[Ariald Stelhammer]

Ariald hatte überlegt, wie lange es her war, als er Charles zuletzt empfangen hatte. Seine grauen Zellen waren nicht mehr die schnellsten und mit den vergangenen Vorbereitungen, Eastergold Meadow wieder einzugliedern, teilte sein Kopf die Geschehnisse nun in VOR der Einnahme und NACH der Einnahme. Charles spielte dabei immer eine zentrale Rolle, aber wann war er zuletzt auf der Burg Wintergard gewesen? Ariald winkte in seinen Gedanken ab, weil er die Zeitstränge sowieso nicht korrekt auf die Kette kriegen würde. Er konnte manchmal ja nicht mal auseinander halten, ob Luitwin oder Swantje älter war. Nun, da er außerdem eine schwangere Kronprinzessin unter seinem Dach hatte, wusste er, wie Raik sich fühlen musste. Frigga war am Durchdrehen und er musste er seinen grauen, halbscharfen Verstand einerseits dafür einsetzen, die Weiber zu beruhigen, während er sich andererseits noch um all die anderen Angelegenheiten kümmern musste. Zuletzt hatte Frigga Aleenas Matratze tauschen lassen, weil Hühnerfedern weicher als Gänsefedern waren – oder andersrum? Laut seufzte der winterländische König und nahm einen Schluck von seinem Met. Er hatte es wirklich schwer.

“Eure Majestät!“ ertönte es kurz darauf, als Ariald gerade in ein Stück Schinken hatte beißen wollen – erneut ließ er ein angestrengtes Seufzen verlauten. Ein junger Dienstbote kam angelaufen und stutzte auf einmal. Mit großen Augen sahen sich beide abwartend an, ehe Ariald den Kopf schüttelte. “Junge, wenn du etwas zu sagen hast, dann sprich. Riechst du, wie gut dieses Stück Fleishc durftet? Das kann aber nicht in meinen Mund wandern, wenn du mir nicht sagst, was du sagen willst.“, tadelte er nachdrücklich, aber nicht übermäßig streng. “Ahja, da ist ein Mann, der einen Mantel mit Blumenmuster trägt. Cha – Cha- ..?“, entfiel es dem Jungen und Ariald winkte ab. “Mach dass du loskommst und sag deiner Amme, ihr müsst dein Gedächtnis trainieren!“ - “Mein was?!“ - “Raus!“

Zumindest kurz putzte sich Ariald den Mund ab, ließ seinen guten Schinken dann stehen und machte sich auf den Weg in den Hof, um Charles zu begrüßen. Der Stallbursche führte gerade dessen Pferd weg, als der König die Arme ausbreitete und den Bruder seiner Schwiegertochter mit offenen Armen empfing. “Charles! Hilf meinen grauen Zellen auf die Sprünge, wie lange ist es her?“ Natürlich hatten sie viel korrespondiert, aber dann hatte Leif viel übernommen und gewisse Korrespondenzen hatten Geheimhaltung erfordert, um die Sache sauber über die Bühne zu bringen. Mit der großen Pranke klopfte er dem hageren König auf die Schulter und zeigte dann auf das mächtige Eingangstor, aus dem er selbst gerade gekommen war. “Bitte, komm rein, deinem Pferd soll es an nichts fehlen!“ Der Stallbursche erntete noch schnell einen bösen Blick. “Ich esse gerade. Das stört dich doch nicht, oder? Normalerweise ist das nicht meine Uhrzeit. Rühreier mit Schinken – du auch?“ Er führte den Jüngeren durch einige Gänge in einen kleineren Speisesaal, der sich direkt neben der großen Festhalle befand. Diesen nutzte er gern, wenn er allein oder mit Frigga aß. “Deine Schwester ist wahrscheinlich noch oben und schläft jetzt auf Hühnern, hoffentlich bekommt sie keine Rückenschmerzen.“