24-05-2025, 09:05 - Wörter:

“Kein Wunder, dass die Hochzeit in aller Munde ist. Es ist das Einzige, was sie davon abhält, ihren Verlust zu beweinen und ihre Männer zu vermissen.” Keeran wischte seine Hände an dem Tuch ab, legte es beiseite und griff nach dem Hemd, das bereit in den Händen des Sklaven lag. Im Haus bevorzugte er leichte, praktikablere Stoffe, die seinen Reichtum nicht unnötig zur Schau stellten - auch wenn er sicher genug davon besaß, um in Gold und Silber zu schlafen. Männer besaß er hingegen kaum welche, hatte er in seinem guten Willen die Sklaven für das Heer bereitgestellt, nachdem sie mit den Arbeiten am Haus fertig gewesen waren. War er nicht ein guter Bürger? Mit Geld und Einfluss verstummten auf einmal all die Schwierigkeiten eines einfachen, entbehrlichen Lebens auf der Straße, wo man Tag und Nacht zwischen Hunger und Sicherheit abwägen musste. In seiner Gutmütigkeit hatte er seiner Frau sogar
Keerans Blick ruhte auf Vanja, ruhig und hell trotz der Kerzenlichts, das die Spuren seiner Vergangenheit auf der Haut verwischte und ihn weichzeichnete. Er hatte die Angewohnheit, Menschen immer zwei Herzschläge zu lange anzusehen, bis sie irritiert ihren eigenen Blick abwandten - oder er schenkte ihnen erst gar keinen Blick, was sie oft noch mehr aus dem Konzept brachte. In Keerans Blick jetzt jedoch lag ein ungewöhnlicher Funken von Amüsement, als er seine Frau so betrachtete, genau zwei Herzschläge zu lange, ehe er sich dem Schnüren seiner Hose zuwandte.
“Geschäfte. Ohne Männer dauert die Reparatur der Schiffe länger als erwartet, also bin ich auf Omars Angebot zurückgekommen.” Immer war es ein Geben und Nehmen, ein Spiel, wer wem welchen Gefallen tat, wer welche Beziehungen pflegte, um Konkurrenten klein zu halten. Wer behauptete, Handel wäre ein unmenschlicher Beruf, der war neidisch, verzweifelt und blind; denn im Handel ging es nur um Menschen. Ein Grund mehr, warum Keeran den kleinen Menschen, wie dem Sklaven, keinen Inhalt über vertrauliche Geschäfte gab, die er irgendwann gegen ihn verwenden konnte. “Wusstest du, dass seine Frau letztens an den Königshof gerufen wurde, weil sie mit ihrem Sinn für Mode aufgefallen ist?” Direkt nach der Katastrophe, wohlgemerkt, und Keeran hätte fast den Kopf darüber geschüttelt. Wenn man verstehen wollte, was mit Menschen falsch war, dann musste man nur nach oben gucken. “Du könntest dich auch mal an was versuchen, was die Königin zu schätzen wüsste”, warf er ohne Gewicht in den Raum, dabei wusste er genau, was er tat. Vergleichen. Provozieren. Vanja dazu zwingen, sich damit auseinanderzusetzen, nicht am Ende der Nahrungskette zu stehen, wie sie es gerne hätte.
Mit mehr Gewicht auf dem unverletzten Bein streifte der Händler um den Tisch, den angelehnten Gehstock zur Hilfe nehmend, um sich an dem Weinkrug zu bedienen, der auf einem Beistelltisch in der Ecke stand. Dunkle, rote Flüssigkeit füllte das verzierte Glas und benetzte seine Kehle wenig später mit einer angenehmen, willkommenen Wärme, nachdem seine Frau ihm körperlich einiges abverlangt hatte. Für einen Moment glitt sein Blick herunter an ihrem Körper, den sie immer noch nicht zu bedecken gedachte, aber er unternahm keine Anstalten, sich ihr zu nähern. Es war fast ironisch, wie sie sich danach sehnte, berührt und gehuldigt zu werden, eine Charakteristik, die er meist in Männern erkannte; als würde sie sich ihrem Geschlecht und all den gesellschaftlichen Regeln widersetzen wollen, die einer Frau auferlegt wurden. Warum nicht Mann sein, wenn man die Macht hatte? Ein Teil von ihm bewunderte sie dafür, mit diesem unmerklichen Glanz, der selten das eiskalte Blau erwärmte und in den Flammen der Kerzen unterging - während ein anderer Teil darüber lachte, weil sie sich von ihm doch immer wieder in Ketten legen ließ. Keeran wartete noch auf den Moment, in dem sie seine Erwartungen überstieg; auf dass er irgendwann kommen und ihn in Ketten legen würde.