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The breaking of a wave cannot explain the whole sea.
20.10.1016 - 17:00
Kenmara
Remus Prudenius Caragh Macnamara

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Remus Prudenius
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#1
The breaking of a wave cannot explain the whole sea.

Es begann bereits zu dämmern als der junge Söldner Kenmara erreichte. Die salzige Luft der See füllte seine Lungen und erinnerte ihn an seine Heimat - Castandor. Lange hatte er nicht mehr an seine Wurzeln gedacht, hatte sich geflissentlich in seine Aufträge gestürzt, war immer weiter gezogen, weiter fort - insgeheim nach seinem Bruder suchend. Doch manchmal vergaß er die Suche und verlor sich in dem abenteuerlichen Land welches er bereiste. Ließ sich von den großen und kleinen Wundern der Natur begeistern. Sei es eine sternenklare Nacht, das Rauschen der Wellen oder dem simplen Farbenspiel am Himmel, wenn sie Sonne sich gen Horizont neigte. Die Einsamkeit kam ihm mittlerweile nicht mehr wie eine Last vor, sondern viel mehr wie ein Geschenk, auch wenn er dadurch öfter Mal in der Stille seiner Gedanken gefangen war. Es zwang ihn, sich mit ihnen auseinander zu setzen, mit der Frage, was er für sein Leben wollte. Doch eine Antwort hatte er bisher nicht auf diese Frage gefunden.
Remus streifte durch die Gassen, musterte die niedrig gebauten Häuser, das warme Licht der Feuer das aus den Fenstern drang. Die letzten Einwohner kamen vom Markt mit ihren Einkäufen zurück, wurden an den Haustüren von ihrer Familie empfangen. In manch einer Ecke sah man einen Obdachlosen sitzen, in Lumpen gehüllt und der bitteren Kälte standhaltend, die sich in den abendlichen Stunden über das Land legte. Eine Katze lief mit einer Ratte im Maul über eines der Dächer und warf einen langen Schatten im Licht der untergehenden Sonne. Remus sollte sich eigentlich langsam nach dem Wirtshaus umsehen, ein Zimmer mieten und den Tag am Waschbecken von sich waschen.

Doch seine Beine führten ihn, wie von Schicksalshand geleitet, an den Hafen. Zu den riesigen Walfischfangschiffen, die vor Anker lagen. Sein Atem kondensierte in der kühlen Luft und er selbst merkte, dass er sich wohl auch bald einen etwas dickeren Wams zulegen würde müssen. Hatte er eigentlich jemals darüber nachgedacht das Meer zu bereisen? Die hellen Augen des Söldners tasteten den Horizont ab, während er sich gegen einen breiten Holzpfahl lehnte, der die Docks säumte. Ob Leander auf diese Idee gekommen war? Die rauen Lippen verzogen sich zu einer nachdenklichen Linie, ehe eine Bewegung im Augenwinkel seine Aufmerksamkeit auf sich zog. Eine recht hochgewachsene, schwarzhaarige Frau war gerade im Begriff sich von dem Hafen zu entfernen und für einen Moment hatte Remus das Gefühl, als würde er sie kennen. Was sehr unwahrscheinlich war, denn er war - bis auf ein oder zwei Mal mit seinem Vater - nicht im Herbstland gewesen.
Dennoch.. das ebenholzfarbige Haar, die schlanke Gestalt und das doch recht markante Gesicht weckten eine Erinnerung in dem jungen Prudenius. Er stieß sich mit einem Ausdruck von Überraschung von dem Pfahl ab, schulterte wieder seinen Reisebeutel und trat auf die Frau zu. "Bei allem was mir heilig ist... Caragh?", erstaunen wie auch scheu stahl sich in das graublau seiner Augen.
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Caragh Macnamara
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#2
Caragh ging nicht oft durch das Hafenviertel spazieren, genau genommen nur dann, wenn sie ihre Eltern besuchte, die in einem der größeren Kaufmannshäuser in einer der besseren Straßen wohnten. Sie hatte ihren Vater anlässlich seines Geburtstages besucht, pflichtschuldig wie es sich gehörte. Sie pflegte kein besonders inniges Verhältnis zu ihren Eltern als eines von sieben Kindern, das noch dazu bereits im Alter von sieben Jahren der Obhut des Hauses der Jungfrauen übergeben wurde, um zur Priesterin ausgebildet zu werden. Es war andererseits aber auch nicht so, dass sie ihren Eltern gegenüber einen Groll hegte, ganz und gar nicht. Sie spielten in ihrem Leben einfach keine große Rolle. Sie erfüllte ihre Pflicht und tat, was von ihr erwartet wurde, ohne Eifer, aber auch ohne Abneigung.

