Winterland |
Sanna Lorenson |
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Alter |
22 |
Beruf |
Jägerin |
Wohnort |
Rabenrast |
Stand |
Ledig |
User |
Natsch |
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12-05-2025, 14:14 - Wörter:
Die Reise vom kleinen Dorf nahe Wolfsmark hinauf nach Wintergard hatte zwei volle Tage in Anspruch genommen – zwei Tage über gefrorene Wege, durch verschneite Hügel und unter einem Himmel, der so grau hing, als würde er jeden Moment über der Welt zerbrechen.
Sanna hätte diese Strecke allein zurückgelegt – mit dem Schlitten, den sie eigenhändig gezogen hätte, beladen mit Fellen, Proviant und ihrer Tochter. Es wären vier mühselige Tage geworden. Doch Thormund, der alte Händler mit dem wettergegerbten Gesicht und dem weichen Herzen, hatte sie entdeckt, als sie gerade das Zuggeschirr prüfte.
"Kind, so reist du ja vier Tage bis zu deinem Auftrag", hatte er gesagt, während er missbilligend auf den Schlitten blickte. "Komm, ich nehm euch mit." Ein guter Mann, Thormund. Alt, ja, mit schmerzenden Knien und einem Bart, in dem der Schnee hängen blieb – aber einer der wenigen, die weder tuschelten noch fragten, wenn sie Valda ansahen. Der sich nicht für den Bastardstatus des Mädchens interessierte, sondern für den Menschen, der da neben Sanna herlief.
Aus Dankbarkeit überließ sie ihm eines der Felle – natürlich durfte er sich eines aussuchen, und er entschied sich für das mit dem silbrigen Streifen, das seiner Tochter gefallen hätte. Am Lagerfeuer sorgte Sanna dafür, dass er gut aß – bereitete das Mahl, während Valda still neben ihr saß, das Feuer betrachtete und gelegentlich zu Thormund hinüberlächelte, der alte Geschichten erzählte.
So verging die Reise ruhiger, als Sanna es erwartet hatte. Ein Stück Menschlichkeit auf einem kalten, langen Weg.
[...]
Als sie Wintergard erreichten, lag über der Stadt bereits der schwere Atem des Abends. Rauch stieg aus den Schornsteinen, vermischte sich mit dem dichten Nebel, der durch die engen Gassen kroch wie ein lauerndes Tier.
Sanna verabschiedete sich ruhig von Thormund, doch in ihrem Blick lag ehrliche Dankbarkeit. Der alte Händler stieg noch einmal von der Kutsche, half ihr, den Schlitten herabzulassen und die sorgfältig gebündelten Felle zurückzuladen. Seine Hände waren von der Kälte rissig, doch sein Lächeln blieb warm.
"Pass auf dich auf, Kind", murmelte er, während er Valda zum Abschied kurz über den Scheitel strich. Sanna nickte nur, ein schlichtes, stummes Dankeschön, ehe sie Valda auf den Schlitten hob. Das Mädchen zog ihren Mantel enger um sich, ihre Augen groß und wach, während sie die ungewohnte Stadt in sich aufsog.
Mit festem Schritt zog Sanna den Schlitten hinter sich her, zielstrebig durch die gepflasterten Straßen, vorbei an Marktständen, an Torbögen und schiefen Fachwerkhäusern, deren Fenster wie dunkle Augen auf sie herabblickten. Einige ihrer Felle verkaufte sie unterwegs – rasch, verhandlungsfest, ohne sich in Gespräche verwickeln zu lassen. Ihr eigentliches Ziel jedoch war nicht der Markt, nicht der Handel – es war das Haus ihrer Freundin Helvi. Der Weg durch Wintergard führte sie vorbei an vertrauten Orten, die sich in ihrer Abwesenheit verändert hatten – hier ein neues Haus, dort ein alter Brunnen, der nun trocken lag. Doch als sie schließlich die schmale Gasse erreichte, in der Helvis Haus stand, zog sich etwas Warmes in Sanna zusammen – wie ein Feuer, das lange geschwelt hatte und jetzt wieder aufflackerte.
Valda wippte ungeduldig auf dem Schlitten, als sie stehenblieben. "Sind wir da?", fragte sie, ihre Stimme aufgeregt. Sanna nickte. Sie wusste, dass Helvis Kinder älter waren. Und auch wenn sie manchmal so taten, als wäre sie zu klein, zu laut, zu vieles – Valda wollte trotzdem dabei sein. Mitlaufen, mithalten, dazugehören.
Sanna klopfte an die Tür. Eigentlich wusste sie nicht mal ob Helvi Zuhause war.
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Winterland |
Veith Alvarsson |
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Alter |
31 |
Beruf |
Krieger |
Wohnort |
Wintergard |
Stand |
Ledig |
User |
Risa |
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16-05-2025, 11:02 - Wörter:
Das heiße Wasser traf Veith wie ein Hammerschlag. Ein unterdrückter Fluch entwich ihm, als der nächste Schwall über seine breiten Schultern rann und in der frostigen Abendluft zischend verdampfte. Um ihn herum hing der Dunst wie ein Schleier und vermischte sich mit dem Rauch, der vom Schornstein der nahen Küche in die klare Winterdämmerung stieg. Der Hinterhof war eingeschneit, der Boden hart gefroren. Neben dem grob gezimmerten Waschzuber lag das zerknüllte Hemd, das er im Schweinestall ruiniert hatte. Hinter ihm knarrte das alte Holz der Scheunenwand im Wind und von irgendwo weiter weg, hörte er Stimmen. Über ihm spannte sich der Himmel bereits in einem tiefen Schwarz, während Helvi den nächsten Schöpfer heißes Wasser über ihren Bruder verteilte. Ihre Miene war streng, doch die funkelnden Augen verrieten ihr Vergnügen.
„Helvi! Willst du mich auskochen?“ Seine Stimme klang rau, mehr empört als wirklich wütend, während Wasser in dicken Tropfen über seine muskulösen Arme lief. Die helle Narbe an seinem Schlüsselbein trat deutlich blass auf seiner Haut hervor, doch seine Schwester lachte nur leise auf und schöpfte unbeirrt weiter aus dem dampfenden Kessel Wasser über ihren Bruder.
