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life can be such overdose
30.09.1016 - 18:00
The Traveller's Inn
Valeria Lucini Zora Novák Marek Novák Zosia Marsili

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Valeria Lucini
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#1
Eine Heirat.
Eine wahrlich königliche Heirat. Sie fand statt in King’s Portal und, wenn man ersten Berichten glauben wollte, war sie rauschend. Ein Fest, wie man noch in hundert Jahren davon berichten würde. Serviert wurden die feinsten Speisen, getrunken der erlesenste Wein. Die ganze Stadt war gefüllt mit Gauklern und Schauspielern, Feuerkünstlern, Tänzern, Artisten. Nicht bloß, um das Brautpaar zu würdigen, sondern auch die Familie, die dahinterstand. Castellanos. Ein Name, der in diesen Tagen in Eastergold Meadow wenn, dann nur flüsternd zu vernehmen war. Und während das übrige Castandor in seinen wichtigsten Städten die Verbindung von Orpheus Castellanos und Naila ben Sahid in fast schon ekstatischen Wogen von ergebenen Untertanen honorierte, war es in Eastergold Meadow still.
Valeria spürte den Stich in ihrem Herzen. Er war fundamental, er war lauernd, weil er sich nicht vertreiben ließ, und er war vernichtend. Alles hatte sich verändert. Unter der fremden Herrschaft würde niemand die glückliche Verbindung des zweiten Sohnes Castandor so frei und ungezwungen feiern, wie es Orpheus und seine Braut verdient hätten. Die Straßen blieben leer und die wenigen Gaukler, die sich in ihnen tummelten, waren nicht eingeladen worden, die Einwohner Castandors zu unterhalten und das ihrige zu dieser einmaligen Stimmung beizutragen.
Valeria fühlte sich fremd. Sie fühlte sich fremd unter den wenigen Menschen, die nach dem brutalen Überfall noch in Eastergold Meadow geblieben waren. Es waren nicht viele. Die meisten waren geflüchtet, hatten ihre Häuser, ihre Felder, ihre Werkstätten im Stich gelassen. Vielleicht hätte dies auch Valeria getan. Wäre da nicht Zosia gewesen, und die Taverne, und der Vater, der von den Feinden sträfliche misshandelt worden war.
Sie war wütend. Aber, wie sie da so stand, am Fenster ihres Zimmers, und ihren Blick über die leeren, freudlosen Gassen schweifen ließ, wurde ihr auch bewusst, dass sie sich ohnmächtig fühlte. Sie war dazu verdammt, es zu ertragen, denn sie verfügte weder über Macht noch den notwendigen Einfluss, etwas an ihrer Situation verändern zu können. Hätte sie gekonnt, sie hätte den giftigen Atem Walleydors aus ihrer Heimat vertrieben.
Und so war das rauschende Fest einer traumhaften Hochzeit an ihr, an ihnen allen, vorbeigegangen.

Valeria selbst passierte gerade die Theke der Taverne, an der spät abends keine Lieder aus Castandor mehr gesungen, sondern Hymnen Walleydors angestimmt wurden. Lobpreisungen und Jubelrufe auf König Charles ließen das Bier, wenn Krug an Krug gestoßen wurde, überschwappen. Ergeben wischte Valeria das Bier weg, demütig wrang sie den Lappen aus. Aber sie war so unglaublich wütend.
Ihr Weg führte zu dem kleinen Pferch außerhalb der Taverne, in der zwei Ziegen weilten und ein paar Hühner. Zunächst sammelte sie die gelegten Eier in einen Korb und streute dann das Futter aus, die Hühner wetzten mit ihren dürren Beinchen gierig darauf zu und begannen, die Körner eifrig zwischen der Streu herauszupicken, aber auch die Ziegen hießen ihr Abendessen hungrig willkommen. Nacheinander molk Valeria die Ziegen und kehrte anschließend mit dem Korb Eiern und dem Eimer warmer, frischer Milch in die Gaststube zurück. Sie würde bald voll werden, würde sich füllen mit so vielen, fremden Gesichtern.
Zwei davon traten just in dem Moment, in welchem Valeria den Eimer und den Korb auf der Theke abgestellt hatte, durch die Tür. Ein Mann und eine Frau (seine Frau?), die beide eines Lächelns entbehrten. Auch das hatte sich verändert. Stille war eingekehrt in Eastergold Meadows Straßen und die Fröhlichkeit… Vermutlich war sie mit den meisten Bewohnern geflohen. Valeria rang sich zu einem kurzen Nicken durch, ehe sie sich erneut zur Theke umdrehte.
„Ich habe frische Milch. Ein Glas, je?“, fragte sie, ging um die Theke herum, wobei sie ihren Blick starr auf die noch saubere Oberfläche gerichtet hielt, und bückte sich dann nach den Bechern. Es widerstrebte ihr, ihr Tonfall ließ es erkennen, aber für Zosia und die Taverne, bemühte sich Valeria zu verkaufen, an den Mann und an die Frau zu bringen, was sie sonst auch angeboten hatten. Nur ihre Freundlichkeit bot sie nicht derart billig feil.
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Zora Novák
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#2
Vieles hatte sich verändert seitdem Eastergold Meadow nun ein Teil des Frühlingslandes war. Die Stimmung in der Stadt war ziemlich angespannt und es war ungewohnt still. Etwas, dass durchaus beunruhigend sein konnte. Zora war sich nicht sicher was sie von alle dem halten sollte. Erst Recht als sie die Auswirkungen der Eroberung sah. Natürlich brachten eine Eroberung und ein Krieg Zerstörung und Verletzung mit sich, aber sie hatten so lange Frieden. Die Frage nach dem Warum drang immer wieder an ihre Ohren.