Im Licht der Abendsonne machte der Hafen einen geradezu pittoresken Eindruck, was man gar nicht vermuten würde, wenn man ihn tagsüber sah mit seinen Menschenmassen und der regen Betriebsamkeit. Sie war froh, dass die meisten Menschen ihr Tagewerk schon vollbracht hatten und man nicht mehr Gefahr lief, dass einem ständig Leute auf die Füße traten. Der Tag war ungewöhnlich warm gewesen, weshalb sie bisher ausnahmsweise darauf verzichtete, die Kapuze von ihrem Wollcape aufzusetzen. Wenn die Tage kürzer und kühler wurde, sah man sie draußen selten mit unbedecktem Haupt, sondern immer eingehüllt in die wärmende Kapuze, die ihre Haare und einen Teil ihres Gesichtes verbarg, so dass sie nur noch von Menschen sofort erkannt wurde, mit denen sie gut bekannt war.

Als vom Meer eine unangenehm kühle Brise kam griff sie dann auch mit beiden Händen nach der Kapuze, hielt aber mitten in der Bewegung inne, da sie plötzlich ihren Namen hörte. Wer aber würde sie so dreist auf der Straße ansprechen, noch dazu mit ihrem Vornamen? Sie sah einen Mann auf sich zukommen, dessen Gesicht sie im ersten Moment nicht zuordnen konnte, doch dann fiel es ihr plötzlich ein. Remus Prudenius stand vor ihr, einer der Söhne der Kaufmannsfamilie Prudenius. Eine mit den MacNamaras befreundete Familie aus Castandor. Sie kannte die Familie, besonders Remus, von einigen Anlässen, bei denen man nette Gespräche führte. Das letzte Aufeinandertreffen lag aber bereits lange zurück, zehn Jahre bestimmt. In dieser Zeit verändern sich Menschen, manche mehr, manche weniger. Remus wollte zum Ritter ausgebildet werden, daran erinnerte sie sich, aber einen sehr ritterlichen Eindruck machte er da gerade nicht. Sie hätte ihn fast nicht erkannt, denn er wirkte eher wie ein gemeiner Soldat oder wie ein Seemann auf Landurlaub. Vielleicht würde sie ja noch mehr über ihn und seine momentane Lage erfahren, daher erwiderte sie seinen erstaunten Ausruf in einem freundlichen Tonfall. "Remus, das ist ja eine Überraschung! Es ist lange her!"
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Remus Prudenius
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#3
Er konnte nicht sagen, wie viele Jahre vergangen waren, seit sie sich das letzte Mal gegenübergestanden hatten, doch die Erinnerung an sie war ebenso lebendig wie damals, als er noch ein Junge war. Er erinnerte sich an die Tage, an denen er mit staunenden Augen die junge Frau beobachtet hatte, die sich einer geheimen und ehrwürdigen Ausbildung zur Priesterin zugewandt hatte. In seiner Welt war solch ein Leben undenkbar, ein fremdes Konzept, das nicht einmal in den kühnsten Träumen einer castandorischen Frau Platz hatte. Der Glaube, dem er diente, war fest wie eine Mauer, unerschütterlich in seiner Überzeugung, dass die Frauen nur hinter den Kulissen des Lebens wirkten, niemals an der Front der Macht oder des Wissens. Der Patriarchat war zu stark, zu allmächtig, als dass eine Frau je das Wort erheben oder eine Rolle spielen könnte, die jenseits des von Männern festgelegten Rahmens lag.

