11-06-2025, 13:31 - Wörter:
Diese feine, kaum greifbare Nuance in seinem bernsteinfarbenen Blick ließ Sanna für einen Moment innehalten. Etwas daran war anders – nicht flüchtig, aber auch nicht eindeutig. Und gerade das löste eine leise Unsicherheit in ihr aus. Es war dieses Gefühl, das sich anschlich wie ein Schatten: die Angst, etwas zu sehen, das nicht da war. Etwas hineinzuinterpretieren, was vielleicht nur ein Windhauch in seinem Blick gewesen war – bedeutungslos. Flüchtig. Und doch… Sanna spürte, wie ihr Atem stockte. Sie wollte nichts zerreden, nichts zerdenken. Und trotzdem wuchs da etwas in ihr – eine vorsichtige Hoffnung, so fragil, dass schon ein falsches Wort sie hätte zerbrechen können.
Er hatte sie noch nie so angesehen. Oder vielleicht doch – und sie hatte es einfach nie bemerkt, nie wahrgenommen, weil sie nicht gewagt hatte, in seinem Blick nach mehr zu suchen. Jetzt aber traf es sie wie ein Laut, der plötzlich ein langes Schweigen durchbrach. Ähnlich seinem Seufzen, dass fast schon resigniert wirkte. Ihr Körper spannte sich unwillkürlich unter diesem Blick, als würde allein seine Aufmerksamkeit sie aus dem Gleichgewicht bringen. Ihre Brust hob und senkte sich tiefer, der Atem langsamer, aber schwerer – nicht aus Anstrengung, sondern aus dieser seltsamen Wachheit heraus, die entsteht, wenn Nähe plötzlich Bedeutung bekam.
„Der Hof liegt östlich von Wolfsmark, am Fuße der Berge“
Ein kaum merklicher Schauer löste sich in ihrem Körper, als seine Beine erneut an ihren entlangstrichen – eine flüchtige Berührung, beinahe beiläufig, und doch viel zu intensiv, um sie zu ignorieren.
Etwas in ihr gab nach. Kein Widerstand, nicht wirklich – eher ein zartes Auflösen, als würde ein feines Netz aus Zurückhaltung leise reißen, Faden um Faden. Sanna nickte auf seine Worte hin. Was genau er gesagt hatte, entglitt ihr bereits. Etwas über den Hof seines Onkels, irgendwo bei Wolfmark. Doch in diesem Moment schien ihr das alles unendlich weit entfernt, unwirklich, nebensächlich. Denn während ihre Gedanken sich zu sammeln versuchten, war da nur noch die Nähe zwischen ihnen – und die Frage, wie lange sie noch unberührt bleiben würde.
Der Gedanke, vielleicht noch einen weiteren Abend in diesem Haus zu verbringen, ließ Sanna schwach lächeln. Natürlich würde sie sich nicht aufdrängen – sie war schon dankbar genug für die Nacht, die sie hier bleiben durften, und dafür, dass Helvi sich morgen um Valda kümmern wollte. Doch etwas gegen eine Wiederholung hatte sie nicht. Im Gegenteil. Auch wenn es bedeutete, dass sie einen weiteren Abend in Veiths Nähe durchstehen musste – dieses leise, süße Quälen, das jede Berührung, jedes Wort auf eine Waagschale legte. Es war kein Wunsch, den sie je laut aussprechen würde. Und doch war er da. Still. Beharrlich. Wie eine Glut, die tief unter der Asche weiterbrannte, unbemerkt von außen – aber heiß genug, um sie wachzuhalten.
Sicher nicht nur Helvis Spott." Da war er wieder – dieser herausfordernde Glanz in ihren Augen, als wollte sie sich mit seiner Schwester verbünden, sich auf ihre Seite schlagen. Wie hatte er sie zuvor noch wortlos genannt? Verräterin.
Sie hielt seinem Blick stand, suchte darin nach etwas Greifbarem. War es wirklich Hoffnung, die sie dort aufflackern sah – ein zarter Schein, kaum mehr als eine Möglichkeit? Oder war es bloß ein Anflug von Amüsement über die eigenen Worte? Sanna wollte sich nicht zu viel einbilden. Und doch: Etwas in seinem Blick ließ sie für einen Moment glauben, dass sie recht hatte, zu hoffen. Auch wenn sie sich kaum traute, es zuzulassen.