„Wer durch den Schweinedreck kriecht, muss halt leiden, Bruder“, sagte sie, während sie sich die feuchten Haarsträhnen mit dem Unterarm aus der Stirn wischte. Ihre Stimme klang amüsiert. „Du hättest sie auch einfach laufen lassen können.“ Ringsum lag der Garten in winterlicher Stille. Der Schnee bedeckte den Boden und türmte sich in den Ecken des alten Zauns, der den Hof vom restlichen Gelände abgrenzte. An den Fenstern glitzerten Eiskristalle, während der Wind einzelne Schneeflocken über den Boden trieb. Veith schnaubte nur, tauchte die Hand in das dampfende Wasser und rieb sich das Gesicht. Natürlich hätte er sie laufen lassen können. Aber so war er nicht. Nicht, wenn jemand Hilfe brauchte, selbst wenn es sich dabei „nur“ um die borstigsten Schweine des Nachbarn handelte. Sein Blick wanderte kurz zum Haus, dann zu dem Handtuch, das viel zu weit weg am Pfosten hing. Typisch Helvi. Wahrscheinlich hatte sie es mit voller Absicht so weit weggehängt.
Er wollte sich gerade aufrichten, da öffnete sich die Tür zum Haus. Das Licht aus dem Inneren des Hauses fiel auf den kleinen Hinterhof und in den Türrahmen trat seine Nichte, in dicke Wollstrümpfe gewickelt, mit gerunzelter Stirn. „Mutter, es hat geklopft.“ Helvi seufzte leise, stellte die Kelle ab und wischte sich das Wasser vom Kinn. Ihr Blick glitt prüfend zu Veith, der noch immer nackt im Zuber saß. „Sieh zu, dass du dich beeilst. Und lass Einas Hose heil, sonst flick ich sie dir am Leib.“ Helvi wandte sich ab und stapfte Richtung Haus davon. „Ich bemühe mich, nicht zu atmen, während ich sie trage“, kam es brummig von hinten, gefolgt von einem leichten Platschen, als sich Veith aus dem Zuber hievte.
Helvi war indessen ins Haus getreten. Sie ging ohne Hast zur Tür, trocknete sich die nassen Hände an ihrem Rock ab, ehe sie den Riegel zurückschob. Vor der Tür standen Sanna und ihre kleine Tochter, dick eingepackt, beide mit roten Wangen von Wind und Kälte. Das Mädchen saß hinter Sanna auf dem kleinen Schlitten und blickte erwartungsvoll zur Tür. „Sanna, Valda, was für eine Überraschung euch zu sehen. Kommt rein“, sagte Helvi sogleich und trat zur Seite. „Bevor ihr hier noch festfriert.“
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Winterland |
Sanna Lorenson |
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Alter |
22 |
Beruf |
Jägerin |
Wohnort |
Rabenrast |
Stand |
Ledig |
User |
Natsch |
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16-05-2025, 14:47 - Wörter:
Hinter der Tür vernahm Sanna gedämpfte Stimmen – die überlegten, tuschelten, ein wenig stritten. Offenbar waren Helvis Kinder unschlüssig, ob sie die Tür öffnen oder lieber die Mutter holen sollten.
Ein amüsiertes Lächeln stahl sich auf Sannas Lippen, während sie wartete. Die Szene hinter dem Holz war allzu vertraut – ein kleines Alltagschaos, das sie fast nostalgisch stimmte.
Sie lehnte sich leicht gegen den Türrahmen, ließ den Blick über die Straße schweifen, während drinnen offenbar gerade eine Entscheidung fiel. Valda klatschte ungeduldig in ihre Hände, das kleine Gesicht erwartungsvoll zur Tür gerichtet.
„Sanna, Valda, was für eine Überraschung euch zu sehen. Kommt rein“
Ein breites Lächeln stahl sich auf die Lippen der jungen Frau, als sich die Tür weiter öffnete und sie in das vertraute Gesicht von Helvi blickte. "Es tut mir leid, ich wollte euch nicht überfallen", sagte Sanna mit einem ruhigem Ton. "Aber es hat sich eine Mitfahrgelegenheit ergeben – deswegen bin ich etwas früher hier als gedacht.", erklärte sie sich. Noch während sie sprach, hob sie Valda vom Schlitten, die kaum Bodenkontakt hatte, bevor sie schon an Helvi vorbeihuschte.
Mit leuchtenden Augen winkte das Mädchen Einar und Ingar zu, die überrascht, aber erfreut zurückgrüßten.
Sanna sah ihrer Tochter einen Moment nach, dann richtete sie den Blick wieder auf Helvi.
"Ich hoffe, es ist kein allzu schlechter Zeitpunkt?", fragte sie und löste die Kapuze von ihrem Kopf. Ein paar Schneeflocken rieselten über ihre Schultern, schmolzen auf dem warmen Stoff ihres Mantels.
Kurz schweifte ihr Blick zum Schlitten zurück, der noch im leichten Schnee vor der Tür stand.
"Den bringe ich wohl besser in den Hinterhof…", murmelte sie mehr zu sich selbst, trat aber nicht sofort zurück – als wolle sie erst sicher sein, wirklich willkommen zu sein. Helvi nickte mit einem herzlichen Ausdruck. "Gewiss, nimm einfach das kleine Tor rechts vom Haus." Sie schob die Tür weiter auf, sodass Sanna besser hinaustreten konnte. "Und erschrick dich nicht – mein Bruder ist da." Ein sanftes Schmunzeln huschte über ihr Gesicht, das für einen Moment nicht ganz zu deuten war – ein Hauch von Spott, vielleicht, aber mehr noch schwesterliche Liebe. "Er hat eben mit den Schweinen vom Nachbarn gespielt und musste sich etwas säubern." Dann entließ sie Sanna mit einem aufrichtigen Lächeln – und einem kleinen Rätsel im Kopf – hinaus in den Schnee.
Vielleicht war es Skepsis, die sich auf Sannas Gesicht legte, als sie das kleine Törchen öffnete, den Schlitten in den schmalen Gang zog und es hinter sich wieder schloss. Veith hatte sie nicht gerade als Schweineflüsterer in Erinnerung – aber was wusste sie schon? Allzu oft liefen sie sich nicht über den Weg, die Entfernung zwischen Wintergard und Wolfsmark ließ kaum Raum für regelmäßige Begegnungen.
