05-01-2025, 13:59 - Wörter:

Ein markerschütternder Schrei lenkte ihren Blick ab. Sie sah, wie Eneas aus den Schatten heraus mit einem gezielten Hieb den Anführer niederstreckte. Der Mann sackte zusammen, und Eneas griff sich das schreiende Kind aus seinen Armen. Das laute Weinen der Kleinen drang wie ein glühender Speer in Tyras Kopf. Sie verzog das Gesicht und spürte, wie ihre Laune schlagartig kippte. Erinnerungen, dunkel und unerwünscht, blitzten in ihrem Kopf auf: ein anderes Kind, andere Schreie, ein anderes Leben. Sie schüttelte den Kopf, um die Gedanken zu verscheuchen, aber sie krallten sich in ihrem Geist fest wie die allerschlimmsten Dornen. Und dann wurde ihr ihre Unaufmerksamkeit fast zum Verhängnis: Plötzlich spürte sie einen brennenden Schmerz in ihrer linken Flanke. Ein schartiges, rostiges Messer hatte sich seinen Weg durch Pelze und Lederschichten gesucht und sich tief in ihr Fleisch gebohrt. Die Wucht des Angriffs ließ sie zur Seite taumeln, und ein dumpfer Schmerz durchfuhr ihre Rippen, als Zeichen, das mindestens eine von ihnen gebrochen sein musste. Ihr Atem stockte, sie stöhne unterdrückt und für einen Moment sah sie Sterne. Doch dann war da nur Wut – reine, unverfälschte Wut, die sie antrieb.
Mit einem wütenden Knurren tauchte sie unter dem nächsten Hieb ihres Angreifers weg. Bevor der Riese vor ihr reagieren konnte, hatte sie sich hinter ihn gedreht, ihn wie einen Baumstamm erklommen und ihm die Klinge ihres Schwertes ohne Zögern durch die Kehle gezogen. Das gurgelnde Röcheln, das folgte, brachte einen kalten, befriedigenden Ausdruck in ihr Gesicht. Der Mann sackte zusammen, und Tyra sprang zur Seite, um nicht von seinem Blut besudelt zu werden. Sie hob den Blick. Noch drei Gegner waren übrig, aber sie wirkten desorientiert, fast schon panisch. Ohne ihren Anführer fehlte ihnen jede Koordination. Tyra ignorierte den pochenden Schmerz in ihrer Seite und richtete ihre Aufmerksamkeit auf Eneas, der das Kind in seinen Armen hielt und versuchte, es zu beruhigen. Das Weinen hatte nicht nachgelassen und zerrte an Tyras ohnehin schon strapazierten Nerven. Sie schüttelte den Kopf und ging mit festen Schritten zu ihm. „Gib den Schreihals seiner Mutter und hilf mir gefälligst!“ Ihre Stimme klang schärfer, als sie beabsichtigt hatte, und sie bemerkte Eneas Blick, den sie jedoch nicht zu deuten wusste. Sie warf einen Blick auf das Kind, das noch immer verzweifelt schluchzte. Etwas in ihrem Inneren zog sich zusammen, aber sie zwang sich, den Schmerz und die Erinnerungen zurückzudrängen. Jetzt war nicht die Zeit. Die restlichen Banditen hatten sich inzwischen neu formiert, doch ihre Bewegungen waren zögerlich. Tyra spürte, dass das Adrenalin sie aufrecht hielt, und bereitete sich darauf vor, die nächste Welle abzuwehren. „Habt ihr Arschlinge immer noch nicht genug?“, brüllte sie wütend, während sie ihr Schwert hob und die Angreifer ins Visier nahm. Das Spiel war noch nicht vorbei, aber Tyra war entschlossen, es zu beenden – zu ihren Bedingungen.