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A Drop of Life
09.10.1016 - 22:00
Wüste außerhalb von Dharan al-Bahr

Amra Aswad
Devan Naharis
Sommerland - Admin
Alter 31
Beruf Assassine
Wohnort Dharan al-Bahr, Matariyya
Stand Ledig
User Letha
#1
Ask the Desert
For the Cost of Rain

Die Schönheit der Wüste ließ sich nicht an ihrer Prächtigkeit messen oder der schieren Gewaltigkeit von Nichts, wenn Düne um Düne am Horizont die letzten Sonnenstrahlen verschluckten. Was man in der Hauptstadt als schön betitelte, die bunten Farben, die paradiesischen Gärten mit Vogelzwitschern, mit all dem konnte die Wüste nicht dienen, und viele fanden es erschreckend, wie arm sie an Leben war, wie unbarmherzig sie jeden Funken verschluckte und nicht zurückgab. Dabei war es die Abwesenheit von Leben, die sie so schön machte. Die Stille, weil kein Vogel zwitscherte, keine Ratte durch Dreck kroch, kein Wind durch die Gassen fegte; hier war man gezwungen, sich zu finden und mit sich in Einklang zu sein.
Wenn man die Wüste fragte, würde sie wahrscheinlich antworten, sie käme gut ohne Lebewesen zurecht, aber hin und wieder waren es doch genau jene Lebewesen, die sich in die Wüste verirrten und dort einnisteten. In der Windstille verriet eine Spur im Sand, dass sich ein Tier aus dem Sand grub und der Hitze strotzte, hier hörte man es einer Felsspalte kriechen, und die Wüste? Sie akzeptierte jene, die willens genug waren, sich ihren Bedingungen anzupassen und den Umständen zum Trotz zu überleben. Das hatte eine ganz eigene Schönheit an sich, die keine Stadt des Kontinents je würde replizieren können.

Fast lautlos bewegten sie sich über den Sandstein, so daran gewöhnt, das Gewicht gleichsam zu verlagern, dass sie in der ruhigen Geräuschkulisse kaum als Störung wahrgenommen wurden. Für Devan war die Wüste sein Zuhause, ein Überbleibsel aus den Schatten seiner Kindheit, die heute besonders lange Strecken schlugen. In dem Schein des fast vollen Mondes brauchten sie keine Fackeln, um sich zurechtzufinden, genauso wenig wie Zariyah jemanden brauchte, der sie über die Dünen und Steppen an ihr Ziel leitete. Knapp hinter ihr zurückgefallen, betrachtete Devan den schmalen Rücken mit den knochigen, sehnigen Schultern, die durch die sandfarbenen Stoffbahnen prominent hervorlugten. Ihre schweren Locken waren sorgfältig nach hinten gesteckt, um ihr nicht lästig ins Gesicht zu fallen - genau in der gleichen Manier, wie er pflegte, seine Haare in der Wüste nach hinten zu stecken. Sicher bewegte sie sich auf dem Sand, bis er hartem Stein wich, und Devan trat in ihre Fußstapfen, weil Zariyah sie genauso sicher setzte, wie er sie setzen würde. Eine Armlänge trennte sie voneinander, die sich auch nicht dezimierte, als sie plötzlich stehen blieb und jeder andere vermutlich in sie reingelaufen wäre. Jeder andere, der nicht Devan hieß und nun einen Blick über ihre Schulter warf auf den Felsen, der sich vor ihnen auftürmte.
“Sind wir da?”, fragte er in die Stille hinein, seine Stimme durch den Stoff vor seinem Gesicht leicht gedämpft. Sein Blick kletterte hoch an dem großen, nackten Felsen, der das Mondlicht abschirmte und einen großen, schwarzen Schatten vor ihre beiden Füße warf, dann richtete er sich wieder auf die junge Frau vor ihm. Noch bevor sie ihren Weg fortsetzen konnte, legte sich seine Hand auf ihre Schulter und hinderte sie an ihrem Vorhaben. Ohne Worte nickte er auf die Stelle vor ihr.
Ein kleiner Skorpion krabbelte über den Boden an ihnen vorbei, genau den Weg kreuzend, den Zariyah mit ihrer Fußsohle gewählt hätte. Devan, der Lebewesen durchaus schätzte, würde nicht einfach seine Vorstellung von Gleichgewicht wegwerfen und dem Tier ein schnelles Ende bereiten. Nicht, wenn es nicht notwendig war. Nicht, wenn Skorpione - im Gegensatz zu Menschen - den Regeln der Wüste nicht strotzen, sondern sich ihnen anpassten.
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Sommerland
Zariyah Silk
Sommerland
Alter 24
Beruf Assassine
Wohnort Dharan al-Bahr
Stand Ledig
User Lia
#2
Es war immer ein Tanz gewesen, den sie und Devan führten. Ein Tanz, bei dem jeder Schritt, jeder Blick, jede Bewegung nur einen Wimpernschlag entfernt von Leben oder Tod bedeutete. Zariyahs Augen schienen vom nahezu taghellen Mondlicht gefangen zu sein, doch Wirklichkeit hatte sie ihr Ziel am nahen Horizont schon seit einer Weile im Blick. Sie kannte den Felsen, kannte jedes einzelne Rissmuster, jeden noch so winzigen Vorsprung, der sie davor bewahrte, unhaltbar in ihr Verderben zu stürzen. Und sie kannte die Geschichten, die ihm die Wüste eingeprägt hatte. Der Monolith, so viel größer und erhabener als all die anderen der Region, war mehr als nur ein Hindernis. Er war eine Mahnung, ein Sinnbild der ständigen Herausforderung, die in dieser endlosen Leere auf sie wartete. Die Wüste war nie einfach. Sie war ein Gegner, der niemals nachließ, der nie Erbarmen zeigte. Sie kannte keine Gnade, und doch war sie mit ihr verbunden – nicht aus Liebe, sondern aus Notwendigkeit.

Devans Anwesenheit war selten geworden. Und vermutlich gerade deswegen mehr als erwünscht. Er war der Schatten in ihrem Rücken, der mit seinen leisen Schritten, die nur sie im Ansatz zu vernehmen wusste, die allgegenwärtigen Stille aufbrach. Die eine Armlänge zwischen ihnen war nie zu viel, nie zu wenig. Der Abstand war genug, dass sie die Kontrolle behielt, aber auch nahe genug, um die feine Spannung zu spüren, die ihn umgab. Die Verbindung zwischen ihnen war eine jener, die zwischen zwei Überlebenden der Wüste bestand, zwischen zwei Menschen, die sich an den Härten dieser Welt geschärft hatten. Ob nun gewollt oder nicht. Und Devan wusste es, er wusste, dass Zariyah dieses Mal nicht einfach nur mit ihm ging. Sie führte ihn, genauso wie er sie sonst immer führte. Ihre Schritte waren synchron, der Rhythmus der Wüste, das schwere Atmen des Windes, das Lächeln der Düne, die vom Mond küssende Nacht. Nichts, was die Wüste ihnen antun konnte, würde ihre Schicksale jemals voneinander trennen können. Und dennoch war es etwas in dieser Stille, dass sie etwas anderes fühlte. Etwas, das sie tief in ihrem Inneren zu verstecken versuchte. Diese Kluft zwischen ihnen, das, was Devan beigebracht und was sie zu tun gedachte, schürte eine Unruhe in ihr, die sie nicht zu benennen wusste.

