07-12-2024, 11:23 - Wörter:
Leif war heute nicht er selbst - und das lag ausnahmsweise nicht an der Festtagskleidung, die er sich zum Anlass bereitwillig von Aleena hatte raussuchen lassen, ohne auch nur ein einziges Mal ihre Auswahl zu kritisieren. Nein, in der für ihn außergewöhnlich farbintensiven Tunika unter seinem Bärenpelz fühlte er sich sogar erstaunlich wohl. Seine Frau hatte betont, dass sie beide heute das Zentrum des Abends sein sollten, aber in ihrer Gegenwart fühlte er sich trotzdem so, als stünde er in ihrem Schatten, und das kam ihm ehrlich gesagt auch ganz gelegen. Unter anderen Umständen hätte er sie länger angesehen als zwei Sekunden, vielleicht hätte er fragend seine Augenbrauen gehoben und sie frei heraus gefragt, ob sie ihre Haarnadeln vergessen oder ihre Zofen verschlafen hätten. Jetzt aber, während er kaum ein Auge für die Beteiligten hatte, die zur Festmahlvorbereitung um sie herum wuselten, schaute er sie genau zwei Sekunden an, ehe er sagte: “Du siehst gut mit offenen Haaren aus.” Es war das größte Kompliment, was er ihr heute Abend geben konnte.
Am Morgen hatte seine Welt noch völlig anders ausgesehen. Dort hatte er mit seinen Geschwistern am Frühstückstisch gesessen und eventuell (völlig zu Recht) das Geheimnis schon verraten, um das sich heute alles drehen sollte. Mit bauchigem Lachen hatte er ihnen das Versprechen abgerungen, überrascht zutun und Aleena den Moment der Offenbarung nicht zu stehlen. Dabei hatte man ihm sein Glück bereits an der Nasenspitze angesehen, wie Reinka behauptet hatte - oder was für ein Hexenwerk das eben mit Schwangeren und Empfänglichkeiten für Stimmungen war. Eben das war auch der Grund, warum er heute nicht unbedingt dem Anblick seiner Schwester entgegenfieberte, denn er wusste ganz genau, mit welchem Blick sie durch seine Fassade starren würde; und wie wenig er dem entgegenzusetzen hatte.
Im Endeffekt sollte er froh sein, dass gerade sie von dem anderen Geheimnis wusste, dessen Lüftung er ausgerechnet heute nicht anstrebte. Das noch ausstehende klärende Gespräch mit Reinka vor Augen verging ihm der Appetit bereits, bevor die Speisen aufgetragen wurden; und das, obwohl er seit dem Frühstück kaum etwas zu sich genommen hatte. Zwischen dem Bogenschießwettbewerb, dem Verabschieden der Gäste vom Eisfeuerfest und dem nebensächlichen (Todes-)Schrecken, dass man Valda auf dem Fest gesichtet hatte und sie seitdem samt Mutter nicht aufzufinden war, war für sowas auch einfach keine Zeit gewesen.
Jede Sekunde verstrich wie eine Minute, was man natürlich auf Leifs Nervosität schieben konnte. Generell würde er heute alles darauf schieben, egal, was man ihn fragte; seine Rastlosigkeit, dass er immer wieder von einem Fleck zum anderen laufen musste, seine Ungehaltenheit, die generelle Ablehnung von Alkohol, weil er fürchtete, dass sich seine Zunge lockern würde. Dass er am liebsten weit abseits von der Burg nach Sanna suchen wollte, hatte niemanden zu interessieren. Es würde eine lange Nacht für ihn werden, auch nachdem er sich aus den Fängen seiner Lieblingsgesellschaft würde winden können.