Natürlich fragten sich das die Leute. Natürlich taten sie das und ihr erster Impuls war es etwas für die Menschen in der Stadt zu tun. Doch es gab keine Arbeit. Niemand wollte ihre Dienste. Immer wieder wurden sie abgewiesen, sodass ihr schlussendlich eine andere Idee in den Sinn kam.
"Lass uns ein wenig gute Laune verbreiten", bot sie ihrem Bruder Marek an und bat ihn darum ein Lied anzustimmen. Dann tanzte sie etwas dazu. Ein paar Menschen liefen an ihnen vorbei, andere blieben kurz stehen um sie zu beobachten. Manche von diesen gingen weiter. Noch immer fühlte sich die Stimmung nicht all zu gut an, aber man musste etwas tun um sie zu verbessern.

Zora hoffte zudem auch dass die Menschen hier ihnen trotz allem ein klein wenig Geld beisteuerten für die Musik und den Tanz. Jedoch war dieses Vorhaben nicht sonderlich erfolgreich. Nach dem dritten Lied wurden sie rüde unterbrochen und um Platz gejagt. Die Novák seufzte frustriert. Sie warf ihrem Bruder einen Blick zu.
"Sieht so aus als würden wir hier keinen Erfolg haben. Lass uns in der Taverne kurz rasten und dann überlegen wie es weitergeht", schlug sie ihm dann vor. Viel andere Möglichkeiten hatten sie ihrer Meinung nach auch nicht. Gemeinsam suchten sie also die Taverne auf und betraten diese. Zora sah sie sich kurz um. Sonderlich einladend sah es hier nicht aus. Was sie aber vernahm waren die frühlingsländischen Lieder die angestimmt wurden.

Trotz aller Stimmung lächelte sie leicht und zog Marek mit Richtung Theke. Auch hier fehlte von Fröhlichkeit und guter Laune jede Spur. Es war einfach nur tragisch das miterleben zu müssen.
"Guten Tag. Ja ein Glas Milch wäre sehr schön vielen Dank", äußerte sie und sah wieder zu ihrem Bruder. Milch war in Ordnung?
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Marek Novák
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#3
Marek hatte die Geige unter den Arm geklemmt, als er neben seiner Schwester durch die Straßen von Eastergold Meadow schritt. Die Stadt, die einst vor Lebendigkeit und Trubel überquoll, war kaum wiederzuerkennen. Die einst farbenfrohen und lebhaften Gassen waren jetzt erfüllt von einer bedrückenden Stille, die sich schwer über die Menschen legte. Hier und da waren noch Spuren der Verwüstung zu sehen: eingestürzte Dächer, zerschlagene Fenster, die immer noch nicht ersetzt worden waren. Doch es war nicht nur das physische Bild der Zerstörung, das Marek störte – es war die allgemeine Stimmung, die tief verwurzelte Melancholie, die sich wie ein grauer Nebel über die Straßen gelegt hatte.

