27-07-2025, 17:25 - Wörter:
„Dann bin ich wohl zu beglückwünschen, in ihrer Gunst zu stehen“, sagte Veith, ohne Sanna dabei anzusehen. Seine Augen glitten stattdessen zu dem Mädchen hinüber, das sich bereits dem Pony zugewandt hatte. Es sprach mit dem Tier, als könnte es jedes Wort verstehen – mit jener kindlichen Selbstverständlichkeit, die einem erwachsenen Herzen fast weh tun konnte. Ein scharfer, kaum wahrnehmbarer Stich durchfuhr ihn. Jener vertraute Schmerz, der ihn stets ereilte, wenn jemand unbedarft über Familie sprach, als wäre das Wort selbst ein Dorn in seiner Brust. Er war mit drei Schwestern aufgewachsen, war der einzige Sohn gewesen und viel zu früh hatte man ihm die Verantwortung auferlegt, die eigentlich einem Mann gebührt hätte. Der Vater war durch den Sturz vom Pferd schwachsinnig geworden, hatte fortan nur noch im Schatten der Welt gelebt und so war es an Veith gewesen, die Rolle des Stützpfeilers zu übernehmen. Es war kein Opfer, das er bereute, sondern seine Pflicht und diese stellte man nicht infrage. Trotzdem, jedes Mal, wenn er durch Helvis Tür trat, wenn er die Wärme in ihrem Heim spürte, das kindliche Lachen in der Küche, das Einverständnis unausgesprochener Nähe, dann erinnerte ihn das Leben selbst daran, wie Familie auch sein konnte: nicht nur Last, sondern auch Trost. Nicht nur Verantwortung, sondern auch Geborgenheit.
Er hob den Blick von seiner Arbeit, als sie mit gespielter Unschuld sagte, dass wohl nur er für Helvi als Anstifter einer solchen Schandtat infrage käme. In seinem Blick lag mehr als bloß ein flüchtiges Aufsehen, es war etwas Dunkles darin, etwas Unausgesprochenes, das wie ein heimliches Glimmen hinter der ruhigen Oberfläche flackerte. Ein Funke von Leidenschaft vielleicht, geboren aus dem Spiel ihrer Worte, aus dem Gedanken daran, was diese bedeuten konnten. Für einen Herzschlag lang verweilte dieser Ausdruck in seinen Augen, als würde er sich ausmalen, wie es wäre, tatsächlich mit ihr in der nächsten Scheune zu verschwinden. Dann senkte er den Blick wieder, als hätte er sich bei einem verbotenen Gedanken ertappt und sicherte die Ware. „Es ist keine Strafe“, sagte er, der Ton bemüht leicht. „Im Stall ist es vielleicht kälter als in der Küche, aber das Stroh dort ist weitaus weicher als der harte Steinboden.“ Er versuchte, die Spannung mit einem Scherz zu lösen, doch seine Stimme klang nicht so unbeschwert, wie er es beabsichtigt hatte. Sein Blick wich aus, stur hielt er die Augen auf seine Hände gerichtet, die gerade das Geschirr des Ponys mit dem Schlitten verbanden. Es war eine Flucht ins Tun, als könne er durch das ordentliche Anziehen der Riemen die Unruhe abschütteln, die zwischen ihnen stand.
Ohne es zu ahnen, schlugen seine Gedanken denselben Weg ein wie die ihren. Was wäre, wenn sie ihm im Stall begegnete? Wenn sie sich inmitten von Heu und Dämmerlicht wiederfänden, fernab von wachsamen Blicken seiner Schwester? Der Gedanke ließ ihn den Griff an den Lederriemen unbewusst fester ziehen. Das Pony wieherte leise.
Veith sah Sanna vor sich, wie sie durch die halb geöffnete Tür trat, das Licht des Stalls auf Haut und Haar. Vielleicht würde sie wieder so nahe bei ihm stehen wie in der letzten Nacht, als ihre Lippen die seinen gefunden hatten und alles andere plötzlich bedeutungslos gewesen war. Als nichts gefehlt hatte, außer ein wenig Zeit, ein wenig Mut, bis seine Schwester mit ihrer Anwesenheit alles zunichte machte. Er stellte sich vor, wie er dort weitermachte, wo sie aufgehört hatten. Keine Worte, nur Hände, Wärme, Verlangen.