»Alle Achtung«, beantwortete sie seine Frage - ob der Offensichtlichkeit der Antwort - mit einer feinen Spur Spott, als sie die Hand auf ihrer Schulter spürte und in instinktivem Vertrauen jegliche Bewegung einstellte. In diesem Augenblick nahm sie auch schon die flinke Bewegung im Staub wahr. Ein Skorpion. Ein winziges, aber gefährliches Tier, dessen Königreich sie ungefragt betreten hatten. Sie kannte seine Art, kannte die Wirkung seines Gifts genauso gut wie den röchelnden Klang derjenigen, die daran starben. Devan hatte einen anderen Blick auf das Leben in dieser trostlosen Weite. Wertete sie anders. Zariyah beobachtete den Skorpion, der mit seiner schnellen, fast unmerklichen Geschwindigkeit über den Boden glitt, die Bewegung so präzise wie der Moment, den sie sich im Geiste ausmalte. Es war keine Frage, was sie mit dem Tier tun würde. Es wäre eine kurze Bewegung gewesen, und der Skorpion hätte schnell und schmerzlos ein anderes Schicksal erlitten und sie selbst wäre um einen Giftstachel reicher. Doch nicht jetzt. Nicht hier. Devan hatte etwas anderes erwartet, und vielleicht, nur vielleicht, war es nicht an ihr, ihm diese Entscheidung abzunehmen. Die Wüste war ein Ort, an dem auch der Tod in seinen vielen Formen einen Teil des großen Kreislaufs bildete. Man tötete nur, wenn es nötig war. Der Skorpion, er lebte, weil er es konnte, weil er sich dem Überlebensdrang der Wüste unterwarf, genauso wie sie.

Ihre Augen ruhten nun wieder auf dem Felsen, auf der rauen, fast spiegelglatten Steilwand, die vor ihnen lag. Der Mond warf gleißende Reflexe und machte sie nur noch bedrohlicher, als wäre der Felsen selbst ein Wachposten der Wüste, der keinen Eindringling durchließ. Zariyah spürte die vertraute Präsenz des Mannes an ihrer Seite – seine Bewegungen, sein Blick, all das, was ihn ausmachte. Doch in diesem Moment war sie sich bewusst, dass es mehr brauchte als Vertrauen, um dieses Hindernis gemeinsam zu überwinden. Ihre Aufgabe war es, ruhig zu bleiben, die Anspannung abzubauen und einen Weg nach oben zu finden. Routiniert prüfte sie den Felsen, suchte nach den bekannten Vorsprüngen, nach den winzigen Spalten, die der Wind und die Zeit im Stein hinterlassen hatten. Es gab keine offensichtlichen Routen, die den Aufstieg leicht machen würden. Die Steilheit des Felsens war eine Herausforderung, selbst für sie, geschweige denn für jemanden, der dieses steinerne Monstrum noch nie erklommen war. Der Felsen würde mit jedem Zoll mehr zu einem erbitterten Feind werden, der es ihnen nicht leicht machen würde, die begehrte Pflanze zu erreichen.

»Es wird nicht ungefährlich«, erwähnte Zariyah beinahe im Plauderton, sich durchaus bewusst, dass ihr ehemaliger Lehrmeister alles andere als lebensmüde war. Sie musterte ihn kurz, eine Miene, die die Brutalität der Herausforderung wiedergab, doch in ihren Augen glomm etwas, das an kompetitiver Abenteuerlust grenzte.
»Solltest du eine Hand benötigen, alter Mann, so scheue dich nicht zu fragen.« Längst blickte sie wieder hinauf zu ihrem fernen Ziel, er konnte ihre schalkhaft schimmernden Iriden nicht sehen, doch das absurde Vergnügen in ihrer Stimme war unüberhörbar. Ihre Hand glitt über den schwarzen Stein, als sie sich bereit machte, den ersten Fuß in die Wand zu setzen.
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Amra Aswad
Devan Naharis
Sommerland - Admin
Alter 31
Beruf Assassine
Wohnort Dharan al-Bahr, Matariyya
Stand Ledig
User Letha
#3
Devan glaubte nicht daran, dass gute Taten irgendwann auf einen zurückfielen und sich ausbezahlten. Er hatte Menschen gesehen, die genau im Gegenteil handelten und so viele unschuldige Menschenleben auf dem Gewissen hatten, dass drei Leben nicht reichen würden, um ihre Schuld abzubezahlen; und doch beschritten sie immer noch die gleichen Wege und lachten dasselbe Lachen. Eine Tat definierte nicht die persönliche Zukunft, sie war ausschlaggebend für das Gleichgewicht dieser Minute, dieser Sekunde. Wenn ein Mensch starb, dann waren es nicht die vergangenen Taten, die ihn vor Heofader oder anderen Göttern reinwuschen; es war das Unterbinden seiner Taten, das sein Umfeld beeinflusste. Jede Tat verlief ins Nichts, genau dort, wo ihr Weg sie alle eventuell hinführen würde. Wenn er also einen Skorpion seinen Weg passieren ließ, dann erwartete er nichts. Es war nur ein weiteres, winziges Gewicht, das das Leid der Welt in diesem Moment ausbalancierte.
Jahre des Trainings hatte er gefüllt mit diesem Verständnis, und doch hatte die junge Frau vor ihm nie richtig verstehen können, was es hieß, einen Skorpion leben zu lassen. Es war kein Akt ihm zuliebe, ihrem Lehrer, sondern setzte ein Bild voraus, das sie vor ihren Augen zwar sah, es aber nie hatte berühren können. Devan nahm die Hand von ihrer Schulter, als der Skorpion im Sand verschwand. Manchmal fragte er sich, ob er nicht einen Fehler gemacht hatte.

