neshat. Ein Mann von scharfer Zunge, tiefem Goldbeutel und vor allem einer unerschütterlichen Loyalität zu den Diensten der Schwarzen Bruderschaft. Keeran war einer dieser Kunden, die selten fragten, wie ein Problem gelöst wurde, solange es effektiv und diskret geschah. Und Caeus hatte das Talent, solche Probleme zu beseitigen. Es war eine Geschäftsbeziehung, geprägt von Pragmatismus und gegenseitigem Respekt – nichts weiter.
Caeus blieb stehen, seine Stiefel kratzten leise über die sandige Straße, als er sich halb zur Seite drehte. Sein Blick richtete sich in die Dunkelheit der schmalen Gasse, wo die Umrisse einer zierlichen Gestalt sich von den Schatten lösten. Ein flüchtiger Windzug spielte mit den Stoffen ihres Gewands, trug den schwachen Duft von Gewürzen oder Blumen mit sich, und etwas in diesem Moment ließ ihn verharren.
Zunächst war da nur die Fremdheit – ein Gesicht verborgen unter einer Kapuze, eine Haltung, die sie nicht verriet. Doch dann kam das Gefühl, leise und eindringlich wie ein ferner Glockenschlag: ein Erkennen, das nicht aus dem Verstand, sondern aus einem tieferliegenden Instinkt kam. Er runzelte leicht die Stirn, seine Hand glitt unbewusst zum Schwertknauf, nicht in Bedrohung, sondern aus einem Reflex der Vorsicht. Wer auch immer sie war, sie hatte nichts Offensichtliches mit Zariyah gemein, und doch … irgendetwas an ihr zog an den Erinnerungen, die er so sorgfältig vergraben hatte. Oder viel mehr, die er versucht hatte zu begraben.
Er betrat die Gasse, wurde von den Schatten jener verschluckt, den Blick auf die Gestalt gerichtet.