In ihre Gedanken versunken, zog sie den Schlitten auf den Hinterhof, das Knirschen des Schnees unter ihren Stiefeln das einzige Geräusch. Aus dem Augenwinkel bemerkte sie den Waschzuber, schwach beleuchtet vom warmen Schein der Fenster. Dampf stieg daraus auf, kräuselte sich träge in der kalten Abendluft – und just da fiel Sanna auch Veith auf, der sich am anderen Ende des Hofes gerade eine recht stramm sitzende Hose über das Gesäß zog. Sie blinzelte unwillkürlich, überrascht von dem Anblick, der sich ihr bot. Eine Braue hob sich, halb amüsiert, halb irritiert. Offenbar hatte der gute Veith ein Bad genommen – was vielleicht das Spiel mit den Schweinen erklärte.
Kurz zögerte sie, dann räusperte sie sich betont leise. Nicht, dass er sich noch den Hals brach, wenn sie ihn überraschte. "Sag Bescheid, wenn du Hilfe beim Hochziehen brauchst. Die Hose sieht aus, als hätte sie einen eigenen Willen.", Ein schelmisches Funkeln blitzte in ihren Augen auf, ehe sie sich mit einem leisen Lachen abwandte und den Schlitten behutsam bei der Scheune parkte.
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Winterland |
Veith Alvarsson |
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Alter |
31 |
Beruf |
Krieger |
Wohnort |
Wintergard |
Stand |
Ledig |
User |
Risa |
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17-05-2025, 14:29 - Wörter:
Veith hatte sie schon bemerkt, noch bevor sie sich räusperte. Man lernte, auf Geräusche zu achten, wenn man öfter allein durch den dichten Wald ritt. Trotzdem ließ er sich nicht hetzen. Der Schnee war kalt, die Hose eng und gerade über den Oberschenkeln spannte der Stoff so sehr, dass er für einen Moment fluchte, leise und mit zusammengebissenen Zähnen. Wenigstens musste man sie nur zubinden, kein mühsames Nesteln mit Schnallen oder Knöpfen. Er wandte sich noch nicht zu ihr um. Stattdessen blieb sein Blick auf die zugeschneite Mauer gerichtet, die den Hof begrenzte, als gäbe es dort etwas von Bedeutung. Natürlich erkannte er Helvis Freundin sogleich an ihrer Stimme. Wie die beiden zueinandergefunden hatten, wusste er nicht und es interessierte ihn auch nicht besonders. Aber Sanna war ihm schon früher aufgefallen. Nicht wegen ihrer Erscheinung, auch wenn sie die Blicke auf sich zog, wenn sie über den Markt lief, sondern wegen dem, wie sie war. Sie zog allein ein Kind groß, verkaufte Felle und Leder mit einem Scharfsinn, der manchem Händler die Schamesröte ins Gesicht trieb und jagen konnte sie besser als so mancher Jungspund, der mit stolzgeschwellter Brust durchs Dorf stapfte. Veith sprach nie darüber. Nicht mit ihr, nicht mit Helvi. Doch er achtete Sanna und das war, in seiner Welt, mehr als genug.
Als er sich schließlich zu ihr umdrehte, saß die Hose endlich, wo sie sollte. Sein Gesicht war so reglos wie eh und je, unbeeindruckt von ihrem schelmischen Kommentar. Keine Spur von Verlegenheit, vielleicht ein Anflug von Belustigung, tief verborgen in den Augen. „Sie hat Willen“, murmelte er trocken, während er das Band der Hose festzog, „aber ich bin sturer.“ So begann er ihr Gespräch, ohne auch nur ein Wort der Begrüßung an sie zu richten. Sein Blick glitt zu dem Hemd, das Helvi für ihn zurechtgelegt hatte und er wusste jetzt schon, dass es ihm an den Schultern zu eng sein würde. Also legte er es beiseite und griff stattdessen nach seinem eigenen, das zerknittert am Boden lag. Es roch nach Schweinemist. Ohne große Eile ging er zum Bottich, in dem er zuvor noch gebadet hatte. Das Wasser war immer noch warm und dampfte leicht in der kühlen Luft. Er nahm das Stück Seife vom Rand und rieb das Hemd damit ein. Der Dreck löste sich nur langsam. Mit kräftigen, gleichmäßigen Bewegungen knetete er das Gewebe, drückte es gegen die hölzerne Wand des Bottichs, spülte den Schaum wieder aus, um erneut Seife zu nehmen. Die Prozedur war ihm als unverheirateter Mann vertraut, auch wenn sie nicht zu jenen Dingen gehörte, die er gerne tat. Aber ein sauberes Hemd war ein gutes Hemd, besonders wenn man bald wieder reisen würde.
Sanna war früher in Wintergard angekommen als gedacht. Helvi hatte erst in ein paar Tagen mit ihr gerechnet. Veith hätte fragen können, was sie veranlasst hatte, gerade jetzt hierher aufzubrechen, aber das hätte nur Anteilnahme signalisiert, die er sich nicht leisten wollte. Also sagte er nur: „Bist du gut durchgekommen?“ Seine Stimme klang ruhig, beinahe gleichgültig, während sein Blick weiter auf dem Stoff ruhte, den er nun abermals mit dem warmen Wasser ausspülte. Die Seife löste sich in schimmernde Schlieren auf, die über die Oberfläche zogen. In wenigen Tagen würde er selbst Richtung Wolfsmark aufbrechen, denn ein befreundeter Holzfäller hatte um Hilfe gebeten, weil in den Wäldern auffällige Spuren aufgetaucht waren, die nicht dorthin gehörten. Wölfe, vielleicht oder Menschen mit schlechten Absichten. Da war jede Art von Information willkommen, besonders von jemandem, der den Weg gerade erst gekommen war.
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Winterland |
Sanna Lorenson |
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Alter |
22 |
Beruf |
Jägerin |
Wohnort |
Rabenrast |
Stand |
Ledig |
User |
Natsch |
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20-05-2025, 14:59 - Wörter:
Sanna bedachte Veith mit einem nachdenklichen Ausdruck in den Augen. Ihr Blick glitt über seinen breiten Rücken, verweilte an den Schultern, von denen immer noch leichter Dampf aufstieg – und schließlich an jener Hose, die tapfer versuchte, sich an seine Oberschenkel zu schmiegen.