Seine Augen ruhten nun auf dem Felsen, groß und beständig, wie er sich aus seinen kleinen Brüdern abhob und den beiden Wanderern den Weg versperrte. Auch aus dieser Nähe leuchtete die Oberfläche glatt und ließ kaum Vorsprünge erkennen, die sich Finger und Füße zu nutzen machen könnten. Er war hoch genug, dass ein Fall vor dem Ziel einen sicheren Tod bedeutete und Devans forschende Augen, sein Kopf etwas in den Nacken gelegt, ließen erkennen, dass er abwägte, ob es das wert war. Nicht nur in ihrer Denkweise unterschied Zariyah sich von ihm. Ihr Körper war der einer Tänzerin, lang und gelenkig - seiner war der eines Geparden, kompakt und sehnig. Ihre Erfahrung war ihren Fingern anzusehen, die sich in Erinnerung an den richtigen Stein klammern würden, während sie sich an die Mauer pressen und eins von ihm wurde. Sein Verstand sagte ihm, dass er alleine niemals den Versuch wagen würde, im trügerischen Halbschatten einen Felsen zu erklimmen, der genau für den Tod gemacht zu sein schien, den er hier mitten in der Wüste ausstrahlte. Aber auch zwischen seinen Fingern kribbelte die Erinnerung; ein dunkler Faden, der sich durch seine Blockade zog und erzitterte, als Devan sein Gewicht verlagerte. “So sieht es aus”, antwortete er und schob den Stoff von Mund und Nase unter sein Kinn, in seinem Blick der Entschluss, den seine Worte nur wiedergaben. Was ihm fehlte, strahlte sie in doppeltem Maße aus; der Funke an Lebendigkeit, der durch Zariyahs Adern zuckte und die feinen Muskeln unter den Stofflagen aktivierte. In ihm zeigte sich nur das mentale Schulterzucken auf die innere Frage, ob er den Aufstieg überleben würde. Wenn nicht, dann war die Welt einen anderen Menschen los, der viele Leben auf dem Gewissen hatte.
Niemand würde nach zehn Jahren noch nach dem Mann fragen, den Zariyah alt nannte. Es war sein Name, der sich durch die Straßen trug, während die Frau vor ihm wie so oft damit kämpfte, dass er ihren Humor, so wie jeden anderen Humor, nicht vollständig nachvollziehen konnte. So zog er nur eine Augenbraue in die Höhe und war kurz davor, sie darüber zu belehren, dass er noch nicht unter die Definition alt zählte, ließ es dann aber bleiben und schob sich an ihr vorbei, um den Felsen von nächster Nähe aus zu betrachten. “Ich werde neben dir klettern. Sollte ich fallen, kannst du am schnellsten reagieren.” Ganz bewusst erwähnte er nicht die Möglichkeit, dass es auch Zariyah sein könnte, die einen falschen Fuß setzte, erschien dies im Vergleich zu seinem Fehlverhalten doch weitaus geringer. Er ließ auch gar nicht erst den Gedanken zu, dass dies eine Art Wettkampf sein würde - längst waren sie über den Zeitpunkt ihres Trainings hinaus, dass sie sich gegen ihn und nicht mit ihm behaupten musste. In seinen Augen hatte er ihr längst alles beigebracht, in vielen Bereichen übertraf sie ihn sogar. Es lag nun an ihr, seine Philosophie anzunehmen oder nicht.
Abwesend verstärkte Devan den Hand der Bandagen um seine Handflächen, ließ seine Finger aber unbandagiert, da er sie zum Fühlen brauchte. Er zog auch seine Schuhe aus, die zur Wüstenwanderung und nicht zum Klettern gemacht waren. Ein Bild, das ihn hin und wieder aufsuchte, kletterte aus den Schatten wie die wunden Füße eines Jungen, der darauf angewiesen gewesen war, die Rinde eines toten Baumes zu erklimmen. Ohne weitere Worte streifte er die Felswand entlang und legte schließlich die rechte Hand an einen kleinen Vorsprung. Sein Blick wanderte zu Zariyah, ein letztes, stummes Abstimmen, dann stemmte er seinen Fuß gegen die Mauer und stemmte sich hoch.

Es war kein Kräftemessen, wie es der kurze Lauf von Stadttor zu Stadttor war, sondern ein Marathon. Wer seine Kräfte nicht einzuteilen wusste, würde nie das Ziel erreichen, das über ihren Köpfen kokett vom Mondlicht beleuchtet wurde und sie zu verspotten schien. Oder vielleicht war es auch die Herausforderung, der er sich endlich stellen musste, eine stumme Frage der Natur, ob er es wert war. Mit ebenem Atem blendete er den Wind aus, der in der Höhe an dem Felsen vorbei schnitt, und den schmerzenden Druck in seinen Fingern, die einerseits von der Anstrengung und andererseits von der überraschenden Kälte kamen. Mit jedem griff nach oben fühlte er die Biegung des Steins und passte seinen Atem der Wölbung an, während er mit dem Tempo von Zariyah weiter nach oben glitt. Das, was sie ausmachte, waren nicht zwei Menschen, sondern eine Einheit, die an einem Strang zog. Die Zukunft lag vor ihnen, ein Leben ohne die Gewalt eines Königshauses, und die Gegenwart hatten sie fast erreicht.
Es war ein Atemzug zu viel, der Devan verließ, als er merkte, wie sein Fuß über den winzigen Vorsprung rutschte und sein Gleichgewicht gefährlich nach unten riss. Eine Bewegung, die in Zariyahs Augenwinkel schnell vonstatten gehen musste, als er seinen Halt für einen winzigen Augenblick verlor und seine Hand die Sicherheit des Felsens aufgeben musste. In einem Moment der Unsicherheit hielt Devan sein ganzes Gewicht in seiner rechten Hand, deren Knöchel vor Anstrengung weiß hervortraten.
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Sommerland
Zariyah Silk
Sommerland
Alter 24
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Wohnort Dharan al-Bahr
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User Lia
#4
Der Moment, in dem Devan begann, sich auf den Aufstieg vorzubereiten, war voller Kontraste: Ihre Blicke ruhten auf seinen Bewegungen – ruhig, bedacht, methodisch. Jede seiner Handlungen schien durchdacht, aber da war auch diese leise Skepsis, die ihn immer begleitete, wenn es um eine Herausforderung wie diese ging. Barfuß. Sie selbst hatte an diesem Ungetüm längst das Vertrauen in ihre Hände und Füße gewonnen, in vielen Narben und Schwielen, die die Wüste und unzählige Kletterpartien hinterlassen hatten. Sie selbst trug keine Bandagen – dieser Felsen war ihr Feind und zugleich ein vertrauter Tanzpartner, der nur auf einen falschen Schritt wartete. Es war nicht das erste Mal, dass sie diesen Giganten bezwang. Vielleicht war es das fünfte oder sechste Mal, und dennoch war jeder Aufstieg einzigartig. Der Stein veränderte sich, wurde glatt geschliffen vom Sand, vom Wind, von der Zeit. Und doch wusste sie, wie sie ihn zu lesen hatte. Während Devan sich vorbereitete, ließ sie die Vergangenheit durch ihre Gedanken ziehen. Wie oft war sie schon hier gewesen, wie oft hatte sie diese lebensgefährliche Wand bezwungen – für gewöhnlich allein. Aber mit Devan war es anders. Seine wortkarge Art, sein Schweigen, das mehr sagte als tausend Worte, ließ sie innehalten. Sie verstand ihn, vielleicht besser als die meisten, und genoss seine Präsenz, auch wenn sie nichts sagten. Manchmal reichte das Gefühl, dass jemand da war, jemand, dem sie vertraute, vollkommen aus.

Sein Vorschlag, nebeneinander zu klettern, ließ sie für einen Moment innehalten. Sie warf ihm einen Blick zu, prüfend, aber nicht wertend. Dass er von der Möglichkeit eines Sturzes sprach, berührte sie kaum. Natürlich konnte einer von ihnen fallen – das Risiko war immer da. Aber sicherlich nicht Devan. Er war ihr Lehrmeister gewesen, die Person, die ihr diese Welt gezeigt und sie in all ihren Facetten geschärft hatte. Der Mensch, der ihr den Geschmack von Freiheit verschafft hatte. Die Möglichkeit, dass er scheiterte, war in ihren Augen so unwahrscheinlich, dass sie nur leise nickte. »Gut«, bestätigte sie. Kein Widerwort, kein Zögern. Sie vertraute ihm, wie sie sich selbst vertraute.