Und doch stand sie nun vor ihm, und in ihren Augen spiegelte sich eine Überraschung, die seine eigenen Gefühle widerspiegelte. Nur war sie gefasster. Freundlicher. Weniger plump. Es war ein Zufall, ein wahrhaft seltsamer Zufall, den das Schicksal für sie beide vorgesehen hatte, dass sie sich nach all den Jahren genau hier, an diesem Hafen im rauen Herbstland, wieder begegneten. Wie war sie wohl geworden? Hatte sie das ehrwürdige Amt der Priesterin erreicht? Oder hatte sich ihr Leben anders geformt, in eine Richtung, die sie vielleicht nie für möglich gehalten hätte? Und wie erging es ihrer Familie? Ihren Eltern? Ihren Geschwistern? So viele Fragen brannten in seinem Inneren, Fragen, die ihn wie ein Sturm zurück in die Vergangenheit rissen. In eine Zeit, in der er selbst noch von unermesslich großen Träumen sprach, als der Horizont weit und die Möglichkeiten endlos schienen.

Damals, als er noch ein Junge war, war der größte Traum, den er hegte, der des Ritters, der edlen Krieger, der sich an die Seite der Kaufleute stellte und auf den weiten, gefährlichen Wanderungen Schutz bot. Er hatte sich eine glänzende Rüstung und ein Schwert aus Stahl vorgestellt, ein Schwert, das die Ehre seines Volkes und die Sicherheit der Unschuldigen verteidigte. Doch jene Träume, die ihm als Jugendlicher so unendlich und verlockend erschienen waren, waren längst zu Staub zerfallen. Das Leben hatte ihn auf einen anderen Pfad geführt – einen dunkleren und härteren.
Doch er wusste, dass er nicht in Selbstmitleid versinken durfte. Es war nicht seine Art, sich von der Schwäche der Verzweiflung ergreifen zu lassen. Er hatte sich stets der harten Realität gestellt, und auch jetzt, im Angesicht dieses unerwarteten Treffens, würde er sich dieser nicht entziehen.

Er betrachtete sie – Natürlich war sie nicht mehr das junge Mädchen von einst, doch es war ein natürlicher Wandel, eine Reife, die ihr gut stand und ihr etwas Anmutiges verlieh. Im Gegensatz dazu wirkte er selbst, obwohl er weniger Jahre zählte, wie ein Mann, den der Zahn der Zeit viel härter angegriffen hatte. Gelebte Jahre, harte Jahre, die ihre Spuren hinterlassen hatten. Aber war das nicht der Lauf der Dinge? Die Zeit machte aus allem, was sie berührte, etwas anderes. Vielleicht waren sie beide nicht mehr die Menschen, die sie einst gewesen waren, doch auch in ihrer Veränderung lag eine eigene, stille Schönheit.

„In der Tat, ich war noch ein Knabe, als wir uns das letzte Mal begegneten“, sagte er mit ruhiger Stimme. „Ich hoffe, das Leben hat es gut mit dir gemeint.“ Ein Lächeln zog sich über seine Lippen, etwas deutlicher als zuvor. Sie wirkte jedenfalls nicht so, als hätte das Leben ihr schwer mitgespielt.



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Caragh Macnamara
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#4
Es war schon ein sehr merkwürdiger Zufall, dass Sie einander nach all den Jahren hier im Hafenviertel von Kenmara begegneten. Hätte sie sich nur einen Moment früher entschieden, die Kapuze von ihrem Cape aufzusetzen, wäre sie unerkannt an ihm vorbeigegangen. Oder war ihre Begegnung etwa Schicksal? Nur was könnte die Große Mutter damit bezwecken? Es war ja nicht so, dass dieser Remus Prudenius eine besondere Rolle in ihrer Vergangenheit gespielt hätte. Als Tochter einer Kaufmannsfamilie, als Priesterin und erst Recht als Hohepriesterin lernte man viele Menschen kennen, noch dazu bedeutendere als den Sohn einer anderen Kaufmannsfamilie, der Ritter werden wollte und es am Ende vermutlich nicht einmal geworden ist.