Ein leises, kaum hörbares glucksen entrang sich ihr. Helvis Mann - von dem die Hose sein musste - war eindeutig nicht aus demselben Holz geschnitzt.
Veiths Bewegungen waren weder eitel noch geziert, aber sie verrieten jene Gelassenheit, die nur Männer aus dem Winterland hatten. Und eben jene Gelassenheit zierte auch sein Gesicht, als er sich zu ihr umdrehte. Rasch fand sie seinen Blick, der wie so oft kaum etwas preisgab – aber genug, um ihre Worte nicht ins Leere laufen zu lassen. Ich bin gespannt, wann sie nachgeben wird", meinte Sanna mit einem flüchtigen Nicken in Richtung seiner Hose, während sie sich noch einmal dem Schlitten zuwandte. Ihre Stimme war ruhig, doch ein feiner Zug von Belustigung lag auf ihren Lippen.
Es traf sich gut, dass Veith ebenfalls hier war. Sanna hatte ein besonders robustes Leder im Gepäck – dick, widerstandsfähig, für allerlei brauchbar. Sie hatte es ohnehin Helvi mitgeben wollen, damit ihr Bruder es bekommen konnte. Nun ergab sich die Gelegenheit von selbst.
Während Veith sein Hemd am Rand des dampfenden Zubers schrubbte – offenbar hatte Helvi ihm diesen Dienst nicht abgenommen –, löste Sanna die Rolle vom Schlitten und ließ das schwere Material in beiden Händen wiegen. Die feinen Schneeflocken, die sich darauf legten, perlten an der glatten Oberfläche ab. Ich bin dank des Händlers, der sich unser erbarmt hat, mehr als gut durchgekommen." Ein halbes Lächeln spielte um ihre Lippen. "Der Rückweg wird vermutlich länger dauern…" Ihre Stimme wurde einen Hauch leiser, beinahe nachdenklich. "Aber das ist nicht immer etwas Schlechtes. Manchmal ist es ganz heilsam, allein zu reisen."
"Ich habe etwas für dich", sagte sie dann beiläufig, trat neben ihn und hielt ihm das zusammengerollte Leder hin. "Helvi sollte es dir eigentlich überreichen, aber da du schon mal hier bist..."
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Winterland |
Veith Alvarsson |
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Alter |
31 |
Beruf |
Krieger |
Wohnort |
Wintergard |
Stand |
Ledig |
User |
Risa |
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28-05-2025, 20:54 - Wörter:
Er vernahm das leise Glucksen hinter sich und verdrehte stumm die Augen gen Himmel. Dass Sanna nun hier war, sollte ihn nicht überraschen, immerhin hatte seine Schwester angekündigt, dass ihre Freundin bald die Reise nach Wintergard antreten würde. Dennoch war der Zeitpunkt für den Krieger alles andere als günstig. Helvi hatte ihn seit seiner Ankunft, noch von Schweindungschlamm verkrustet, mit einer Wortwahl empfangen, die selbst für sie beachtlich war. Veith hatte seither nichts anderes getan, als sich schweigend durch Dampf und Spott zu waschen, mit einem Seifenstück, das offenbar besser roch als alles, was er je bei sich getragen hatte. Und nun stand Sanna hinter ihm und amüsierte sich darüber, dass seine Hose dem Kampf mit seinen Oberschenkeln beinahe unterlag. Es war demütigend, aber so was war er von seinen Schwestern schon gewöhnt.
Er wandte sich zu der Blonden um, griff nach seinem schmutzigen Hemd und warf es in den noch dampfenden Bottich. Ihr Blick war spitz wie eh und je, ihr Tonfall von jener Art, die keine Antwort brauchte, aber meistens eine bekam. „Wenn sie nachgibt, hoffe ich, sie tut es nicht auf dem Markt“, brummte er und warf einen kurzen, prüfenden Blick auf seine Hose. „Ich fürchte, das gäbe Gesprächsstoff bis zum nächsten Mondwechsel.“ Während seine rauen Hände das Hemd grob mit der Seife bearbeiteten, dachte er bei sich, dass es längst an der Zeit war, sich ein neues Gewand zuzulegen. Still nahm er sich vor, seine Schwester um ein neues Hemd und eine passende Hose zu bitten, so würde er sich beim nächsten Missgeschick wenigstens nicht mehr in Einas viel zu enger Kleidung blamieren müssen.
Der Krieger ließ das Hemd zurück in den Bottich gleiten, das Wasser kräuselte sich leise, während er den Blick hob und Sanna musterte, die näher gekommen war. „Ich werde demnächst gen Süden aufbrechen“, sagte Veith mit ruhiger Stimme. „Solltest du es dir anders überlegen, kann ich dich ein Stück auf deinem Heimweg begleiten.“ Kaum ausgesprochen, bereute er das Angebot bereits ein wenig. Sanna hatte recht. Die Einsamkeit und Stille seiner Reisen waren ihm lieb, fast heilig, denn sie boten jene Form von Frieden, die er sonst nirgends fand. Trotzdem hatte etwas in ihm gedrängt, die Worte auszusprechen. Vielleicht war es das Wissen, dass sie allein mit ihrer kleinen Tochter unterwegs war. Vielleicht auch nur die Tatsache, dass sie Helvis Freundin war und Helvi hätte gewollt, dass er ein Auge auf sie hatte. Sanna hatte es ohnehin nicht leicht, das wusste jeder, der genauer hinsah und wenn er ihr wenigstens ein Stück weit Sicherheit bieten konnte, dann wäre das, bei allem Widerwillen, nur recht.
Als sie nun direkt vor ihm stand, senkte er den Blick auf das zusammengerollte Leder in ihren Händen. Es war von guter Qualität, nicht das billige Zeug, das reisende Händler einem gern unterjubelten. Er nahm es ihr ab, drehte es prüfend in den Händen, fuhr mit den Fingern über die Ränder, ruhig, bedacht, wie man es von ihm kannte. Dann hob er den Blick, sein Tonfall sogar ein wenig anerkennend. „Gute Qualität“, stellte er fest. „Was willst du dafür haben?“ Ein Windstoß fuhr durch den Hof, wirbelte feinen Schnee über den Boden und irgendwo klapperte lose ein Fensterladen. Es wurde Zeit, sich endlich ins Warme zurückzuziehen.