Die ersten Meter waren einfach, eine Art Aufwärmen für das, was noch kommen würde. Ihre Finger fanden die kleinen Rillen und Vorsprünge, die ihre Muskeln testeten, und sie bewegte sich mit einer Präzision, die sie in jahrelangen Versuchen und Verfehlungen erlangt hatte. Ihre Füße tasteten nach Halt, jeder Schritt war bedacht, und doch wirkte es fast mühelos. Der Stein war noch erhitzt von der langsam schwindenden Wüstenhitze unter ihren Händen, nahezu verlockende, winzige Vorsprünge hier und da, aber sie wusste, wie sie ihren Körper zu halten hatte. Und vor allem, wo. Der Aufstieg war kein Kampf, sondern ein Dialog. Der Felsen sprach in seiner Sprache, und sie antwortete. Es war wie ein Tanz, bei dem jede Bewegung auf die andere abgestimmt war. Mit der Zeit fiel sie in eine Art meditativen Zustand. Ihr Atem wurde ruhig, gleichmäßig, fast unhörbar. Sie lauschte dem Wind, der leise über ihnen pfiff, spürte die rasch abkühle Nachtluft auf ihrer Haut. Es gab nichts außer dem Moment – den Kontakt ihrer Haut mit dem Stein, die Spannung in ihren Muskeln, die Stille, die sie umgab. Jeder Griff, jeder Schritt war ein Teil eines größeren Ganzen, und sie ließ sich davon tragen, wurde eins mit der Wand, mit der Bewegung.

Doch dann geschah es.

Ein plötzlicher Laut riss sie aus ihrer Trance – ein kurzes, scharfes Geräusch von rutschendem Gestein. Ihr Kopf schnellte herum, ihre Augen fanden Devan. Sein Fuß hatte den Halt verloren, und für einen Moment war sein Körper im Ungleichgewicht, von nur noch vier Fingergelenken gehalten. Es war ein Anblick, der ihr Herz für einen schrecklichen Moment stocken ließ. Doch bevor Panik sie überwältigen konnte, handelte sie. Ohne zu zögern, löste sie eine Hand vom Felsen, schob ihren Körper seitlich, sodass sie näher an ihn herankam. Ihre nun freie Hand streckte sich aus, fand seinen Arm, und mit einer Kraft, die man ihrer zierlichen Gestalt nicht zugetraut hätte, hielt sie ihn. Der Ruck, als sein Gewicht ihr Gleichgewicht bedrängte, war gewaltig, und sie spürte, wie reißender Schmerz durch ihre Schulter jagte, doch sie ließ nicht los. Sie konnte nicht. Ihre Beine suchten instinktiv nach einem besseren Halt, fanden einen kleinen Vorsprung, der ihr die Stabilität gab, die sie brauchte. Ihre Finger krallten sich um seinen Arm, während ihre Muskeln unter der Belastung zitterten, sie verengte mit beinahe wütenden Miene die Augen. Mit einer langsamen, kontrollierten Bewegung zog sie ihn näher an die Felswand, die Zähne zusammenbeißend, während sie ein schmerzerfülltes Stöhnen nicht unterbinden konnte.
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Amra Aswad
Devan Naharis
Sommerland - Admin
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User Letha
#5
Ein Herzschlag konnte eine Sekunde bedeuten, oder eine Minute. Eine Ewigkeit konnte in einem Atemzug vorbeiziehen und die Vergangenheit mit sich nehmen, die Zukunft anstreben und sich in der Gegenwart bündeln, wo dieser eine Moment zählte, dieser Weg zwischen Leben und Tod, den man auf einem Faden bestritt. Irrsinnig, wie nahe die unterschiedlichen Seiten einer Münze beieinander lagen und wie oft man auf ihrer Kante schritt, ohne das Schicksal absichtlich herauszufordern. Solche, die sich mit Absicht dem Risiko stellten, waren sich der Nähe zum Tod natürlich bewusst; so wie Devan nur ein Fingergelenk vom Stein lösen musste, um in die Tiefe zu stürzen. In solchen Momenten, die fern von jeglicher Kontrolle herbeigeführt wurden, erforderte es mehr Kraft, auf der Seite der Münze zu bleiben, statt sie umzudrehen. Es war ein Tanz zwischen Leben und Tod, den Devan auswendig kannte, den er bei anderen zu Genüge beobachtet und dessen Ausgang selbst herbeigeführt hatte. Ja, ein Teil von ihm hatte die eigene Münze schon vor einer Ewigkeit umgedreht. Und doch fand er sich hier, mit vier Fingergelenken, die sich an dem Felsen festklammerten und es war so eine Ironie, dass ausgerechnet er kurz davor war, von der Kante zu kippen, über die er sein ganzes Leben gewandelt war. Die er auf Händen und rückwärts wandeln konnte, immer irgendwo zwischen Leben und Tod, so bekannt mit dem Zwielicht dazwischen, dass er sich in diesem Moment fragte, wie sein Schicksal entscheiden würde, wenn er gar nichts tat. Wie lange würde er sich halten können, wenn er keine Mühen in die Tat steckte?

Die Entscheidung wurde ihm abgenommen, als er starke Finger um seinen Arm spürte, die ihn für einen Moment noch mehr aus der gefährlichen Balance brachten, ihm aber schnell den nötigen Rückhalt gaben, um die Situation zu seinen Gunsten zu drehen. Sein Blick kreuzte den von Zariyah und er brauchte den schmerzverzerrten Ausdruck nicht deuten, um zu wissen, was für Kräfte dieser Moment von ihr abverlangte. Jetzt, wo nicht mehr nur sein Leben über der Münzkante balancierte, handelte er instinktiv und glich das Gewicht, das sie halten musste, schnell mit mehr Kraft von seiner Seite aus. Trotz der kühlen Nachtluft stand ihm der Schweiß auf der Stirn, jeder Muskel aufs Äußerste angespannt, während seine linke Hand über den Stein schabte, bis er endlich einen Vorsprung zu fassen bekam. Mit einem gepressten Laut tief durch die Brust zog er sich in ein Gleichgewicht, dass es ihm erlaubte, Halt mit einem Fuß, dann mit dem anderen Fuß zu finden.
Dann war alles still.
Die Wüste kannte den Tod und wie er sich anhörte; kein Wind pfeifte ihnen um die Ohren, kein Geier zog seine Kreise tief genug, um seine Flügelschläge zu hören. Es war der Vorhang zwischen Leben und Nichts, der sich in der Leere so bemerkbar machte, als Devan spürte, wie die Hand des Todes seine Schulter streifte und wieder verließ. In den Minuten, die er brauchte, um seinen Puls zu beruhigen, ruhte sein Blick immer noch auf Zariyah, ohne ein Wort an sie zu verlieren. Das Schwarz seiner Augen sagte genug. Wieder hatte sie ihr Leben in die Waagschale gelegt, um ihn zu retten - so wie er es ohne zu fragen hunderte Male mit seinem getan hatte.

