19-11-2024, 21:18 - Wörter:

Die Stille zwischen ihnen pulsierte, gefüllt mit unausgesprochenen Worten, einem Tanz aus Nähe und Distanz. Es war kein Kampf, dachte er. Aber es war auch kein Frieden. Gleichsam wunderte er sich. Über sich. Über die Frau. Warum er diese Situation nicht längst aufgelöst hatte, um zu dem wesentlichen Teil zu kommen, der ihn hierher geführt hatte. Der Gedanke war nüchtern, fast zynisch, doch er blieb hängen, wie ein Stein in einem Fluss, der den Strom des Augenblicks ins Stocken brachte.
Sein Blick flackerte kurz zu der Stundenkerze, deren schmale Flamme ruhig niederbrannte, gleichgültig gegenüber dem Spiel, das sie hier trieben. Ihre stetige Verwandlung in Wachs und Rauch war eine Mahnung – Zeit, die verrann, ohne Rücksicht darauf, ob er sie nutzen würde oder nicht.
Und dennoch verweilte er.
Sein Blick kehrte zu ihr zurück, glitt über die weichen Konturen ihres Gesichts, das in einer Mischung aus Schatten und goldenem Licht lag. Sie war nicht wie andere. Sie bot keine unbedingte Herausforderung, aber auch keine offensichtliche Nachgiebigkeit. Stattdessen lag in ihrem Schweigen eine Art Kontrolle, die ihn gleichermaßen reizte und zügelte. Er lehnte sich in dem heißen Wasser zurück.
Caeus verstand ihre Worte. Nicht nur jene, die sie aussprach, sondern auch die stillen, die zwischen den Zeilen ihrer ruhigen Stimme lagen. Es war eine seltsame Art von Linderung, die sie ihm verschaffte, eine, die sich weder nach Mitleid noch nach Oberflächlichkeit anfühlte. Sie sprach, und mit jedem Satz ließ sie ihn wissen, dass sie ihn wahrnahm – ihn, nicht nur die Narben. Sie sah sie. Er wusste das. Aber sie hatte genug Etikette, um nicht zu forcieren, was er nicht freiwillig geben wollte. Er spürte, wie sich die Anspannung in seinen Schultern löste, fast unmerklich. "Manche Geschichten verdienen es nicht weitergegeben zu werden."
Caeus beobachtete sie genüsslich, seine Augen halb geschlossen, während sich die Szenerie wie ein Kunstwerk vor ihm entfaltete. Zariyah stand in der dunstigen Wärme des Baderaums, ihre Bewegungen langsam und bedacht, als strecke sie die Zeit selbst in die Länge. Ihre schlanken Finger glitten über die Knoten des dünnen Stoffes, lösten sie mit einer sinnlichen Leichtigkeit, die ebenso natürlich wie absichtsvoll wirkte. Keine Scheu, keine Unsicherheit – nur die Ruhe eines Wesens, das sich seiner selbst vollkommen bewusst war, einschließlich seiner Unvollkommenheiten.
Sein Blick verweilte kurz auf ihren Narben, die sich wie silberne Fäden über ihre bronzene Haut zogen. Sie waren zart, weniger grob und wulstig als seine eigenen, aber dennoch unübersehbar. Sie erzählten Geschichten, die sie nicht aussprach, und das machte sie in seinen Augen umso eindrucksvoller. Caeus dachte an die makellosen Frauen, die bereits unter ihm gelegen hatten – Gesichter und Körper, die sich in ihrer Perfektion zu einem einzigen, kaum erinnerbaren Bild vermischten. Doch Zariyah war anders. Und vielleicht war es diese unausgesprochene Verbindung, die ihn dazu brachte sie mit anderen Augen zu sehen. Nicht als Objekt für das er bezahlte, sondern als Mensch.
„Die Hüllen sind gefallen.“, seine Stimme war ein leises Murmeln, wie das Echo eines Versprechens, als er ihre Worte wiederholte. Er ließ sich ein Stück tiefer in die Wanne sinken, aber seine Augen ruhten weiterhin auf ihr. „Und doch haben wir so viel zu verbergen.“, natürlich, sie waren einander Fremd. Er hob leicht eine Hand, sein Zeige- wie auch Mittelfinger strichen über feine Linie ihres Kiefers, ein kaum spürbarer, aber eindringlicher Kontakt. „Manchmal liegen Dinge unter der Oberfläche, die nicht einfach verschwinden. Dinge, die sich festhalten, egal wie sehr man sie fortzuwaschen versucht.“
Für einen Moment verweilte seine Hand, bevor er sie langsam zurückzog, das Wasser kräuselte sich leise. „Aber wenn jemand es kann... dann vielleicht du.“