Das Leben hatte es in der Tat gut mit ihr gemeint. Etwas besseres als eine Laufbahn als Priesterin konnte einem als Frau kaum passieren, zumindest war das Caraghs Meinung. Um Welten besser war es als den Sohn einer befreundeten Kaufmannsfamilie zu heiraten um so die Geschäftsbeziehungen zwischen beiden Häusern zu stärken. Das Los einer Ehefrau war in Farynn auch kein grundsätzlich anderes als in den anderen Ländern. Man hatte keine andere Wahl als ein Kind nach dem anderen zu gebären bis man dafür zu alt war oder vorzeitig im Kindbett starb. Sie hatte im noch sehr jungen Alter von 18 Jahren ein Kind auf die Welt gebracht und diese Erfahrung wollte sie auf keinen Fall wiederholen. Es war ihr unbegreiflich wie ihre Mutter das ganze zehn Mal durchstehen konnte, sieben Kinder und drei Totgeburten. Ja, man konnte also sagen, dass das Leben es gut mit ihr gemeint hat.

"Ich bin zufrieden. Vor einigen Monaten wurde ich zur Hohepriesterin von Kenmara gewählt, als Nachfolgerin der alten Hohepriesterin, die letzten Winter verstorben ist." Wenn Remus ein wenig über die Religion Farynns Bescheid wußte, dann war ihm sicher bewusst, dass sie für eine Hohepriesterin ungewöhnlich jung war. Normalerweise erreichten erst Frauen Ende 30/Anfang 40 diesen Rang. Besondere Fähigkeiten und besondere Umstände kamen in ihrem Fall zusammen. Sie würde natürlich nicht sagen, dass der Tod der alten Hohepriesterin ein Glücksfall war, aber er hat sicherlich zu ihrem schnellen Aufstieg beigetragen.

"Wie ist es dir denn ergangen? Hast du deinen Traum verwirklicht und bist Ritter geworden oder hat das Schicksal dich auf einen anderen Pfad geführt? Augenscheinlich dürfte eher letzteres zutreffen. Aber davon würde er sicher erzählen, sollte er dazu geneigt sein.
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Remus Prudenius
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#5
Remus wusste nicht viel über die Religion der Einwohner Farynns, doch er wusste, dass selbst in seiner Heimat die hochrangigen Glaubensmänner selten jünger waren als Ende Dreißig. Dass sie bereits jetzt zur Hohen Priesterin ernannt worden war, schien besonders – beinahe wie eine göttliche Fügung. Waren es nicht stets die Außergewöhnlichen, die in solche Ämter berufen wurden? Die Weisen, die Starken, diejenigen, die das Schicksal selbst zu berühren schien? Ein leises, anerkennendes Lächeln spielte um seine Lippen, während er sie musterte.
„Das klingt... beeindruckend. Hast du damit die Träume deiner Jugend erfüllt?“, seine Stimme war warm, fast ehrfürchtig, als er die Frage stellte, bevor sein Blick in die Ferne glitt.

Die Straße vor ihnen lag zunehmend in Schatten, die Dämmerung hatte das Hafenviertel längst verschluckt. Das violette Blau der hereinbrechenden Nacht flutete das Hafenbecken wie eine Flutwelle aus Tinte. Die Schiffe auf den sanften, aber unbarmherzigen Wellen wirkten wie schlafende Giganten, herrenlose Bestien, die auf den Ruf zum Erwachen warteten. Nur in wenigen brannten noch Öllampen, deren schwaches, flackerndes Licht wie einsame Sterne in einer endlosen Dunkelheit schwebte. Ihre Frage, mit der er hätte rechnen müssen, ließ das Lächeln auf seinen Lippen verblassen, bis es nur noch ein Hauch war. Langsam löste er den Blick von den Schiffen, den Wellen, die so unermüdlich gegen die Kaimauer schlugen, und richtete ihn wieder auf die zierliche Gestalt an seiner Seite.
„Ich habe mich zum Ritter ausbilden lassen.“, begann er, seine Stimme ruhig, doch in ihr schwang ein leiser Anklang von Bitterkeit mit. Sein Blick glitt erneut in die Ferne, wo sich der Horizont wie eine unsichtbare Grenze spannte, ein Versprechen und eine Mahnung zugleich. Es war ein Horizont, den er nie überschritten hatte, ein fernes Irgendwo, das immer nur ein Traum geblieben war.

