14-05-2025, 22:52 - Wörter:
Lindgard verharrte einen Moment lang still. Aleenas Worte hallten in ihr nach, durchdrangen die dünne Schicht aus standesgemäßer Distanz, hinter der sie sich für gewöhnlich zu verbergen wusste. Sie schluckte kaum merklich, während ihr Blick auf einem kleinen, vom Frost überzogenen Dornbusch verweilte. Die offenherzige Bitte der Kronprinzessin hatte etwas in ihr berührt – aber auch etwas in Alarm versetzt. Ehrlichkeit war eine gefährliche Sache am Hof, selbst unter Frauen, die dieselbe Last trugen.
»Ich verstehe Euch«, sagte sie schließlich leise, und ihre Stimme war sanft, aber nicht weich. »Euer Wunsch nach Ehrlichkeit ist … nicht selbstverständlich. Gerade außerhalb der ehelichen Gemächer.« Ihre blauen Augen wanderten langsam zu Aleena, doch sie wich dem direkten Blickkontakt aus, ließ ihren Blick knapp an ihr vorbeiziehen. Es war keine Geringschätzung – eher Vorsicht. Etwas, das sich tief in ihr festgesetzt hatte. Man gab nicht leichtfertig zu viel preis, nicht in den Hallen Wintergards, das selbst die leisesten Schwächen kannte und auskostete, und wo ein aufopferungsvoller Ehemann nur einen Bruchteil von dem erfährt, was sie ihm so gerne anvertrauen würde.
»Es ist wahrlich erfrischend«, fuhr sie nach einem kurzen Atemzug fort. »In diesen Landen sind Dinge wie Haltung bewahren und Fragen vermeiden, die zu viel preisgeben könnten, das Maß aller Dinge.« Ihre Lippen verzogen sich zu einem flüchtigen, schiefen Lächeln, das nichts Heiteres an sich hatte. Es war das Lächeln eines Menschen, der gelernt hatte, sich hinter Gesten zu verschanzen, statt sich durch Worte zu offenbaren. »Bitte glaubt mir, Schwester. Ich bin so ehrlich zu Euch, wie es mir zusteht.« Und das meinte sie von ganzem Herzen.
Aleenas nächste, mehr als direkte Frage ließ Lindgard jedoch instinktiv die Schultern straffen und ihre Haltung wurde steif. Sie war nicht darauf vorbereitet gewesen – nicht in dieser Klarheit, nicht in dieser Sanftheit, die beinahe schlimmer war als jedes harsche Verhör. Ihre Finger gruben sich unbewusst in den Stoff ihres Mantels, suchten Halt, wo eigentlich keiner war. »Ich hatte gehofft, man sähe es nicht so deutlich«, antwortete sie mit leiser, belegter Stimme. Ein Eingeständnis, das sie beinahe überraschte. Lindgard schwieg einen Moment, den Blick auf den verschneiten Pfad vor sich gerichtet. Die Worte der Kronprinzessin wirkten nach, trafen dort, wo sie ungern berührt wurde. Der eisige Wind war ihr lieber als dieses aufrichtige Interesse – nicht weil es falsch war, sondern weil es zu viel wollte, zu früh.
»Es ehrt Euch, dass Ihr fragt«, sagte sie schließlich leise, kaum mehr als ein Atemzug, während sie den Blick nicht hob. »Doch manche Antworten brauchen Zeit.« Sie fuhr sich langsam mit der Hand über den Mantelärmel, als wollte sie eine unsichtbare Falte glätten, oder vielleicht etwas anderes: den Druck, der sich gerade in ihr aufbaute. »Nicht jeder Ort ist dafür gemacht, offen zu sein.« Sie meinte Wintergard. Und auch sich selbst. »Wie dem auch sei, ich weiß Euer Mitgefühl zu schätzen.« Ihre Stimme war ruhig, aber ein Hauch Anspannung ließ sich nicht verbergen. »Nur… Vertrauen wächst nicht auf Befehl.« Ein kurzes Schweigen. Dann sah sie Aleena zum ersten Mal direkt an, die eisblauen Augen klar, aber zurückhaltend. »Vielleicht … mit der Zeit.« Mehr sagte sie nicht. Doch zwischen den Worten lag genug Raum für Verständnis – oder zumindest für den Versuch.