Gelöster Kiesstein knisterte unter seinen Fingerkuppen, als er sich den letzten Zentimeter bis zur Spitze hochzog. Devans Atem ging unregelmäßig und seine Muskeln zitterten ob der ungewohnt langen Anstrengung, während er das letzte Mal sein eigenes Körpergewicht in die Höhe stemmte und auf der glatt geschliffenen Plattform zum Liegen kam. Hier oben pfiff der Wind und blies einem Sandkörner in die Augen, weshalb er seinen Schal über die Nase zog und durch den Stoff atmete. Es brauchte weitere Minuten, bis er sich in eine sitzende Position aufrichtete und über die weiten Dünen schaute, wie sie sich unter dem Wind wellten und in der Ferne das Leuchten der Hauptstadt preisgaben. Es bedeutete ihm nichts - nicht wirklich. Er verspürte keine Freude daran, es bis hier oben geschafft zu haben oder die atemberaubende Aussicht zu genießen, die den meisten Menschen verwehrt blieb. Das Einzige, was ihn nicht kalt ließ, war die Präsenz neben ihm, die ihm so stark ähnelte, dass er sich manchmal fragte, ob sie aus denselben Schatten geformt waren. Ob es deswegen so selbstverständlich war, sein Leben für ihres zu geben?
„Danke“, wehte seine Stimme über die Platform, rau und heiser wie der Sand, der sich in ihrer Kleidung festsetzte. Devan kannte ihre Antwort bereits, ohne dass Zariyah sie aussprechen musste, so wie er wusste, dass es nicht notwendig war, ihr zu danken. Dennoch wollte er es gesagt haben, und er wollte ihre Stimme hören.
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Zariyah Silk
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User Lia
#6
Der Moment, in dem Zariyah sah, wie Devan Halt fand, traf sie wie ein tiefer, erlösender Atemzug nach zu langem Luftanhalten. Die Welt stand für einen winzigen Moment still – eine absurde, lautlose Stille, die ihren pochenden Schmerz übertönte. Ihre Finger, die sich noch verkrampft in den rauen Stein krallten, zitterten. Der Schmerz in ihrer Schulter war überwältigend, pulsierend, brennend, aber es war ein Schmerz, den sie begrüßte wie einen alten Feind, den man beim Namen kannte. Denn er war das Zeichen dafür, dass Devan lebte. Dass es nicht umsonst gewesen war. Sie sog scharf die Luft ein, doch nicht wegen der Pein. Die Erleichterung drohte sie fast zu überwältigen – diese schrecklich rohe, fast brutale Erleichterung, die einem die Beine unter dem Körper wegziehen kann. Sie war kein Freund dieser Art von Emotionen. Und doch konnte sie sich diesem Gefühl nicht entziehen. Nicht jetzt.

Der Vorsprung, der letzte, befand sich nur noch wenige Meter über ihr. Ein Stück zerfurchter, aber breiter Fels, der sich gegen den Nachthimmel abhob, vom Himmelszelt in einen silbrigblauen Schleier getaucht. Dort würde sie sich ausruhen können. Denken. Atmen. Doch erst musste sie es dorthin schaffen. Ihr rechter Arm war nutzlos – ein schlaffer, schmerzender Fremdkörper, der leblos an ihrer Seite hing, während sich ihre gesamte Welt auf die linke Hälfte ihres Körpers verengte. Jeder Griff, jeder Tritt musste nun doppelt bedacht, doppelt ausgeführt werden. Kein Raum mehr für Präzision. Keine Spur von jener mühelosen Eleganz, die ihr sonst beim Klettern anhaftete, wie der Wüstensand an ihrer Haut. Zariyah fluchte nicht. Es gab keinen Platz für so etwas. Sie tat, was sie tun musste.

Mit verbissener Entschlossenheit bewegte sie sich weiter, zentimeterweise. Ihre Finger tasteten blind nach dem nächsten Halt. Ein Knie hob sich, drückte sich gegen den Fels, zog den Körper nach. Die linke Hand glitt immer wieder ab, fand dann wieder Halt – und das Gewicht ihres gesamten Daseins ruhte auf ihr. Der Schmerz in ihrer Schulter war ein Feuer, das bei jeder Erschütterung durch ihre Brust flackerte. Sie biss die Zähne zusammen, schmeckte Blut. Kein Gedanke mehr daran, wie sie aussah. Ob ihre Bewegungen anmutig waren, ob ihre Haltung zeugte von Kraft oder Kontrolle – das zählte nicht. Nur das Ziel. Nur noch dieser letzte Meter.

Endlich spürte sie den flachen Stein unter ihren Fingern. Keine Schräge mehr. Kein Zug nach unten. Ihre Füße fanden Halt, und sie rollte über die Kante wie eine Ertrinkende, die ans Ufer gespült wird. Sie schlug auf dem Fels auf, hart, die Luft wurde ihr aus den Lungen gepresst, und sie blieb reglos liegen – flach auf dem Rücken, Arme ausgestreckt, die verletzte Schulter grotesk verdreht, der Blick starr in den Himmel gerichtet. Keine Worte. Kein Blick zu Devan. Nur der Wind über der Kante, der feinen Staub in ihre Kleidung trieb, die überstrapazierte Stille der Höhe und das schmerzvolle Hämmern ihres Herzens. Sie rang nach Luft, keuchend, als würde jeder Atemzug neu gelernt werden müssen. Der Schmerz war überall – in der Schulter, in den Fingern, in den Oberschenkeln, im Nacken. Aber sie begrüßte ihn. Er war der Preis, den sie bereitwillig gezahlt hatte. Die Jahre des Trainings, der Schmerzbewältigung, der Übungen, all die Lektionen über Disziplin und Körperkontrolle hatten genau zu diesem Moment geführt.

Schmerz ist eine Entscheidung. Ein Zustand, den man akzeptiert oder bekämpft. Sie entschied sich für ersteres.

Als sich ihr Atem allmählich beruhigte, schloss sie die Augen. Nur einen Moment. Dann zwang sie sich, die Lider zu öffnen, den Körper zu bewegen. Jeder Muskel schrie. Ihre linke Hand stützte sich auf, sie rollte sich zur Seite und kämpfte sich in eine aufrechte Position, wobei ihr Gesicht bleich war, der Schweiß ihr über die Stirn rann, ihr rechter Arm schlaff wie ein Seil an ihrer Seite baumelte. Dann hob sie den Blick. Devan saß nicht weit entfernt, den Blick in die Ferne gerichtet. Die Silhouette ruhig, fast wie ein Teil des Felsens selbst. Er sprach. Ein einziges Wort, weich, rau und bedeutungsvoll.

Zariyah jedoch blinzelte nur. Und sagte nichts.

Ihre Miene blieb ausdruckslos, doch in ihren Augen flackerte etwas – kein Zorn, auch kein Groll. Nur… Müdigkeit. Und eine bittere Entschlossenheit. Ohne ein Wort ging sie zu ihm hinüber – drei Schritte, jeder wenig geschmeidig, vielmehr wacklig. Sie hob das linke Bein und trat ihn. Nicht mit voller Kraft – dafür fehlte ihr die Energie – aber gezielt, mitten gegen seinen Oberschenkel. Kein Tritt, der verletzen sollte. Aber einer, der schmerzte. Der sprach. 

