15-05-2025, 15:36 - Wörter:
Es war, als hätte sie einen Berg bezwungen – dabei hatte sie sich nur aufgerichtet, stöhnend, zitternd wie ein altes Tier, das zu lange in der Kälte gelegen hatte. Ihre Arme trugen kaum ihr eigenes Gewicht. Jeder Muskel spannte sich, als sei er gegen sie selbst gerichtet. Ein Schwindel baute sich auf, als wolle ihr Körper die Realität gleich wieder ausspucken, die er eben mühsam geschluckt hatte. Aber sie saß. Aufrecht. Keuchend. Schwitzend. Ihre Lippen waren spröde, die Haut dort rissig, Blut gemischt mit Speichel. Und doch war da ein Ausdruck in ihren Augen – wachsam. Misstrauisch. Flackernd wie das Feuer, an dem sie viel zu lange nicht gesessen hatte.
Sanna. Sie war da. Nah. Näher, als Tyra es für gewöhnlich ertragen konnte. Doch nicht nah genug, um den kalten Schauer zu vertreiben, der ein ums andere Mal über ihren Rücken jagte. Tyra blinzelte, versuchte, die verschwimmenden Konturen zu sortieren. Die Jägerin wirkte erschöpft – ihre Bewegungen waren leise, sparsam, fast andächtig. Die Kräuter, die sie offenbar über das siedende Wasser im Kessel gestreut hatte, rochen nach Hoffnung und Krankheit zugleich.
„Eneas?“ Tyra flüsterte, aber die Silbe schnitt wie eine Klinge durch die Luft. Ihre Stimme war nicht mehr als ein rauer Kratzer, ein Schatten ihrer selbst. Doch in dem Namen lag etwas: Dringlichkeit. Sorge. Vielleicht auch ein winziges bisschen Anklage. Ihre Augen huschten zur Seite, suchten etwas, was nicht da war. Keine Silhouette, kein vertrautes Fluchen, kein klirrendes Metall. „Wo zur Hölle ...?“ Sie versuchte, den Satz zu beenden, doch ihre Kehle war zu trocken, ihre Gedanken zu wirr. Sanna indes sah nicht auf. Vielleicht hatte sie den Namen nicht gehört, vielleicht ignorierte sie ihn auch. Tyra wusste es nicht. Ihre Augen sanken wieder auf den Boden – feuchtes Laub, Kamillenblüten, Hufspuren. Der Schmerz in ihrer Seite pochte nun dumpf, rhythmisch, wie eine zweite Herzschlagader. Und auch wenn ihre so lang sorgsam verborgene Verletzung nun mit Vehemenz ihr Gift in ihren geschwächten Leib pumpte, fühlte sie sich lebendig. Grottenschlecht zwar. Aber lebendig.
„Was macht das Kind hier?“ Ihre Stimme zitterte, noch etwas mehr als zuvor. Sie drehte den Kopf ein wenig, tastete mit dem Blick, bis sie das kleine Mädchen entdeckte. Kamille in den Händen, ein klarer, viel zu fester Blick auf ihre eigene, jämmerliche Gestalt gerichtet. Das Herz in Tyras Brust zog sich zusammen, unerwartet. Stark. Zu stark. Sie schluckte, mühsam. „Sollte das nicht sehen, verflucht ...“ Wieder nur Fetzen, Worte, die ihr wie Steine über die Zunge rollten. Aber sie meinte es ernst. Diese Kleine – sie hatte nicht verdient, das alles zu erleben. Oder doch? Sie war so stark, auf ihre eigene, kindlich-naive Art. Das war das Gefährliche.
Valdas Hand zitterte kaum, als sie Tyra erneut die Stirn tupfte. Das Tuch war lauwarm. Kühlend. Ein sanfter Gegensatz zur Hitze unter Tyras Haut. Sie wagte es nicht, das Mädchen fortzuschicken. Nicht, weil sie es nicht konnte – sondern weil ein Teil von ihr sich an diese winzige Geste klammerte. Der Druck der kleinen Hand war wie ein Anker, feiner als der Boden unter ihren Fingern zuvor, aber ebenso wirksam. „Du ... starkes Ding ...“, murmelte sie. Ein Hauch von Lächeln zuckte über ihr Gesicht, brüchig und bitter, aber echt.
