10-06-2025, 10:56 - Wörter:
Sanna sah, wie sich das Bernstein seiner Augen verdunkelte. Er wich nicht zurück – und allein das machte seine Nähe gefährlich. Nicht, weil er bedrohlich war, sondern weil sie ihre Selbstbeherrschung beinahe kostete. Ihre Prinzipien – jene Mauern, die sie nach jener einen Nacht errichtet hatte. Der Nacht, nach der sie mit einem Kind allein zurückblieb. Nur Leif hatte sie bislang mit einer beunruhigenden Leichtigkeit eingerissen.
Doch folgte sie keinem klaren Gedanken, keinem Kalkül. Es war etwas Tieferes – ein leises Drängen, das sie in seinen Bann zog. In seinen Kosmos. Und sie blieb. Mehr noch: Sie wollte bleiben.
Als er sagte, er mache keine leeren Versprechungen, wurde es nicht besser. Sanna schluckte. Unter dem viel zu weiten Hemd spannte sich ihr Körper ihm entgegen, als hätte seine Stimme weiteres Öl in das Feuer gegossen, das längst in ihr brannte. Die Hitze, die in ihr aufstieg, fühlte sich an wie glühende Kohlen unter der Haut – wie auf trockenem Laub vergessen, bereit, einen Waldbrand zu entfachen. Unbändig. Unlöschbar.
„Ja das tust du. Aber vielleicht will ich gar nicht, dass es leichter wird.“
Ihr Blick blieb an ihm hängen, als er sich abwandte. Es war erschreckend, wie leicht er sie aus ihrer Komfortzone löste. Wie drängend das Verlangen, Grenzen zu verschieben – seine wie ihre – für etwas, das so flüchtig war wie der Tau am Morgen, der im ersten Sonnenlicht verschwand. Für seine Berührung, für Nähe, die sie mit einer solchen Sehnsucht begehrte, als könnte sie im Austausch dafür alles andere verlieren – und es dennoch in Kauf nehmen.
Sanna nickte schwach, als er von seiner Aufgabe im Süden sprach. Sie selbst war nie weiter gereist als bis Wolfsmark oder Wintergard – die Hafenstadt im Süden, lag für sie so fern wie ein anderes Leben. Die meiste Zeit verbrachte sie jedoch in ihrem Dorf, wo der Alltag verlässlich war wie das Knarren der Dielen in ihrem Haus. Ein Ort, an dem man sich kannte – und beobachtete. Wo der größte Aufruhr darin bestand, wenn die Nachbarin ihren Mann mit dem Besen vom Hof jagte, weil er Mal wieder den leichten Mädchen nachgesehen hatte. Es war ein einfaches Leben. Berechenbar. Sicher.
Als Veiths Bein das ihre streifte, zuckte sie kaum merklich – und doch fühlte es sich an, als hätte er nicht bloß gestreift, sondern seine Hand auf ihr Bein gelegt, warm und schwer. Die Hitze der Berührung blieb, brannte sich wie ein Echo unter ihre Haut. Ihre Zunge glitt über die Lippen, als wären sie so trocken wie die Eiswüste in der Einöde – spröde vom Schweigen, oder vom Verlangen. "Wie weit musst du reisen, um zu deinem Onkel zu gelangen?", fragte sie schließlich – eine Frage, beliebig genug, um ihre Unruhe zu tarnen. Sie zupfte ein weiteres Stück des Brotes ab. "Ja, die Konkurrenz in Wintergard schläft nicht." Manche boten ihre Waren zu Preisen an, mit denen Sanna nicht mithalten konnte. Und doch verirrten sich immer wieder Herren an ihren Stand – einige wegen des groben Leders, wie jenem, das sie Veith mitgebracht hatte, andere wegen der feineren Ware. Oft waren es Kaufleute, die weiterverkauften oder daraus Taschen, Westen und Gürtel fertigten.
