09-05-2025, 19:42 - Wörter:
Als sich Jorins Arme von hinten um sie legten, blieb sie still. Es war keine kühle Abweisung, sondern eher das stille Annehmen einer Geste, die sie sich selbst nicht gesucht hätte – und doch zu schätzen wusste. Jorin war laut, stürmisch, zuweilen unbeholfen in seiner Leidenschaft, aber niemals grenzüberschreitend. Das war mehr, als viele Frauen anderer Familien von ihren Männern behaupten konnten, und sie liebte ihn dafür. Doch als ihr Gatte zu sprechen begann, veränderte sich etwas an ihr – kaum merklich, ein leichtes Erstarren der Schultern, eine Nuance zu langer Stillstand in ihrer Atmung. Zunächst glaubte sie, es handle sich um eine jener üblichen, ungefilterten Gedankenketten, die er manchmal mit ihr teilte – unaufgefordert, mit der schon fast rührenden Hoffnung, in ihr die geduldige Zuhörerin zu finden, als sie täglich war. Doch dann kam dieser Satz.
Sie blinzelte, langsam, wie jemand, der sichergehen will, dass er sich nicht verhört hat. So offen ausgesprochen, in diesem Tonfall, zwischen zwei Atemzügen, als sei Leifs Ehebruch eine beiläufige Anekdote. Und schlimmer noch: in einem Moment wie diesem, wo der Flur nur eine offene Tür vom festlich gedeckten Saal entfernt lag, in dem ihre Familie – seine Familie – bereits wartete. Ihre Miene veränderte sich nicht. Kein nervöses Schlucken, kein Runzeln der fein geschwungenen Brauen. Aber die Finger, die eben noch lose ineinander geruht hatten, falteten sich fester, als müssten sie sich gegenseitig daran erinnern, Haltung zu bewahren.
Sie drehte sich nicht zu ihm um, sondern senkte nur leicht das Kinn. Die Stimme, mit der sie sich dann an Jorin wandte, war sanft, aber fest. So wie man einem Wildpferd zuredet, bevor man ihm ein Zaumzeug anlegt.
Das ist kein Thema für heute Abend, mein Herz.“ Ihre Worte waren weich, doch in ihnen lag kein Spielraum. „Und schon gar nicht für Flure.“
Sie ließ die Stille nachhallen. Ein unausgesprochener Appell lag darin, aber auch ein Versprechen. Dass sie darüber reden würden – später. Hinter verschlossener Tür. Im geschützten Raum. Wo Worte nicht unkontrolliert zwischen Gobelins und Gemäuern widerhallten, sich ihren Weg in die Ohren der Falschen bahnten.
Während sie sich schließlich spontan in Bewegung setzte, ihren Arm leicht in seine Ellenbeuge legte und sich von ihm zum Festsaal führen ließ, war ihr Blick nach vorn gerichtet – doch ihre Gedanken hingen noch an dem, was er gesagt hatte. Sie kannte Jorin gut genug, um zu wissen, dass seine Worte selten ohne Grund fielen. Und dennoch war sie sich nicht sicher, ob er sich über die Schwere dessen im Klaren war, was er so leichtfertig in die Welt entließ. Nicht in einer Zeit, in der die Stabilität der Thronfolge wieder zu einem Thema wurde. Nicht jetzt, da jede Regung innerhalb der Familie mit Argusaugen betrachtet wurde – von Verbündeten wie von Feinden.
Als sie schließlich den Saal betraten, hob sie das Kinn, nicht prahlerisch, sondern mit der stillen Entschlossenheit einer Frau, die jahrelang gelernt hatte, ihre Gefühle hinter der Fassade adeliger Pflichten zu verbergen. Ihr Blick streifte dabei auch flüchtig die versammelte Gesellschaft: Leif in einem ungewöhnlich farbenfrohen Gewand, Jorins Geschwister, derenGemahle, und weitere Verwandte, die das Bild eines traditionsbewussten Hauses abrundeten.
Inmitten dieser Szenerie wandte sich Lindgard, als wäre es nur ein beiläufiger Schritt, der sanft die Etikette bewahrte, der Kronprinzessin zu. Aleena stand dort in einem Gewand, das ihr ätherisch zartes Aussehen in einem dezenten, aber anmutigen Glanz erstrahlen ließ. Lindgard neigte leicht den Kopf, und ihre Stimme war warm und höflich, wenn auch mit jener Zurückhaltung, die sie stets begleitete: „Ich bin mir nicht sicher, ob du jemals schöner ausgesehen hast, Schwester.“ Mit diesem leisen, aber ehrlichen Kompliment begrüßte Lindgard ihre Schwägerin – ein kleines, feines Band der Zuneigung, das inmitten des pompösen Festes wie ein stiller Vers im Klang der Pflicht erklang. Und so trat sie, mit festem, wenn auch nachdenklichem Schritt, weiter in den Festsaal – bereit, ihre Rolle zu erfüllen, wenn auch mit dem leisen Herzen einer Frau, die über die Schwere der Worte und die Zerbrechlichkeit der Ehre sinnierte.