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Winterland |
Sanna Lorenson |
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Alter |
22 |
Beruf |
Jägerin |
Wohnort |
Rabenrast |
Stand |
Ledig |
User |
Natsch |
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29-05-2025, 18:47 - Wörter:
Das Lachen, das über ihre Lippen kam, überraschte sogar Sanna selbst - so spontan und ehrlich war es. "Oh, ich hör schon die Damen seufzen und kichern…", sagte sie belustigt, während ein sanfter Glanz in ihre Augen trat. Vermutlich hätte selbst dieser kleine Fauxpas Veith kaum berührt - er war einer jener Männer, an denen das Gerede anderer einfach abperlte. Manchmal wünschte sie sich, sie wäre ebenso. Denn so kühl und ungerührt sie sich auch gab, wenn man über ihre Tochter, ihren Bastard, sprach - die spitzen Bemerkungen, das Tuscheln hinter vorgehaltener Hand - sie drangen doch durch. Und das bedeutete wohl, dass auch sie letztlich nur ein Mensch war und nicht über allem stehen konnte. Vielleicht auch gar nicht mehr wollte. "Und ich wäre vermutlich eine von ihnen.", fügte sie an und zwinkerte unverschämt.
Kurz betrachtete sie sein Tun, den ruhigen Ernst, mit dem er seine Aufgabe verrichtete, und dachte über sein Angebot nach. Vermutlich wäre es das Vernünftigste, gemeinsam mit Veith nach Wolfsmark zurückzukehren. Auch wenn sie eine geschickte Jägerin war, hatte sich doch vieles verändert, seit Valda an ihrer Seite war. Ihre Tochter machte sie angreifbarer – nicht weil sie schwächer geworden war, sondern weil sie nun mehr zu verlieren hatte. Und das Winterland, so sehr es ihr vertraut war, hatte seine eigenen Regeln. Regeln, die in der Wildnis nur selten zu ihren Gunsten ausfielen.
Daher nickte sie schwach. "Wann gedenkst du denn abzureisen?", fragte sie, sein Angebot nun ernsthaft in Erwägung ziehend. Ob sie jemals wirklich allein mit Veith unterwegs gewesen war? Sie konnte sich nicht daran erinnern. Nicht, dass sie sich um sich selbst sorgte – dazu war sie zu gefestigt. Vielmehr machte sie sich Gedanken um ihn.
Denn so sehr sie ihn schätzte, war Valda doch ein kleines Kraftbündel an Eigenwillen und sie selbst... nun ja, vielleicht auch mehr als er verkraften konnte. Ein Ausflug mit ihnen beiden war vielleicht härter als jedes Wintergewitter.
Dass ihm das Leder gefiel, freute Sanna. Solche Komplimente konnte sie gut annehmen – gerade, wenn sie ihrer Arbeit galten. Ob beim Jagen oder beim Gerben: Sie tat es mit Sorgfalt, fast schon mit Hingabe. "Sieh es als… Soll, solltest du uns ein Stück zurück begleiten", sagte sie, ein leichtes Schulterzucken begleitete ihre Worte. "Andernfalls sieh es als Geschenk", fuhr Sanna fort, während ihr Blick noch einmal prüfend über das Leder glitt. "Ich hatte beim Gerben ohnehin an dich gedacht. Es gibt nicht viele, die mit so festem Leder wirklich etwas anfangen können." Sie machte eine kleine Pause, zuckte beiläufig mit den Schultern. "Für feine Kleidung taugt es kaum – zu grob, zu störrisch. Aber für eine Lederrüstung? Ideal. Und ehrlich, ich kenne nicht viele, die damit umgehen könnten. In meinem Dorf gibt’s mehr Holzfäller als Krieger." Ein kurzes Schmunzeln huschte über ihr Gesicht.
In diesem Moment öffnete sich die Tür des Hauses, und ein warmer Lichtschein schnitt durch die dämmerige Dunkelheit des Hinterhofs. Helvi stand im Türrahmen, die Fäuste in die Hüften gestemmt, ihr Blick eine Mischung aus gespieltem Tadel und echter Zuneigung. "Hält dich mein Bruder etwa auf?", fragte sie mit einem schiefen Lächeln. Sanna schüttelte den Kopf, ein leiser Zug von Selbstironie auf den Lippen. "Ich hab mich wohl aufhalten lassen..." Sie trat aus dem Schatten, ging mit geöffneten Armen auf Helvi zu und schloss sie zur Begrüßung in eine feste Umarmung. "Hat Valda euer Haus schon auf links gedreht?", fragte sie neckend, während Helvi sie lachend ins Haus schob.
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Winterland |
Veith Alvarsson |
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Alter |
31 |
Beruf |
Krieger |
Wohnort |
Wintergard |
Stand |
Ledig |
User |
Risa |
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30-05-2025, 11:45 - Wörter:
Der Blick, der sie nun traf, war ausdruckslos. Zunächst ließ sich nicht deuten, ob Veith ihre Belustigung schweigend hinnahm oder ob ein verborgener Groll in ihm aufstieg. Seine Miene blieb wie versiegelt, stumm und unbewegt, während Sanna sich vermutlich in Gedanken bereits das Bild ausmalte, wie sie ihm mit zerrissener Hose mitten im geschäftigen Treiben des Marktes begegnen würde. „Du würdest meine Blöße belustigend finden?“ fragte Veith schließlich und doch lag in seiner Stimme kein Hauch von Bitterkeit, vielmehr ein sanfter Spott, der jedoch eher neckend denn verletzend klang. Tatsächlich war es Veith gleichgültig, ob seine Hose in der Gegenwart der Bewohner von Wintergard kapitulierte. Schlimmere Peinlichkeiten hatte er in seiner Jugend erlebt, jene Momente, die man besser aus dem Gedächtnis verbannte, doch über die man mit der Zeit hinweg lachen konnte. Und er war sicherlich nicht der erste Mann, der - sei es vom Schicksal, vom Trunk oder von einer launischen Ehefrau getrieben - unfreiwillig in solcher Verlegenheit durch die Straßen stolperte.