„Doch das Schicksal... hatte andere Pläne.“, seine Worte wurden schwerer, seine Augen dunkler. „Durch eine Verkettung unglücklicher Umstände war ich gezwungen, meine Heimat zu verlassen. Meinen Status. Alles, was ich war.“, er hielt kurz inne, als würde die Erinnerung selbst ihm die Luft abschnüren. „Seitdem lebe ich als Söldner.“
Die Ausbildung, die er einst als stolzer Knappe begonnen hatte, war sein Fluch und sein Segen geworden. Sie öffnete Türen – und versperrte zugleich den Weg zurück. Er war ein Mann, der für seine Fähigkeiten geschätzt, aber niemals geliebt wurde. Ein Fremder in jedem Land, ein Werkzeug in den Händen derer, die es sich leisten konnten.

Einen Moment lang hielt er inne, fast als würde er überlegen, ob er weitersprechen sollte. Schließlich hob er den Kopf, und seine Stimme nahm einen drängenderen Ton an: „Ist dir zufällig Leander in Farynn begegnet?“ die Frage hing schwer in der Luft, fast wie eine Beschwörung. „Ich suche ihn.“
Hinter der scheinbaren Ruhe in seinen Worten brodelte etwas Dunkles, ein nicht ausgesprochenes Wissen, ein Schmerz, der tief in ihm wühlte. Leanders Name war wie ein Schatten, der über ihnen schwebte. Wusste Caragh von dem Mord? Von dem Verbrechen, das Leander vor Jahren begangen hatte? Dem Verbrechen, das ihre Familie in Schande gestürzt und Remus’ Leben aus den Fugen gerissen hatte?
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Caragh Macnamara
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#6
Sie schien Remus offenbar sehr beeindruckt zu haben, das konnte sie ihm deutlich ansehen. Die Art, wie er seine Frage stellte, klang ebenfalls als würde er zu ihr aufschauen. Auch wenn sie immer sehr stolz war auf ihren Aufstieg von der Kaufmannstochter zur Hohepriesterin und engsten Vertrauten der Fürstin, fühlte sie sich doch ein wenig unwohl bei dem Gedanken, dass Remus dieses harte Schicksal erlitten hatte. Natürlich könnte man einwenden, dass viele Menschen ein objektiv schlechteres Leben führten als ein Söldner aber sie hätte es ihm sehr gewünscht, dass auch seine Träume in Erfüllung gegangen wären. "Ja, das Leben als Hohepriesterin hat definitiv seine Vorzüge. Ich möchte mir nicht vorstellen was sonst hätte passieren können wenn ich nicht die Laufbahn der Priesterin eingeschlagen hätte." Sie begann in einem scherzenden Tonfall ihr mögliches Schicksal auszumalen, in einem Versuch, die ein wenig gedrückte, ernste Stimmung zu vertreiben. "Wahrscheinlich hätte sich mein Vater mit seinem besten Geschäftsfreund getroffen und ausgemacht, dass ich einen seiner Söhne heirate. An wen ich da wohl geraten wäre mag ich mir nicht vorstellen. Nein, das Priesterinnenleben ist schon ein gutes Leben." Sie verzichtete darauf, weiter auszuführen, mit welchen Vorzügen ihre Stellung verbunden war. Ein gemütliches kleines Haus am Stadtrand, ein Zimmer im Fürstenschloss, die Freundschaft mit dem liebsten und besten Menschen, den man sich vorstellen konnte. Das alles würde nur dazu führen, dass Remus sich schlechter fühlte und sein Schicksal umso mehr verfluchte. Wahrscheinlich hatte er ohnehin ein grobes Bild vom üblichen Priesterleben. Der Klerus Heofaders dürfte eine ähnlich privilegierte Stellung innehaben.