Sie blinzelte, langsam, wie jemand, der sichergehen will, dass er sich nicht verhört hat. So offen ausgesprochen, in diesem Tonfall, zwischen zwei Atemzügen, als sei Leifs Ehebruch eine beiläufige Anekdote. Und schlimmer noch: in einem Moment wie diesem, wo der Flur nur eine offene Tür vom festlich gedeckten Saal entfernt lag, in dem ihre Familie – seine Familie – bereits wartete. Ihre Miene veränderte sich nicht. Kein nervöses Schlucken, kein Runzeln der fein geschwungenen Brauen. Aber die Finger, die eben noch lose ineinander geruht hatten, falteten sich fester, als müssten sie sich gegenseitig daran erinnern, Haltung zu bewahren.
Sie drehte sich nicht zu ihm um, sondern senkte nur leicht das Kinn. Die Stimme, mit der sie sich dann an Jorin wandte, war sanft, aber fest. So wie man einem Wildpferd zuredet, bevor man ihm ein Zaumzeug anlegt.
Das ist kein Thema für heute Abend, mein Herz.“ Ihre Worte waren weich, doch in ihnen lag kein Spielraum. „Und schon gar nicht für Flure.“
Sie ließ die Stille nachhallen. Ein unausgesprochener Appell lag darin, aber auch ein Versprechen. Dass sie darüber reden würden – später. Hinter verschlossener Tür. Im geschützten Raum. Wo Worte nicht unkontrolliert zwischen Gobelins und Gemäuern widerhallten, sich ihren Weg in die Ohren der Falschen bahnten.
Während sie sich schließlich spontan in Bewegung setzte, ihren Arm leicht in seine Ellenbeuge legte und sich von ihm zum Festsaal führen ließ, war ihr Blick nach vorn gerichtet – doch ihre Gedanken hingen noch an dem, was er gesagt hatte. Sie kannte Jorin gut genug, um zu wissen, dass seine Worte selten ohne Grund fielen. Und dennoch war sie sich nicht sicher, ob er sich über die Schwere dessen im Klaren war, was er so leichtfertig in die Welt entließ. Nicht in einer Zeit, in der die Stabilität der Thronfolge wieder zu einem Thema wurde. Nicht jetzt, da jede Regung innerhalb der Familie mit Argusaugen betrachtet wurde – von Verbündeten wie von Feinden.
Als sie schließlich den Saal betraten, hob sie das Kinn, nicht prahlerisch, sondern mit der stillen Entschlossenheit einer Frau, die jahrelang gelernt hatte, ihre Gefühle hinter der Fassade adeliger Pflichten zu verbergen. Ihr Blick streifte dabei auch flüchtig die versammelte Gesellschaft: Leif in einem ungewöhnlich farbenfrohen Gewand, Jorins Geschwister, derenGemahle, und weitere Verwandte, die das Bild eines traditionsbewussten Hauses abrundeten.
Inmitten dieser Szenerie wandte sich Lindgard, als wäre es nur ein beiläufiger Schritt, der sanft die Etikette bewahrte, der Kronprinzessin zu. Aleena stand dort in einem Gewand, das ihr ätherisch zartes Aussehen in einem dezenten, aber anmutigen Glanz erstrahlen ließ. Lindgard neigte leicht den Kopf, und ihre Stimme war warm und höflich, wenn auch mit jener Zurückhaltung, die sie stets begleitete: „Ich bin mir nicht sicher, ob du jemals schöner ausgesehen hast, Schwester.“ Mit diesem leisen, aber ehrlichen Kompliment begrüßte Lindgard ihre Schwägerin – ein kleines, feines Band der Zuneigung, das inmitten des pompösen Festes wie ein stiller Vers im Klang der Pflicht erklang. Und so trat sie, mit festem, wenn auch nachdenklichem Schritt, weiter in den Festsaal – bereit, ihre Rolle zu erfüllen, wenn auch mit dem leisen Herzen einer Frau, die über die Schwere der Worte und die Zerbrechlichkeit der Ehre sinnierte.