Er beobachtete die wenigen Menschen, die sich durch die Stadt bewegten, mit stoischem Gesicht und gesenktem Blick. Die Bevölkerung hatte sich verändert. Viele alteingesessene Bewohner waren geflohen, hatten alles hinter sich gelassen und waren über die Grenze nach Castandor gezogen, in der Hoffnung, dort ein sichereres Leben zu führen. An ihrer Stelle traten nun neue Gesichter auf – Menschen aus Walleydor, die nach der gewaltsamen Eroberung hergezogen waren, um ein besseres Leben zu suchen. Sie hofften, von dem neuen Status der Stadt als Teil des Frühlingslandes zu profitieren.

Marek seufzte. Die Nováks hatten es längere Zeit vermieden, in diese Stadt zurückzukehren, und sich vor allem im neutralen Farynn aufgehalten. Doch nun, da sich die Wogen ein wenig geglättet hatten und zumindest ein Hauch von Normalität eingekehrt war, und da es in Eastergold Meadow den größten Markt mit der besten Auswahl gab, hatten sie sich schließlich entschieden, der Stadt wieder einen Besuch abzustatten. Der Clan hatte sein Lager außerhalb der Tore aufgeschlagen, doch die beiden Geschwister hatten es auf sich genommen, in die Stadt zu gehen – sowohl, um die Lage auszukundschaften als auch um vielleicht ein wenig Geld zu verdienen.

Während sie durch die Straßen schlenderten, ließ Marek die Hand kurz über den Rand seiner Geige gleiten. Musik hatte ihm immer geholfen, die Sorgen des Alltags zu vergessen, und vielleicht – nur vielleicht – könnte sie heute auch den Menschen hier ein kleines Lächeln auf die Lippen zaubern. Aber tief in seinem Inneren wusste Marek, dass es hier um viel mehr ging als nur um ein paar Münzen und Lieder. Es ging darum, ein Stück der alten, verlorenen Lebendigkeit wiederzufinden.
„Schau dir das an, Zora“, sagte er leise, seine Augen wanderten über die leeren Häuser und die fremden Gesichter, die ihnen entgegenkamen. „Es ist fast, als wäre die Stadt nicht mehr dieselbe. Selbst die Luft fühlt sich anders an.“ Er spürte den schweren Blick seiner Schwester auf sich, die diese Worte mit einem kurzen Nicken bestätigte.

Sie stellten sich am Rande des Marktplatzes auf, und Marek legte seinen Hut auf den Boden, bevor er ein schwungvolles Stück auf seiner Geige anstimmte. Zora begann, sich dazu elegant im Takt zu bewegen. Einige Passanten hielten kurz inne, warfen einen flüchtigen Blick auf das Geschwisterpaar, doch die meisten gingen schweigend und in Gedanken versunken weiter, ihre Gesichter von Sorgen gezeichnet. Noch bevor das dritte Lied endete, tauchte eine Stadtwache auf und wies sie unmissverständlich an, den Platz zu verlassen.

Offensichtlich hatte die Stadt kein Interesse an fröhlicher Musik. Marek begegnete Zoras enttäuschtem Blick und nickte, als sie vorschlug, in eine der Tavernen zu gehen. Oft waren diese Orte nicht nur Rückzugsorte für müde Seelen, sondern auch eine Quelle für die neuesten Gerüchte und Informationen. So könnten sie wenigstens ihrem Vater berichten, ob es sich überhaupt noch lohnte, in Eastergold Meadow zu bleiben – und vielleicht Neues über den Krieg erfahren, der die Leute in Aufregung versetzte.

„Einverstanden, und wir können uns sogar ein Getränk leisten, Schwesterherz“, flüsterte Marek mit einem schelmischen Lächeln und ließ den Beutel in seinem Ärmel leise klimpern. „Wenn die Leute nichts freiwillig hergeben, muss man eben manchmal etwas nachhelfen.“

In der Taverne angekommen, fiel ihnen sofort die bedrückende Stimmung ins Auge, die sich wie ein Schatten über den Raum gelegt hatte. Zora führte Marek zur Theke, hinter der eine junge Frau stand, die ihnen mit wenig Begeisterung ein Glas frische Milch anbot. Zora nahm es dankbar an, aber Marek lehnte sich lässig an den Tresen und ließ seinen Blick durch den Raum schweifen, der wohl kürzlich erst renoviert worden war. Der Versuch, dem Ort einen neuen Anstrich zu verpassen, schien jedoch vergebens – die trübe Atmosphäre war geblieben.