Sie hörte ihm einfach nur zu ohne nachzufragen, welche unglücklichen Umstände sich da verkettet hatten. Sollte er das Bedürfnis haben, dies genauer zu schildern, würde er das sicher tun. Die darauf folgende Frage kam dann auch für sie ziemlich unvermittelt und sie schaute leicht irritiert. Was hatte sein größerer Bruder Leander denn mit dieser ganzen Geschichte zu tun? War er etwa verantwortlich für Remus' Schicksal? Sie kannte Leander nur sehr flüchtig, sie wurden damals natürlich einander vorgestellt und haben einige Worte gewechselt, aber nicht so viele, dass sie daraus Rückschlüsse über seinen Charakter ziehen konnte.
"Tut mir leid, bisher ist er mir nicht begegnet." Wahrscheinlich hätte sie ihn auch gar nicht erkannt, so blass war ihre Erinnerung an diesen Mann. Auf eine Nachfrage, warum er ihn sucht, verzichtete sie, auch wenn sie durchaus neugierig war. Doch die alte Hohepriesterin hatte ihr gelehrt, dass es oft zielführender sei, die Menschen reden zu lassen, statt immer wieder mit Rückfragen nachzubohren. So erfahre man am Ende dann doch mehr. Ob es aber auch in diesem Fall so sein würde?
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Remus Prudenius
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#7
Ein schmallippiges Lächeln schlich sich auf die Züge des Söldners, wie ein Schatten, der den Glanz längst vergangener Gespräche streifte. Gespräche, die ihm Frauen in Erinnerung riefen, deren Worte oft wie leise waren, dennoch getragen von einer unerschütterlichen Stärke. Ihre Stimmen sprachen von Ketten – unsichtbar und doch unnachgiebig – die sie an Traditionen banden, die sie mehr als Erhalterinnen von Blutlinien sahen denn als Schmiedinnen von Schicksalen.
Während Männer die Welt mit Krieg und Eisen formten, waren es die Frauen, die den Ruinen Leben einhauchten. Nicht mit der Rohheit von Muskelkraft, sondern mit einer Empathie, die tiefer reichte als jedes Schwert. In den verbrannten Feldern und stummen Städten, wo die Schatten der Schlachten noch schwärzer als der Rauch standen, waren es ihre Hände, die Wunden verbanden, ihre Worte, die den Herzen Hoffnung einflößten. Und in diesem Gedanken – bitter und zugleich bewundernd – lag eine Wahrheit, die den Söldner verstummen ließ. Vielleicht war die wahre Macht dieser Welt nie in Schwertern oder Kronen zu finden, sondern in den Herzen jener, die selbst im Angesicht der Dunkelheit noch Licht schenken konnten. Also war - selbst wenn das Schicksal der Frauen schon bei ihrer Geburt besiegelt war - ihre Aufgabe gehaltvoller und wichtiger als alles andere. "Vielleicht wärst du sogar eine Prudenius geworden.", witzelte Remus und erstickte die trüben Gedanken mit einem amüsierten Glanz in den hellen Augen. Dabei dachte er weniger an sich selbst, sondern viel mehr an seinen ältesten Bruder. Vermutlich hätten sie zusammengepasst, vielleicht aber auch nicht. Wer wusste das schon und im Endeffekt war es auch nicht wichtig. "Und was macht eine hohe Priesterin so den ganzen lieben langen Tag?", erkundigte er sich, sich unter der Berufung tatsächlich nicht all zu viel vorstellen können. Was vermutlich auch daran lag, dass er genauso wenig hohe Priester wie auch Priesterinnen in seinem Bekanntenkreis hatte. Ob sie sich auf die Sünden und schlechten Träume irgendwelcher Fremden anhören musste und Lösungen für Probleme finden sollte, die nicht die ihren waren?

