19-04-2024, 22:00 - Wörter:
Feeling downie? Bake a brownie!
Auf den anstrengenden gestrigen Tag war eine Nacht mit wenig Schlaf und ein Morgen ohne Energie und Konzentration aber dafür mit reichlich Träumerei und mieser Laune gefolgt. Die Konsequenz daraus war für Freda einfach zu ziehen: Wer sich so verhält, der kann nicht ausreiten und wer so erschöpft ist, sollte sich ausruhen. Und das tat Lester dann auch, als das artige Kind, dass er nun mal war, ohne Widerrede. Etwas gute Laune wäre aber dennoch schön gewesen und es trifft sich daher gut, dass Gwendolyn sich etwas Zeit für Lester nehmen darf. Ohne Erfolgsgarantie.

Es war dabei zumindest ein Trost, dass es draußen regnete. Und Lester mochte Regen. Zwar begann er im kühlen Nass sehr schnell zu frieren und mochte es oft nicht, wenn ihn die Tropfen auf die blanke Haut trafen, aber dafür beobachtetet er umso lieber aus dem Warmen und Trockenem, wie unzählige kleine Streifen an dem großen Fenster vorbeisausten oder auf Geländer und Boden des Balkons vor dem Gesellschaftszimmer aufkamen und in noch kleinere Tröpfchen zersprangen. So hatte er schon die letzte halbe Stunde nach seinem Mittagschlaf damit verbracht, dem Ursprung des kontinuierlichen, leisen Prasselns zuzusehen. Diese Beständigkeit des Regens gefiel ihm genauso gut, wie, dass er sich darauf verlassen konnte, dass die Hängeschaukel in der er sich so gern aufhielt, nicht spontan aufhören würde, ihn sanft hin und her zu wiegen oder das Lammfell unter ihm plötzlich aufhörte kuschelig und warm zu sein. Gewohntermaßen trug er dabei alleinig seine sackartige Hose, deren Bund er bis über die Brust gezogen hatte, dass nur noch seine Schultern und Arme herausschauten. Er mochte die Mischung aus bedeckt sein und der Möglichkeit, seine Beine ohne störenden Stoff einander berühren lassen zu können. So konnte er lange verbringen und sich in Geborgenheit sein Köpfchen über all das zerschlagen, was ihn bewegte. Und das war bekanntermaßen so einiges. In den Händen hielt er dabei das Spielzeug, bei dem man sich im ersten Moment fragte, ob dieses ihn nur noch nicht langweilte, weil es mit den fingerlosen Handschuhen, die er auch gerade trug, trotzdem eine feinmotorische Herausforderung blieb, sich mit diesem zu beschäftigen. Dabei war es wirklich gar nicht leicht, die farbigen Kugeln seiner Motorikschleife durch das Gewirr aus ebenfalls angemalten Drähten zu führen, so dass er sich hin und wieder dadurch half, das Spielzeug einfach zu drehen. Und wie so vieles bei Lester gab es hinter dieser eigentlich belanglosen Tätigkeit scheinbar doch wieder einen tieferen Zweck. So erweckte es den Eindruck, als würde jedes Schieben der Holzkugeln einen Gedanken symbolisieren, den er damit optisch zur Seite schob.
Und auch wenn das alles schon einen durchaus gewohnt entzückenden Eindruck auf denjenigen machte, der in Sorge, dass das Kind noch lebte so still wie es war, subtil nach ihm sehen kam, gab es heute etwas, das einen unweigerlich zum Schmunzeln und Kopfschütteln bringen konnte. Anstelle in seiner üblichen Position zu liegen, hatte er sich heute offenbar für etwas Abwechselung entschieden, die Freda lieber nicht sehen sollte, wenn sie sich nicht unbegründet sorgen wollte. Zwar lag er noch und hatte die Beine dabei wahlweise im Schneidersitz, angehockt oder behaglich strampelnd, aber eben falsch herum, so dass ein Teil des Oberkörpers und sein Köpfchen vorne aus der Schaukel herabhingen und seine Beine dort waren, wo eigentlich sein Oberkörper sein sollte. Und das Spielzeug hielt er nicht wie üblich in seinem Schoß oder neben sich, sondern frei in der Luft vor sich, was wohl auch der Grund des Aufschlaggeräuschs gewesen sein musste, dass vorhin aus dem Zimmer kam, als es den eingepackten Händen anscheinend doch mal entglitten war.