Mareks Blick glitt zurück zu der Frau hinter der Theke, die stur auf die blanke Holzplatte starrte, als wäre dort etwas von besonderem Interesse zu entdecken. Mit einem charmanten Lächeln sagte er: „Nun, Sonnenschein, hast du nicht vielleicht etwas Stärkeres? Bei der ausgelassenen Stimmung hier“, er deutete mit einer weiten Geste auf die schweigsamen Gäste, „kann man es ja kaum anders ertragen.“
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Valeria Lucini
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#4
Lang blieb Valerias Blick nicht starr auf den Tresen geheftet. Denn etwas – jemand – zerrte an ihrer Aufmerksamkeit, für die sie ihr grünes Augenpaar anhob, um in den Vermutungen, die aus ihrem Instinkt rührten, bestätigt zu werden: Der Fremde hatte sich lässig an den Tresen gelehnt, als wäre er sein. Als wäre dieser Tresen ein Tresen, zu dem er an jedem Abend kehrte, nachdem er sein Tagwerk vollbracht hatte. An dem er getrunken, gelacht und möglicherweise auch ein Mal geweint hatte. Als wäre er ein Vertrauter der Familia Marsili. Schlagartig stellte Valeria ihren Gang um den Tresen, diesen anbetungswürdigen, weil ungemein verlässlichen, Tresen, ein und kehrte wieder zurück an ihren Platz dahinter. Jedoch lediglich für einen Moment, den die fremde Frau ausnützte, um ihre Zustimmung zu dem Angebot zu bekunden. Ein Glas Milch sollte es für sie sein, was auf Valerias Gesicht ein ergebenes Lächeln der Bestätigung erscheinen ließ. Den Wünschen der Dame würde sie umgehend nachkommen, zuvor jedoch…
Valeria ergriff den Lappen, der noch etwas feucht war, mit einer Hand und trat behände wieder hinter dem Tresen hervor, als der mit einer überbordenden Selbstgefälligkeit ausgestattete Herr Valerias Angebot ausschlug. Stattdessen wollte er von ihr – Sonnenschein – etwas Stärkeres für die ausgelassene Stimmung und eifrig deutete ein Arm in die Richtung des leeren Schankraums. Es war der Augenblick, in welchem Valerias Herz einen Schlag lang aussetzte.

Wollte er sie verhöhnen?
Der Abstand ihrer Brauen verjüngte sich, sie spürte leichten Zorn in sich aufwallen und ihre Hand begann, den Lappen in eifrigen Kreisen über die Oberfläche der Theke zu ziehen. Genauer gesagt: in Achten. Zosia hatte ihr das so beigebracht, denn lediglich mit einer Acht – und Valeria wusste dank ihrer rudimentären Schulbildung, wie eine Acht auszusehen hatte, und wie man sie von einem B mit nur einem flüchtigen Blick unterscheiden konnte – ließen sich Schlieren vermeiden. In Achten, das war wiederum Valerias eigene Erkenntnis, lag auch die Unendlichkeit. Unendliche Kreise, die sie über den Tresen in den Jahren ihres Daseins gezogen hatte, oder mit dem Mopp über den Boden, um die Hinterlassenschaften einer wirklich ausgelassenen Stimmung randlos zu beseitigen.
„Wir haben auch Stärkeres“, sagte die junge Frau, die einen sich vergewissernden Blick auf die Fremde warf, deren Mann sich nicht besonders viel um die Gepflogenheiten innerhalb einer Taverne zu scheren schien oder – und das konnte auch gut der Fall sein – der es gewohnt war, alles an sich zu reißen, was er für sich ausbedingt hatte, dass es das Seine sein müsste. Die Frau schien noch recht jung und ihr Gesicht hatte lebhafte Züge. Die schlanke Linie ihres Halses wirkte nicht dürr, ausgehungert, ebenso wenig wie der Rest ihres Körpers, um den sich ihr Kleid schmeichelnd schmiegte. Es ließ erkennen, dass die Fremde zwar nicht Unmengen an Nahrung zu sich nahm, aber genug, und es ließ ebenfalls erkenne, dass sie es gewohnt sein musste, ihren Körper zu bewegen und vermutlich wusste sie auch genau, wie. Von selbst wanderte Valerias Blick zu der Geige in der beinahe grazilen Hand des Mannes. Seine Frau würde dazu also – tanzen?
Das fahrende Volk. Sie hatten hoffentlich genug Münzen dabei, um das Stärkere auch bezahlen zu können, denn sonst…
Valerias kreisende Bewegungen wurden raumgreifender. Schlussendlich stießen ihre Finger, die den Lappen umschlossen hielten, immer noch kreisend an den Ellenbogen des Mannes, der an der Theke lehnte, und sie ließ erkennen, dass sie mit ihren Wischbewegungen nicht aufhören würde. Dafür konnte sie nun sein Lächeln ehrlich erwidern. Es zwang die Fältchen an ihren Mund- und Augenwinkeln dazu, sich zu vertiefen.
„Ein Glas Milch und ein Glas Branntwein vielleicht? Oder doch lieber zwei Gläser Branntwein?“, erkundigte sich Valeria, die bisher den Blick des Fremden gesucht und gefunden und das Braun seiner Augen beharrlich gemustert hatte, ihn nun aber wieder zurück zu der Frau gleiten ließ.
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Marek Novák
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#5
Die junge Frau hinter dem Tresen schien aus ihrer Lethargie zu erwachen, als Marek nach etwas Stärkerem fragte. Ein Paar unglaublich grüner Augen richtete sich auf ihn, als wollten sie herausfinden, was genau er mit seinem Spruch, die ausgelassene Stimmung betreffend, meinte. Ihre Brauen zogen sich zusammen, und mit einer unerwarteten Entschlossenheit griff sie nach dem Lappen und begann, das Tresenholz zu polieren – in solch hektischen Achten, als hinge ihr Leben davon ab.

