10-07-2025, 20:01 - Wörter:
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 10-07-2025, 20:05 von Ilyas El Mansouri.)
For better or for worse, young bride
Amira & Ilyas schiffen wortwörtlich in den Hafen der Ehe
Rauf und runter. Rauf und runter. Seit Tagen, nein gefühlt Jahren, nichts anderes als dieses monotone Rauf und Runter auf diesem Schiff. Ilyas war ein gelehrter Mann, belesen, klug, hatte schon so viel gesehen und erlebt, aber er wollte immer noch nicht begreifen warum Menschen auf Schiffe stiegen um über das Meer zu fahren. Wenn Gott das gewollt hätte, besäßen sie Schwimmhäute und könnten unter Wasser atmen!
Und jener Mann mit einiger Lebenserfahrung befand sich auch nicht zum ersten Mal auf einem hölzernen Gefährt, das von den Wellen wie ein Blatt in einem Bachlauf umhergetrieben wurde, aber das änderte nichts an der Tatsache es zu verteufeln. Ilyas traute Schiffen einfach nicht und war damit ein typischer Sommerlandmann. Sie waren Männer der Wüste, Wasser schlossen ihre Herzen schon mit der Geburt kategorisch aus und so konnte er, trotz aller sonstigen körperlichen Begabung in Bewegung und Kampf, nicht wirklich gut schwimmen. Matariyya hatte gute Schiffsbauer in den Häfen, aber ein Mann der Dünen, der setzte höchstens auf Wüstenschiffe. Es war also eine Verkettung gleich mehrerer Faktoren, die ihm diese letzten Tage zur Hölle machten, denn neben der heimlichen und niemals laut ausgesprochenen Angst mit diesem Kahn unterzugehen und elendig zu ertrinken, war der gestandene Kommandant auch noch seekrank. Nachdem er die ersten beiden Tage in regelmäßigem Turnus die Fische gefüttert hatte, war er am dritten Tag heute gar nicht mehr gewillt überhaupt etwas zu sich zu nehmen. Stattdessen befand er sich in der Kajüte gegenüber der der Prinzessin, die er als wertvollste Ware, die je ein Schiff aus seiner Heimat bringen könnte, nach Kings Portal begleitete. In seiner Hand einen Becher beruhigenden Kamillentees, den er missmutig dabei beobachtete wie er sich dem Wiegen des Bootes anpasste. Rauf und runter. Rauf und runter. Alles hier drehte sich nur um rauf und runter, Wellen und ..ihm war so schlecht.
Amira hatte ihm etwas Brot auf den Teller gelegt, der sich auf seinem Kopfkissen befand, weil kaum mehr als ein Bett, eine Truhe und gerade so ein Schreibtisch mit Stuhl hineinpasste und dabei sprach man schon von der zweitgrößten Kajüte, die das Schiff zu bieten hatte. Der Rest war beladen mit weiteren Lieferungen für das Heer und einigen Truhen voller Geschenke, die die Braut noch mit sich führte um dem Zweitgeborenen Castandors ihre Aufwartung vor der anstehenden Hochzeit zu machen. Diesem, seinem Vater, der Mutter…dem großen Bruder. Ilyas war immer noch persönlich beleidigt das Mädchen, das er so ins Herz geschlossen hatte, an einen Zweitgeborenen zu geben, aber wenn man sich das Elend von Thronfolger ansah und den Verlauf solcher Geschichten kannte, dann würde Naila hoffentlich irgendwann auf dem Thron sitzen, der ihr zustand. Das Brot war jedenfalls unberührt und wenn sie ihn noch einmal aufforderte doch wenigstens abzubeißen, war er gewillt sie gleich hinter Brot und Teller in die Wellen zu werfen. Dort, wo sein Mageninhalt eh landen würde!
War Ilyas also verstimmt? Minimal.
Mit dem Ellenbogen auf dem Oberschenkel abgestützt, lehnte sein Gesicht in seiner Hand indem er die Nasenwurzel gegen zwei Finger drückte und darauf hoffte einen Akupressurpunkt zu finden, der sich mit dem Kopfschmerz aufgrund der mangelnden Flüssigkeitsaufnahme und gerne gleichzeitig auch seiner Übelkeit befasste. Wahlweise war er auch einfach darum bemüht die Ruhe zu bewahren, die es brauchte auf dem umgebauten Baumstamm weiter gen Osten zu segeln und wiedermal war ihm klar, warum man von Geisteswahn im Zusammenhang mit Seefahrern sprach.
Sich der Gewalt der Natur so ausgesetzt zu empfinden, war nichts für den Mann, dessen Leben einer stetigen, niemals abweichenden Kontrolle und Disziplin unterstand. Ilyas war dazu gemacht zu führen, weise Entscheidungen zu treffen und rational mit allen Lebenssituationen umzugehen.. nichts konnte ihn so schnell aus der Ruhe bringen, nichts bestimmte wirklich über sein Handeln außer ihm alleine..und diesem Schiff. Nur dieses Schiff, dass es schaffte ihn in die Knie zu zwingen und vor seiner frisch Angetrauten wie ein Haufen Elend zu wirken, der mit aller Macht versuchte mit soviel Würde zu kotzen, wie man nur aufbringen konnte. Die sonst gesunde, wettergegerbte Haut in goldenem Braun war beachtlich heller und fahl, die Augen müde, der Bart wirrer als gewöhnlich und der sonst stets akkurat gekleidete königliche Adjutant, hatte darauf verzichtet die Schnürung seines Hemdes bis oben zu schließen, denn alles was sich lockerer an ihm, und vor allem am Hals, befand, war eine Wohltat. Dreimal schon hatte er begonnen an seinen Aufzeichnungen, die er tagtäglich führte zu schreiben, aber wiedermal machte er just Pause auf dem Bett und starrte den Tee in seiner Hand zu Tode. Ungesüßt brannte selbst dieser in seiner angeschlagenen Kehle und der Geruch der eigentlich bekömmlichen Blütenblätter ließ ihn angewidert die Mundwinkel hinabziehen. Da konnte er sich noch so hinter seiner Hand verstecken, sein Leid war greifbar im Raum und er zählte bereits die Stunden bis sie endlich anlegen würden.