„Du solltest schlafen gehen. Ich will dich nicht länger aufhalten.“
Und er hatte recht. Natürlich hatte er recht. Sie sollte schlafen gehen. Ruhen. Abstand gewinnen von diesem Moment, der sich viel zu groß anfühlte für eine so späte Stunde.
Etwas in ihr wollte fort – weg von der Nähe, die zu dicht geworden war. Etwas anderes aber ließ sie verharren. Ihr Blick ruhte auf ihm, wachsam, tastend, wie ein Seil, das noch nicht gekappt war. Selbst als er den Blick senkte, wich sie nicht zurück. Vielleicht war es nur ein Abschied für den Abend. Vielleicht aber auch ein unausgesprochener Rückzug – auf beiden Seiten.
Sanna nickte, schob den Stuhl zurück und zog sich den Mantel von den Beinen, um ihn über die Lehne zu legen. "Du hast recht", sagte sie leise, während sie den Stuhl wieder an den Tisch schob – vorsichtig, um niemanden in der oberen Etage zu wecken. Ihre Hände glitten vom groben Holz. Einen Moment lang wirkte es, als würde sie einfach gehen.
Ein sauberer Rückzug. Das Lösen aus der schweren, wortlosen Umarmung dieses Moments. Doch sie blieb stehen. Legte ihre Hände auf seine Schultern – sacht, beinahe ehrfürchtig – und beugte sich zu ihm hinunter.
Ihr langes Haar glitt ihr über die Schulter, streifte flüchtig seinen Arm. Ihre Lippen strichen über seine Wange. Kein Kuss im eigentlichen Sinn. Eher ein Hauch. Ein Versprechen, das sich nicht traute, ausgesprochen zu werden.
"Gute Nacht", flüsterte sie, so nah an seiner Haut, dass ihre Stimme sich fast in ihn legte.
Es war absolute Selbstgeißelung – dieser Aufbau von Nähe, den sie beide zuvor so sorgfältig gemieden hatten. Ein einziger Moment, der mehr wog als alle stillen Minuten davor. Und doch: Auf eine gewisse Weise fühlte es sich unausweichlich an.
Dann löste sie sich von ihm. Kein Zögern, keine Worte mehr. Nur der stille Rückzug, der etwas in der Luft zurückließ, das nicht so schnell vergehen würde.
Er hatte sie noch nie so angesehen. Oder vielleicht doch – und sie hatte es einfach nie bemerkt, nie wahrgenommen, weil sie nicht gewagt hatte, in seinem Blick nach mehr zu suchen. Jetzt aber traf es sie wie ein Laut, der plötzlich ein langes Schweigen durchbrach. Ähnlich seinem Seufzen, dass fast schon resigniert wirkte. Ihr Körper spannte sich unwillkürlich unter diesem Blick, als würde allein seine Aufmerksamkeit sie aus dem Gleichgewicht bringen. Ihre Brust hob und senkte sich tiefer, der Atem langsamer, aber schwerer – nicht aus Anstrengung, sondern aus dieser seltsamen Wachheit heraus, die entsteht, wenn Nähe plötzlich Bedeutung bekam.
„Der Hof liegt östlich von Wolfsmark, am Fuße der Berge“
Ein kaum merklicher Schauer löste sich in ihrem Körper, als seine Beine erneut an ihren entlangstrichen – eine flüchtige Berührung, beinahe beiläufig, und doch viel zu intensiv, um sie zu ignorieren.
Etwas in ihr gab nach. Kein Widerstand, nicht wirklich – eher ein zartes Auflösen, als würde ein feines Netz aus Zurückhaltung leise reißen, Faden um Faden. Sanna nickte auf seine Worte hin. Was genau er gesagt hatte, entglitt ihr bereits. Etwas über den Hof seines Onkels, irgendwo bei Wolfmark. Doch in diesem Moment schien ihr das alles unendlich weit entfernt, unwirklich, nebensächlich. Denn während ihre Gedanken sich zu sammeln versuchten, war da nur noch die Nähe zwischen ihnen – und die Frage, wie lange sie noch unberührt bleiben würde.