Dann ließ sie sich neben ihn nieder, stützte sich mit der gesunden Hand ab, den verletzten Arm schützend vor sich gehalten, und atmete schwer durch. Noch immer kein Blick zu ihm. Noch immer kein Wort zu seinem Dank. Doch dann – leise, rau, zwischen Zähnen hervorgepresst, mit dem bitteren Nachhall von Pflicht und Notwendigkeit: »Richte sie ein.« Kein Bitte. Kein Tonfall der Schwäche. Nur eine klare, schmerzhafte Anforderung. Sie wusste, dass er es konnte. Er musste es tun. Jetzt. Und sie würde es ertragen. Sie hatte Schlimmeres ertragen. Aber sie würde verdammt sein, wenn sie ihn dafür auch noch mit einem Lächeln belohnte.
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Amra Aswad
Devan Naharis
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User Letha
#7
Nur der Wind wehte über die Plattform, unbegleitet und einsam einzelne Sandkörner über den Abgrund tragend. Dumpfe Schritte vibrierten durch den Stein und Devan musste sich nicht umdrehen, um zu wissen, dass Zariyah sich ihm näherte. Uneben, die Schritte. Unfähig, das Gleichgewicht zu verteilen und die angestrengten Gelenke zu schonen. Verletzt, warnte ihn die innere Stimme durch seinen eigenen lauten Puls, da hielten die Schritte hinter ihm inne und Sand schabte über den Stein. Es war der Moment vor dem Tritt, der ihn warnte, die Stille, die ihn reagieren ließ, bevor seine Gedanken hinterher hechteten. Auch, wenn er beabsichtigt hätte, sich treffen zu lassen, waren seine Reflexe schneller und hoben sein Knie aus dem Schneidersitz, dass Zariyahs Tritt nicht schmerzte, sondern nur weiches Fleisch traf. Aus der gleichen Bewegung heraus drehte sich Devan von ihr weg und richtete sich in einer fließenden Bewegung auf. Sie saß, er stand ihr zugewendet, sie ihre Schulter schützend, er aufrecht auf sie hinabblickend. Im Mondlicht erkannte er den Grund für ihren unebenmäßigen Gang und wusste bereits, was zutun war, bevor sie ihn mit drei Worten unter hervorgepressten Zähnen dazu aufforderte.
Keine Zeit verstrich, ohne genutzt zu werden; ein ausgebildeter Assassine sah keine Notwendigkeit darin, seine Schülerin länger als nötig unter dem Schmerz leiden zu lassen, der sich ohne Zweifel durch ihren ganzen Arm zog, bis in ihre Brust strahlte und ihre harte Fassade vor ihm zu Sand gerinnen ließ. Ohne Umschweife kniete er sich hinter sie und besah sich den Winkel der Ausrenkung unter dem Mondlicht, dunkle Haut gehalten von rauen, farblosen Leinen. Er kam ihr näher, als er einen Handballen auf die Schulterspitze legte, sein Atem streifte ihre Haut, während er die andere Hand auf ihr Schulterblatt legte. Den Atem angehalten ertastete er den Winkel fast feinfühlig, wusste doch, dass sie jeden Zentimeter Bewegung spürte. Dann hielt er den Atem an. In einer einzigen Bemühung spannten sich jeder Muskel an, und in einem Ruck gab das Schultergelenk dem Druck nach und schob sich in seine ursprüngliche Position zurück.
Jeder Assassine war sich den Schmerzen bewusst, die innerhalb eines Herzschlages explodierten und im nächsten Herzschlag fast verstummten, ein Aufschrei der Nerven, in Nachwehen dumpf und trotzig gegen die verletzte Stelle pochend. Eine solche Verletzung war nicht auf die leichte Schulter zu nehmen, wenn man seine Beweglichkeit nicht einbüßen wollte, weshalb sie den beiden Wüstenwanderern heute wohl kaum in die Karten spielte. Mit einem Blick über die Klippe, sachte vom Mondlicht beleuchtet, entfernte sich Devan ein wenig von seiner Schülerin, wickelte den Schal von seinem Hals und knotete daraus eine Schlinge, bevor er sie Zariyah über den Kopf stülpte. In seiner pragmatischen, aber nicht groben Art fächerte er den Stoff über ihre Schulter, nahm den verletzten Arm und legte ihn hinein. Er war sich der Verantwortung bewusst, die er für ihre Schmerzen trug, aber er entschuldigte sich nicht.
“Ruh deinen Arm aus”, merkte er stattdessen an. “Wir klettern mit Anbruch der Dämmerung runter.” Der Wind trug seine Stimme, und doch hatte sie etwas von der Festigkeit der Felsen, geübt im Umgang mit Schülern und wie er Entscheidungen zu übernehmen hatte, wenn er mit Zariyah unterwegs war. Ihres Dickkops und jungen Übermüdigkeit geschuldet würde sie zu ihren Kräutern greifen und den Schmerz betäuben, bis sie unten waren; er kannte sie gut genug dafür. Aber ein betäubter Schmerz war kein Ausgleich für eine geschwächte Schulter, die in einem entscheidenden Moment nachgeben konnte. Was sie brauchte - wie er - war Ruhe, für ein paar Stunden, um Kraft zu sammeln und den Weg nach unten nicht in völliger Lebensmüdigkeit zu bestreiten.
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Sommerland
Zariyah Silk
Sommerland
Alter 24
Beruf Assassine
Wohnort Dharan al-Bahr
Stand Ledig
User Lia
#8
Der Moment, in dem sich Devans Hände auf ihre lädierte Schulter legten, war wie das erste Knistern eines Gewitters in der Ferne – kaum hörbar, kaum greifbar, aber voller Bedeutung. Zariyah blieb reglos. Ihre Lippen blass, die Atmung flach, der Blick auf einen Punkt am Horizont gerichtet, der nichts mit diesem Ort zu tun hatte. Und doch nahm sie alles wahr: die vorsichtige Spannung in seinen Fingern, die fast beiläufige Präzision seiner Bewegungen, das behutsame Tasten entlang ihrer Knochen. Er hatte das schon unzählige Male getan. An sich selbst. An anderen. Nie an ihr.

Der Schmerz war da – ein pochender Puls unter ihrer Haut, so heftig, dass sich feine Schweißperlen entlang ihrer Wirbelsäule und ihrer Schläfen bildeten. Zariyah biss die Zähne aufeinander, der Druck in ihrem Kiefer übertrumpfte fast den in ihrer Schulter. Aber sie wollte den Moment halten. Ihn konservieren, einfrieren. Seine Nähe war nicht neu – sie hatte Seite an Seite mit ihm gekämpft, war ihm gefolgt durch Nächte ohne Mond, Tage voller Entbehrungen. Und doch war etwas an dieser Berührung anders. Nicht vertraut oder Intim, nur auf eine wortlose, schmerzlich sachliche Weise fast zärtlich.

Der Moment zersprang, als das Gelenk mit einem widerwärtig sauberen Knack zurück in die Pfanne glitt. Zariyah riss kurz die Augen auf, ihre Pupillen weiteten sich, nicht vor Schock, sondern vor dem Echo des Schmerzes, der durch ihren Körper fegte, als wollte er jeden Nerv aufbäumen lassen. Dann … nichts. Nur noch ein dumpfes, vibrierendes Pochen. Ein mattes Brennen. Sie holte bebend Luft. Spürte, wie ihr Herz noch immer gegen ihre Rippen schlug, als wolle es heraus aus diesem Körper, der so viel aushielt, zu viel vielleicht. Langsam, mit einer Kontrolle, die ihr kaum gehörte, hob sie den Arm leicht an. Die Beweglichkeit war zurück – eingeschränkt, ja, aber brauchbar. Der Schmerz? Noch da. Aber auf eine Weise, die sie kannte. Wie ein Schatten, der bei jeder Bewegung mitschwang, aber keinen Anspruch mehr erhob.

