01-02-2025, 06:03 - Wörter:

Über die Festlichkeiten teilten sie keine Meinung, wie sich bald herausstellte, denn Aurelia hing das Thema zum Hals raus. Die Vorbereitungen, wohlgemerkt, nicht das tatsächliche Fest. Vielleicht wurde Skadi in ihrem Viertel auch einfach nicht so viel mit dem Chaos konfrontiert, und die Männer, die sie besuchten, hatten keinen Grund, in ihrer Gegenwart über eine Prinzessin zu sprechen. Dann wiederum… “Sag mal, wirst du nicht ständig mit der Prinzessin verglichen? Würd mich ja nicht wundern, wenn deine Kunden von dir sonst was erwarten, nur weil wir bald hohen Besuch von den Inseln bekommen.” Es war ein ehrlicher Gedanke, den sie mit Skadi teilte, aus ehrlichem Interesse heraus und mit leichtem Unverständnis auf ihre Bemerkung, sie wäre neidisch auf die Prinzessin. “Ich bin nicht neidisch”, schüttelte sie den Kopf etwas entrüstet. “Als würde ich mit der Prinzessin tauschen wollen. Hab gehört, die da drüben haben überhaupt keine Freiheiten, wenn man nur mehr als zwei Gold pro Woche verdient. Leben richtig zurückgezogen und können sich wahrscheinlich nichtmal die Schuhe alleine binden.” Den Elefanten, dass sie nicht die Freiheit hatten, zu heiraten, wen sie wollten, sprach sie gar nicht erst an. Viele mochten die Reichen sicher für ihr Leben beneiden und sicher, auch Aurelia hätte nichts gegen den ein oder anderen Luxus oder einen arbeitsfreien Tag mehr; aber sie würde das, was sie hatte, nie gegen die Regeln eintauschen wollen, die sie dort oben erwarteten. So ne Liebhaberin von Leandros hingegen… “Na, vielleicht fühlt sich Leandros verschmäht und sucht jetzt ne Sommerländerin, um seinen verletzten Stolz zu heilen. Das spielt DIR doch nur in die Karten.” Aurelia kräuselte ihre Stirn und wischte die Blume lachend weg.
Da war der kleine Anflug von Zögern in Skadis Antwort, kaum dass sie gefragt wurde, ob sie jemand Besonderen auf den Festlichkeiten erwartete, und leider hatte sie eine kleine Spionin sich gegenüber sitzen, die genau wusste, was solch eine Stille bedeutete. Erst hob sich Aurelias rechte Augenbraue, dann formte sie ihre Lippen zu einem stummen ’Ah’. “Keine Präferenzen, ja?”, triezte sie ihre Freundin und beobachtete mit Freuden, ob sich etwas in ihrem Gesicht regte. Aber sie bohrte nicht weiter nach. In den Monaten - oder war es mittlerweile sogar ein Jahr? - Freundschaft mit Skadi hatte sie gelernt, ihre Privatsphäre zu akzeptieren, auch wenn es deutlich in Aurelias neugieriger Nase juckte. Es gab Dinge, die ließen sich auch mit Freundinnen nicht teilen und Skadi schien viele solcher Dinge mit sich zu tragen, so selten, wie sie über sich selbst sprach. Im Endeffekt machte das den Kern ihrer Freundschaft aus: Aurelia teilte alles mit ihr, über Liebe, Leben und Träume, und Skadi stellte genau die richtigen Fragen, damit ihr nie die Luft ausging. Wenn man so klassifizieren wollte, dann war Aurelia wohl die Sonne und Skadi der Mond, der sich in ihrem Schatten aufhielt, aber nicht weniger schön leuchtete. Kein Wunder, dass sie Gegenteile gewählt hatten und Aurelia nun ein Kotzgeräusch machte, kaum dass sie auf Markus angesprochen wurde. “Noch nicht lang genug her, Schatz.” Sie winkte ab und lehnte sich hinten gegen ihre Hand, während sie die Beine übereinander schlug. “Du kennst doch die Regel: Geh nie zweimal mit jemandem ins Bett, sonst wirds kompliziert. Männer binden sich so schnell.” Dass sie selbst schon ihre Portion an kompliziert eingesteckt hatte, kehrte sie mal geschickt unter den Teppich, und sicher war sie nicht das Paradebeispiel für das EInhalten dieser Regel. Bei Heofader, Regeln waren dazu da, um gebrochen zu werden. “Zwei Blocks von uns ist ein Schiffsbauer mit seinem Sohn hingezogen. Ledig, wohlgemerkt. Groß, kommt aus den Zwillingsstädten. Ich wär auch bereit zu teilen, wenn du zum Hafen kommst…” Ob Antonius vom Heer entlassen wurde, um mit ihnen zu feiern? Klar, dass er und sein Bruder nicht unter die Sparte Männer fielen, die Aurelia für einen gemeinsamen Abend in Betracht zog, sie wollte sicher keinen Krieg mit ihrer Schwester losbrechen (die Behauptung, dass Lydia nicht auf Antonius Bruder stand, konnte sie sich sonst wohin stecken). Sie wär aber auch nicht ganz so fein damit, ihn mit ihrer Freundin zu teilen. Im Zweifelsfall durfte sie sich dann das ganze Drama zwischen den beiden anhören und dazwischen stehen; nein danke.