Der Gedanke, vielleicht noch einen weiteren Abend in diesem Haus zu verbringen, ließ Sanna schwach lächeln. Natürlich würde sie sich nicht aufdrängen – sie war schon dankbar genug für die Nacht, die sie hier bleiben durften, und dafür, dass Helvi sich morgen um Valda kümmern wollte. Doch etwas gegen eine Wiederholung hatte sie nicht. Im Gegenteil. Auch wenn es bedeutete, dass sie einen weiteren Abend in Veiths Nähe durchstehen musste – dieses leise, süße Quälen, das jede Berührung, jedes Wort auf eine Waagschale legte. Es war kein Wunsch, den sie je laut aussprechen würde. Und doch war er da. Still. Beharrlich. Wie eine Glut, die tief unter der Asche weiterbrannte, unbemerkt von außen – aber heiß genug, um sie wachzuhalten.
Sicher nicht nur Helvis Spott." Da war er wieder – dieser herausfordernde Glanz in ihren Augen, als wollte sie sich mit seiner Schwester verbünden, sich auf ihre Seite schlagen. Wie hatte er sie zuvor noch wortlos genannt? Verräterin.
Sie hielt seinem Blick stand, suchte darin nach etwas Greifbarem. War es wirklich Hoffnung, die sie dort aufflackern sah – ein zarter Schein, kaum mehr als eine Möglichkeit? Oder war es bloß ein Anflug von Amüsement über die eigenen Worte? Sanna wollte sich nicht zu viel einbilden. Und doch: Etwas in seinem Blick ließ sie für einen Moment glauben, dass sie recht hatte, zu hoffen. Auch wenn sie sich kaum traute, es zuzulassen.
„Du solltest schlafen gehen. Ich will dich nicht länger aufhalten.“
Und er hatte recht. Natürlich hatte er recht. Sie sollte schlafen gehen. Ruhen. Abstand gewinnen von diesem Moment, der sich viel zu groß anfühlte für eine so späte Stunde.
Etwas in ihr wollte fort – weg von der Nähe, die zu dicht geworden war. Etwas anderes aber ließ sie verharren. Ihr Blick ruhte auf ihm, wachsam, tastend, wie ein Seil, das noch nicht gekappt war. Selbst als er den Blick senkte, wich sie nicht zurück. Vielleicht war es nur ein Abschied für den Abend. Vielleicht aber auch ein unausgesprochener Rückzug – auf beiden Seiten.
Sanna nickte, schob den Stuhl zurück und zog sich den Mantel von den Beinen, um ihn über die Lehne zu legen. "Du hast recht", sagte sie leise, während sie den Stuhl wieder an den Tisch schob – vorsichtig, um niemanden in der oberen Etage zu wecken. Ihre Hände glitten vom groben Holz. Einen Moment lang wirkte es, als würde sie einfach gehen.
Ein sauberer Rückzug. Das Lösen aus der schweren, wortlosen Umarmung dieses Moments. Doch sie blieb stehen. Legte ihre Hände auf seine Schultern – sacht, beinahe ehrfürchtig – und beugte sich zu ihm hinunter.
Ihr langes Haar glitt ihr über die Schulter, streifte flüchtig seinen Arm. Ihre Lippen strichen über seine Wange. Kein Kuss im eigentlichen Sinn. Eher ein Hauch. Ein Versprechen, das sich nicht traute, ausgesprochen zu werden.
"Gute Nacht", flüsterte sie, so nah an seiner Haut, dass ihre Stimme sich fast in ihn legte.
Es war absolute Selbstgeißelung – dieser Aufbau von Nähe, den sie beide zuvor so sorgfältig gemieden hatten. Ein einziger Moment, der mehr wog als alle stillen Minuten davor. Und doch: Auf eine gewisse Weise fühlte es sich unausweichlich an.
Dann löste sie sich von ihm. Kein Zögern, keine Worte mehr. Nur der stille Rückzug, der etwas in der Luft zurückließ, das nicht so schnell vergehen würde.