Sie senkte den Blick, sah die Finger ihrer rechten Hand zuckend über der versehrten Schulter ruhen. Dann spürte sie Bewegung. Wie ein Schatten tauchte Devan vor ihr auf, knotete mit ruhigen Fingern sein Staubtuch zu einer improvisierten Schlinge. Zariyah beobachtete es ohne ein Wort. Ihr Blick fiel auf den Stoff, erkannte die feinen Körner Sand, die sich in die Fasern gesetzt hatten. Der Gedanke, ihn darauf hinzuweisen, blitzte auf – Staub war gefährlich, schlich sich in jede Wunde, jede Pore, in die Lunge. Doch sie sagte nichts. Weil sie wusste, dass er es tun musste. Für sie. Für sich. Für das, was unausgesprochen zwischen ihnen bestand und nicht benannt werden musste.  Sein Geruch umhüllte sie, als er den Stoff über ihre Schulter legte: Leder. Sand. Getrocknete Kräuter, vielleicht. Und diese nüchterne Wärme, die aus jeder Pore seines Seins sickerte. Wie Feuer ohne Flamme. Wie der Moment vor einem Kampf – wach, klar, ehrlich.

Beinahe sofort griff Zariyah in ihre Gürteltasche, holte ein kleines Stück der zähen Varnas-Wurzel hervor – eine Pflanze, deren bitterer Geschmack den Verstand dämpfte und den Körper weich machte, als würde man ihn von innen her lösen. Sie kaute langsam. Die erste Wirkung war kaum spürbar – ein feines Flirren an den Schläfen, als ob dort jemand Fäden zog. Dann sickerte Wärme durch ihren Magen, rollte in ihren Gliedern wie schwerer Nebel. Die Härte in ihrem Blick blieb, aber ihre Schultern sanken ein wenig. Nur ein wenig.

Es war Zeit.

Mit vorsichtigen Bewegungen – ein Arm schließlich festgebunden und ruhiggestellt – richtete sich Zariyah auf. Ihre Beine fühlten sich fremd an, weich unter dem pochenden Rhythmus der Wurzel, aber sie vertraute ihnen. Musste es. Jeder Schritt über die breite Steinplattform war bewusst gesetzt. Die Oberfläche war unregelmäßig, durchzogen von feinen Spalten, als hätte sich der Monolith gegen den Himmel selbst aufgebäumt und sei in der Bewegung erstarrt. Ihr Ziel war klar: Der Sengende Dorn. Eine Pflanze, so tödlich wie schön. Flach am Boden wachsend, mit spitz zulaufenden Blättern, deren Unterseiten von einem kaum sichtbaren Flaum aus mikroskopisch kleinen Härchen bedeckt waren. Eine Berührung – bloß eine – reichte, um unerträgliche Schmerzen zu verursachen, und einen gesunden Körper innerhalb von Stunden zu lähmen, die Atemwege zu schließen. Und doch war sie für Zariyahs Pläne unerlässlich. Keine Alternative. Kein Ersatz.

Sie bewegte sich langsam, den Blick wachsam auf die Ritzen des Steins gerichtet, während die Wirkung der Varnas-Wurzel ihre Sinne dämpfte, aber nicht betäubte. Gedanken zogen träge durch ihren Geist. Sie wusste, was sie hier suchte. Und sie wusste, warum sie es tat. Die anstehenden Aufgaben würden mehr verlangen, als sie bereit war zu geben. Und genau darum würde sie geben, was nötig war. Alles.

Ein Riss im Fels, kaum zwei Finger breit, zog sich quer über die Plattform. Und dort… da war sie. Die Pflanze lag flach zwischen den Schatten, grün mit feinen, rötlich schimmernden Spitzen. Zariyah kniete sich nieder, biss die Zähne zusammen, als der Arm in der Schlinge zu pochen begann. Sie schob den Stoff beiseite, griff mit der linken Hand nach einem Holzspatel aus ihrer Tasche. Vorsichtig, fast ehrfürchtig, schob sie die Blätter zur Seite, löste den Stängel am Ansatz. Keine Berührung. Keine Bewegung zu viel. Als sie sich wieder aufrichtete, hielt sie den Sengenden Dorn in einem mit Harz versiegelten Behälter. Ihre Miene war unbewegt. Nur die Augen zeugten von der Konzentration. Und vielleicht auch vom Triumph.