Dass Leander nicht in der Gegend war, ließ Remus kaum überrascht nicken. Natürlich. Es wäre zu einfach - und auch unwahrscheinlich - gewesen, seinen älteren Bruder bei einer Priesterin eines Glaubens zu finden, der ihnen von Kindheit an fremd geblieben war. "Wäre ja auch zu einfach gewesen.", seine Worte waren mehr ein Murmeln an sich selbst, begleitet von einem schmalen Lächeln, das nicht ganz die Schwere in seinem Blick verbarg.
Er schob den Gedanken an Leander beiseite, so wie ein Soldat ein Schwert in die Scheide steckt, wissend, dass es bald wieder gebraucht werden würde. Der nächste Tag würde Zeit für Pläne bringen – oder zumindest einen erneuten Versuch, den Schatten seines Bruders zu greifen. Der Wind frischte auf, trug den Duft von Rauch und Salz mit sich, und erinnerte ihn daran, dass der Winter nicht mehr fern war. „Ich hoffe, ich halte dich nicht von etwas Wichtigerem ab?“, die Andeutung eines Entschuldigungslächelns in den Mundwinkeln. Es war nicht seine Art, jemandes Pfad zu stören, und doch hatte ihre Gegenwart eine eigenartige Ruhe in die Ungewissheit seines Abends gebracht.
„Ich begleite dich noch ein Stück“, fügte er hinzu und deutete mit einem Nicken auf den Weg vor ihnen. „Bis da hinten. Dann schlage ich links ein, Richtung Taverne. Guter Met, ein warmes Mahl und ein Bett – alles, was ich heute noch brauche.“, seine Stimme war leicht, beinahe beiläufig, doch hinter den Worten verbarg sich eine Spur Müdigkeit, die schwerer wog, als er zugeben wollte.
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Caragh Macnamara
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#8
Was wohl aus ihr geworden wäre als eine Prudenius? Als Ehefrau von Remus wahrscheinlich noch? Ein solches Leben war für sie schwer vorstellbar. Aber die meisten Frauen trafen es mit ihren Ehemännern wesentlich schlechter. Natürlich kannte sie ihn nicht sehr gut, aber er schien kein Mann zu sein, der so unleidlich war, dass man seinem baldigen Ableben entgegen fieberte und sich darauf freute, das Witwendasein zu genießen. Außerdem war er durchaus attraktiv und in ihrem Alter, was viele Frauen von ihren Ehemännern sicher nicht behaupten konnten. Grundsätzlich war es aber besser, nicht von einem Mann abhängig zu sein und sie war froh, dieses Privileg genießen zu dürfen. "Gut, dass es nicht dazu gekommen ist. Ich beneide den Mann nicht, der sich mit mir rumschlagen muss",scherzte sie.

Womit beschäftigte sich eine Priesterin den ganzen Tag? Das war in der Tat eine sehr gute Frage und nicht so leicht zu beantworten, das hing von sehr vielen verschiedenen Faktoren ab. Zunächst einmal davon, ob es sich um eine einfache Priesterin oder um eine Hohepriesterin handelte. Die Hohepriesterin konnte es sich eher erlauben, Aufgaben zu delegieren. Es kam aber auch darauf an, ob sie im Heiligtum oder in der Welt da draußen eingesetzt wurde. Man konnte sich noch viel mehr Differenzierungen ausdenken und kam immer zu dem Ergebnis, dass es den typischen Alltag einer Priesterin nicht gab, aber so ein Vortrag über das Priesterinnenleben eignete sich natürlich nicht für ein normales Gespräch auf der Straße, daher fasste sie es kurz zusammen. "Meine Hauptaufgaben sind, die Lehren der Großen Mutter zu verkünden, mich um das spirituelle Wohlergehen der Gemeinde zu kümmern und die Interessen des Tempels gegenüber der weltlichen Obrigkeit zu vertreten. Vermutlich verbringe ich meinen Tag nicht grundsätzlich anders als ein Heofaderpriester."

Ihr war es nicht unangenehm, noch ein Stück weit von Remus begleitet zu werden. Vielleicht erfuhr sie so ja noch ein wenig über das Schicksal Leanders. "Nein, keineswegs, ich bin auf dem Weg zum Schloss. Der Fürst und die Fürstin haben mich zum Abendessen eingeladen. Sie sprach diese Worte mit einer Beiläufigkeit, die zeigte, wie selbstverständlich der Umgang mit der Aristokratie für sie war. Dass im Schloss sogar ein Zimmer für sie hergerichtet wurde und sie eine sehr enge, freundschaftliche Beziehung zu der Fürstin pflegte, verschwieg sie aber vorerst. Jetzt war es wichtiger, zuzuhören.
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Remus Prudenius
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#9
Ein amüsierte Ausdruck legte sich auf das verwitterte Gesicht des Söldners und einer seiner Mundwinkel zuckte in die Höhe. "Nun, vielleicht hätte er es ja verdient, sich mit dir herumzuschlagen. Man erntet, was man sät. Oder so ähnlich.", spöttelte der Söldner, die Stimme von einem leichten Hauch von Belustigung getragen, und vergrub seine Hände unter seinen wärmenden Wams. Nicht, dass er sie für eine besonders nervige Person halten würde, er kannte sie schließlich nicht wirklich, aber ein bisschen gut gemeinter Spott konnte er sich nicht verkneifen - wenn sie selbst schon von der armen Seele anfing, die sie hätte ertragen müssen.