„Ich würde mich nach dir richten, falls du mein Angebot annimmst“, sagte Veith ruhig, ohne den Blick von dem Stück Stoff in seinen Händen zu lösen. „Ich besuche meinen Onkel im Süden. Es macht keinen Unterschied, ob ich ein paar Tage früher oder später dort eintreffe.“ Er hätte es ihr nicht verübelt, wenn sie ablehnte. Auch ihm war es lieber, allein zu reisen, frei in seinen Entscheidungen, unabhängig, niemandem Rechenschaft schuldig. Das einsame Ziehen durch das Land war ihm vertraut geworden, fast schon lieb. Doch Sanna mit ihrer kleinen Tochter an der Seite würde ihm vermutlich kein Hindernis sein. Er hatte mehr als genug Zeit mit Helvis Kindern verbracht, um zu wissen, was es bedeutete, eine Zweijährige auf einer längeren Reise bei Laune zu halten. Es gab lautere Begleiter und bedeutend schwierigere.
Veith schwieg einen Moment. Mit den Fingern fuhr er gedankenverloren über die raue Oberfläche des gegerbten Leders, spürte die Festigkeit, die Struktur, die Sorgfalt, die darin steckte. Ja, es gefiel ihm. Sehr sogar. Gerade deshalb wollte er es nicht einfach so annehmen. „Sanna…“, begann er leise, der Blick nun auf ihre Hände gerichtet, nicht auf ihr Gesicht. „Ich weiß, wie viel Arbeit und Zeit in so einem Stück wie diesem hier steckt...“ Und er wusste auch, dass Sanna das Geld bestimmt benötigte, nicht nur für sich selbst. Er wollte sie nicht beschämen, nicht den Eindruck erwecken, sie könne ihm nichts schenken, nur weil sie weniger hatte als er. Doch sie sprach mit der gewohnten Klarheit, so ganz ohne Berechnung und sie erzählte, dass sie sogar beim Herstellen des Leders bereits an ihn gedacht hatte. Ein kurzes Seufzen entwich ihm. Dann hob er den Blick und sah sie direkt an. „Dann sehe ich es als Geschenk“, sagte er schließlich. Der leise Schimmer von Dankbarkeit lag in seinen Augen. „Aber nur unter der Bedingung, dass ich es dir irgendwann zurückzahlen darf, und zwar auf meine Art.“
Als sich die Tür geöffnet hatte und Helvis Stimme durch den Hof hallte, hatte sich unwillkürlich ein kleines Lächeln auf seine Lippen geschlichen. Eines jener seltenen, die sich nicht auf sein Gesicht drängten, sondern dort fast heimlich erschienen, als hätte sie niemand bemerkt. „Falls sie sich aufhalten lässt, dann sicher nicht meinetwegen, sondern weil sie deinem endlosen Geplapper entfliehen will.“ Helvi bedachte ihren Bruder mit einem strengen Blick, kommentierte die Antwort jedoch nicht weiter. Stattdessen begrüßte sie ihre Freundin nun richtig, mit einer festen Umarmung und machte dann Platz, damit Sanna endlich ins Haus treten konnte. „Sie spielt gerade mit Inga und Einar Verstecken“, erklärte Helvi, während man im Hintergrund Einar beim Zählen hörte.
Während die Frauen in der Tür verschwanden, wrang Veith mit kräftigen Händen das durchnässte Hemd aus und legte es zur Seite. Dann hob er den Bottich an und kippte das Wasser langsam am Rand des Hofes aus, wo es den Schnee zum Verschwinden brachte und sich dampfend in den gefrorenen Boden sog. Mit einem leisen Seufzen griff er nach dem trockenen Hemd, das Helvi ihm dagelassen hatte und zog es über. Es war ein gutes Stück, sauber und ordentlich genäht, aber an den Schultern, Armen und der Brust zu eng, an den Ärmeln zu kurz. Er verzog kurz das Gesicht und trat dann ebenfalls in die warme Stube.
Drinnen empfing ihn wohlige Wärme und der vertraute Duft nach frisch gebackenem Brot, Wurzelgemüse und etwas Deftigem. Die Balken unter der Decke waren dunkel vom Rauch der Jahre, getrocknete Kräuterbündel hingen an Haken, daneben Kupfertöpfe, deren Böden vom vielen Gebrauch geschwärzt waren. In einer Ecke stand ein grob gezimmerter Tisch mit Bänken, die von Einar selbst gezimmert worden waren. „Setz dich, bevor du umfällst. Die Reise war sicherlich anstrengend“, sagte Helvi zu ihrer Freundin gewandt und wischte sich die Hände an der Schürze ab. Dann griff sie nach einer dampfenden Kelle und füllte damit eine grobe Tonschüssel mit Suppe. Nachdem Veith sein Hemd sorgfältig am Feuer aufgehängt und das Leder beiseitegelegt hatte, ließ auch er sich am Tisch nieder. „Du wirst doch hier schlafen, oder?“ wollte Helvi dann von ihrer Freundin wissen. „Bei diesem Wetter und der späten Stunde jagt man niemanden mehr vor die Tür.“ Sie richtete ihren strengen Blick an ihren Bruder und meinte weiter „Das heißt du kannst im Stall schlafen.“ Ein schiefes Lächeln umspielte Veiths Lippen, als er ihren Blick erwiderte. „Das bin ich gewöhnt“, murmelte er trocken und schob die Ärmel seines viel zu engen Hemdes ein Stück hoch. „Ich habe schon an schlimmeren Orten übernachtet“, sagte er und griff dann nach der Schüssel, die Helvi ihm nun reichte.
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Winterland |
Sanna Lorenson |
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Alter |
22 |
Beruf |
Jägerin |
Wohnort |
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Stand |
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User |
Natsch |
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30-05-2025, 14:29 - Wörter:
Früher hatte Veiths ausdruckslose Miene sie oft verunsichert – heute begegnete Sanna ihm mit einem gelassenen, beinahe herausfordernden Lächeln. Er mochte denken, was er wollte, seine Gedanken hinter dieser unbewegten Fassade verbergen – sie nahm es inzwischen mit einer gewissen spielerischen Leichtigkeit. Vielleicht reizte sie gerade das: dieses ewige Schweigen, das ihr Gelegenheit gab, mit ihren Bemerkungen vorsichtig gegen seine Rüstung zu stupsen.
