21-07-2025, 15:43 - Wörter:
Noch immer stand sie nackt mitten im Raum. Das einzige Licht, dass sich windend um ihren Körper stahl, kam von den flackernden Kerzen, die die Dinger in den letzten Stunden angezündet hatten. Es war ruhig geworden im Haus. Die Kinder schliefen oben in ihren Zimmern und Keeran und Vanja waren beide große Befürworter der Stille, mit der sie Hand in Hand gehen konnten, um zum begehrten Ziel zu kommen. Doch ab und zu durchbrach dann doch eine Stimme die Stille, die sie sich in den letzten Jahren um sich herum aufgebaut hatten. Mitten in einem Land, das kaum ärmer sein konnte, hatten sie Alles, wonach ihnen der Sinn stand. Und sie nahmen sich alles, was sie haben wollten. Wohlwissend, dass es dem Großteil der Bevölkerung ein Dorn im Auge war, wenn sich andere Menschen etwas leisten konnten. Wenn sie es sich leisten konnten, den Teller nicht leer zu essen, weil einen plötzlich der Hunger verlassen hatte. Wenn sie es sich leisten konnten, den guten Wein über einen beinahe nackten Körper zu schütten, nur um seinen Standpunkt klar zu machen. Um zu spielen. Sie lebten hier, um sich zu bereichern. Sie konnten tun und lassen, was sie wollten, doch Vanja liebte es, sich auszuleben. In jederlei Hinsicht. Manchmal mit Keeran, manchmal mit dem Diener. Manchmal auch mit beiden direkt hintereinander. Oder, wenn es nach ihr ging, gleichzeitig. Aber auch emotional und psychologisch konnte sie sich ausleben, konnte ihre Pläne schmieden, von denen Keeran nicht einmal mit seine Opiumpfeife träumen konnte. Sie war nur seine Frau, nur die Mutter seiner Kinder. Nicht weiter von Belang, wenn es um die wirklich wichtigen Geschäfte ging. Bis jetzt. Sie arbeitete im Hintergrund, traf sich mit Leuten, bestach oder erpresste sie, verteilte Gold, als wären es Brotkrumen. Vanja würde sich irgendwann aus den Schatten erheben und ihren Mann überraschen. Ihn vielleicht sogar stolz machen.
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Es klingt fast so, als könntest du am eigenen Leib nach empfinden, wie es dem König gehen muss
", sinnierte Vanja mit samtweicher Stimme und trank einen Schluck Wein, während sie ihren Mann dabei beobachtete, wie sich dieser an die Steinwand lehnte. "Nicht, dass dir das gleiche Schicksal blüht
", stellte sie mit vor Sorgen gerunzelter Stirn in den Raum, machte jedoch keine Anstalten ihm näher zu kommen. Nein, sie sorgte sich nicht um ihn. Nie. Es wäre schade, wenn es ihn nicht mehr gäbe, aber sie würde auch ohne ihn zurecht kommen. Es wäre schade um die wunderbare Ekstase, die sie mit ihm gemeinsam erleben konnte, aber Menschen kommen und gehen, das war nun mal der Lauf der Dinge. "Der König ist auch nur ein Mann. Und du stellst mir ernsthaft die Frage, was ich besser machen kann, als Yasirah? Mein Liebling, du enttäuschst mich. Ich glaube nicht, dass du jemals in den Genuss einer Königin gekommen bist - außer mir natürlich - aber ich bin mir sicher, dass auch du weißt, was mich besser macht, als sie
", hallte ihre Stimme leise durch den Wohnraum der Familie Neshat. Es war ein Jammer, dass Keeran ein Mann war, der so losgelöst von seinen Bedürfnissen agieren konnte, wie sonst kaum jemand. Sie wusste, dass jeder andere Mann schon längst wieder an ihren Lippen hängen würde. Nicht nur metaphorisch gesprochen.