06-06-2025, 03:48 - Wörter:

“Wir werden niemals die Disziplin von Castandor erlernen, nicht in der kurzen Zeit. Aber fünf Männer und Frauen, die aufeinander abgestimmt sind, sind stärker als fünf Einzelne, die nie gelernt haben, zusammen zu kämpfen.”
Natürlich hinterfragte Leif seine Strategie. Natürlich grübelte er darüber, ob sie nicht effektiver wären, würden sie einen anderen Weg wählen. Hin und wieder ließ er sich die Sorgen seines Vaters zu Kopf steigen, der dem ganzen Krieg sehr viel negativer entgegen blickte als sein Sohn, und dann ließ er die Zweifel zu, ob er nicht doch sein ganzes Land ins Verderben stürzte. Die Krieger hatten Blut geleckt in Eastergold Meadow. Sie brauchten, wie er, eine Herausforderung, um nicht einzugehen, sondern ständig nach vorne zu streben. Krieg war etwas, dem die Jungen entgegen fieberten, ein Beweis von Stärke, eine Probe, die Heofader ihnen stellte; nicht zuletzt Leif, der weiter in die Zukunft dachte und fest davon überzeugt war, ihr Land würde untergehen, wenn Leandros nur den Thron bestieg. Aber war es den Weg bis dahin wert? War es die Leben wert, die auf dem Spiel standen, wenn sie doch noch eine Generation so hätten weitermachen können? Würde Leif sich verzeihen, wenn er die Bürde eines Krieges seinem Sohn und den folgenden Generationen aufdrückte, wenn sich ihm die Möglichkeit bot, jetzt zu handeln?Halger repräsentierte etwa die Hälfte der Meinungen aus dem frisch aufgestellten Trainingslager, auch wenn nicht jeder sich traute, sie frei zu äußern. Wenn er mit ihm redete, dann wusste der Kronprinz etwa, was er ändern musste, um sie von dem Sinn hinter seiner Strategie zu überzeugen. Mit einem tieferen Atemzug beschloss er, morgen vor seiner Abreise noch einmal eine Ansprache zu halten.
Im gleichen Moment bemerkte er aus dem Augenwinkel, wie ein Krieger sich ihrem Tisch näherte, und kurz darauf ließ sich Veith mit einem Krug in der Hand neben Halger nieder. Leifs Bart war durchsetzt mit einem kleinen, anerkennenden Lächeln ob seiner Ankunft, der überraschten Freude, dass er es doch so schnell geschafft hatte, vorbei zu kommen; dann wandte er sich wieder dem Rothaarigen zu und sein Lächeln breitete sich aus zu einem Grinsen.
“Du solltest meine Ansprachen halten. Oder Minnesänger werden, beides steht dir ausgesprochen gut”
, prostete er ihm mit lachenden Augen zu und nahm einen weiteren Schluck von seinem Krug, dessen Schaum schon abgesetzt hatte. Zugegeben machte es Leif immer ein wenig mehr Spaß, sich mit Halger anzulegen, etwa wie mit Kjell, dem man so gut auf seinen dünnen Geduldsfaden treten konnte. Veith hingegen brachte immer eine Ruhe in die Runde, die man erst zu schätzen wusste, wenn man verstand, was für ein chaotischer Haufen sie doch ohne ihn waren. An solchen Abenden wie diesen merkte Leif, dass sein eigenes Gemüt ein wenig zur Ruhe kam, nur weil der Krieger sich zu ihnen gesetzt hatte, und sich schließlich mit seiner wortkargen Art zu Wort meldete.Wenn Veith sprach, dann hörte Leif zu, denn selten verschwendete der ältere Krieger Worte für etwas, das er nicht für wichtig hielt. Es ließ Leif selbst überlegen und bedacht nicken, sich in seiner Ausgangsposition bestätigt fühlen, aber mit einem Nachdruck, der ihn nachdenklich machte.
“Deswegen dürfen wir Castandor nicht unterschätzen”
, schloss er schließlich an, den Blick dabei auf seinem Krug in der Hand. “Es ist gut für die Moral, den Gegner klein zu halten”
- es machte auch mehr Spaß. “Aber wir wissen alle, wie viel Zeit sie sich genommen haben, um ihre Soldaten zu trainieren.”
Und Norsteading? Sie hatten gerade erst angefangen.