Aber es war nicht nur das Leder, das sie zum Verweilen brachte. Manche blieben zu lange, stellten Fragen, die nichts mit der Qualität der Riemen zu tun hatten. Und manchmal – ganz selten – fühlte sich ein Blick auf ihrer Haut an wie ein Griff. Ungebeten. Zu nah. Warum sie gerade jetzt daran denken musste, wusste sie nicht. Vielleicht, weil Veiths Nähe sich ähnlich anfühlte. Und doch war da ein Unterschied – fundamental. Denn nichts in ihr wehrte sich gegen seinen Blick. Im Gegenteil: Etwas in ihr kam ihm entgegen. Wollte gesehen werden.
"Dann gibt es wohl morgen Fisch zum Abendessen." Automatisch hoben sich auch Sannas Mundwinkel, als sie das schwache Lächeln auf Veiths Lippen bemerkte. Sie mochte, wie er von seinem Neffen sprach – ruhig, fast zärtlich. Und auch, wie er mit den Kindern im Haus umging: geduldig, aufmerksam, ohne viele Worte. Vermutlich war das ein weiterer Grund, warum sie sich zu ihm hingezogen fühlte. Etwas Instinktives, eine biologische Wahrheit.
Sanna schnitt sich eine Scheibe Käse ab und lehnte sich im Stuhl zurück. Schweigend biss sie ab, während ihr Blick auf Veith ruhte – nachdenklich, prüfend, vielleicht auch ein wenig zu lange. "Du traust den Händlern wohl nicht?" Die Frage war kaum ernst gemeint – eher rhetorisch, durchzogen von leiser Ironie und gutmütigem Spott. Dann biss sie erneut von ihrem Brot ab, als wäre damit alles gesagt.
"Manchmal ist ruhig genau das, was man braucht", sagte sie leise und ließ ihren Blick für einen Moment über den Tisch gleiten, dann zu ihm zurück. Sie wollte etwas hinzufügen, einen beiläufigen Satz, vielleicht ein harmloses "Vor allem in guter Gesellschaft" – doch ihre Kehle fühlte sich plötzlich zu eng an. Als befürchtete sie, dass nun diese unangenehme Stille eintreten würde, die immer folgte wenn einem keine Belanglosigkeiten mehr einfielen. Stattdessen griff sie nach ihrem Becher, nahm einen Schluck, als könnte das die Spannung in ihr lösen. Doch das tat es nicht. Sie sollte gehen, bevor sich der Raum weiter mit dem füllte, das zwischen ihnen stand.
Doch folgte sie keinem klaren Gedanken, keinem Kalkül. Es war etwas Tieferes – ein leises Drängen, das sie in seinen Bann zog. In seinen Kosmos. Und sie blieb. Mehr noch: Sie wollte bleiben.
Als er sagte, er mache keine leeren Versprechungen, wurde es nicht besser. Sanna schluckte. Unter dem viel zu weiten Hemd spannte sich ihr Körper ihm entgegen, als hätte seine Stimme weiteres Öl in das Feuer gegossen, das längst in ihr brannte. Die Hitze, die in ihr aufstieg, fühlte sich an wie glühende Kohlen unter der Haut – wie auf trockenem Laub vergessen, bereit, einen Waldbrand zu entfachen. Unbändig. Unlöschbar.
„Ja das tust du. Aber vielleicht will ich gar nicht, dass es leichter wird.“
Ihr Blick blieb an ihm hängen, als er sich abwandte. Es war erschreckend, wie leicht er sie aus ihrer Komfortzone löste. Wie drängend das Verlangen, Grenzen zu verschieben – seine wie ihre – für etwas, das so flüchtig war wie der Tau am Morgen, der im ersten Sonnenlicht verschwand. Für seine Berührung, für Nähe, die sie mit einer solchen Sehnsucht begehrte, als könnte sie im Austausch dafür alles andere verlieren – und es dennoch in Kauf nehmen.