Sie trat an den Rand der Plattform, den Blick in die Richtung gerichtet, aus der sie gekommen waren. Hinter ihr lag nur Stein und Wind. Neben ihr Devan – irgendwo im Schatten, schweigend wie immer. Zariyah sagte nichts. Nicht sofort. Dann, leise, ohne ihn anzusehen, fast wie eine Feststellung: »Du hättest nicht mitkommen müssen.« Der Satz war keine Anklage. Kein Vorwurf. Nur eine Wahrheit. Eine dieser bitteren Wahrheiten, die sich nicht verbergen lassen, selbst wenn man schweigt. Doch sie wusste, dass er es trotzdem getan hatte. Wie immer. Weil sie nie darum bat – und er nie fragte. »Aber du warst da.« Und das, so sehr es sie vielleicht auch ärgerte, bedeutete ihr mehr, als sie je zugeben würde.
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Amra Aswad
Devan Naharis
Sommerland - Admin
Alter 31
Beruf Assassine
Wohnort Dharan al-Bahr, Matariyya
Stand Ledig
User Letha
#9
Was macht einen Menschen zu dem, der man ist? Ziel - war es das Streben nach Gleichgewicht, das ihn trieb? Weg - war es das Ungleichgewicht seiner Seele, die sein Ziel bestimmte? Ging man einen Weg, weil man ein Ziel verfolgte, oder formte sich das Ziel mit dem Weg? Warum war Devan mitgegangen? Warum hatten seine Finger keinen Halt an der glatten Felswand gefunden? Warum hatte sich Zariyahs Hand nach ihm ausgestreckt und ihn - vielleicht - gerettet, mit den unweigerlichen Folgen, dass sich ihre Zukunft nun leidlich sparsam vor ihr erstreckte? War es ihr Ziel, hier zu sterben und das Blutvergießen zu vermeiden, das unweigerlich vor ihnen lag - zwei Tode für den Tod eines Gott-Gewählten. Nannte sich das Gleichgewicht, wenn in Blut getauchte Hände selbst ein Ende an einem Felsen fanden, der zu glatt war, um zu schneiden? Ob Schicksal bitterer schmeckte als die einfache, verdiente Hoffnung auf ein ruhiges Leben?
Devan konnte es nicht beantworten. Keine der Fragen, die sich aus der Situation ergaben, formten sich zu etwas Klarem, unzufriedenstellend und doch gleichzeitig in perfektem Chaos kaum zu überbieten. Hier, wo er sich in den Schneidersitz niedergelassen hatte, an den Rand der Klippe die Dünen vor sich, während am Horizont ein schwaches, goldenes Licht brannte, als würde Dharan al-Bahr mit den Sternen scheinen; auch hier wusste er nicht, warum er mitgekommen war. Die Zunge lag schwer in seinem Gaumen, während er unter all den Sternen und dem Mond genau das warme Licht fixierte, als wäre es sein Anker auf der Welt. Seine Navigation. Vielleicht auch sein Ziel - oder der Weg, der ihn zu seinem Ziel führte.
“Ich hätte nicht kommen müssen.”
Ruhig war seine Stimme, doch obwohl er Zariyahs Worte nur wiederholte, hatten sie eine völlig andere Intonation. Mit welcher Intonation auch immer - ob er sich nur zu der kühlen Stille der Wüste hingezogen gefühlt hatte, weil in ihr mehr Magie steckte als hinter jeder Ammengeschichte - die Wahrheit steckte im Kern: Sie brauchte ihn nicht. Zariyah hätte ohne Probleme den Felsen bezwungen, wie sie es schon tausende Male getan hatte, wäre er nicht abgerutscht. Auch jetzt schluckte sie kaum merklich, aber für ihn sehr wohl spürbar, den Schmerz herunter, weil sie ihre Arbeitsmoral anlegte wie ein Paar hauchdünner Handschuhe. Alles, was er ihr beibringen konnte, schlummerte tief unter der Hülle, die dem Wetter und der Armut trotzte. Tiefer noch als die Masken, die sie anzulegen wusste, und vielleicht war genau das der Funke, der an seinen Lippen zupfte - der Hauch von Stolz, tiefer vergraben, als dass der Wind ihn wegtragen konnte. Ohne noch etwas zu sagen, schloss er die Augen und fragte sich, ob die Wüste ihm vielleicht heute Antworten schenken würde, bevor sie sich abermals auf den Weg den Felsen hinunter machen würden.
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Sommerland
Zariyah Silk
Sommerland
Alter 24
Beruf Assassine
Wohnort Dharan al-Bahr
Stand Ledig
User Lia
#10
Er wiederholte ihre Worte nahezu vollkommen, und doch klang in seiner Stimme eine andere Körnung, als hätte der Wind selbst an den Silben gezerrt. Zariyah verfolgte die Nuancen, versuchte, die Schwere hinter dem Echo zu wiegen, die Feinheiten zu sortieren wie Gift auf ihrer Waage, doch die Wirkung des Varnas’ zog sanft an ihren Gedanken, machte die Kanten rund, schob die Analyse aus dem Vordergrund in einen ruhigen, milchigen Hintergrund. Energie sparen, nicht verzetteln, die Wärme in den Gliedern sammeln für den Abstieg. Ihr Körper wusste, wie bald er sie wieder brauchen würde.

Sie drehte sich zu Devan um. Er saß bereits, Beine verschränkt, Hände abgelegt, als hätte der Stein ihn Willkommen geheißen wie einen vertrauten Schüler, den er schon lange kannte. Die Lider geschlossen, die Stirn entspannt, der Atem tief, unaufgeregt. Er sank in die Stille der Meditation, und sie erkannte diesen Sog. Lange genug kannte sie diesen inneren Weg, den er dabei nahm: das Raster aus Schulung und Selbstzucht, ein feines Sieb, durch das Schuld, Entschluss, Frage und Antwort getrennt wurden, bis nur eine kristallklare Flüssigkeit blieb, in der man sehen konnte, was übrig war, wenn die Welt endlich schwieg.

Er nahm an, sie brauche ihn nicht. Das wusste sie. Diese Annahme trug er schon eine Weile mit sich wie eine zweite Klinge, sicher und einsatzbereit, doch nie gezückt ohne Not. Vielleicht war er mitgekommen, um Schulter an Schulter mit ihr zu gehen. Gleichauf. In seinem Schweigen lag diese Behauptung, fern von jeder Belehrung. Sie wusste, dass ihr Arm ohne ihn nicht in der Schlinge hängen würde, dass der Aufstieg ohne ihn ereignisloser gewesen wäre, als sie es zugeben wollte. Und doch lebte in ihr auch dieses andere Wissen, von Rabia und Devan selbst in sie eingeschliffen wie ein Gebet: Alles ist endlich. Auch das gemeinsame Gehen. Wenn die Zeit ruft, wird man gehen. Ohne Drama, ohne Forderung. Die Wüste blieb, die Menschen wechselten, nur die Linien im Sand wurden überschrieben.

Sie ließ sich neben ihm nieder, langsam, mit dem vorsichtigen Respekt, den man einem versehrten Gelenk entgegenbringt. Die Schlinge hielt den Arm still; der dumpfe Schmerz trommelte gedämpft, er war anwesend wie eine Wache vor einer Tür. Sie stellte den versiegelten Behälter mit dem Sengenden Dorn zwischen sich und ihn, genau in die Mitte, sodass seine Hand ihn ebenso leicht erreichen konnte wie ihre. Eine Geste ohne Worte: Teilung der Verantwortung, Einladung zur Prüfung, Raum für Widerspruch, falls sein Blick etwas in der Pflanze sähe, das ihr entgangen war. Etwas, das nur er sah, wenn er sah.

Der Wind fuhr über die Plattform, hob einzelne Sandkörner und legte sie andernorts wieder ab, als übe er ein stilles Alphabet, das nur die Geduldigen lesen konnten. Zariyah schloss die Augen. Die Wärme der Wurzel lag schwer unter ihrem Brustbein, nicht lähmend, eher wie ein dicker Mantel, der die Zähne des Schmerzes stumpf machte. Sie ließ den Atem in langen Bahnen kommen und gehen, zählte in Stille, entließ den Rest des Tages mit jedem Ausatmen tiefer in die Schlucht unter sich. Schultern sinken lassen, Kiefer lösen, Zunge vom Gaumen heben. Der Körper erinnerte sich an die unzähligen Übungen in Rabias Hof, an Devans Korrekturen an ihrem Rücken, wenn sie glaubte, schon aufrecht zu sitzen, und doch nur – so wurde Rabia bis heute selten müde – krumm wie ein Säbel dahockte.

Der Sand, den sein Tuch an ihrem Hals zurückließ, roch nach Weg und Hitze, nach Leder, Arbeit, Rauch und einem Hauch bitterer Kräuter, die ihr Klarheit gaben, statt sie zu trüben. Sein Geruch lag um sie, wie eine unsichtbare Schutzzone, und die Ruhe, die er ihr in dieser Höhe schenkte, strich mit kühlen Fingern über die simmernde Hitze tief in ihr. Der Arm in der Schlinge erinnerte sie an Grenzen. Die Gedanken fanden den Rand der Plattform, setzten sich dort hin wie Vögel, die sich zur Nacht niederließen.

Der Mond stieg noch ein Stück, die Temperatur fiel, und sie blieb. Er blieb. Das reichte. Morgen wartete die Wand, der Abstieg, die Stadt, die Aufträge und ihre Tinkturen. Heute Nacht gab es nur Atemzüge, die man teilte, und das Wissen, dass Enden nicht verhandelbar waren, aber Wege es manchmal waren. Als sie tiefer sank, war da noch ein offener Platz in der Stille, den sie nicht zu füllen wusste. Aber die Wüste schwieg. Das war genug.
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