Marek spürte, wie Valeria ihn und Zora intensiv musterte. Ihr Blick verriet, dass sie sich Gedanken über die beiden machte, und er ahnte, dass sie ihre Schlüsse zog. Die Geige, die er stets bei sich trug, und seine abgetragene, aber keineswegs bäuerliche Kleidung schienen ihre Vermutungen nur zu bestätigen. Es war offensichtlich, dass sie nicht von hier waren. Wahrscheinlich überlegte sie, ob er in der Lage wäre, zu bezahlen, oder ob sie vielleicht eher befürchten musste, bestohlen zu werden. Die Nováks waren Misstrauen und Vorurteile gewohnt, auch wenn diese in manchen Fällen durchaus berechtigt waren. Doch Marek ließ sich nichts anmerken. Ruhig und gelassen wartete er darauf, dass die junge Frau entweder seine Frage beantwortete oder sie ihn kurzerhand hinauswarf.

"Wir haben auch Stärkeres", murmelte sie plötzlich zwischen zwei Achten, wischte dabei verbissen weiter und streifte schließlich Mareks Ellbogen, der lässig auf dem Tresen ruhte. Doch das hielt sie nicht vom Wischen ab, sie wirkte fast entschlossener.
Ein breites Grinsen breitete sich auf Mareks Gesicht aus, und zu seiner Überraschung erwiderte die junge Frau sein Lächeln – wenn auch zögerlich. Marek hob seinen Ellbogen von der Theke, um ihr Platz zu machen, und schob ihr ein paar Münzen hinüber. „Bevor du mich hier ganz weggewischt hast, hätte ich gerne ein Glas Branntwein. Ich denke, meine Schwester bleibt lieber bei Milch, oder?" Er zwinkerte Zora zu und schenkte Valeria dann wieder sein freches Lächeln. Seine Augen funkelten verschmitzt, als er hinzufügte: „Und noch was, Sonnenschein – schöne Augen hast du. Steht dir gut, wenn du lächelst. Solltest du öfters tun."

Er ließ sich betont lässig auf einen Barhocker nieder und lehnte sich zurück, um die Situation in vollen Zügen zu genießen. Doch kaum hatte er sich bequem eingerichtet, hörte er das Knarren des Hockers unter sich, und im nächsten Moment gab das Möbelstück nach. Marek landete mit einem dumpfen Aufprall auf dem Boden. Ein paar Gäste warfen ihm belustigte Blicke zu, und das eine oder andere Kichern konnte er hören. Wenigstens hatte er zur allgemeinen Unterhaltung beigetragen und die Stimmung ein klein wenig aufgelockert. Zudem war seine Geige zum Glück unversehrt geblieben.

