01-06-2025, 09:45 - Wörter:

Er hatte geahnt, dass er zu spät kommen würde, etwas, das ihm nicht oft widerfuhr. Normalerweise konnte man sich auf ihn verlassen, in jeder Hinsicht. Doch heute hatten sich mehrere widrige Umstände zu einem Knoten verknäuelt, der sich nicht rechtzeitig hatte lösen lassen. Der Prinz und Halger waren längst da. Er wusste, worüber sie sprachen. Über den aufziehenden Krieg. Den Schatten, der längst über Norsteading lag und über ganz Arcandas. Die Menschen spürten, dass etwas im Wandel war. Auch wenn die Abende in den Schenken noch immer laut waren, durchtränkt von Bier, Weib und Gesang, war das Lachen oft ein wenig zu laut, die Späße zu forciert. Hinter vorgehaltener Hand wurde inzwischen öfter über Castandor gesprochen und über Großkönig Augusto.
Veith trat langsam an den Tisch. Kein Geräusch von ihm, außer dem dumpfen Tritt seiner Stiefel auf dem Dielenboden. Er sagte nichts, nickte nur knapp in die Runde, ehe er sich auf die Bank neben Halger setzte. Den Krug stellte er ab, drehte ihn leicht, so dass der Griff zur Hand passte. Er trank. Nicht hastig. Stellte den Krug wieder zurück und verschränkte die Finger um das Holz, als gäbe es ihm Halt. Er hörte den beiden zu. Stumm und ohne sich zunächst in das Gespräch einzumischen. Erst als Halgers leidenschaftliche Worte verklungen waren und für einen Atemzug Ruhe einkehrte, hob er den Blick und ergriff schließlich das Wort. „Ohne Disziplin zerfällt eine Armee schneller, als man den Schlachtplan entrollen kann“, sagte er ruhig, aber mit Nachdruck. „Ein Soldat, der nicht gehorcht, ist im besten Fall nutzlos und im schlimmsten Fall eine Gefahr für die eigenen Reihen.“ Disziplin alleine reichte jedoch nicht aus. Es gab zahlreiche weitere Faktoren, die für das Aufstellen und den Erfolg einer Armee entscheidend waren. Doch Veith verstummte wieder, nahm einen tiefen Schluck von seinem Bier und ließ seine Worte in der warmen Schenkenluft nachhallen.