»Ich verstehe Euch«, sagte sie schließlich leise, und ihre Stimme war sanft, aber nicht weich. »Euer Wunsch nach Ehrlichkeit ist … nicht selbstverständlich. Gerade außerhalb der ehelichen Gemächer.« Ihre blauen Augen wanderten langsam zu Aleena, doch sie wich dem direkten Blickkontakt aus, ließ ihren Blick knapp an ihr vorbeiziehen. Es war keine Geringschätzung – eher Vorsicht. Etwas, das sich tief in ihr festgesetzt hatte. Man gab nicht leichtfertig zu viel preis, nicht in den Hallen Wintergards, das selbst die leisesten Schwächen kannte und auskostete, und wo ein aufopferungsvoller Ehemann nur einen Bruchteil von dem erfährt, was sie ihm so gerne anvertrauen würde.
»Es ist wahrlich erfrischend«, fuhr sie nach einem kurzen Atemzug fort. »In diesen Landen sind Dinge wie Haltung bewahren und Fragen vermeiden, die zu viel preisgeben könnten, das Maß aller Dinge.« Ihre Lippen verzogen sich zu einem flüchtigen, schiefen Lächeln, das nichts Heiteres an sich hatte. Es war das Lächeln eines Menschen, der gelernt hatte, sich hinter Gesten zu verschanzen, statt sich durch Worte zu offenbaren. »Bitte glaubt mir, Schwester. Ich bin so ehrlich zu Euch, wie es mir zusteht.« Und das meinte sie von ganzem Herzen.
Aleenas nächste, mehr als direkte Frage ließ Lindgard jedoch instinktiv die Schultern straffen und ihre Haltung wurde steif. Sie war nicht darauf vorbereitet gewesen – nicht in dieser Klarheit, nicht in dieser Sanftheit, die beinahe schlimmer war als jedes harsche Verhör. Ihre Finger gruben sich unbewusst in den Stoff ihres Mantels, suchten Halt, wo eigentlich keiner war. »Ich hatte gehofft, man sähe es nicht so deutlich«, antwortete sie mit leiser, belegter Stimme. Ein Eingeständnis, das sie beinahe überraschte. Lindgard schwieg einen Moment, den Blick auf den verschneiten Pfad vor sich gerichtet. Die Worte der Kronprinzessin wirkten nach, trafen dort, wo sie ungern berührt wurde. Der eisige Wind war ihr lieber als dieses aufrichtige Interesse – nicht weil es falsch war, sondern weil es zu viel wollte, zu früh.
»Es ehrt Euch, dass Ihr fragt«, sagte sie schließlich leise, kaum mehr als ein Atemzug, während sie den Blick nicht hob. »Doch manche Antworten brauchen Zeit.« Sie fuhr sich langsam mit der Hand über den Mantelärmel, als wollte sie eine unsichtbare Falte glätten, oder vielleicht etwas anderes: den Druck, der sich gerade in ihr aufbaute. »Nicht jeder Ort ist dafür gemacht, offen zu sein.« Sie meinte Wintergard. Und auch sich selbst. »Wie dem auch sei, ich weiß Euer Mitgefühl zu schätzen.« Ihre Stimme war ruhig, aber ein Hauch Anspannung ließ sich nicht verbergen. »Nur… Vertrauen wächst nicht auf Befehl.« Ein kurzes Schweigen. Dann sah sie Aleena zum ersten Mal direkt an, die eisblauen Augen klar, aber zurückhaltend. »Vielleicht … mit der Zeit.« Mehr sagte sie nicht. Doch zwischen den Worten lag genug Raum für Verständnis – oder zumindest für den Versuch.