Marek klopfte sich lachend den Staub von der Kleidung und richtete sich wieder auf. Er hob den kaputten Hocker auf, drehte ihn prüfend hin und her und inspizierte das abgebrochene Bein. „Also wirklich," bemerkte er mit gespielt empörtem Ton, schnalzte mit der Zunge und schüttelte den Kopf, „da hat wohl jemand beim Zusammenbauen ordentlich gepfuscht."
Er hielt den Hocker Valeria entgegen und nickte ihr freundlich zu. „Ich bin zwar kein Zimmermann, aber ich kann das Ding wieder in Schuss bringen, wenn du das richtige Werkzeug hast. Oder – wenn du ihn für einen Tag entbehren kannst – nehme ich ihn mit und bringe ihn dir morgen heile zurück. Sonnenschein."
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Zosia Marsili
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#6
Na toll, kaum ein neuer Gast im Schankraum und schon das erste Missgeschick! Musste er sich auch unbedingt auf den wackligsten aller Hocker setzen? Aber ehrlich gesagt war den meisten Stühlen und Hockern ein Mindesthaltbarkeitsdatum vorherbeschienen. Das hatte Zosia schon gesehen, als die Möbelstücke geliefert worden waren. Das hatte man davon, wenn man einem Adeligen die Entscheidung über die Handwerkerauswahl überlassen musste. Woher sollte der Schnösel in seinem Schloß auch wissen, welcher Tischler ordentlich arbeitete und welcher nicht? Sie kannten doch keinen der Gewerkler hier vor Ort, waren Fremde in der Stadt, die sie erobert hatten. Und nun hatte Zosia den Salat. Was nutzte es ihr denn nichts zahlen zu müssen, wenn sie dafür schrottige Möblage nutzen musste. Am Liebsten hätte sie dem Fielding-Fürsten um die Ohren gehauen und sich wohl oder übel an ihren Onkel gewandt. Der wusste die Taverne wenigstens zu schätzen und wollte sie blühen sehen. Vielleicht war es ja doch keine so schlechte Idee sich einem der Cousins anzudienen. Eine Ehe aus Nutzen konnte doch nicht so schlimm sein, besser als dieses Gerümpel da allemal!

"Ist was passiert?" tauchte die Wirtstochter auf der Treppe zum Obergeschoß auf. Mit geübt prüfendem Blick erfasste sie schnell die Situation und musterte die Neuankömmlinge eingehend. Mit einem Tablett in den Händen, auf dem ein Krug, ein Becher und ein leerer Teller mit ein paar Bröseln drauf standen, kam sie weiter hinunter in das Getümmel der Taverne. Sie war froh, dass ihr Vater zumindest ein leeres Stück Brot und ein bisschen Zitronenwasser getrunken hatte. In den letzten Tagen ging es ihm wieder schlechter und sie konnte einfach nicht herausfinden wieso. Blass war er geworden, besonders um die Nase, und auch der lebhafte Glanz in seinen Augen wurde immer trüber. Auch wenn Zosia die Hoffnung auf Heilung nicht aufgeben wollte, so war da doch tief in ihrem Herzen eine drohende Ahnung, dass hier kein fröhliches Ende zu erwarten war. Aber das wollte sie noch nicht wahrhaben. Einzig, dass keine Wanderheilerin zu fassen war, das ärgerte sie doch immens. Eigentlich eine Frechheit, dass kaum eine solide, sesshafte Krankenversorgung in einer Stadt wie Eastergold Meadow eingerichtet werden konnte!

Auf der letzten Stufe wäre sie fast umgeknickt. Das hätte noch gefehlt, dass sie, die Herrin im Hause, tollpatschig mit schepperndem Geschirr auf den Boden gerauscht wäre! Das wäre noch die Krönung eines ohnehin schon vollkommen nervigen Tages! Gerade noch so konnte sie sich fangen, balancierte das leise klirrende Tablett begleitet von einem tiefen Durchatmen und wurstelte sich durch die Gäste, die zwar nicht zahlreich waren, aber selbst in geringer Menge eine Vorliebe dafür hatten, sich dekorativ in den Weg zu stellen.