Sanna nickte schwach, als er von seiner Aufgabe im Süden sprach. Sie selbst war nie weiter gereist als bis Wolfsmark oder Wintergard – die Hafenstadt im Süden, lag für sie so fern wie ein anderes Leben. Die meiste Zeit verbrachte sie jedoch in ihrem Dorf, wo der Alltag verlässlich war wie das Knarren der Dielen in ihrem Haus. Ein Ort, an dem man sich kannte – und beobachtete. Wo der größte Aufruhr darin bestand, wenn die Nachbarin ihren Mann mit dem Besen vom Hof jagte, weil er Mal wieder den leichten Mädchen nachgesehen hatte. Es war ein einfaches Leben. Berechenbar. Sicher.
Als Veiths Bein das ihre streifte, zuckte sie kaum merklich – und doch fühlte es sich an, als hätte er nicht bloß gestreift, sondern seine Hand auf ihr Bein gelegt, warm und schwer. Die Hitze der Berührung blieb, brannte sich wie ein Echo unter ihre Haut. Ihre Zunge glitt über die Lippen, als wären sie so trocken wie die Eiswüste in der Einöde – spröde vom Schweigen, oder vom Verlangen. "Wie weit musst du reisen, um zu deinem Onkel zu gelangen?", fragte sie schließlich – eine Frage, beliebig genug, um ihre Unruhe zu tarnen. Sie zupfte ein weiteres Stück des Brotes ab. "Ja, die Konkurrenz in Wintergard schläft nicht." Manche boten ihre Waren zu Preisen an, mit denen Sanna nicht mithalten konnte. Und doch verirrten sich immer wieder Herren an ihren Stand – einige wegen des groben Leders, wie jenem, das sie Veith mitgebracht hatte, andere wegen der feineren Ware. Oft waren es Kaufleute, die weiterverkauften oder daraus Taschen, Westen und Gürtel fertigten.
Aber es war nicht nur das Leder, das sie zum Verweilen brachte. Manche blieben zu lange, stellten Fragen, die nichts mit der Qualität der Riemen zu tun hatten. Und manchmal – ganz selten – fühlte sich ein Blick auf ihrer Haut an wie ein Griff. Ungebeten. Zu nah. Warum sie gerade jetzt daran denken musste, wusste sie nicht. Vielleicht, weil Veiths Nähe sich ähnlich anfühlte. Und doch war da ein Unterschied – fundamental. Denn nichts in ihr wehrte sich gegen seinen Blick. Im Gegenteil: Etwas in ihr kam ihm entgegen. Wollte gesehen werden.
"Dann gibt es wohl morgen Fisch zum Abendessen." Automatisch hoben sich auch Sannas Mundwinkel, als sie das schwache Lächeln auf Veiths Lippen bemerkte. Sie mochte, wie er von seinem Neffen sprach – ruhig, fast zärtlich. Und auch, wie er mit den Kindern im Haus umging: geduldig, aufmerksam, ohne viele Worte. Vermutlich war das ein weiterer Grund, warum sie sich zu ihm hingezogen fühlte. Etwas Instinktives, eine biologische Wahrheit.
Sanna schnitt sich eine Scheibe Käse ab und lehnte sich im Stuhl zurück. Schweigend biss sie ab, während ihr Blick auf Veith ruhte – nachdenklich, prüfend, vielleicht auch ein wenig zu lange. "Du traust den Händlern wohl nicht?" Die Frage war kaum ernst gemeint – eher rhetorisch, durchzogen von leiser Ironie und gutmütigem Spott. Dann biss sie erneut von ihrem Brot ab, als wäre damit alles gesagt.
"Manchmal ist ruhig genau das, was man braucht", sagte sie leise und ließ ihren Blick für einen Moment über den Tisch gleiten, dann zu ihm zurück. Sie wollte etwas hinzufügen, einen beiläufigen Satz, vielleicht ein harmloses "Vor allem in guter Gesellschaft" – doch ihre Kehle fühlte sich plötzlich zu eng an. Als befürchtete sie, dass nun diese unangenehme Stille eintreten würde, die immer folgte wenn einem keine Belanglosigkeiten mehr einfielen. Stattdessen griff sie nach ihrem Becher, nahm einen Schluck, als könnte das die Spannung in ihr lösen. Doch das tat es nicht. Sie sollte gehen, bevor sich der Raum weiter mit dem füllte, das zwischen ihnen stand.