"Ach was", begann sie mit spürbarem Schalk in der Stimme, "mir würde natürlich die Schamesröte ins Gesicht schießen, und nachdem ich ein oder vielleicht zwei verstohlene Blicke riskiert hätte, würde ich dir selbstverständlich etwas bringen, womit du dich bedecken kannst. Und mich nicht über deine Blöße belustigen." Ein leises Lachen schwang in ihrer Stimme, sanft und neckisch.
Dass Veith sich nach ihr richten würde, ließ Sanna rasch im Kopf durchgehen, was in Wintergard noch zu erledigen war. Die übrigen Felle und Leder mussten verkauft werden, vielleicht würde sie auch bei einem Schneider oder Kleidergeschäft vorbeischauen. Nichts davon würde allzu viel Zeit in Anspruch nehmen.
Viel schwerer wog ein anderer Gedanke: Sie musste dafür sorgen, dass Valda ihrem Vater nicht versehentlich über den Weg lief.
Ein flüchtiger Schatten legte sich über ihre Gedanken, während sich eine ungeahnte Schwere in ihrer Brust ausbreitete. Dass sie in etwas mehr als zwei Wochen ihren ersten Menschen töten würde um ihre Tochter zu beschützen – das konnte sie in diesem Moment noch nicht ahnen.
Sie hatte Leif seit einigen Monaten nicht mehr gesehen – doch ihre letzte Begegnung war keineswegs verblasst. Im Gegenteil – sie war von jener gefährlichen Leidenschaft geprägt gewesen, die sich gegen jede Vernunft und jede Regel stellte, die Sanna sich selbst auferlegt hatte. Vielleicht war es genau das, was diese Begegnung so lebendig in ihrer Erinnerung hielt.
Ihre Mutter hatte die Veränderung in ihrer Tochter längst bemerkt. Tadelnde Blicke, scharfe Worte – jede Gelegenheit nutzte Martha, um Sanna die Gefährlichkeit ihres Handelns vor Augen zu führen. Immer wieder machte sie ihr klar, dass es zwischen ihr und Leif keine Zukunft gab. Und natürlich wusste Sanna, dass ihre Mutter recht hatte. Es war töricht, dumm sogar, darauf zu hoffen, dass er eines Tages in das kleine Dorf nahe Wolfsmark zurückkehrte – um sein Kind zu sehen. Um sie zu sehen. Sie sollte sich lieber einen Mann suchen, der sich ihrer erbarmte, der ihren Bastard mit aufzog und die Schande, die unweigerlich an ihr haftete, mit seiner Ehe von ihr wusch – so sagte es zumindest ihre Mutter. Doch Sanna war nicht auf die Gnade eines Mannes angewiesen. Und auch nicht auf Leif.
"Ich sag dir …", Sanna riss sich aus ihren Gedanken zurück und zögerte einen Moment. "… morgen Abend Bescheid. Dann kenne ich die grobe Planung." Letztlich hing es auch davon ab, wie gut sie am ersten Tag ihre Waren verkaufen konnte. Erst dann würde sie abschätzen können, wann sie sich auf den Rückweg machen konnte. "Finde ich dich wieder hier?"
Insgeheim hatte sie bereits geahnt, dass Veith das Geschenk ablehnen würde. Doch ihr Blick blieb unbeirrt auf ihm liegen, und fast trotzig hob sie das Kinn. Sie würde nicht nachgeben. Vielleicht spürte er das – denn nach einem kurzen Seufzen gab er sich geschlagen. Ein Hauch von Zufriedenheit legte sich auf die sonst so stoische Miene der Jägerin. "Das ist natürlich eine ziemlich vage Definition..." Sanna hob eine Braue, ehe sich ein schiefes Lächeln auf ihre Lippen stahl. "Aber das Risiko gehe ich ein. Gut – du darfst es irgendwann, auf deine Art, zurückzahlen." Zufriedenheit schwang in ihrer Stimme mit, denn Veith hatte – zumindest fürs Erste – nicht darauf bestanden, den Gegenwert des Leders sofort zu begleichen.
Ein Lächeln huschte über Sannas Lippen, das sich schließlich zu einem Grinsen ausweitete, als sie den kleinen Schlagabtausch zwischen den Geschwistern beobachtete. Sie mochte diese Familie – die Wärme, den trockenen Humor, den vertrauten Umgang miteinander. Manchmal bedauerte sie es, selbst keine Geschwister zu haben – und dass auch Valda ohne aufwachsen musste. Was Familie wirklich bedeutete, war ihr erst mit der Geburt ihrer Tochter bewusst geworden. Vielleicht, weil ihre eigenen Wurzeln so... verworren waren. "Seid lieb zueinander", warf sie gut gelaunt ein und trat in das behaglich warme Haus.
Sanna legte den warmen, groben Wollumhang ab und hängte ihn über die Lehne einer der Stühle. Anders als viele Frauen trug sie ein schlichtes, langärmliges Leinenhemd und eine feste Lederhose – wetterfest, robust, mit kleinen Schlaufen, an denen noch einzelne Jagdutensilien baumelten.
Der Blick auf die spielenden Kinder entlockte ihr ein sanftes Lächeln. Einen Moment lang verweilte sie darin, ein leiser Ausdruck von Wärme, bevor sie sich wieder Helvi zuwandte. In lebendigen Worten erklärte sie, dass die Reise weit weniger beschwerlich gewesen war als zunächst befürchtet.
Dankbar nahm sie die gut gefüllte Schüssel entgegen und setzte sich an den Tisch. Das Haus war erfüllt von jener Gemütlichkeit, die dazu einlud, länger zu bleiben, als man es ursprünglich geplant hatte. "Oh, also wenn das ein Angebot ist, würden wir gern die Nacht bleiben", sagte Sanna und griff nach dem Löffel, um einmal durch die dampfende Suppe zu rühren. "Allerdings kann ich kaum verantworten, dass Veith sich im Stall verkühlt – bei seinem neuen Kleidungsstil..." Ihre Augen funkelten amüsiert, ein schiefer Zug huschte über ihre Lippen. "Wir können einfach auf dem Boden schlafen, macht euch da bitte keine Umstände", fügte sie dann in ernsterem Ton an, ehe sie sich den ersten Löffel der Suppe in den Mund schob.