Ohne seine Geste wirklich wahrzunehmen, fand Leif sich hinter Aleena, beide Hände auf ihre Schultern gelegt - es war unterstützend gemeint, half ihm aber auch dabei, sich aus seinen Gedanken zu befreien. Gerade rechtzeitig ging die Tür auf und die ersten Lieblingsmenschen strömten hinein. Leif atmete tief durch, ordnete seine Gedanken (schob sie nach hinten) und zeigte sich von seiner besten Seite, die er aufbringen konnte. Der castandorische Adel wäre stolz auf ihn, als er seine jüngste Schwester angrinste, sich mit einem Klopfen auf Aleenas Schulter von ihr löste und um den Tisch herum trat. “Hab ich dir schon gesagt, dass wir ohne dich heute gar nicht alle eingeladen hätten? Danke, dass du Aleena beim Zählen geholfen hast.” Ohne Umschweife, wie man es sonst auch von ihm kannte, nahm Leif sie hoch, auch wenn sie den Restweg zum Tisch sicher alleine hätte laufen können; eventuell auch, weil er sich dann näher zu ihrem Ohr lehnen und seine Stimme senken konnte. “Wie heute Morgen besprochen, du weißt nichts von der Schwangerschaft. Verstanden?”
Am Morgen hatte seine Welt noch völlig anders ausgesehen. Dort hatte er mit seinen Geschwistern am Frühstückstisch gesessen und eventuell (völlig zu Recht) das Geheimnis schon verraten, um das sich heute alles drehen sollte. Mit bauchigem Lachen hatte er ihnen das Versprechen abgerungen, überrascht zutun und Aleena den Moment der Offenbarung nicht zu stehlen. Dabei hatte man ihm sein Glück bereits an der Nasenspitze angesehen, wie Reinka behauptet hatte - oder was für ein Hexenwerk das eben mit Schwangeren und Empfänglichkeiten für Stimmungen war. Eben das war auch der Grund, warum er heute nicht unbedingt dem Anblick seiner Schwester entgegenfieberte, denn er wusste ganz genau, mit welchem Blick sie durch seine Fassade starren würde; und wie wenig er dem entgegenzusetzen hatte.
Im Endeffekt sollte er froh sein, dass gerade sie von dem anderen Geheimnis wusste, dessen Lüftung er ausgerechnet heute nicht anstrebte. Das noch ausstehende klärende Gespräch mit Reinka vor Augen verging ihm der Appetit bereits, bevor die Speisen aufgetragen wurden; und das, obwohl er seit dem Frühstück kaum etwas zu sich genommen hatte. Zwischen dem Bogenschießwettbewerb, dem Verabschieden der Gäste vom Eisfeuerfest und dem nebensächlichen (Todes-)Schrecken, dass man Valda auf dem Fest gesichtet hatte und sie seitdem samt Mutter nicht aufzufinden war, war für sowas auch einfach keine Zeit gewesen.
Jede Sekunde verstrich wie eine Minute, was man natürlich auf Leifs Nervosität schieben konnte. Generell würde er heute alles darauf schieben, egal, was man ihn fragte; seine Rastlosigkeit, dass er immer wieder von einem Fleck zum anderen laufen musste, seine Ungehaltenheit, die generelle Ablehnung von Alkohol, weil er fürchtete, dass sich seine Zunge lockern würde. Dass er am liebsten weit abseits von der Burg nach Sanna suchen wollte, hatte niemanden zu interessieren. Es würde eine lange Nacht für ihn werden, auch nachdem er sich aus den Fängen seiner Lieblingsgesellschaft würde winden können.
Ohne seine Geste wirklich wahrzunehmen, fand Leif sich hinter Aleena, beide Hände auf ihre Schultern gelegt - es war unterstützend gemeint, half ihm aber auch dabei, sich aus seinen Gedanken zu befreien. Gerade rechtzeitig ging die Tür auf und die ersten Lieblingsmenschen strömten hinein. Leif atmete tief durch, ordnete seine Gedanken (schob sie nach hinten) und zeigte sich von seiner besten Seite, die er aufbringen konnte. Der castandorische Adel wäre stolz auf ihn, als er seine jüngste Schwester angrinste, sich mit einem Klopfen auf Aleenas Schulter von ihr löste und um den Tisch herum trat. “Hab ich dir schon gesagt, dass wir ohne dich heute gar nicht alle eingeladen hätten? Danke, dass du Aleena beim Zählen geholfen hast.” Ohne Umschweife, wie man es sonst auch von ihm kannte, nahm Leif sie hoch, auch wenn sie den Restweg zum Tisch sicher alleine hätte laufen können; eventuell auch, weil er sich dann näher zu ihrem Ohr lehnen und seine Stimme senken konnte. “Wie heute Morgen besprochen, du weißt nichts von der Schwangerschaft. Verstanden?”