Kaum am Tresen angekommen, fand das Tablett lautstark seinen Platz auf der Theke. "Na, ist das so deine Eigenart, einfach fremdes Eigentum zu ruinieren?" betrachtete sie neuerlich das seltsame Paar. Beide waren wohl von der fahrenden Art, das erkannte man schon an ihrem zusammengewürfelten Gewand. Und die Ähnlichkeit sprach dafür, dass es sich um zwei Geschwister handelten. Ein schneller Blick zu Valeria, die wie immer eine Miene wie drei Monate Regenwetter zog. Sie musste wirklich aufhören so bedrückt zu sein, oder, sie konnte es ja ruhig sein, nur zeigen brauchte sie es nicht so deutlich, wenn sie nicht alle Gäste verkraulen wollte. "Ein geschicktes Verhandlungsgespräch. Erst macht ihr etwas kaputt und dann bietet ihr eure Dienste an? So kann man auch zu ein paar Aufträgen um gutes Geld kommen!" das Augenrollen konnte sie sich nicht verkneifen. Generell war sie ja keine, die sich groß mit Vorurteilen herumquälte. Gast war Gast, solange er zahlen konnte kümmerte es sich nicht wer er war, woher er kam oder was er etwa verbrochen hatte. Dennoch haftete den Vagabunden ein gewisser Ruf an und nach der feindlichen Übernahme der Stadt war Zosias ausgewachsene Skepsis nur noch prominenter geworden.
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Valeria Lucini
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#7
Lächeln? Sie lächelte doch! Für gewöhnlich lächelte Valeria unentwegt. Sie hatte ja auch keinen Grund, traurig zu sein. Zumindest hatte sie keinen gehabt, solange ihr Leben noch in Ordnung gewesen war. Sie hatte in Zosias Familie Menschen gefunden, die sie liebte und schätzte, die gut zu ihr waren. Sie mochte ihre Arbeit und den Alltag, den sie bestritt. Sie mochte die Menschen in Eastergold Meadow, welche gern und regelmäßig in die Taverne einkehrten – oder eingekehrt waren. Denn es waren die Veränderungen, welche Valeria dazu gezwungen hatten, sparsamer mit ihrem Lächeln umzugehen. Bisher hatte sie nichts zu fürchten brauchen, aber mittlerweile war die Vorsicht zu ihrem ständigen Begleiter geworden. Es war enervierend. Und daher erschien es ihr sinnlos, ausgerechnet zu Fremden freundlich zu sein.
Dennoch haftete das Lächeln auf ihren Lippen unerschütterlich. Sonnenschein…
Die Münzen, die der Mann mit seiner Geige auf den Tresen legte, vereinfachten es Valeria, sich nach hinten umzudrehen und zwei Gläser zu nehmen. Sie griff außerdem zielsicher nach dem Branntwein, dessen Korken sie mit einem typischen Geräusch aus dem Hals der Flasche zerrte. Kaum war es allerdings verklungen, erfüllte ein unglückverheißendes Krachen den Tavernenraum und in dem Schauer, der sich über Valerias Körper ausbreitete, drehte sich die junge Frau erneut um – gerade rechtzeitig, sodass sie Zeugin davon wurde, wie sich der Fremde unter dem Spott der Anwesenden aufrappelte.
Was, bei Heofader, hatte er gemacht?

Nicht weniger beunruhigend war das Klappern von Geschirr, durch welches Valeria ihren Kopf herumriss und Zosia am Ende der Treppe auf sie zustolpern sah. Ihr Körper versteifte sich, ihre Muskeln spannten sich an, bereit ihrer teuren Freundin zu Hilfe zu eilen, aber glücklicherweise gelang es Zosia, sich zu fangen, und sogleich eine bedeutende Frage zu stellen. War etwas passiert?
Valeria lenkte ihren Blick auf den Fremden, der nun vor ihr stand, den kaputten Barhocker in beiden Händen, ein Grinsen unverwüstlich auf seinen Lippen. Skeptisch erhob Valeria eine ihrer Brauen und verlieh dem Ausdruck auf ihrem eigenen Gesicht eine nachdrückliche Note, durch welche sich der Mann des fahrenden Volkes veranlasst sah, über das Mobiliar zu schimpfen und seine eigenen Fähigkeiten und Fertigkeiten im selben Atemzug in den Himmel zu loben. Mit jenen wusste Valeria nicht viel anzufangen, sie wusste allerdings, dass sie ohnehin nicht die Befugnis hatte, über solche Dinge zu entscheiden. Jene oblagen Zosia.