„Klingt nach langen, tiefschürfenden Gesprächen.“, womit Remus nicht all zu viel anfangen konnte. Vermutlich musste sie auch noch den Speichel der "weltlichen Obrigkeit" lecken um finanzielle Mittel zu lösen für die ein oder andere Restauration des Tempels. In solch einer Aufgabe wäre er wohl nicht sehr gut aufgehoben. Was möglicherweise auch mit seinem Problem mit Obrigkeiten im allgemeinen zu tun hatte.

Als Caragh von einer Einladung zum Abendmahl sprach, verzog sich seine Miene zu einer Mischung aus Staunen und belustigtem Erstaunen. „Das klingt nach einer angenehmen Begleiterscheinung, wenn man sich hohe Priesterin nennen darf“, witzelte Remus, das Grinsen in seinem Gesicht immer noch nicht ganz verschwunden. Er hatte den Gedanken an seinen Bruder unlängst verschoben und würde sich später weiter mit der Angelegenheit auseinander setzen. „Wird dir dieses Amt irgendwann wieder entzogen, oder bleibt es dir bis ans Ende deiner Tage?“, fragte er, als wäre der Tod nichts anderes als ein vertrauter Bekannter, dem man zwischendurch mal die Stunde zurief.
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Caragh Macnamara
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#10
Ja, so konnte man es zusammenfassen. Der Alltag einer Priesterin bestand zu einem großen Teil daraus, dass man mit Menschen redete, wenn auch nicht jedes Gespräch besonders tiefschürfend war. "Es ist in der Tat ein Beruf, der sich vor allem ums reden dreht. Als Söldner fällt der Redeanteil sicher deutlich geringer aus, nehme ich zumindest an."Was ein Söldner so konkret tut, davon hatte sie eine eher vage Vorstellung. Wenn ein Krieg ausbrach, dann wurden die beteiligten Heere durch Söldner verstärkt und in Friedenszeiten gab es sicher auch vielfältige Einsatzmöglichkeiten, als Leibwächter bedeutender Persönlichkeiten, im Wachdienst um Handelskontore zu schützen oder Warentransporte. Ihr Vater beschäftigte natürlich auch eine Wachmannschaft. Wobei sie nicht vermutete, dass Remus sich als einfacher Wachmann zufrieden gab. Er bekam wahrscheinlich ganz besondere Aufträge mit seinem Können.

Seiner Reaktion auf die von ihr erwähnte Einladung zum Abendmahl entnahm sie, dass der Umgang mit der Aristokratie für ihn alles andere als selbstverständlich war. Ein Adliger verkehrte wahrscheinlich, wenn überhaupt, dann nur mit einem Söldnerführer und auch dann nur auf streng geschäftlicher Basis. "In meinem konkreten Fall ist es eine sehr angenehme Begleiterscheinung. Die Fürstin ist ein sehr lieber und guter Mensch, mit dem ich mich ganz ausgezeichnet verstehe. Der Fürst ist ebenfalls ein ehrbarer und guter Mann." Genauer ging sie da nicht ins Detail. Verglichen mit seiner Frau war der Fürst ihr und dem Tempel gegenüber etwas distanzierter aber keineswegs ablehnend eingestellt. Mit der Zeit würde sich da bestimmt noch eine produktive Zusammenarbeit einstellen. Das war ihr auch sehr wichtig. Wenn Tempel und weltliche Obrigkeit mit einer Stimme sprachen, dann profitierte davon nicht nur der Tempel, sondern die ganze gesellschaftliche Ordnung blieb stabil. "In Farynn sind wir sehr auf Stabilität und Kontinuität bedacht, deshalb wird das Amt der Hohepriesterin grundsätzlich auf Lebenszeit vergeben. Ich habe vor einigen Monaten meine Vorgängerin abgelöst."
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