Wärme breitete sich aus, nicht nur in ihrem Magen. Helvi verstand es, den Kochlöffel zu schwingen – die Mahlzeit war genau das, was sie gebraucht hatte, um sich nach den Tagen im Freien wieder aufzuwärmen.
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Winterland |
Veith Alvarsson |
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Alter |
31 |
Beruf |
Krieger |
Wohnort |
Wintergard |
Stand |
Ledig |
User |
Risa |
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01-06-2025, 11:15 - Wörter:
Veith musterte sie schweigend. Der leicht spöttische Glanz in ihren Augen entging ihm nicht und doch war seine Reaktion kaum mehr als ein schwaches Zucken seiner Mundwinkel. Kein Lächeln, nicht wirklich, aber auch kein Widerspruch. Er kannte Sanna längst nicht so gut wie Helvi und doch musste er sich eingestehen, dass eine eigentümliche Anziehung von ihr ausging. Etwas Unaufdringliches, das sich nicht in Worten oder Gesten erschöpfte, sondern in der Leichtigkeit, mit der sie auftrat und Vertrauen weckte. Es überraschte ihn nicht, dass sie wusste, wie man mit Menschen verhandelte. Wahrscheinlich bekam sie mehr durch ein Lächeln und ein paar beiläufige Worte, als andere mit langen Reden. „Natürlich würdest du das“, stimmte Veith ihr zu, ein leichter Anflug von Sarkasmus im Tonfall.
Für einen Moment lag Stille zwischen ihnen, doch sie war nicht drückend. Veith empfand sie sogar als angenehm. Er mochte das Schweigen, vor allem dann, wenn es nicht gefüllt werden musste. Er bemerkte, wie sich ihr Blick veränderte. Der Schalk in ihren Augen war verflogen, verdrängt von etwas, das tiefer ging, ein Ausdruck, der ihn unwillkürlich die Stirn runzeln ließ. Sie wirkte plötzlich abwesend, in Gedanken versunken und es lag ein Anflug von Sorge in ihrem Gesicht. Veith kannte diesen Blick. Nicht in allen Einzelheiten, doch gut genug, um zu ahnen, woher er rührte. Er schrieb es der Verantwortung zu, die auf den Schultern einer Frau wie ihr lasten musste. Allein mit einem Kind, das sie durch eine Welt trug, die selten freundlich war. Er konnte sich kaum ausmalen, was sie auf dem Weg bis hierher alles hatte durchstehen müssen und doch tat sie es jeden Tag aufs Neue.
Veiths Blick verweilte einen Moment auf ihr, ruhig, aufmerksam. Dann nickte er. „Wahrscheinlich schon. Es sei denn, ich komme abermals mit Schweinedreck in Kontakt, dann könnte es durchaus sein, dass meine Schwester mich rauswirft.“ merkte er an, seine Stimme klang belustigt, doch seine Mimik zeigte es nicht. Ihr Verhandlungsgeschick bei dem Geschenk rührte ihn dann doch deutlicher zu einer Reaktion. Er freute sich aufrichtig über das Leder, das Sanna ihm mitgebracht hatte. Seine Lederrüstung war bereits etwas in die Jahre gekommen, weshalb er das Geschenk gut gebrauchen konnte. „Das sollte jetzt keine Drohung sein“, setzte er hinzu, denn er hätte Sanna auch ohne das Geschenk geholfen, hätte sie ihn um irgendetwas gebeten. Es war einfach seine Art.
Im Haus herrschte ein lebendiges Durcheinander, jene vertraute Geräuschkulisse aus Lachen, Rufen und trappelnden Schritten, wie sie eben entstand, wenn Kinder spielten und das Leben seinen gewohnten Lauf nahm. Valda stürmte in den Essraum, ihre Augen huschten suchend durch den Raum, auf der dringenden Mission, ein geeignetes Versteck zu finden. Veith erinnerte sich daran, wie schwer es Kindern in diesem Alter oft fiel, sich rasch zu entscheiden. Mit einem kaum merklichen Schmunzeln neigte er den Kopf und deutete unter den Tisch. „Ich bin ziemlich sicher, das hier ist das beste Versteck im ganzen Haus.“ Aus Richtung der Speisekammer erklang bereits Einars Stimme, die nun ankündigte, dass die Suche begann. Ohne zu zögern, kroch Valda unter den Tisch, warf sich bäuchlings auf den Boden und vergrub das Gesicht zwischen die Arme, in der festen Überzeugung, dass Unsichtbarkeit garantiert sei, solange sie selbst nichts mehr sehen konnte.
„Keine Sorge, Sanna. Mein Bruder hat schon öfter im Stall genächtigt, sogar teilweise völlig nackt, nachdem er aus der Taverne nach Hause gekommen ist.“ In Helvis Stimme schwang leise Kritik mit und sie warf Veith einen strafenden Blick zu, der diesen gekonnt ignorierte.
„Nun gut, du und Valda könnt in Einars Bett schlafen, wenn ihr wollt. Einar kann bei mir übernachten, solange sein Vater nicht da ist“, meinte Helvi freundlich, ihre Worte an Sanna gerichtet. Als sie sich ihrem Bruder zuwandte, veränderte sich ihr Gesichtsausdruck - schroff und unnachgiebig wirkte dieser, doch ein feiner Hauch geschwisterlicher Zuneigung lag in ihrem Ton. „Dann könntest du sogar vor dem Feuer am Boden nächtigen, Bruder.“ Überrascht blickte Veith von der Suppe auf und zum ersten Mal zeigte sich ein deutliches Grinsen auf seinem Gesicht. „Du bist zu gütig, Schwester.“ Sein Blick wanderte zu Sanna, die ebenfalls die wohlige Wärme der Suppe spürte. „Du hast einen guten Einfluss auf meine Schwester. Du solltest uns öfter besuchen.“
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