„Zosia“, begehrte Valeria leise flüsternd auf, nachdem ihre Freundin ihrer Pflicht nachgekommen war und den Fremden für sein Verhalten gemaßregelt hatte, „der Stuhl war wirklich… nicht stabil.“ Sie wollte einem Unschuldigen jedenfalls keine Böswilligkeit unterstellen, mochte er ihr sympathisch sein, oder nicht. Und sie wollte noch viel weniger, dass Zosia dies tat. Zosia war für Valeria ein Vorbild in Diplomatie und sie verehrte ihren scharfen Verstand. Und sie wusste, dass es keinen Sinn hatte, auf einen Mann des fahrenden Volks wütend zu sein.
Bald genug würde er weitergezogen sein.
Aber weil Valeria auch nicht wollte, dass Zosia auf sie wütend war, widmete sie sich der Milch für die Frau, die sie nun ebenfalls in ein Glas goss.
Beide Gläser stellte sie anschließend auf den Tresen und ihr fiel etwas ein, das sie in dem Durcheinander beinahe vergessen hatte. „Ist deine Geige heil geblieben?“, fragte sie an den Mann gerichtet, obwohl sie ihren Blick auf den Tresen gerichtet hielt.
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Marek Novák
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Marek beobachtete die Frau, die die Treppe hinabstieg und sich mit entschlossener Miene an die Theke gesellte. Mit einem lauten Klirren stellte sie das Tablett ab, und es war sofort klar, dass sie die Besitzerin dieser Taverne war - und alles andere als begeistert, ihn und Zora hier anzutreffen. Ihre scharfe Bemerkung über den Hocker ließ er mit einem schiefen Grinsen auf sich wirken. Der skeptische Blick, den sie ihm zuwarf, traf ihn direkt, doch er ließ sich nicht beirren. Die Wirtin hatte offensichtlich Zweifel an ihm und seiner Begleiterin, doch genau das schien ihn nur noch mehr zu amüsieren und herauszufordern. Ein funkelndes Glitzern trat in seine Augen, als er den Hocker wieder zur Seite stellte und sich entspannt zurücklehnte.

„Ah, ich sehe, du bist eine scharfsinnige Dame“, sagte Marek mit einem leichten Schmunzeln, als sie seine vermeintliche „Verhandlungsstrategie“ ansprach. „Aber ich muss dich enttäuschen. Meine Dienste bewegen sich eher in den weniger gefährlichen Gefilden. Vielmehr suche ich nach einem guten Gespräch und einem ordentlichen Trunk. Was den Hocker betrifft… das war wirklich nur ein Missgeschick. Kein Plan, keine Absicht – einfach ein unglücklicher Zufall.“

Er deutete auf Zora, die bis dahin ruhig die Szenerie beobachtet hatte. „Meine Schwester und ich, wir sind nur zwei durstige Reisende, die eine kleine Rast in dieser einladenden Schenke einlegen wollten. Nichts weiter.“

Der Argwohn in Zosias Blick war nicht zu übersehen, doch es beunruhigte ihn nicht. Als Vagabunden waren sie stets mit Misstrauen konfrontiert, und Marek hatte gelernt, damit umzugehen. Besonders von Menschen wie ihr, die das Leben wahrscheinlich mit einer gewissen Vorsicht betrachteten – vor allem nach allem, was in Eastergold Meadow unter dem Angriff des Frühlingslandes geschehen war. „Jeder Mensch trägt seine eigene Geschichte mit sich. Und manche von uns sind eben nur auf der Durchreise.“

Als Valeria ihm schließlich das Glas Branntwein auf den Tresen stellte und Zora die Milch, fragte sie nach der Geige. Marek trank einen Schluck aus seinem Glas, dann nahm das Instrument in die Hand, drehte es prüfend und nickte dann. „Zum Glück hat die Geige den Sturz gut überstanden. Sie ist wirklich ein robuster Kasten, wenn du mich fragst. Keine Sorge, der Hocker wird auch wieder in Ordnung kommen. Ich krieg’ das schon hin. Vielleicht gebe ich dem Tischler einen kleinen Hinweis, wie man stabilere Möbel baut.“ Er trank einen weiteren Schluck und lächelte Valeria dann an. „Ich danke dir für das Getränk. Es scheint, als würdest du mir doch noch den Abend retten.“ Er betrachtete sie einen Moment lang, dann tippte er sich an die Krempe seines Huts. „Ich bin übrigens Marek und das ist meine Schwester Zora“, fügte er mit einem Zwinkern hinzu. „Und wie nennt man dich, Sonnenschein?“
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