Ein Teil von ihm wusste, wie töricht solche Gedanken waren und wie gefährlich. Doch ein anderer hielt sich an ihnen fest, als wären sie das Einzige, was in dieser Welt noch von Bedeutung war.
Veith seufzte. Er hatte sich schon fast gedacht, dass Helvi Sanna gegenüber nichts anmerken würde. Stattdessen hatte sie sich an diesem Morgen auf ihn gestürzt und ihm eine Standpauke gehalten, wie nur sie es konnte – mit verschränkten Armen, funkelndem Blick und messerscharfen Worten. „Du bist ihre Freundin, natürlich will sie dich schützen“, sagte er schließlich nur, beinahe nüchtern, doch in seiner Stimme lag ehrliche Anerkennung. Er war froh, dass Sanna jemanden wie Helvi als Freundin hatte – eine, die mit ihrer schroffen Art die Welt auf Abstand hielt, aber für die Menschen, die sie liebte, zur Wölfin wurde. Schweigend beobachtete er, wie Sanna Valda auf das Pony hob und für einen flüchtigen Moment huschte ein Lächeln über sein Gesicht. „Nicht mal der schafft es, Helvi zu zähmen“, erwiderte er schließlich und das Lächeln wurde zu einem schiefen Grinsen, das seine Worte unterstrich „Oder warum glaubst du, ist Einar so oft unterwegs?“ Er meinte es nicht böse, denn keineswegs wollte er seinem Schwager damit unterstellen, ein Trinker oder Schürzenjäger zu sein. Aber er arbeitete hart, schuftete Tag für Tag, um die Familie zu versorgen. Der Vorteil daran war eben, dass er in dieser Zeit Helvis Temperament nicht erdulden musste. Veiths Lächeln blieb, doch in seinen Augen blitzte ein Anflug von Ironie. Vielleicht war das am Ende das Geheimnis einer funktionierenden Ehe – genug Raum, um sich nicht zu sehr im Weg zu stehen.
Sie hatten den Markt verlassen und bewegten sich nun zwischen den schmalen Häuserreihen Wintergards in Richtung von Helvis Heim. Wenn Veith bereute, ihr so deutlich gezeigt zu haben, was er für sie empfand, so ließ er es sich nicht anmerken. Sein Blick ruhte auf ihrem Profil, auf den leicht geröteten Wangen, dem halb abgewandten Gesicht, das dennoch so viel sprach. „Dann hoffe ich“, sagte er leise und in seiner Stimme lag eine neue Tiefe, rau wie ungeschliffener Stein, „dass es ein Wunsch ist, der in Erfüllung geht.“ Er senkte den Blick, ließ ihn auf Valda ruhen, die vergnügt auf dem Pony ritt, ohne sich um das Spiel der Erwachsenen zu kümmern. Sie plapperte fröhlich vor sich hin, streichelte den Hals des Tiers und redete mit ihm, als wäre es ihr Vertrauter. Veith war dankbar für ihre Gegenwart, nicht nur, weil sie das Bild einer harmlosen Szene aufrechterhielt, sondern auch, weil sie ihm erlaubte, sein Verlangen zu verbergen.
Er hob den Blick von seiner Arbeit, als sie mit gespielter Unschuld sagte, dass wohl nur er für Helvi als Anstifter einer solchen Schandtat infrage käme. In seinem Blick lag mehr als bloß ein flüchtiges Aufsehen, es war etwas Dunkles darin, etwas Unausgesprochenes, das wie ein heimliches Glimmen hinter der ruhigen Oberfläche flackerte. Ein Funke von Leidenschaft vielleicht, geboren aus dem Spiel ihrer Worte, aus dem Gedanken daran, was diese bedeuten konnten. Für einen Herzschlag lang verweilte dieser Ausdruck in seinen Augen, als würde er sich ausmalen, wie es wäre, tatsächlich mit ihr in der nächsten Scheune zu verschwinden. Dann senkte er den Blick wieder, als hätte er sich bei einem verbotenen Gedanken ertappt und sicherte die Ware. „Es ist keine Strafe“, sagte er, der Ton bemüht leicht. „Im Stall ist es vielleicht kälter als in der Küche, aber das Stroh dort ist weitaus weicher als der harte Steinboden.“ Er versuchte, die Spannung mit einem Scherz zu lösen, doch seine Stimme klang nicht so unbeschwert, wie er es beabsichtigt hatte. Sein Blick wich aus, stur hielt er die Augen auf seine Hände gerichtet, die gerade das Geschirr des Ponys mit dem Schlitten verbanden. Es war eine Flucht ins Tun, als könne er durch das ordentliche Anziehen der Riemen die Unruhe abschütteln, die zwischen ihnen stand.
