24-03-2024, 16:05 - Wörter:

Rein seiner pragmatischen Ader geschuldet brauchte es keine zwei Minuten, bis Leif auch schon wieder ansehnlich in Kleider gehüllt war und nur noch seine feuchten Locken verrieten, dass er sich den Dreck der Reise abgewaschen hatte. Trockene Kleidung fühlte sich immer ein wenig zu rau auf frisch gebadeter Haut an, aber zumindest das Hemd saß locker genug, dass er kaum etwas von dem Stoff merkte; er machte sich auch nicht mehr die Mühe, es über seiner Brust zuzuschnüren, wenn er sein Gemach doch ohnehin nicht mehr verlassen würde. Dass er Aleena in irgendeiner Richtung Unwohlsein bereitet haben könnte, kam ihm dabei überhaupt nicht in den Sinn, dabei hätte er sie nur einmal anschauen müssen, um zu verstehen, dass etwas nicht in Ordnung war. Tat er aber nicht. Er kannte seine Frau, er musste sich nicht vergewissern, dass sie seit seinem Aufbruch noch alle Zähne und blonden Locken an sich hatte. Bei dem dämmrigen Kerzenlicht und seinen vom Badewasser getrübten Augen hätte er solche Veränderungen wahrscheinlich eh nicht ausmachen können.
Leif ging an Aleena vorbei und wich ihr sogar noch aus, weil sie näher stand, als er es erwartet hatte. Dabei legte er seine Hand aus Reflex auf ihre Schulter, als würde er sichergehen wollen, dass er sie nicht umstieß. „Was, sollen wir vorher noch einen Korb in die Hand nehmen und welche pflücken gehen?“ Ein Grinsen breitete sich auf seinem Gesicht aus und entgegen seiner sonstigen Gebärden mit Aleena sah es gar nicht so fehlplatziert aus. „Ich bezweifle, dass unser Land mehr als nur Traubensaft daraus gewinnen kann. Oder kennst du dich mit Gärungsprozessen aus?“ Einmal würde Aleena den Barbaren etwas beibringen können, statt ständig selbst belehrt zu werden. Nicht, dass Leif von ihr groß erwartete, sich derartige Mühe zu geben – an ihrer Stelle hätte er vermutlich auch irgendwann aufgegeben, sich an eine Umgebung anpassen zu wollen, die ihn mit allen Mitteln abstoßen wollte. Ein unromantischer, grobschlächtiger Gatte inklusive.
Erst, als Leif seinen Krug Wasser in der Hand hielt und sich großzügig den Becher vollschenkte, drehte er sich zu Aleena um und bedachte sie mit einem längeren Blick. „Hm“, brummte er und schien kurz abzuschätzen, was er sagen wollte. „Es gab nicht viel, was mir wirklich hätte gefährlich werden können. Wir waren deutlich in der Überzahl und der Kampf war schnell vorbei. Der Fürst hat kapituliert.“ Ob da Enttäuschung in seiner Stimme mitschwang? In all den Nächten hatte er auf die Schlacht hin gefiebert, nur um dann… was? Nicht einmal Blut an seiner Axt kleben zu haben? Leif wusste nicht genau, was er eigentlich erwartet hatte, aber er hatte doch zumindest etwas von der Reise haben wollen. Wenigstens eine Geschichte, die er Valda erzählen konnte. Stattdessen würde er mit leeren Händen zurückkehren und all die Jubelschreie in der Heimat würden die Leere nicht ausgleichen können, die sich hartnäckig in seiner Brust festgesetzt hatte. Aber Aleena würde das nicht verstehen. „Wasser?“, streckte er die Hand aus und bot ihr den Becher an, den er soeben befüllt hatte.