Dann kam die Wut zurück. Leise. Fast freundlich. Ein Feuer, das sie kannte. Kein lodernder Zorn, sondern das gleichmäßige Glimmen eines Lagerfeuers. Tyra hob leicht das Kinn. „Wenn er wieder losgezogen ist … ohne mich -“ Sie stockte, hustete trocken. „Ich reiße ihm die verdammte Zunge raus.“ Sie wusste, es war nur Fieberwut. Und trotzdem. Etwas daran fühlte sich richtig an. Kraftvoll. Wie ein Pflock im Moor. Ihre Lider senkten sich für einen Moment, schwer. Ihre Schultern sanken. Der Schmerz blieb. Das Fieber auch. Aber sie hielt sich. Noch.
Sanna. Sie war da. Nah. Näher, als Tyra es für gewöhnlich ertragen konnte. Doch nicht nah genug, um den kalten Schauer zu vertreiben, der ein ums andere Mal über ihren Rücken jagte. Tyra blinzelte, versuchte, die verschwimmenden Konturen zu sortieren. Die Jägerin wirkte erschöpft – ihre Bewegungen waren leise, sparsam, fast andächtig. Die Kräuter, die sie offenbar über das siedende Wasser im Kessel gestreut hatte, rochen nach Hoffnung und Krankheit zugleich.
„Eneas?“ Tyra flüsterte, aber die Silbe schnitt wie eine Klinge durch die Luft. Ihre Stimme war nicht mehr als ein rauer Kratzer, ein Schatten ihrer selbst. Doch in dem Namen lag etwas: Dringlichkeit. Sorge. Vielleicht auch ein winziges bisschen Anklage. Ihre Augen huschten zur Seite, suchten etwas, was nicht da war. Keine Silhouette, kein vertrautes Fluchen, kein klirrendes Metall. „Wo zur Hölle ...?“ Sie versuchte, den Satz zu beenden, doch ihre Kehle war zu trocken, ihre Gedanken zu wirr. Sanna indes sah nicht auf. Vielleicht hatte sie den Namen nicht gehört, vielleicht ignorierte sie ihn auch. Tyra wusste es nicht. Ihre Augen sanken wieder auf den Boden – feuchtes Laub, Kamillenblüten, Hufspuren. Der Schmerz in ihrer Seite pochte nun dumpf, rhythmisch, wie eine zweite Herzschlagader. Und auch wenn ihre so lang sorgsam verborgene Verletzung nun mit Vehemenz ihr Gift in ihren geschwächten Leib pumpte, fühlte sie sich lebendig. Grottenschlecht zwar. Aber lebendig.
„Was macht das Kind hier?“ Ihre Stimme zitterte, noch etwas mehr als zuvor. Sie drehte den Kopf ein wenig, tastete mit dem Blick, bis sie das kleine Mädchen entdeckte. Kamille in den Händen, ein klarer, viel zu fester Blick auf ihre eigene, jämmerliche Gestalt gerichtet. Das Herz in Tyras Brust zog sich zusammen, unerwartet. Stark. Zu stark. Sie schluckte, mühsam. „Sollte das nicht sehen, verflucht ...“ Wieder nur Fetzen, Worte, die ihr wie Steine über die Zunge rollten. Aber sie meinte es ernst. Diese Kleine – sie hatte nicht verdient, das alles zu erleben. Oder doch? Sie war so stark, auf ihre eigene, kindlich-naive Art. Das war das Gefährliche.
Valdas Hand zitterte kaum, als sie Tyra erneut die Stirn tupfte. Das Tuch war lauwarm. Kühlend. Ein sanfter Gegensatz zur Hitze unter Tyras Haut. Sie wagte es nicht, das Mädchen fortzuschicken. Nicht, weil sie es nicht konnte – sondern weil ein Teil von ihr sich an diese winzige Geste klammerte. Der Druck der kleinen Hand war wie ein Anker, feiner als der Boden unter ihren Fingern zuvor, aber ebenso wirksam. „Du ... starkes Ding ...“, murmelte sie. Ein Hauch von Lächeln zuckte über ihr Gesicht, brüchig und bitter, aber echt.
Dann kam die Wut zurück. Leise. Fast freundlich. Ein Feuer, das sie kannte. Kein lodernder Zorn, sondern das gleichmäßige Glimmen eines Lagerfeuers. Tyra hob leicht das Kinn. „Wenn er wieder losgezogen ist … ohne mich -“ Sie stockte, hustete trocken. „Ich reiße ihm die verdammte Zunge raus.“ Sie wusste, es war nur Fieberwut. Und trotzdem. Etwas daran fühlte sich richtig an. Kraftvoll. Wie ein Pflock im Moor. Ihre Lider senkten sich für einen Moment, schwer. Ihre Schultern sanken. Der Schmerz blieb. Das Fieber auch. Aber sie hielt sich. Noch.