Ohne es zu ahnen, schlugen seine Gedanken denselben Weg ein wie die ihren. Was wäre, wenn sie ihm im Stall begegnete? Wenn sie sich inmitten von Heu und Dämmerlicht wiederfänden, fernab von wachsamen Blicken seiner Schwester? Der Gedanke ließ ihn den Griff an den Lederriemen unbewusst fester ziehen. Das Pony wieherte leise.
Veith sah Sanna vor sich, wie sie durch die halb geöffnete Tür trat, das Licht des Stalls auf Haut und Haar. Vielleicht würde sie wieder so nahe bei ihm stehen wie in der letzten Nacht, als ihre Lippen die seinen gefunden hatten und alles andere plötzlich bedeutungslos gewesen war. Als nichts gefehlt hatte, außer ein wenig Zeit, ein wenig Mut, bis seine Schwester mit ihrer Anwesenheit alles zunichte machte. Er stellte sich vor, wie er dort weitermachte, wo sie aufgehört hatten. Keine Worte, nur Hände, Wärme, Verlangen.
Ein Teil von ihm wusste, wie töricht solche Gedanken waren und wie gefährlich. Doch ein anderer hielt sich an ihnen fest, als wären sie das Einzige, was in dieser Welt noch von Bedeutung war.
Veith seufzte. Er hatte sich schon fast gedacht, dass Helvi Sanna gegenüber nichts anmerken würde. Stattdessen hatte sie sich an diesem Morgen auf ihn gestürzt und ihm eine Standpauke gehalten, wie nur sie es konnte – mit verschränkten Armen, funkelndem Blick und messerscharfen Worten. „Du bist ihre Freundin, natürlich will sie dich schützen“, sagte er schließlich nur, beinahe nüchtern, doch in seiner Stimme lag ehrliche Anerkennung. Er war froh, dass Sanna jemanden wie Helvi als Freundin hatte – eine, die mit ihrer schroffen Art die Welt auf Abstand hielt, aber für die Menschen, die sie liebte, zur Wölfin wurde. Schweigend beobachtete er, wie Sanna Valda auf das Pony hob und für einen flüchtigen Moment huschte ein Lächeln über sein Gesicht. „Nicht mal der schafft es, Helvi zu zähmen“, erwiderte er schließlich und das Lächeln wurde zu einem schiefen Grinsen, das seine Worte unterstrich „Oder warum glaubst du, ist Einar so oft unterwegs?“ Er meinte es nicht böse, denn keineswegs wollte er seinem Schwager damit unterstellen, ein Trinker oder Schürzenjäger zu sein. Aber er arbeitete hart, schuftete Tag für Tag, um die Familie zu versorgen. Der Vorteil daran war eben, dass er in dieser Zeit Helvis Temperament nicht erdulden musste. Veiths Lächeln blieb, doch in seinen Augen blitzte ein Anflug von Ironie. Vielleicht war das am Ende das Geheimnis einer funktionierenden Ehe – genug Raum, um sich nicht zu sehr im Weg zu stehen.
Sie hatten den Markt verlassen und bewegten sich nun zwischen den schmalen Häuserreihen Wintergards in Richtung von Helvis Heim. Wenn Veith bereute, ihr so deutlich gezeigt zu haben, was er für sie empfand, so ließ er es sich nicht anmerken. Sein Blick ruhte auf ihrem Profil, auf den leicht geröteten Wangen, dem halb abgewandten Gesicht, das dennoch so viel sprach. „Dann hoffe ich“, sagte er leise und in seiner Stimme lag eine neue Tiefe, rau wie ungeschliffener Stein, „dass es ein Wunsch ist, der in Erfüllung geht.“ Er senkte den Blick, ließ ihn auf Valda ruhen, die vergnügt auf dem Pony ritt, ohne sich um das Spiel der Erwachsenen zu kümmern. Sie plapperte fröhlich vor sich hin, streichelte den Hals des Tiers und redete mit ihm, als wäre es ihr Vertrauter. Veith war dankbar für ihre Gegenwart, nicht nur, weil sie das Bild einer harmlosen Szene aufrechterhielt, sondern auch, weil sie ihm erlaubte, sein Verlangen zu verbergen.